Rechtsstaatlichkeit ist nicht verhandelbar – Solidarität mit der pro-europäischen Zivilgesellschaft in Polen

Bundeskongress, 17.10.2021

Rechtsstaatlichkeit ist nicht verhandelbar – Solidarität mit der pro-europäischen Zivilgesellschaft in Polen

Beschluss im Wortlaut:

Bereits seit einigen Jahren blicken wir – die Jungen Europäischen Föderalist*innen in Deutschland – mit großer Sorge auf die anti-demokratischen Entwicklungen in einigen Mitgliedstaaten der EU und aus aktuellem Anlass insbesondere in Polen. Die immer weiter fortschreitende Aushöhlung der Presse- und Medienfreiheit, die politische Instrumentalisierung der Justiz sowie der Umgang mit oppositionellen Kräften im Land stehen dabei in fundamentalem Gegensatz zu unseren europäischen Werten. Diese Werte sind die Basis unserer europäischen Zusammenarbeit und damit auch nicht verhandelbar. Wir erinnern daran, dass auch Polen sich beim Beitritt zur EU 2004 zur Einhaltung dieser Werte vertraglich verpflichtet hat.

Zu Verträgen gehört gerade nicht das einseitige Beziehen von Vorteilen, sondern ein beidseitiges Einhalten von Rechten und Pflichten. Eine gemeinsame, verbindliche Rechtsordnung, die gegenüber nationalem Recht einen Vorrang genießt und von allen gleichermaßen anerkannt wird, ist die Grundlage für den supranationalen, besonderen Charakter der Europäischen Union als wertebasierte Rechtsgemeinschaft.

Das jüngste Urteil des polnischen Verfassungstribunals stellt nun jedoch eine neue Stufe der Eskalation im Verhältnis zur Europäischen Union dar, indem polnisches Recht letztlich über das EU-Recht gestellt wird. Erstmals in der Geschichte der EU äußert ein nationales Gericht nicht nur Kritik an einzelnen Punkten der europäischen Gesetzgebung, sondern erklärt fundamentale Prinzipien sowie einzelne primärrechtliche Artikel des Europarechts für verfassungswidrig – was in diesem Zusammenhang zumindest juristisch weiter geht als alles bisher Bekannte.

Und auch wenn vor diesem Hintergrund gerne auf das EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen wird, muss festgehalten werden, dass die Dimenson eine gänzlich andere ist, indem das polnische Gericht den Vorrang des EU-Rechts so einseitig, pauschal sowie umfassend abgelehnt hat und noch nicht einmal den Versuch unternehmen wollte, Ausnahmekonstellationen zu konstruieren. Im Unterschied dazu erkennt das BVerfG ausdrücklich den Vorrang des EU-Rechts prinzipiell an und akzeptiert den Vorrang lediglich in einem punktuellen, eher technischen Bereich nicht.

Ohne die Anerkennung dieses Vorranges des EU-Rechts vor nationalem (Verfassungs-)recht wird die Europäische Union zurückgestuft zu einem Staatenbund – was eine völlig andere Form des Zusammenschlusses ist und uns als Föderalist*innen noch weiter von unserer Vision eines Europäischen Bundesstaates zurückwirft. Diese einseitige Auflösung des Vorranganspruchs durch einen einzigen Mitgliedstaat ist ein beispielloser Vorgang, den wir so nicht stehen lassen dürfen, denn damit kann die EU keine supranationale Rechtsgemeinschaft mehr sein! Dass europäische Fördermittel unter diesen Umständen nicht mehr uneingeschränkt ausgezahlt werden können, nachdem Polen mit beiden Beinen außerhalb der europäischen Rechtsordnung steht, sollte jetzt allen klar sein. Dies ist auch für das Vertrauen der europäischen Bürger*innen in die EU-Institutionen und die Glaubwürdigkeit der europäischen Grundwerte unerlässlich.

Das polnische Verfassungstribunal sägt an den Grundpfeilern der europäischen Zusammenarbeit. Dies können und wollen wir als überzeugte Europäer*innen nicht hinnehmen. Sollte die polnische Regierung diesen Weg fortführen, schließt sie sich damit selbst aus der europäischen Gemeinschaft aus.

Gleichzeitig nehmen wir mit Freude zur Kenntnis, dass die pro-europäischen Kräfte der Zivilgesellschaft in Polen diesem Urteil eine Botschaft der Hoffnung entgegensetzen, indem sich Tausende von ihnen auf öffentlichen Plätzen im ganzen Land zu Protestaktionen zusammenschließen. Sie kämpfen für ein demokratisches und weltoffenes Polen als Teil der Europäischen Union. Diesen pro-europäischen Kräften sprechen wir unsere uneingeschränkte Solidarität aus und sichern ihnen unsere Unterstützung zu.

Vor diesem Hintergrund und auf Grundlage unserer gemeinsamen europäischen Werte, fordern wir Junge Europäische Föderalist*innen Deutschlands:

  • Eine aktive Unterstützung unserer Schwesterorganisation in Polen, um zivilgesellschaftlich entschieden gegen das polnische Urteil vorzugehen.
  • Die polnische Regierung muss die verfassungsrechtliche Grundlage dafür schaffen, dass der Vorrang des EU-Rechts uneingeschränkt gilt. Das Land muss außerdem die Unabhängigkeit der Justiz wieder gewährleisten.
  • Die Europäische Union darf nicht tatenlos dabei zusehen, wie einzelne europäische Staaten die gemeinsamen Werte einseitig aufkündigen. Sämtliche EU-Finanzmittel an Polen sind mit sofortiger Wirkung einzufrieren, bis die polnische Regierung den Vorrang des EU-Rechts gewährleistet.
  • Sollte sich Polen weiter von europäischen Grundprinzipien entfernen, sind neben finanziellen auch institutionelle Sanktionen zu prüfen.
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Code of Conduct der JEF Deutschland

Bundeskongress, 17.10.21

Code of Conduct der JEF Deutschland

Beschluss im Wortlaut:

1. Einleitung

Die JEF Deutschland verpflichtet sich, eine Kultur aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, die auf gegenseitigem Respekt, Menschenwürde, Sicherheit und Gleichberechtigung als Voraussetzungen für den vollen Zugang und die aktive Teilhabe beruht und das Recht auf einen geschützten Raum und eine sichere Teilhabe an ihren Aktivitäten widerspiegelt.

Das Ziel dieses Code of Conduct ist es, sicherzustellen, dass sich jede*r Einzelne in der JEF Deutschland sicher, gehört, einbezogen und respektiert fühlt, dass jede*r Einzelne die Möglichkeit hat, sich aktiv in unserem Verein zu beteiligen, und dass die JEF als Organisation kontinuierlich nach weiterer Inklusion, Vielfalt und Sicherheit in all ihren Aktivitäten strebt.

Der Code of Conduct umreißt die soziale und ethische Verantwortung von Einzelpersonen und Gruppen und verpflichtet die JEF Deutschland zur Umsetzung des Code of Conducts. Der Code of Conduct umfasst eine Reihe von inhaltlichen und verfahrenstechnischen Regeln, wie z. B. den Einsatz einer Awareness-Stelle, zur Gewährleistung einer sicheren Teilhabe und eines geschützten Raums, der Inklusion, Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts gegenüber Personen, die an JEF-Aktivitäten beteiligt sind.

2. Für wen der Code of Conduct gilt

Der Code of Conduct bindet jede Person, die an den Aktivitäten der JEF Deutschland beteiligt ist, während der gesamten formellen und informellen Aktivitäten, auf die in diesem Absatz, Bezug genommen wird.

Mit der Anmeldung zu oder der Teilnahme an einer JEF-Veranstaltung akzeptiert und verpflichtet sich jede*r Teilnehmer*in automatisch zu diesen Regeln.

Als Teilnehmer*in an Aktivitäten der JEF Deutschland wird erwartet, dass der Code of Conduct sowie die gesetzlichen Verpflichtungen bekannt und verständlich sind, unabhängig vom eigenen Aufenthaltsort der Teilnehmenden.

Sollten jemals Zweifel über ein bestimmtes Verhalten entstehen, sind die Teilnehmer*innen aufgefordert, eine der Kontaktpersonen (wie in Abschnitt 8 definiert) um Rat zu fragen.

3. Wo und wann dieser Code of Conduct gilt

Der Code of Conduct gilt sowohl bei Online- als auch bei Offline-Aktivitäten der JEF Deutschland, sowohl im formellen als auch im informellen Rahmen.

Unter einem formellen Umfeld ist jeder Teil einer Veranstaltung der JEF Deutschland, Arbeitsgemeinschaft oder von Bundesprojekten und Präsenz- sowie Online-Sitzungen von Gremien wie dem Bundeskongress und dem Bundesausschuss zu verstehen.

Unter “informellem Umfeld” sind alle Aktivitäten zu verstehen, die in Verbindung mit einem formellen Treffen oder einer anderen JEF Deutschland-Veranstaltung stattfinden, oder andere informelle Zusammenkünfte, die eindeutig mit JEF Deutschland-Aktivitäten verbunden sind, einschließlich, aber nicht beschränkt auf gesellschaftliche Veranstaltungen und Online-Kommunikation.

4. Über das Treffen von Annahmen

Die JEF Deutschland ist ein inklusiver und geschützter Raum für junge Menschen aus allen Lebensbereichen, die sich aktiv für ein freies und geeintes Europa einsetzen wollen. Daher werden JEFer*innen und Teilnehmer*innen an JEF-Aktivitäten ermutigt, ihre bewussten Vorurteile und unbewussten Vorurteile zu überwinden. Dementsprechend sollten JEFer*innen und Teilnehmer*innen an JEF-Aktivitäten ihr Bestes tun, um nicht

  1. Annahmen über eine Person auf Grundlage der Nationalität, der ethnischen Herkunft, der Hautfarbe, des Aussehens, einer Behinderung, der Sprache, des Alters, des sozialen Status oder Weiteres zu treffen;
  2. Annahmen über die religiöse oder politische Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit, andere Überzeugungen oder den Glauben einer anderen Person zu treffen;
  3. die Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung einer Person anzunehmen;
  4. die Fähigkeit einer Person anzunehmen, die gleichen Dinge zu tun, die man selbst tun kann;
  5. davon auszugehen, dass jeder in guter Gesundheit ist, physisch oder anderweitig.

5. Über das Handeln in Übereinstimmung mit dem Code of Conduct

Die folgenden Regeln sind weit auszulegen und umfassen jedes Verhalten, das als unangemessen und unvereinbar mit den Werten der JEF Deutschland angesehen werden kann. Jeder Verstoß gegen diese Regeln führt zu Maßnahmen (wie in den Verfahren in Abschnitt 7 definiert).

Die Teilnehmer*innen an JEF-Aktivitäten verpflichten sich, ein respektvolles Verhalten anzunehmen und zu fördern, das Folgendes beinhaltet:

  1. andere zu respektieren und sie nicht zu verunglimpfen;
  2. zu respektieren, dass eine andere Person das Wort ergreift;
  3. sensible Themen in einer respektvollen Art und Weise zu diskutieren und daran zu denken, dass sie für andere persönlich sein können;
  4. ein Umfeld zu schaffen, in dem es allen leicht fällt, die eigene Meinung zu äußern;
  5. Unterstützung und Ermöglichung der Teilnahme und Einbeziehung anderer, zum Beispiel durch leichte Sprache und Erklärung von Abkürzungen, Begriffen und schwierigen Konzepten;
  6. keine Diskriminierung aufgrund von persönlichen Merkmalen, körperlichen oder anderen, wie in Punkt 4 dargestellt, vorzunehmen;
  7. es vermeiden, das Aussehen einer anderen Person in einer Weise zu kommentieren, die ihr Unbehagen verursacht oder sie objektiviert;
  8. keine Sprache zu verwenden, die den Gedanken hervorhebt, dass eine grundlegende Gesundheit und Fähigkeit erwartet wird;
  9. die Kultur einer anderen Person nicht zu beurteilen oder negativ zu kommentieren;
  10. keine rassistischen Stereotype in ihrer Rede, ihren Handlungen oder ihrem Verhalten zu nähren, auch nicht als Scherz oder ironisch;
  11. den persönlichen Raum/Intimsphäre anderer zu respektieren und andere nicht ohne deren ausdrückliche Erlaubnis körperlich zu berühren;
  12. andere nicht zu schikanieren, sich über sie lustig zu machen oder sie herabzusetzen, oder über die Fehler anderer zu lachen, es sei denn, sie lachen gemeinsam mit ihnen;
  13. andere JEFer*innen und Teilnehmer*innen an JEF-Aktivitäten nicht in irgendeiner Weise zu belästigen oder zu missbrauchen.

6. Verpflichtungen der JEF Deutschland, Organisator*innen und Moderator*innen von JEF Deutschland Aktivitäten

Vorstellung des Code of Conduct

  1. Der Code of Conduct muss vor jeder JEF Deutschland-Veranstaltung und -Aktivität, bei der der Code Anwendung findet, verbreitet werden. Darüber hinaus sollen zu Beginn der Veranstaltung oder Aktivität die wichtigsten Punkte kurz inhaltlich vorgestellt werden.
  2. Die Vorstellung des Code of Conduct soll:
    1. sicherstellen, dass die Teilnehmer*innen seinen Inhalt und seine Verpflichtungen verstehen;
    2. dem Zweck des Code of Conducts angemessen sein;
    3. die Art und Dauer der Veranstaltung berücksichtigen.
  3. Der Code muss von einem*r der Organisator*innen, Moderator*innen oder der Awareness-Stelle vorgestellt werden, und gleichzeitig müssen die Mittel zur Meldung an die Awareness-Stelle vorgestellt werden; und
  4. Der Code muss während der gesamten Veranstaltung oder Aktivität zum Nachschlagen, online wie offline, zugänglich sein.

Awareness-Stelle

  1. Die Awareness-Stelle stellt die Umsetzung der Maßnahmen für eine gleichberechtigte Teilhabe sicher. Mitglieder der Awareness-Stelle haben die Aufgabe, die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der Teilnehmer*innen zu gewährleisten und für die Teilnehmer*innen persönlich und online erreichbar zu sein. Sie ist außerdem die erste Anlaufstelle für Mitglieder, die Rat in Konfliktsituationen, bei Diskriminierung sowie bei anderen Formen von Gewalt suchen. Alle Anliegen werden vertraulich behandelt.
  2. Die Awareness-Stelle besteht aus mindestens zwei bis zu fünf Ansprechpersonen, die zu jeder Zeit kontaktiert werden können. Die Ansprechpersonen sollten möglichst divers sein und verschiedene Geschlechteridentitäten repräsentieren. Hierfür sind geeignete Personen von der BAG Empowerment & Diversity vorzuschlagen, die durch den Bundeskongress gewählt und in die Awareness-Stelle eingesetzt werden. Darüber hinaus können die Mitglieder der Awareness-Stelle andere JEF Mitglieder in der Konfliktlösung schulen. Anschließend können diese die Aufgaben der Awareness-Stelle in deren Abwesenheit bei Veranstaltungen wahrnehmen.
  3. Um die Unabhängigkeit der Awareness-Stelle zu gewährleisten, darf diese nicht aus einem Mitglied des Bundesvorstandes, des Bundesausschuss-Präsidiums, des Bundessekretariats, eines geschäftsführenden Landesvorstandes oder eines Landesausschuss- Präsidiums der Jungen Europäischen Föderalisten oder der Europa Union bestehen.
  4. Das Awareness-Stelle soll bei den Bundesausschüssen und dem Bundeskongress sichtbar vertreten und ansprechbar sein. Sollten nicht zwei Vertreter*innen der Awareness-Stelle für eine Veranstaltung verfügbar sein, so ist eine geschulte Vertretung zu organisieren.
  5. Bei weiteren Veranstaltungen auf Bundesebene sollte nach Möglichkeit eine Person von der Awareness-Stelle oder eine von der Awareness-Stelle geschulte Person anwesend sein. Alternativ sollte mindestens eine Ansprechperson anwesend sein, die den Code of Conduct gelesen und verstanden hat und auf seine Einhaltung auf der Veranstaltung achten kann.
  6. Das Awareness-Team kann auf Anfrage der Landes- und Kreisverbände Personen vor Ort schulen. Außerdem unterstützt die Awareness-Stelle Landes- oder Kreisvorstände auf Wunsch bei Fragen zu gleichberechtigter Teilhabe und diskriminierungsfreiem Miteinander im Verband. Das Ziel sollte der Aufbau von eigenständigen Angeboten bzw. einer eigenen Awareness-Stelle auf der jeweiligen Ebene sein.
  7. Das Awareness-Team kann andere JEF-Organe wie den Bundesvorstand, sowie die Arbeitsgemeinschaft Empowerment & Diversity, unter Achtung der Anonymität auf strukturelle Missstände im Verband aufmerksam machen. Die Awareness-Stelle kann außerdem den Bundesvorstand im Rahmen ihrer thematischen Zuständigkeit beraten.

Formular Code of Conduct

  1. Für die Veranstaltungen und Aktivitäten der JEF steht ein Online-Formular zur Verfügung, das nur der Awareness-Stelle zugänglich ist und von dieser jederzeit aktiv überwacht werden muss;
  2. Das Formular wird von den Kontaktpersonen für zwei Wochen nach der Veranstaltung oder Aktivität überprüft;
  3. Das Formular muss die Möglichkeit bieten, zu erklären, was passiert ist und was die nächsten Schritte sein sollen;
  4. Das Formular muss die Möglichkeit bieten, die eigenen Kontaktdaten anzugeben oder sich für Anonymität zu entscheiden.

7. Reporting

Der Code of Conduct gilt für jedes Mitglied der JEF Deutschland und jede*n Teilnehmer*in an einer JEF-Aktivität, unabhängig von ihrer Rolle in der Organisation. Wenn ein Verhalten beobachtet oder erlebt wird, das beunruhigend ist oder das einen Verstoß gegen den Code darstellen könnte, sollte das Problem bitte umgehend bei der Awareness-Stelle angesprochen werden, sofern man sich dabei wohlfühlt. Dies kann entweder anonym oder zusammen mit einer Vertrauensperson geschehen. Das gibt der JEF Deutschland die Möglichkeit, sich mit dem Problem zu befassen und es zu korrigieren, idealerweise, bevor es zu einem Gesetzesverstoß oder einer Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit wird.

Unangemessenes oder unerwünschtes Verhalten oder Handeln kann gemeldet werden durch:

  1. Eine oder mehrere der zu Beginn der Aktivität vorgestellten Mitglieder der Awareness-Stelle, persönlich oder online
  2. Ein Code of Conduct-Formular, das zur anonymen Meldung verwendet werden kann und auf der Webseite der Awareness-Stelle verlinkt ist;
  3. Kontaktaufnahme zur Awareness-Stelle und andere Mittel, die zu Beginn der Veranstaltung oder Aktivität genannt werden.

8. Verfahren im Falle von unangemessenem Verhalten

Im Falle eines Verstoßes gegen den Code of Conduct sind die zuständigen Ansprechpartner*innen bei der Veranstaltung oder Aktivität verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen, in aufeinanderfolgender Reihenfolge und je nach Schwere und Möglichkeit der Wiederholung der Handlung

  1. Nur mit Einverständnis und in Absprache mit der betroffenen bzw. diskriminierten Person können die nächsten Schritte eingeleitet werden.
  2. Die Teilnehmer*innen an ihre Verpflichtung zu erinnern, sich in Übereinstimmung mit diesem Code of Conduct zu verhalten, und ihnen Hinweise zu geben, wie sie dies tun können;
  3. Ein persönliches Gespräch mit der Person zu führen, die gegen den Code of Conduct verstoßen hat, um sicherzustellen, dass ein gegenseitiges Verständnis über die Art der unangemessenen Handlung besteht, einschließlich der Klärung und Erläuterung möglicher Missverständnisse und interkultureller Unterschiede;
  4. Die anderen Organisator*innen der Veranstaltung oder die Sitzungsleiter*innen, bei Bedarf, über das problematische Verhalten oder den Verstoß gegen den Code of Conduct zu informieren;
  5. Falls gewünscht, durch Moderation eines strukturierten Gesprächs zwischen den Parteien die Situation zu klären;
  6. In Absprache mit dem Organisationsteam und den Moderator*innen der Aktivität die Sitzung unter Beachtung der satzungsgemäßen Bestimmungen zu unterbrechen und/oder der Person, die gegen den Code of Conduct verstößt, die Teilnahme am Rest der Veranstaltung oder Aktivität zu untersagen.

Im Falle einer Meldung gewalttätigen oder potenziell illegalen Verhaltens wird wie in Kapitel 9 Absatz 2 verfahren.

Wenn die Person, die gegen den Code of Conduct verstoßen hat, ein gewähltes Amt in der JEF Deutschland innehat, kann die nächste satzungsgemäße Versammlung, je nach Art des Verstoßes und mit Zustimmung der vom Verhalten betroffenen Person, über den Vorfall informiert werden.

9. Rechtliche Schritte

Repräsentant*innen der JEF Deutschland und alle Teilnehmer*innen an JEF- Deutschland-Veranstaltungen und -Aktivitäten unterliegen den lokalen Gesetzen. Es wird von ihnen erwartet, dass sie den Code of Conduct sowie alle geltenden Gesetze, Regeln und Vorschriften einhalten. In einem Fall, in dem die Bestimmungen des Code of Conduct mit geltendem Recht in Konflikt stehen sollten, hat das Recht Vorrang.

Im Falle von gewalttätigem oder diskriminierendem Verhalten ist die Ansprechperson verpflichtet, eine Polizeibehörde einzuschalten, wenn dies nach den Gesetzen des Landes notwendig und möglich ist. Die betroffene Person oder Gruppe wird durch diese Maßnahmen nicht daran gehindert, gerichtlich gegen die Person, die gegen das Gesetz verstößt, vorzugehen.

10. Datenschutz

Zum Schutz der Privatsphäre aller Beteiligten sind die Awareness-Stelle und andere am Prozess beteiligte Personen zur Verschwiegenheit über alle Tatsachen verpflichtet, es sei denn, ein rechtliches Verfahren erfordert dies oder es dient der Sicherheit des Einzelnen.

Die Kontaktpersonen und andere am Prozess beteiligte Personen dürfen die Identität der Betroffenen nicht ohne deren vorherige Zustimmung preisgeben.

Jegliches schriftliche Material, das Informationen über die beteiligten Personen enthält, sollte nicht länger aufbewahrt werden, als es dem Zweck und der Zeit der Lösung des Falles dient. Es muss umgehend nach Abschluss des Falles – spätestens zwei Jahren nach der Erstdokumentation des Vorfalls – von allen Geräten, Datenbanken und anderen Orten gelöscht werden. Vor der Löschung soll der Erkenntnisgewinn in einen Handlungsleitfaden für die Awareness-Stelle integriert werden.

BundessekretariatCode of Conduct der JEF Deutschland
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Eine europäische Wahl braucht einen europäischen Wahlzettel

Bundesausschuss, 07.11.2020

Eine europäische Wahl braucht einen europäischen Wahlzettel

Beschluss im Wortlaut:

Der Bundeskongress der JEF möge beschließen:

1) Dass der Bundesvorstand die Inhalte dieses Antrags innerhalb der Europa-Union Deutschland aktiv vorantreibt.

Inhaltlicher Teil:

Die JEF nimmt zur Kenntnis, dass das Europawahlgesetz in §9, Abs. 1, Satz 3 die folgende Regelung „Der Bezeichnung ihres Wahlvorschlages kann eine Partei den Namen und die Kurzbezeichnung ihres europäischen Zusammenschlusses […] anfügen.“ trifft.

Die JEF nimmt weiterhin zur Kenntnis, dass diese Regelung entsprechend auch in §32, Abs. 1, Ziffer 1 der Europawahlordnung wie folgt hinterlegt ist: „als Wahlvorschlag einer Partei den Namen der einreichenden Partei und, sofern sie eine Kurzbezeichnung verwendet, auch diese; die Partei kann den Namen und die Kurzbezeichnung ihres europäischen Zusammenschlusses anfügen;“.

Die JEF fordert, dass aus dieser Möglichkeit, den europäischen Zusammenschluss auf dem Wahlzettel aufzuführen, eine Pflicht gemacht wird und die oben genannten gesetzlichen Rahmenbedingungen dementsprechend angepasst werden müssen.

emmelineEine europäische Wahl braucht einen europäischen Wahlzettel
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EU als Vorreiterin beim Klimaschutz

Bundeskongress, 11.10.20

EU als Vorreiterin beim Klimaschutz

Beschluss im Wortlaut:

Klimaschutz ist die größte und wichtigste Herausforderung dieses Jahrhunderts. Bereits in unserem Leitantrag zum Buko 2019 haben wir, die Jungen Europäischen Förderalist*innen, uns dazu bekannt, dass die katastrophalen und irreparablen Folgen der menschengemachten Klimakrise nicht nur für eine Spaltung der EU sorgen können, sondern auch den nächsten Generationen ihre Lebensgrundlagen rauben. Das Erreichen des Zieles der Klimaneutralität bis spätestens 2050 ist die Aufgabe, an der sich die EU langfristig messen lassen muss. Mit dem “Green Deal” hat die Europäische Kommission einen umfangreichen Aktionsplan für eine nachhaltige Gestaltung der europäischen Wirtschaft vorgestellt, welcher durch Strategien in allen Politikbereichen erreicht werden soll. Dieser multisektorale Ansatz zielt auf eine grundlegende Veränderung der europäischen Klimapolitik, legt die Basis für eine europaweite Klimaneutralität bis 2050 und bekennt sich zu den Grundsätzen und der 1,5°-Grenze des Pariser Klimaabkommens. JEF Deutschland begrüßt in diesem Zusammenhang die Ansätze des European Green Deals. Die Setzung von Zielen wie der 1,5°-Grenze oder der Klimaneutralität bis 2050 ist an sich allerdings noch kein Erfolg. Lediglich die Umsetzung dieser Ziele sollte gefeiert werden, davon sind wir allerdings noch weit entfernt. Immer wieder müssen wir mit ansehen, wie einzelne Mitgliedsstaaten kurzfristige Profite dem langfristigen Wohlergehen der Umwelt und der Menschen, die in ihr leben, vorziehen. In der alarmierenden Lage, in der sich unser Planet befindet, können wir uns solch ein egoistisches, kurzfristiges Handeln nicht mehr leisten. Um das absolute Minimum des Notwendigen zu erreichen, fordern wir die Bundesregierung und die Kommission dazu auf, durch einen umfassenderen Europäischen Emissionshandel (EU ETS), eine gemeinsame europäische Mobilitäts- und Energiepolitik, nachhaltige Landwirtschaft und eine EU-Biodiversitätsstrategie den European Green Deal mit Leben zu füllen. Die EU muss beim Klimaschutzes globale Vorreiterin werden.

Ein umfassender, zukunftsweisender EU- Emmissionshandel

Der Europäische Emissionshandel ist eine tragende Säule auf dem Weg der EU in eine klimaneutrale Zukunft und muss noch stärker ausgebaut werden. Momentan fallen ungefähr 45% der Treibhausgasemissionen der EU unter den Emissionshandel. Im Vergleich mit anderen Ländern ein beachtlicher Wert, für eine nachhaltige Zukunft allerdings deutlich zu wenig. Der EU ETS schuf im Jahr 2005 den ersten internationalen Emissionshandel und wird 2021 in seine vierte Handelsperiode eintreten. In den vorherigen Phasen wurde zu Recht häufig der zu niedrige CO2- Preis kritisiert, was aber jetzt ab 2021 korrigiert wird und wodurch nachhaltige Technologien relativ kosteneffizient werden. Für eine Investition in kohlenstoffarme Technologien ist dabei sowohl ein angemessen hoher Preis der Zertifikate als auch eine langfristige Zukunftsperspektive notwendig. Langfristig sollte der Preis für Emissionen dabei den Folgekosten entsprechen, welche aktuell bei ca. 180 Euro liegen. Viele Investitionen, wie die in neue Hochöfen, werden nur im Abstand mehrerer Jahrzehnte getätigt. Folglich muss jetzt eine große Sicherheit geschaffen werden, dass klimaförderliche Investitionen sich auszahlen. Dies gilt nicht nur für die bereits jetzt im EU ETS inkludierten Sektoren, sondern auch für andere wichtige Sektoren, wie den Transportsektor. Verkehr hat den zweitgrößten Anteil an den Emissionen innerhalb der EU nach der Stromerzeugung und es ist mit großer Sorge zu betrachten, dass die Reduktion der Treibhausgase in diesem Sektor gegen Null geht. Ein Bereich der Mobilität, der Seeverkehr, fand dabei zu wenig Beachtung. Wir benötigen klare Vorschriften für den Seeverkehr durch eine neu ausgearbeitete EU- Verordnung, die die bisherigen Vorschriften überprüft und ausweitet. Besonders im Güterbereich spielt der Seeverkehr eine Schlüsselrolle, da fast 90 % des externen Frachtverkehrs der EU auf dem Seeweg abgewickelt werden. Die EU geht davon aus, dass der Gütertransport bis 2050 um 100 % zunimmt, sodass der Seeverkehr im gleichen Zeitraum für 17 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich sein wird. Eine Einbindung dieser Sektoren in den EU ETS ist deshalb auf lange Sicht unabdingbar.

Eine europäische Energiewende

Der EU ETS ist zentraler Bestandteil der europäischen Energiewende. Eine effizientere und richtungsweisende Bepreisung von CO2 alleine wird allerdings nicht ausreichen, um alle klimapolitischen Probleme zu lösen. Ohne die notwendige Infrastrukturen, wie eine europäische Wasserstoffwirtschaft, besser integrierte Stromnetze, eine umfassende Digitalisierung oder eine stärkere Sektorkopplung wird dem Klimawandel nicht erfolgreich begegnet werden können. Diese Infrastrukturen müssen für maximale Effektivität europäisch gedacht werden. Wir haben eine einmalige Chance den Wandel hin zu einer Dekarbonisierung des Energiemarktes gemeinsam zu gestalten. Ein Verpassen dieser Gelegenheit wird zu einem fragmentierten, ineffizienten Markt führen und zu einem unüberwindbaren Hindernis auf dem Weg zur Erfüllung der Klimaziele der EU werden. Bei der Bildung eines gemeinsamen Energiemarktes muss der Fokus dabei auf erneuerbaren Energien liegen. Durch die Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren am Strommix entstehen natürlich neue Herausforderungen, so müssen stärkere Schwankungen ausgeglichen werden. Dafür ist es notwendig Speichermöglichkeiten weiterzuentwickeln. Hierfür ist insbesondere die Speicherung durch klimaneutrale Gase, wie z.B. grünem Wasserstoff in großer Skalierung sinnvoll.

Schaffung einer nachhaltigen Europäischen Kreislaufwirtschaft

Würden alle Menschen der Erde leben wie die Bürger*innen der Europäischen Union, dann bräuchte es pro Jahr ca. 2,8 Erden um den enormen Ressourcenbedarf der Bevölkerung zu stillen. Nur etwa 12% der verbrauchten Ressourcen gelangen durch Wiederverwendung in den Produktionszyklus. Würde der Lebenszyklus eines Produkts bis zu seiner endgültigen Entsorgung durch Wiederverwendung oder Recycling verlängert werden, so würde auch der Ressourcenverbrauch und die materielle Abhängigkeit der EU abnehmen. Somit müssen sich Produktions- und Verbrauchsmuster ändern. Dazu braucht es die richtigen Preissignale und Strategien innerhalb der EU, um ihre Wirtschaft zukunftsfähig zu machen. Zu diesem Zweck verabschiedete die Europäische Kommission am 11.03.2020 einen neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft innerhalb der EU, einer der Hauptbestandteile des Europäischen Green Deals. Dieser enthält Maßnahmen

über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts, um die europäische Wirtschaft zukunftsfähig und umweltschonender zu gestalten. Europäische Unternehmen geben im Schnitt 40% ihrer Ausgaben für Materialien aus. Hier würde ein geschlossenes Kreislaufmodell erheblich zu ihrer Rentabilität beisteuern und vor Preisschwankungen schützen. In der EU werden jährlich 2,5 Mrd. Tonnen Abfall erzeugt. Diese Menge könnte durch die Einführung einer Kreislaufwirtschaft erheblich gesenkt werden. Es ist untragbar, dass die EU in den letzten 10 Jahren Millionen Tonnen Abfälle in Nicht-EU-Länder ausgeführt hat. Die Europäische Union sollte in der Lage sein, sich selbst um ihre Abfälle zu kümmern. Somit sollte die EU nicht nur Verantwortung für Umweltschutz innerhalb ihrer Grenzen übernehmen, sondern hat auch Rechenschaft zu tragen, wenn es um Berührungspunkte mit dem Ausland geht.

Biodiversität & nachhaltige Landwirtschaft

Eine ganzheitliche Strategie zur Bekämpfung der Klimakatastrophe in Form des Schutzes unseres Ökosystems, einer nachhaltigen Bewirtschaftung und Düngung der Böden und der Erhaltung der Biodiversität wäre ein maßgeblicher Schritt, um dafür zu sorgen, dass die enorm vom Klima abhängige Landwirtschaft auch in der Zukunft gute Bedingungen für das (Über-)Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen schafft. Durch die Covid-19-Pandemie wurde abermals die Wichtigkeit einer erhöhten Biodiversität und Landwirtschaft aufgezeigt, da diese sowohl die ökonomischen als auch ökologischen Folgen begrenzen und abfedern. Gerade in unsicheren Krisenzeiten, wie diesen, sind wir alle auf eine stabile und nachhaltige Landwirtschaft angewiesen, die eine sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittelversorgung garantiert. Angefangen bei unserer wertvollsten Ressource, dem Wasser. Durch die massenhafte Ausbringung von Gülle in der Landwirtschaft wird in einigen EU-Ländern, insbesondere Deutschland, der Nitratwert von 50mg/l immer wieder überschritten. Die Verseuchung des Grundwassers mit Nitrat durch Verstöße gegen die EU-Richtlinien stellt nicht nur ein Gesundheitsrisiko für Menschen dar, sondern schädigt auch Gewässer und Tiere durch die Umwandlung zu giftigem Nitrit. Deshalb fordern wir eine strengere Kontrolle zur Gewährleistung der Einhaltung der Nitratwerte durch die EU Kommission. Die Farm-to-Fork Strategie der EU-Kommission zielt auf die Förderung und den Ausbau einer ökologischen Landwirtschaft ab und will bis 2030 ein Viertel des EU Ackerlandes für die ökologische Landwirtschaft nutzen. Dies trägt weiter zur Senkung der Nitratwerte bei, da weniger Gülle ausgebracht werden muss und wirkt sich somit positiv auf die Umwelt aus. Bereits 2006 wurde der “Aktionsplan der Europäischen Union zur Stärkung der Biodiversität” verabschiedet, um eine Vielfalt der Ökosysteme zu garantieren, vom Aussterben bedrohte Tierarten zu schützen und die genetische Vielfalt aller Lebewesen zu sichern. Jedoch kommt es aufgrund von durch den Menschen verursachten Umweltzerstörungen,-verschmutzungen und -schäden zu einem stark beschleunigten Biodiversitätsverlust, der das Aussterben von zahlreichen Tierarten, Entwaldung und Abnahme der Fischbestände bewirkt.

Dadurch sind für die Arzneigewinnung wichtige Pflanzen und Wasserorganismen, die entscheidend zur Lebensmittelsicherung beitragen, bedroht. Außerdem kann die natürliche Bodenfruchtbarkeit, die bei dem Problem der Überdüngung der Böden, Abhilfe schaffen könnte, nicht erhöht werden.

Nachhaltige Mobilität 

Aufgrund des steigenden Bedarfs an Personen- und Güterverkehr brauchen wir in Europa Mobilitätslösungen, die unsere Umwelt schützen, eine schnelle, einfache sowie komfortable Verbindung schaffen und für jeden Menschen erschwinglich sind. Eine freie europäische Mobilität ist für die JEF Deutschland eine der Kernerrungenschaften der EU und muss unbedingt für gegenwärtige und zukünftige Generationen bewahrt, nachhaltiger gestaltet und ausgebaut werden. Unter den zunehmenden technologischen Möglichkeiten können besonders im Bereich Mobilität und Verkehr gegenwärtig hohe Klimaemissionen eingespart werden. Der Verkehr im urbanen Raum ist beispielsweise häufig geprägt durch einen geringen Verkehrsfluss und muss effizienter und nachhaltiger gestaltet werden. Hierzu bedarf es ein Mobility-as-a-Service-Konzept (MaaS), um Individualverkehr mit öffentlichen Transportmitteln deutlich stärker zu verbinden. Wir benötigen eine öffentliche, europäische Plattform, welche grenzüberschreitende und nachhaltige Mobilität unterstützt, indem sie Transportmöglichkeiten und Verkehrsverbünde miteinander verknüpft. Zusätzlich dazu müssen bestehende Netze nachhaltiger Mobilität ausgebaut werden, um im europäischen Raum Anreize für den Umstieg von Flugverkehr auf nachhaltige Mobilität zu schaffen. Dafür braucht es bessere Zugverbindungen zwischen den großen Städten der EU, die erneute Etablierung von Nachtzügen, ein konkurrenzfähiges Güternetz und die Förderung neuer Strecken genauso wie die Förderung von Fahrradstraßen in Städten sowie in Grenzregionen.

Wir können dabei viel voneinander lernen und müssen eine Plattform etablieren, die einen Austausch von Best Practices ermöglicht.

Die JEF Deutschland fordert die europäischen Institutionen, die EU- Mitgliedstaaten und die Bundesregierung dazu auf,

  1. sich langfristig für einen jegliche Sektoren umfassenden europäischen Emissionshandel einzusetzen und insbesondere die Sektoren Mobilität, Seeverkehr und Wärme weit vor 2030 zu inkludieren,
  2. durch eine stetig zunehmende Begrenzung der CO2-Zertifikate, Anreize zur Investition in nachhaltige Zukunftstechnologien zu schaffen,
  3. schnellstmöglich Grenzausgleichsmaßnahmen einzuführen, um die
    Abwanderung von Industriezweigen in Länder mit geringeren Klimaschutzstandards zu verhindern und gleichzeitig internationale Anreize zu ambitionierterem Klimaschutz zu kreieren,
  4. innerhalb der international Schifffahrtsorganisation weiter auf die Einführung von Verboten von bestimmten klimaschädlichen Kraftstoffen und der Reduzierung von Emissionen hinzuarbeiten und klimafreundliche Schiffskraftstoffe und Technologien zu födern,
  5. eine nachhaltige europäische Energiewende voranzutreiben und die dafür notwendige Infrastruktur wie eine europäische Wasserstoffwirtschaft und stärker integrierte Stromnetze aufzubauen,
  6. einen geeinten europäischen Energiemarkt zu schaffen und eine stärkere Integration der Standards zu forcieren,
  7. nur noch klimaneutrale Projekte zu subventionieren und dem Europäischen Parlament eine stärkere Kontrolle bei der Fördermittelvergabe einzuräumen,
  8. den Anteil der kreislauforientiert verwendeten Materialien in den kommenden 10 Jahren auf mindestens 50% zu steigern,
  9. für eine substantielle Reduktion der Müllexporte ins EU-Ausland zu sorgen,
  10. eine einheitliche Abfallwirtschaft und einheitliche Recyclingvorschriften zu schaffen,
  11. eine präsente, einheitliche Kennzeichnung von Produkten einzuführen, um eine höhere Sichtbarkeit von nachhaltigen Herstellungsweisen zu gewährleisten,
  12. die EU-Grundwasserrichtlinie (GWRL) und der Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen einzuhalten und die Einhaltung des Nitratwerts von 50mg/l strenger zu kontrollieren,
  13. tiergerechte Haltung zu subventionieren, Massentierhaltung zu reduzieren und die EU-Düngeverordnung zu verschärfen,
  14. die EU Biodiversitätsstrategie und den dazugehörigen Aktionsplan zu implementieren, spezielle Schutzbezirke zur Bienenzucht auszuweiten und zu vergrößern und die Lebensmittelsicherheit durch Umsetzung der “From- Farm-to-Fork”- Strategie zu stärken,
  15. ein MaaS (Mobility as a Service)-Konzept einzuführen, das den Verbraucher bzw. die Verbraucherin durch eine öffentliche, europäische Plattform bei einer schnellen, klimafreundlichen sowie grenzüberschreitenden Mobilität unterstützt und Verkehrsverbünde und Transportmöglichkeiten abbildet und verknüpft, wobei insbesondere neue grenzübergreifende Verkehrsstrukturen zu fördern sind,
  16. einen besseren Austausch bezüglich Best-Practice zwischen den Ländern anzustreben und eine europäische Plattform auf Basis eines Open-Data- Ansatzes zu schaffen, die den Austausch von Daten, das Lernen voneinander und somit den Aufbau einer effizienten und nachhaltigen öffentlichen Infrastruktur fördert,
  17. die Eingliederung von mehr Sprinterzügen zwischen den großen europäischen Städten sowie die Förderung bestehender Nachtzugverbindungen und neuer Verbindungen innerhalb Europas voranzutreiben,
  18. ein leistungsstarkes europäisches Güternetz aufzubauen,
  19. und Fahrradstraßen in europäischen Städten und insbesondere in Grenzregionen aufzubauen und zu fördern.
BundessekretariatEU als Vorreiterin beim Klimaschutz
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Gemeinsames Vorgehen Corona

Bundeskongress, 11.11.20

Gemeinsames Vorgehen Corona

Beschluss im Wortlaut:

Seit Beginn des Jahres 2020 breitet sich SARS-CoV-2 in der Welt aus, wodurch sich die größte Pandemie seit der Spanischen Grippe entwickelte. Die rasche Verbreitung des Virus führte zu erheblichen Beschränkungen von Freiheitsrechten der Bevölkerung und zum größten Wirtschaftseinbruch seit dem zweiten Weltkrieg. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vermochten es nicht, solidarisch und gemeinschaftlich gegen das Virus vorzugehen und sich gegenseitig Hilfe zu leisten.

Zunächst breitete sich das Virus ungehindert aus, bis die Nationalstaaten zum Teil sehr unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Es entstand ein Flickenteppich von Regelungen und unabgestimmten und unkoordinierten Vorgehensweisen zwischen den Mitgliedstaaten, wie etwa gegenseitige Einstufungen als „Risikogebiete” nach zum Teil ganz unterschiedlichen Maßstäben.

Anstatt die vorhandene Infrastruktur auf europäischer Ebene, nämlich das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) einzubinden, hat im März 2020 das deutsche Robert-Koch-Institut etwa pauschal die französische Region „Grand Est,” die flächenmäßig größer als die Niederlande oder die Schweiz ist zu einem Risikogebiet erklärt, obwohl tatsächlich nur ein kleiner Teil dieser Region überdurchschnittlich von der Verbreitung des Virus betroffen war.

In der Folge wurde eine der wesentlichsten Säulen der Europäischen Union und für europäische Bürger*innen das offenkundigste Zeichen der europäischen Einigung, nämlich der sogenannte Schengen-Acquis beeinträchtigt. Seit dem 26. März 1995 waren die Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums weggefallen, sodass wir bis zur SARS-CoV-2-Pandemie auf nunmehr 25 Jahre weitestgehend freien Grenzverkehr für Waren und Personen zurückblicken konnten. Ohne Absprache mit den europäischen Partnern wurden ab dem 16. März 2020 durch die Bundesrepublik Deutschland und ihre Nachbarländer wieder dauerhafte Grenzkontrollen eingeführt und es wurden zahlreiche wichtige Grenzübergänge vollständig geschlossen. Das Übertreten der „grünen Grenze“ wurde unter Strafe gestellt.

Während der Flüchtlingskrise und für wenige Wochen dauernde Großereignisse gab es in den letzten 25 Jahren wieder Grenzkontrollen. Auch wenn wir diese Grenzkontrollen scharf zurückweisen (siehe Beschluss “Zurück zu Schengen” des Bundesausschusses der JEF Deutschland vom 30. November 2019), so waren diese bei weitem nicht so einschneidend wie die Grenzkontrollen und vor allem Grenzschließungen während der Coronakrise.

Die starke Einschränkung der Personenfreizügigkeit, und die Verletzung des Rechtes auf Nichtdiskriminierung führte dazu, dass besonders EU-Bürger*innen in Grenzregionen starke negative Auswirkungen zu spüren bekamen. Über die staatlichen Fehlgriffe hinaus, kam es zu Anfeindungen in Form von verbalen und tätlichen Beleidigungen zwischen den Bürger*innen untereinander. Die politische Grenzschließung wurde als Symbol verstanden, alte Ressentiments wieder aufleben zu lassen und diese im Alltag auszuleben. Hierbei wurden auch Pendler*innen, die gerade im Gesundheitswesen wichtige Arbeit leisteten, aufgrund banaler Erkennungsmerkmale, wie eines Autokennzeichens des Nachbarlandes verbal und non- verbal attackiert. Diese Maßnahmen im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie haben nachhaltig zur Vergiftung des Klimas mit unseren Nachbarländern, insbesondere in den Grenzregionen zu Frankreich und Luxemburg, geführt. Drei der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union, nämlich der freie Warenverkehr, die Dienstleistungsfreiheit und vor allem die Personenfreizügigkeit, wurden massiv beeinträchtigt.

Ein solch unverhältnismäßiger Eingriff in Europäische Werte und Rechte der Bürger*innen ist jedoch auch durch eine Krise wie die SARS-CoV-2-Pandemie nicht zu rechtfertigen. Die Jungen Europäischen Föderalist*innen erkennen ausdrücklich an, dass Abstandsregeln sowie Kontakt- und Hygieneregeln notwendig sind, um die Krise zu bewältigen. Insgesamt dürfen die politischen Maßnahmen nicht in der Aushöhlung oder Missachtung der gemeinsamen politischen Errungenschaften münden und dürfen sich deshalb nicht an politischen Grenzen orientieren, die nur ein historischer Strich in der Landschaft sind. Vielmehr müssen sie sich an dem tatsächlichen epidemiologischen Geschehen orientieren. Daher verbieten sich Grenzschließungen und Unilateralismus von sich aus.

Die Jungen Europäischen Föderalist*innen fordern daher:

  • Die Bekämpfung einer globalen Pandemie kann nur durch gezielte und koordinierte Aktionen erreicht werden. Eine eigene Kompetenz auf EU-Ebene ist daher unerlässlich.
  • Nationale Alleingänge müssen unterbleiben, um nicht die in der 70-jährigen Friedensgeschichte der EU zugeschütteten Gräben wieder aufzureißen, und durch solidarisches Handeln gemäß der Solidaritätsklausel im Vertrag von Lissabon ersetzt werden.
  • Eine Bewertung von Risikogebieten sollte europaweit einheitlich durch das ECDC vorgenommen werden und als Maßstab für regionale und lokale Maßnahmen dienen. Risikogebiete sollten in einer einheitlichen Größenordnung, nämlich den NUTS-3-Regionen, ausgewiesen werden.
  • Die Kompetenzen des ECDC müssen ausgeweitet werden und die nötigen Ressourcen bereitgestellt werden, sodass dieses in Zukunft EU-weite Maßnahmen zur Eindämmung einer Pandemie veranlassen und nationalen Regierungen konkret Hilfe leisten kann.
  • Grenzschließungen und somit eine Verletzung des Schengen-Abkommens und der damit verbundenen Freizügigkeit dürfen keine Maßnahme zur Pandemiebekämpfung sein. Die Jungen Europäischen Föderalist*innen werden gemäß dieser Forderung im Falle erneuter pandemiebedingter Grenzschließungen der Bedeutung des Schengen-Acquis für die Europäische Union angemessenen Aktionen (Demonstrationen, Protest-Aktionen, etc.) durchführen und sich öffentlich deutlich gegen einen solchen Eingriff positionieren.
  • Abstandsregeln sowie Kontakt- und Reisebeschränkungen dürfen sich nicht am Kriterium der Staatsangehörigkeit orientieren und müssen diskriminierungsfrei anhand objektiver Kriterien bestimmt werden.
BundessekretariatGemeinsames Vorgehen Corona
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Lasst Europa nicht im Regen stehen

Bundeskongress, 11.10.20

Lasst Europa nicht im Regen stehen

Beschluss im Wortlaut:

In welchem Europa wollen wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten leben? Grundlegende Selbstverständlichkeiten, mit denen wir als Generation in der europäischen Lebensrealität aufgewachsen sind, stehen aktuell in Frage. Für uns ist klar: Europa ist unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Europäische Solidarität – das beobachten wir immer öfter – erweist sich dabei allzu oft als nicht krisenfest und die EU sich in zentralen Fragen als nicht ausreichend handlungsfähig. So reagiert die EU beispielsweise nach wie vor nicht wirksam darauf, dass in einigen Mitgliedstaaten europäische Werte klar verletzt wurden, indem Rechtsstaatlichkeit zunehmend abgeschafft und Demokratie ausgehöhlt wurde. Besonders in zentralen Politikbereichen, können sich die EU-Mitgliedstaaten mangels eines gemeinsamen Verständnisses seit Jahren nicht auf die notwendigen Reformen einigen.

Große aktuelle Herausforderungen, wie die Corona-Krise, der Klimawandel, die Asylpolitik sowie eine zunehmende wirtschaftlich-soziale und kulturelle Spaltung des europäischen Kontinents und der weltweite neue Nationalismus und Autoritarismus, sind Herausforderungen, die ein geschlossenes, starkes und gemeinsames Handeln der EU und ihrer Mitgliedstaaten verlangen. In einer Welt, in der Multilateralismus und eine regelbasierte internationale Ordnung keine Selbstverständlichkeit mehr sind, brauchen wir die Europäische Union, die diese multilaterale Ordnung verteidigt und vorantreibt.

Die EU ist dafür institutionell nur unzureichend ausgestattet. Es ist dabei im Wesentlichen nicht “die EU”, die hier versagt. Es sind die Regierungen der Mitgliedstaaten, die Reformen lange gescheut haben oder sich nicht einigen können oder wollen und sich bei Krisen noch viel zu häufig lieber in ihre eigenen nationalstaatlichen Grenzen zurückziehen anstatt ein europäisches und allgemeines Interesse zu verfolgen. Um dieses Phänomen auflösen zu können,

muss das langfristige Ziel eine Reföderalisierung Europas sein. Nur so kann das Problem einer gegenseitigen Blockade der Akteure verhindert werden, um durch klare Neuverteilung der Kompetenzen auf die verschiedenen Ebenen originär europäische Lösungen hervorzubringen. Die nationalen Alleingänge während der Corona-Pandemie haben nochmal in aller Deutlichkeit unterstrichen, wie entscheidend eine klare Kompetenzverteilung für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union ist.

Für die Zukunft Europas und nicht zuletzt den Weg zu den Vereinigten Staaten von Europa als die durchdachte Antwort auf europäische Herausforderungen, ist es deshalb entscheidend, dass jetzt das Fundament Europas, als gemeinsame, solidarische und wertebasierte EU, bewahrt und gesichert wird.

Es bedarf dringender Reformen, die die Handlungsfähigkeit und Funktionalität der EU verbessern. Nur dann können ebenfalls wichtige, zukunftsgerichtete Reformen in den konkreten Politikbereichen, zum Beispiel der europäischen Asyl- und Migrationspolitik, Wirtschafts- und Sozialpolitik oder Klimapolitik erfolgreich sein und nachhaltig Bestand haben. Das Ziel muss ein Europäischer Bundesstaat sein, der nicht nur unserem Verständnis von Föderalismus entspricht, sondern auch gemeinsamer und handlungsfähiger ist und damit anhand progressiver Reformschritte die Vision der Vereinigten Staaten von Europa vollendet.

  1. Eine neue Gemeinsamkeit schaffen

Wir fordern deshalb, dass die Bemühungen der EU-Mitgliedstaaten, untereinander ein neues gemeinsames Verständnis über den Charakter der EU und ihren zukünftigen Weg und ihre Ausgestaltung zu finden, verstärkt werden. Nur wenn es gelingt, dass zwischen Ost- und Westeuropa sowie Nord- und Südeuropa ein neues gemeinsames Verständnis über gemeinsame europäische Themen entsteht, können politische Reformen nachhaltig Bestand haben.

Die letzten Monate haben einmal mehr gezeigt, dass Verhandlungen, in denen einzelstaatliche Interessen Priorität erhalten, zum Nachteil aller ausgehen. Vor allem bei den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU darf das Interesse Einzelner nicht über dem allgemeinen Interesse der europäischen Bürger*innen stehen. Daher fordern wir hier seit Jahren eine Änderung des Systems, eine Abkehr vom Netto-Zahler-Empfänger-Narrativ und die Einführung europäischer Steuern.

Zur Schaffung einer neuen Gemeinsamkeit ist es wichtig, die demokratische Zivilgesellschaft und alle Bürger*innen mit einzubeziehen: Europa ist mehr als eine Zusammenarbeit nationaler Regierungen. Wir brauchen Formate, durch die wir Bürger*innen aktiv beteiligen, um eine andere Sichtweise auf europäische Themen zu bekommen und um nicht nur einzelstaatliche Interessen auf europäischer Ebene repräsentiert zu sehen. Gerade Bürger*innen in den Ländern, in denen nationalistische Regierungen demokratische und liberale Prinzipien zunehmend unterminieren, haben es verdient, dass sie einbezogen werden. Wo nationale Regierungen dem nicht nachkommen, ist es Aufgabe der EU deren Rechte zu schützen, Europäische Werte einzufordern und pro-europäische Haltung und Zukunftschancen einzubeziehen. Die Konferenz zur Zukunft Europas bietet eine Chance, genau dies zu tun. Sie darf nicht zur Zuhör-Übung verkommen, sondern muss sich den großen Fragen widmen und deshalb auch weitreichende Vorschläge zu Vertragsänderungen machen können.

Um ein tatsächlich geeintes Europa zu schaffen, müssen europäische Bürger*innen nicht nur in die Gestaltung Europas einbezogen werden, sondern wir wollen auch allen Menschen in Europa das Gefühl geben, aktive europäische Bürger*innen zu sein. Dafür brauchen wir ein europäisches Gemeinschaftsgefühl, das uns vereint und miteinander verbindet; eine europäische Identität, die durch Bildung und Austausch gefördert und gefordert werden muss. Vor allem brauchen wir auch gemeinsame Debatten und Diskussion und damit eine europäische Öffentlichkeit.

  1. Grundlegendes sichern, Reformen mutig angehen!

Die Mitgliedstaaten der EU sollten auch den Mut haben, strukturell und institutionell voranzugehen.

Wir fordern, dass nach Jahren des Stillstands endlich Reformen der institutionellen Ausgestaltung der EU angegangen werden. Es ist offensichtlich, dass in einer EU, in der einzelne Mitgliedstaaten stetig die gemeinsamen Interessen der Vielen ausbremsen können, die Handlungsfähigkeit abnimmt. Schon seit Jahren fordern wir deshalb die flächendeckende Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips, die von einer Stärkung der europäischen Öffentlichkeit begleitet werden muss, um nationalistische Tendenzen in bestimmten Ländern zu vermeiden und das europäische Interesse bei Abstimmungen auch in der nationalen Öffentlichkeit in den Vordergrund zu rücken. Auch die Reform des Wahlsystems ist dringend geboten, um sowohl die Effektivität europäischer Entscheidungen wie auch die Legitimation der Institutionen zu erhöhen. Darüber hinaus braucht es auch Reformen im Kleinen, wie eine Verankerung der Rechtsstaatskonditionalität im Mehrjährigen Finanzrahmen.

Konkret fordern wir dabei, dass die Nichteinhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien mit einer teilweisen oder vollständigen Streichung oder einer Aussetzung von Kohäsionsmittel durch die Kommission einher gehen kann. Der Rat der Europäischen Union hat die Möglichkeit, dieser Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit zu widersprechen. Außerdem dürfen die jährlichen Rechtsstaatlichkeitsberichte an die Mitgliedsstaaten nicht nur ein Blatt Papier sein: Sie müssen im Falle von Verstößen verbindliche Handlungsanweisungen an die Mitgliedsstaaten enthalten. Bei Nichteinhaltung müssen entsprechende Sanktionsmechanismen vorgesehen werden.

Wenn dies nicht gelingt, muss auch über die Idee des Kern-Europas neu nachgedacht werden. Die Mehrheit in Europa darf sich nicht einzelnen nationalistischen Regierungen, die Werte missachten und Gemeinsames bewusst torpedieren, beugen. Dabei müssen aber zwingend die Bürger*innen in den betreffenden Ländern mit einbezogen werden.

  1. Europäische Politik in wichtigen Bereichen weiterentwickeln

Schließlich muss, aufbauend auf einem neu gesicherten und weiterentwickelten Fundament, europäische Politik in wichtigen Bereichen weiterentwickelt werden.

Die EU MUSS zukünftig eine stärkere Rolle auf der internationalen Ebene einnehmen. Europa sollte sich als friedliche Macht positionieren, die sich für Menschenrechte, Demokratie, eine regelbasierte internationale Politik und das Völkerrecht weltweit einsetzt. Dazu muss Europa mit einer Stimme sprechen und eine neue gemeinsame außenpolitische Linie verfolgen, die nicht von postkolonialen Ansprüchen sondern der Gleichheit aller Menschen und Staaten geprägt ist.

Wir werden zukünftig weiter und noch viel mehr mit globalen Krisen, allen voran den Auswirkungen der Klimakatastrophe, konfrontiert werden. Im Kampf gegen und der Anpassung an die Klimakatastrophe muss die EU aktiv vorangehen. Um eine CO2- neutrale EU bis 2050 zu erreichen, braucht es jetzt streng gesetzte politische Ziele, eine Umstellung der Wirtschaft wie z.B. durch den European Green Deal, eine gemeinsame europäische Energieunion und ausreichende Finanzierung in neue klimafreundliche Technologien. Die Politiken der nächsten Jahre müssen neben der Abschwächung der Klimakatastrophe auch bereits auf die Anpassung an die Klimafolgen gerichtet sein. So müssen beispielsweise frühzeitig Hilfsprogramme aufgesetzt werden für Regionen, die entweder durch steigenden Meeresspiegel, Verwüstung und Dürre oder schlimmere Naturkatastrophen gefährdet sind.

Die gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik muss so weiterentwickelt werden, dass sie europäischen Werten sowie der Verantwortung und den Möglichkeiten Europas gerecht wird. Wir setzen uns daher weiterhin für eine Reform der Dublin-III-Verordnung ein, um die humanitär dramatische Lage an den EU-Außengrenzen abzuwenden. Zwar bemüht sich die Europäische Kommission, mit ihrem Vorschlag zur Reform der Migrationspolitik eine europäische Einigung zu erzielen. Jedoch müssen wir feststellen, dass der Vorschlag an dem bisherigen Prinzip der Dublin-III-Verordnung kaum etwas verändern würde. Anstelle einer solidarischen Verteilung der Geflüchteten sind knallharte Abschiebungen das Credo der Stunde. Aus unserer Sicht ist der vorgeschlagene Migrationspakt damit keinesfalls eine Wende des Status Quo. Für eine solidarische Verteilung der Geflüchteten sind eher schnellere Asylverfahren für Schutzsuchende erforderlich, die derzeit teilweise mehrere Monate in Aufnahmezentren an den EU-Außengrenzen verbringen. Geflüchtete sollen auf Basis eines von uns geforderten Verteilungsschlüssels, der auf BIP, Einwohner*innenzahl und Wünschen der Geflüchteten basiert, nach der Registrierung unmittelbar auf die EU-Mitgliedstaaten verteilt werden. Dies würde neben einer effizienteren Abhandlung laufender Verfahren auch der Entstehung menschenunwürdiger Aufnahmezentren wie im griechischen Moria vorbeugen.

Die europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik muss verbessert werden. Wir brauchen eine Stärkung sozialer Rechte und Absicherungen und vor allem auch eine europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik, die sich noch stärker der Rechte und Interessen junger Menschen annimmt, um zu verhindern, dass Wirtschaftskrisen ganze Generationen überproportional treffen.

In der europäischen Jugendpolitik ist es entscheidend, dass die Rechte und Freiräume junger Menschen gestärkt werden und ihre Beteiligung verbessert wird. Dafür ist die Finanzierung von demokratischen, zivilgesellschaftlichen (Jugend)- organisationen genauso entscheidend wie die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre in der Reform des europäischen Wahlrechts.

In diesen zentralen und weiteren Bereichen entscheidet sich Europas Zukunft jetzt. Deshalb werden wir als JEF die Zukunft, die uns vorschwebt, jetzt einfordern und aktiv für sie einstehen. Daher: Lasst Europa nicht im Regen stehen!

BundessekretariatLasst Europa nicht im Regen stehen
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Stellungnahme zur brasilianischen Regenwaldpolitik im Zusammenhang mit dem EU-Mercosur Freihandelsund Assoziierungsabkommen

Bundeskongress, 13.10.19

Stellungnahme zur brasilianischen Regenwaldpolitik im Zusammenhang mit dem EU-Mercosur Freihandelsund Assoziierungsabkommen

Beschluss im Wortlaut:

Am 28. Juni 2019 erreichten die vier Mitgliedstaaten des südamerikanischen Wirtschaftsblocks Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) und die Europäische Union nach 20 Jahre andauernden Verhandlungen eine politische Einigung über ein Freihandelsabkommen (FTA), das im Falle seiner Ratifizierung den Grundstein für die größte Freihandelszone der Welt legen würde. Der Einigung über ein FTA war im Juni 2018 bereits eine Einigung über ein Assoziierungsabkommen (AA) vorausgegangen, das Prinzipien und Mittel einer engeren politischen Kooperation etabliert. Das ausgehandelte FTA- und AA-Paket bedarf nun noch der Zustimmung durch die Parlamente der Mitgliedstaaten sowie durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat.

Gleichzeitig vollzieht sich in Brasilien eine besorgniserregende umweltpolitische Wende, die den Schutz der Regenwälder den Interessen der Agrarindustrie feilbietet. So sind in Brasilien allein im Jahr 2019 hunderte Quadratkilometer Regenwald einer populistischen Politik zum Opfer gefallen, die kurzfristige Absatzmärkte höher schätzt als die Zukunft unseres Planeten. Die über 70.000 Regenwaldbrände allein im Jahr 2019 waren in den meisten Fällen das Produkt absichtsvoller Rodungen der Agrarindustrie, die von der Regierung des Präsidenten Jair Bolsonaro aktiv unterstützt werden. Mit der weitestgehenden Beseitigung von Zöllen auf Importe  landwirtschaftlicher Erzeugnisse wie Soja und Rindfleisch würde das FTA weitere Anreize für die Fortsetzung bzw. den Ausbau dieser Praxis schaffen.

Die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland rufen daher alle an der Ratifizierung beteiligten Akteure dazu auf, ihr Abstimmungsverhalten nicht nur von aus dem FTA erwachsenden wirtschaftlichen Vorteilen, sondern – insbesondere mit Blick auf die verheerende Situation der brasilianischen Regenwaldbestände – von dessen umweltpolitischen Implikationen abhängig zu machen.

Ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten wäre sicherlich aus vielerlei Gründen wünschenswert. Die im Kontext des sino-amerikanischen Handelskonflikts geschwächte europäische Industrie würde von den durch das Abkommen geschaffenen neuen Absatzmärkten profitieren – mit positiven Begleiterscheinungen für Wirtschaftswachstum und davon abhängige Arbeitsplätze. Daneben könnte die EU mit der Ratifizierung des Abkommens dem US-amerikanischen Protektionismus in beispielhafter Weise Paroli bieten und ihre Verteidigung des regelbasierten internationalen Freihandels unter Beweis stellen.
Auch von ihrem Systemkonkurrenten China könnte sich die EU mit dem Abkommen absetzen: So stagniert bzw. sinkt derzeit das zwischen der EU und den Ländern des Mercosur ausgetauschte Handelsvolumen (2015: 100 Mrd. €; 2018: 87 Mrd. €) unter anderem, deswegen, weil China der EU dort Konkurrenz macht. 2017 löste China die EU sogar als wichtigsten Handelspartner des Mercosur ab (chinesischer Anteil am Handel mit den Staaten des Mercosur 2018: 24,1 %; EU: 20,1 %; USA: 14,4 %). Mit der Abschaffung von Zöllen auf 91 % der europäischen Exporte in die Länder des
Mercosur, insbesondere auf Industriegüter wie Autos, Maschinen, Pharmazeutika oder Textilien, und der Öffnung des Mercosur-Marktes für das öffentliche Beschaffungswesen, würde das FTA der EU also in Zeiten weltwirtschaftlicher Unwägbarkeiten neue Wachstumspotentiale eröffnen, die Möglichkeit für ein Bekenntnis zum Multilateralismus bieten und gegenüber ihrem chinesischen (System-)Konkurrenten erhebliche Vorteile bringen.

Doch zu welchem Preis? Im Gegenzug zur weitestgehenden Abschaffung von Zöllen auf europäische Industriegüter sieht das Abkommen die Abschaffung europäischer Zölle auf 92 % der aus den Ländern des Mercosur in die EU exportierten Güter vor – und damit vornehmlich auf Agrarprodukte wie Soja und Rindfleisch. Zwar sind in
dem FTA für sogenannte „sensible landwirtschaftliche Güter“ beschränkte Zollkontingente, quotenbezogene Zölle, Produktsegmentierung und weitere
Schutzinstrumente angedacht, jedoch können diese nicht darüber hinwegtäuschen, dass das FTA der (in den Ländern des Mercosur von multinationalen Konzernen dominierten) Landwirtschaft neue Absatzmärkte in der EU eröffnen würde, die den hiesigen – vergleichsweise familiären Agrarbetrieben – potentiell substantiell gefährliche Konkurrenz machen würde.

Dies beträfe nicht nur die hiesige landwirtschaftliche Produktionsstruktur, sondern auch Fragen der Ernährungssicherheit. Den aus unserer Sicht bedeutungsschwersten Posten auf der Rechnung nimmt allerdings die umweltpolitische Dimension des Abkommens ein. Zwar enthält das FTA auch Kapitel zu Umweltschutz und verpflichtet die Vertragsparteien zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens, doch sind die Regeln nur im Rahmen eines Konsultativprozesses durchsetzbar. Diese  Durchsetzbarkeit hat sich in der Vergangenheit als nicht effektiv erwiesen. Die von der
Herabsetzung bzw. dem gänzlichen Wegfall von auf agrarwirtschaftliche Produkte erhobenen Zöllen ausgehenden Anreize zur weiteren Rodung der Regenwälder allerdings beruhen auf tarifären und nichttarifären Regeln für den bilateralen Handel, die von der jeweils anderen Vertragsseite wirksam durchgesetzt werden können. Diese stehen unserer Meinung nach jedoch den Zielen des Pariser Abkommens diametral gegenüber, da sie Anreize zur weiteren Regenwaldrodung schaffen. Wir sehen daher den Schutz der grünen Lunge unserer Erde durch das Abkommen gefährdet.

Erschwerend hinzukommt, dass die von der brasilianischen Agrarindustrie vorgenommenen Rodungen auch vor den Rechten indigener Bevölkerungsgruppen nicht Halt machen.

Wir, als Junge Europäische Föderalisten, finden: Die wirtschaftlichen Vorteile eines FTA mit Mercosur können seine katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt nicht  ausgleichen. Die EU darf sich der in Brasilien vorherrschenden Logik, die kurzfristige Absatzchancen über die langfristige Gesundheit unseres Planeten stellt, nicht fügen, sondern muss sich ihr mit ihrem ganzen Gewicht entgegenstemmen. Wenn die EU auf internationaler Ebene die Verteidigerin nicht bloß des Freihandels, sondern auch der umweltpolitischen Weitsicht sein will, so muss sie den sicherlich schwierigeren, aber auf lange Sicht einzig richtigen Weg in Richtung einer internationalen Wirtschaftsordnung einschlagen, die Umwelt-, Arbeits- und Menschenrechtsstandards ins Zentrum rückt. Sie muss es sich leisten können, kurzfristige Absatzmärkte zugunsten des Werbens für diesen Zweck hintanzustellen. Gegenüber den USA und China kann sie sich nur mit der Ablehnung des Abkommens, wie es jetzt ist, als
glaubwürdiger Anführer einer multilateralen, humanen und nachhaltigen Wirtschaftsordnung positionieren.

Das EU-Mercosur FTA ist noch nicht in Kraft getreten. Dafür muss es noch vom Europäischen Parlament, von den im Europäischen Rat vertretenen Regierungen sowie von den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Wir rufen daher alle an der Ratifizierung Beteiligten dazu auf, das Abkommen in seiner jetzigen Form zu stoppen und um geeignete Sanktionsmechanismen zu ergänzen. Nicht, weil wir gegen eine stärkere Zusammenarbeit mit den Mercosur-Ländern wären – das AA findet darin unsere volle Unterstützung – sondern, weil wir der Meinung sind:“ durch
„weiterhin Druck auszuüben und weitere verbindliche Umweltstandards auszuhandeln, denn: FTAs müssen mit Weitblick ausgehandelt werden, nicht mit Blick auf kurzfristige Wachstumspotentiale. Das Abkommen muss vielmehr einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen werden, damit darin enthaltene Umweltschutzstandards nicht bloß schmückendes Beiwerk, sondern fundamentale Voraussetzung für mehr Handel sind. Die EU kann durch ihre Handelspolitik dazu beitragen, dass Umweltkapitel in Freihandelsabkommen effektiv durchgesetzt und eingeklagt werden können. Der bisher verfolgte Kurs des politischen Prozesses reicht nicht aus. Wir fordern die EU daher auf, ihrer umweltpolitischen Verantwortung nachzukommen und für eine effektive Durchsetzung des Umweltkapitels im Mercosur-Abkommen zu sorgen.

BundessekretariatStellungnahme zur brasilianischen Regenwaldpolitik im Zusammenhang mit dem EU-Mercosur Freihandelsund Assoziierungsabkommen
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Für einen europäischen Rundfunk!

Bundeskongress, 13.10.19

Für einen europäischen Rundfunk!

Beschluss im Wortlaut:

Gemessen an der Bedeutung, welche die Europäische Union im Alltag der Bürgerinnen und Bürger spielt, ist die europäische Politik in der medialen Berichterstattung noch immer unterrepräsentiert.

Nationale Medien thematisieren europäische Politik oftmals lediglich aus der nationalen Perspektive, beschränkt auf Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs. Die Europäische Union ist jedoch mehr als 27 nationale Regierungen, welche regelmäßig zusammenkommen. Auf der anderen Seite werden Debatten und politische Auseinandersetzungen im Europäischen Parlament über Gesetzesinitiativen medial kaum wahrgenommen – und falls doch, dann erst wenn entsprechende Maßnahmen bereits verabschiedet worden sind. Um diesem Funktionsverlust von europäischer parlamentarischer Demokratie entgegenzuwirken und nationale Filterblasen in der (politischen) Berichterstattung zu überwinden, braucht es daher transnationale Medien,
welche sachlich und kritisch über aktuelle Entwicklungen in Europa berichten.

Die JEF Deutschland fordert die Europäische Union daher auf, sich für die Einrichtung eines europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzusetzen, welcher föderal ausgebaut ist als transnationales Netzwerk der nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten. Indem die Berichterstattung nationaler Medien um eine gesamteuropäische Perspektive ergänzt wird, fördert ein Europäischer Rundfunk die Überwindung nationaler Diskurse, in denen europäische Themen kaum medial wahrgenommen werden. Der Europäische Rundfunk verfolgt damit das Ziel, eine gemeinsame europäische Öffentlichkeit zu schaffen. Ein solcher Europäischer Rundfunk wäre zudem ein institutionelles Fundament gegenüber gezielten Fake News bzw. Fehlinformationskampagnen, welche den demokratischen Diskurs in Europa erschweren.

Aus diesen Gründen fordern wir:

● Die Errichtung eines Europäischen Rundfunks als föderaler Zusammenschluss zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Mitgliedstaaten, welche auf freiwilliger Basis an diesem Integrationsprojekt partizipieren wollen. Bei Mitgliedstaaten ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk werden private Anbieter zur Kooperation
angefragt.

● Die Nutzung der Sende- und Programminfrastrukturen nationaler Rundfunkanstalten, damit journalistische Inhalte, welche von diesem Europäischen Rundfunk produziert werden, im Sendeplan der nationalen Rundfunkanstalten integriert werden können. Dies könnte z.B. beinhalten, in die täglichen Nachrichten der nationalen Sender im
Umfang von etwa 2-3 Minuten „Europäische Nachrichten“ zu integrieren.

● Ein europäisches Mediennetzwerk mit Nachrichten und Unterhaltungsformaten  einzusetzen. Sein Auftrag ist sowohl die sachlich-kritische Berichterstattung über europapolitische Themen von gesamteuropäischer Relevanz als auch eine Zusammenstellung europäischer Unterhaltungs- und Kulturformate, um ein breites Publikum zu erreichen. Zu diesem Zweck sollen außerdem Marktbefragungen
durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass das Europäische Mediennetzwerk nicht nur eine kleine Elite erreicht.

● Zur Gewährleistung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit dieser Berichterstattung einen gemeinsamen Fond zur Finanzierung des Europäischen Rundfunks einzurichten, der sich wiederum über einen Teil der Mittel zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den teilnehmenden Mitgliedstaaten finanziert. Länder ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk leisten einen Geldbetrag, damit ihre
Bürgerinnen und Bürger das Europäische Mediennetzwerk nutzen können. Inhalte dieser Länder werden nach zusätzlichen Verhandlungen von privaten Anbietern bereitgestellt.

● Die Untertitelung der Inhalte bzw. Programmbeiträge des Europäischen Rundfunks in allen 24 offiziellen Amtssprachen der Europäischen Union.

● Die Einrichtung einer digitalen Plattform, die neben audiovisuellen Inhalten auch zusätzliche Online-Formate bereitstellt. Diese digitale Plattform ist mit ausgleichenden Algorithmen versehen, um vielfältige Perspektiven zu verbreiten.

BundessekretariatFür einen europäischen Rundfunk!
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Beschluss Position zur Demokratiebewegung in Hongkong

Bundeskongress, 13.10.19

Beschluss Position zur Demokratiebewegung in Hongkong

Beschluss im Wortlaut:

Wir sehen, dass weltweit Demokratie zunehmend, auch in verfestigen Demokratien, unter enormen Druck steht. Seit 70 Jahren stehen wir fest zu demokratischen und rechtsstaatlichen Werten, haben immer und werden weiterhin anti-demokratische Tendenzen verfolgen und kritisieren und Demokratisierungsbewegungen unterstützen.

Deshalb blicken wir dieser Tage auch besorgt nach Hongkong. Der wirtschaftliche Aufschwung in den vergangenen Dekaden in der VR China hat der politischen Führung repräsentiert durch die Kommunistische Partei Chinas und ihren Generalsekretär Xi Jinping außenpolitisches Gewicht gebracht. Dieses wird zunehmend aggressiv auch in den Verhandlungen mit anderen Ländern eingebracht, wie die expansiven Bemühungen im Zuge des Aufbaus einer neuen Seidenstraße oder dem Vorgehen im Pazifikraum zeigen.

An dem Konflikt in Hongkong offenbart sich jedoch auch, dass die aktuelle chinesische Regierung sich an alte Verträge und Spielregeln nicht mehr gebunden fühlt. Hier darf die EU nicht weiter zuschauen, wie das Prinzip ein Land, zwei Systeme zusehends von der VR China untergraben wird. Die EU bekennt sich in Artikel 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) zur Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte. In Artikel 3 heißt es
weiterhin, dass die EU gegenüber der übrigen Welt für diese Werte einsteht und diese fördert.

Wir fordern daher die Länder der EU auf, einheitlich und mit klarer Stimme Position für die Demokratiebewegung in Hongkong zu beziehen.

BundessekretariatBeschluss Position zur Demokratiebewegung in Hongkong
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Europa bewegen

Bundeskongress, 13.10.19

Europa bewegen

Beschluss im Wortlaut:

Analyse

Bereits mit der Gründung der Jungen Europäischen Föderalist*innen in Deutschland und der transnationalen Organisation unseres Verbandes bildeten sich  Jugendbegegnungen und -austausche als zentrale Merkmale unserer Arbeit heraus. Europa erfahrbar und erlebbar machen, indem wir junge Menschen zusammenbringen und versuchen, Grenzen aufzulösen, war seither unser selbst formulierter Anspruch.

Mit dem Schengener Abkommen sind die stationären Grenzkontrollen zwischen Deutschland und den Niederlanden 1995 abgeschafft worden. In der Folge entfielen Grenzkontrollen zwischen den teilnehmenden Staaten der Europäischen Union wie an der deutsch-österreichischen Grenze ab dem 1. April 1998 und seit dem 21. Dezember 2007 an den Grenzen zu Tschechien und Polen. Der Grundstein z.B. für die deutsch-niederländische Zusammenarbeit, die seit über 50 Jahren immer weiter intensiviert und
gefestigt wird, wurde jedoch schon sehr viel früher gelegt.

1958 wurde zwischen Niedersachsen und den Niederlanden die erste und heute älteste EUREGIO ins Leben gerufen. Diesem Beispiel folgten wie in nahezu allen Grenzregionen Deutschlands beispielsweise auch die EUREGIO Bayerischer Wald – Böhmerwald – Unterer Inn ab 1993 mit der Verbindung der Grenzgebiete Deutschlands, Tschechiens und Österreich, die seit 2012 in der trinationalen Europaregion Donau Moldau eingebettet ist.

Die Europaregionen stehen dabei stellvertretend für besonders enge und freundschaftliche Beziehungen zwischen kommunalen Akteur*innen beiderseits der Grenzen. Die Zusammenarbeit zwischen den deutschen Bundesländern Bayern und Sachsen und der tschechischen Grenzregion wird im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der europäischen territorialen Zusammenarbeit (ETZ) mit den Programmen INTERREG V-A Freistaat Bayern-Tschechische Republik und Freistaat Sachsen-Tschechische Republik gefördert. Mit dem deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, dem deutsch-tschechischen Gesprächsforum und dem deutsch-tschechischen Jugendforum werden Völkerverständigung, kultureller, wissenschaftlicher, politischer und Jugendaustausch seit 1998 gefördert.

Diese Art des strukturierten und projektgebundenen Austauschs hat sich zum Ziel gemacht die Zivilgesellschaften beider Länder zu verbinden. Auf Regierungsebene gibt es seit 2015 einen Strategischen Dialog zwischen den Außenministerien beider Länder, ein Format, dass, trotz regelmäßiger Treffen, etwa auf bayerisch-tschechischer Ebene fehlt. Diese Beziehungen haben nicht zuletzt zu einer Vielzahl an europäischen, nationalen, Landes- und kommunalen Initiativen geführt, die die Staatsgrenze und unterschiedliche Landessprachen in ihrer Bedeutung für den Austausch von Waren,
Dienstleistungen und Arbeitskräften immer mehr in den Hintergrund treten lassen.

Die Grenzregion Schleswig-Holsteins zum europäischen Nachbarland Dänemark ist beidseitig besonders durch die institutionell organisierten Minderheiten geprägt. Die dänische Minderheit auf deutscher Seite wird hierbei einerseits durch die politische Partei „SSW – Südschleswigscher Wählerverband“ und den Verein „SSF – Sydslesvigsk Forening (Südschleswigscher Verein)“ repräsentiert. Der SSW ist als Minderheitenpartei von der Fünf-Prozent-Klausel ausgenommen und somit stetig im schleswig-holsteinischen Landtag vertreten. Ferner ist der SSW auch in einigen Kommunalparlamenten vertreten. In den kreisfreien Städten Flensburg und Kiel sowie den Kreisen Schleswig-Flensburg, Rendsburg-Eckernförde sowie Nordfriesland sind nicht nur der Apparat der Selbstverwaltung durch die dänische Minderheit geprägt, sondern auch die Verwaltungsapparate durch Mitglieder der dänischen Minderheit besetzt. Diese gesellschaftspolitische Verzahnung ist in dieser Form in der deutschen
Grenzregion einzigartig.

Zwar gehören faktische und stationäre Grenzen der Vergangenheit an, jedoch müssen wir nach wie vor erleben, dass die Grenze beispielsweise zwischen Niedersachsen und den Niederlanden sowie die Grenzen von Bayern zu Tschechien und Österreich in einzelnen Bereichen noch immer zu spüren ist. Als Hürden für eine konsequente Umsetzung der Idee einer europäischen Zivilgesellschaft in einem geeinten Europa offenbaren sich dabei nationale Unterschiede und historisch anders gewachsene Strukturen in den Ländern. Die auffälligsten Besonderheiten sind in den Bereichen der Raum-, Infrastruktur- und Entwicklungsplanung, bei der Berufsbildung und der
Anerkennung von Qualifikationen vorzufinden. Insbesondere grenzübergreifende Investitions- und Infrastrukturvorhaben werden durch Unterschiede im staatlichen Verwaltungsaufbau und die oft unzureichende Kenntnis der Verfahrensabläufe und Zuständigkeiten im jeweils anderen Land gehemmt.

Gerade in wirtschaftlich und strukturell weniger stark aufgestellten Grenzräumen, wie etwa der Euroregion Pomerania im dünn besiedelten Grenzgebiet zwischen Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Polen, zeigt sich die Wirksamkeit gezielter und bedarfsorientierter Struktur- und Investitionsmaßnahmen. Nicht nur dringend benötigte Investitionen in die regionale und kommunale Infrastruktur, sondern auch konkrete Projekte zur Vernetzung beiderseits der Grenze, wie etwa die Möglichkeiten zum deutsch-polnischen Abitur oder die Initiierung eines grenzüberschreitenden Rettungsdienstes haben ihren Anteil am Aufleben dieses Grenzraums beigetragen.

Umso besorgniserregender erscheint in dieser Situation die drohende Umdefinierung von Grenzräumen auf Abschnitte von 25 km neben der Grenze, die ab dem  Förderzeitraum 2021 dazu führen könnte, dass große Teile der Region aus den jetzigen Maßnahmen herausfallen. Davon betroffen wäre beispielsweise der Kreis Mecklenburgische Seenplatte. Für erfolgreiche Projekte der Euroregion könnte dies eine Einbuße von zwei Dritteln der Fördersumme und somit das faktische Aus bedeuten.

Die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und den Niederlanden hat europaweite Vorbildfunktion, denn sie konnte in den Jahrzehnten durch die fortschreitende europäische Einigung zahlreiche innovative Projekte ermöglichen, durch die die nördlichen Provinzen der Niederlande und das nordwestliche Niedersachsen ihre ehemalige Randlage fast vollständig abstreifen und sich zu einem gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraum weiterentwickeln konnten. Ein maßgeblicher Erfolgsfaktor ist dabei, dass der Bedarf an Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräften nicht allein aus nationalen Ressourcen gedeckt werden muss und so über die Grenzregion hinaus gesellschaftliche sowie ökonomische Strahlkraft entfalten kann.

Auch im Grenzraum bayerischer Wald ermöglicht es die EUREGIO im Rahmen von INTERREG die grenzüberschreitende Koordination, Planung und Entwicklung in politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Themenbereichen weiterzuentwickeln. So ist eine gemeinsame Erfolgsstrategie entstanden, um den bayerischen Wald als gemeinsames, grenzübergreifendes europäisches Kultur- und Naturerbe zu schützen, die Biodiversität auszuweiten und gleichermaßen attraktiv mitzugestalten. Weitere Vorteile ergeben sich im dünn besiedelten Grenzgebiet des bayerischen Waldes vor allem im Bereich der sozialen Daseinsvorsorge, der polizeilichen Zusammenarbeit sowie bei Feuerwehren und Krankenhäusern. Vor allem in diesen Gebieten kann eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit die Lebensrealität der Bürger*innen grundlegend verbessern.

Vielmehr ist festzuhalten, dass auch im Bereich des Bildungs-, Kultur- und Wissenschaftswesens eine enge Verknüpfung mit der dänischen Minderheit in der nördlichsten Grenzregion der Republik besteht. Diese spiegelt sich in Form von dänischen Schulen (Deutscher Abiturabschluss möglich), dänischen Sport-/Kulturvereinen sowie nicht zuletzt in der Hochschulkooperation Syddansk Universitet Sønderborg – Europa-Universität Flensburg wieder. Sowohl Niedersachsen und den Niederlanden als auch dem ländlichen Raum der deutsch-polnischen Grenzregion und im bayerischen Wald stehen große Herausforderungen bevor, die hauptsächlich durch den demographischen Wandel in ihrer jeweiligen Bevölkerung und der Fortentwicklung zu einer modernen industriellen Dienstleistungsgesellschaft ausgelöst wurden. Eine Erkenntnis, die wir bereits jetzt mit Sicherheit vertreten können, ist, dass diese Herausforderungen insbesondere in den Grenzregionen nicht allein mit
nationalen Lösungen überwunden werden können. Um diesen also angemessen begegnen zu können, werden Bildung und vernetzte Mobilität zentrale Instrumente sein, die jedoch eine noch intensivere Beschäftigung erfordern werden. Gerade Bildung und Mobilität können in der Verbindung zukunftsweisende Antworten zur spezifischen Grenzregion-Problematik liefern.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist ein elementarer Bestand fortschreitender europäischer Integration. Die JEF hat sich schon früh, nämlich 1950 in St. Germanshof, am Niederreißen der Grenzpfähle beteiligt, und sieht sich auch heute in dieser Tradition, wenn sie den Erhalt und weiteren Ausbau grenzüberschreitender Zusammenarbeit einfordern.

Forderungen

In diesem Sinne erscheint es daher sinnvoll, noch zielgerichteter und strukturierter als bisher an der Kompatibilität von Bildungswegen und Abschlüssen zu arbeiten, um Ungleichgewichte auf den Arbeitsmärkten auch über die Staatsgrenzen hinweg ausgleichen zu können.

Gerade in den Grenzregionen sollten knappe Ressourcen gebündelt und Menschen möglichst für Tätigkeiten beiderseits der Grenze ausgebildet werden. Damit dieses auch gelingen kann, sind wechselseitiger Spracherwerb und regelmäßige Kontakte zu einem frühen Zeitpunkt bspw. im Rahmen von Austauschprogrammen, Praktika im jeweiligen Nachbarland und andere Wege der Verständigung essentiell.

Auch wenn es bereits heute Projekte und Clusterbildung im Bereich der Hochschulzusammenarbeit der Grenzregionen gibt, muss diese Kooperation insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung weiter verstärkt werden. So sollte etwa die Verwaltungsschule in Hof deutsch-tschechische Austausche künftiger Beamt*innen fördern und organisieren. Aus den verschiedenen Kooperationen im Bereich des Bildungs- und Wissenschaftswesens wird deutlich, dass insbesondere im Bereich der Hochschulkooperation noch starker Verbesserungsbedarf im Bereich der
schleswig-holsteinischen/deutschen sowie dänischen Grenzregion besteht. So wird im Rahmen der Hochschulkooperation Syddansk Universitet Sønderborg – Europa-Universität Flensburg zwar ein doppelter Hochschulabschluss erworben, jedoch fällt eine europäische Rahmenrichtlinie, welche langen Linien im Zuge einer grenzübergreifenden Hochschulkooperation verfolgt werden sollen. So wird seitens der dänischen Seite stets die Marschrichtung verfolgt, dass ihre Vorgaben maßgeblich für die Hochschulkooperation ist und die deutsche Seite sich stets an diesen Vorgaben orientieren muss. Ferner werden staatliche Förderungen für grenzübergreifende Studiengänge seitens der dänischen Seite nicht ausgeschüttet. Ein kombiniertes System aus dem deutschen Bafög und der dänischen Förderung wäre ideal, um die hier entstandene Finanzierungslücke der sonstigen europäischen Förderungsprogramme zu schließen.

Für eine erfolgversprechende grenzübergreifende Zusammenarbeit ist die Mobilität ein entscheidender Faktor, so dass hierauf ein Arbeitsschwerpunkt liegen sollte. Die Belebung der Mobilität zwischen grenznahen Landesteilen setzt aber vor allem weitere Investitionen in die grenzübergreifende Infrastruktur voraus, oder eine Harmonisierung der Beförderungsentgelte. Zusammenfassend lässt sich die Erkenntnis ableiten, dass der grenzübergreifende ÖPNV zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern bisher ungenützte Potentiale bietet, dies gilt im Besonderen für die deutsch-dänische und deutsch-tschechische Grenzregion.

Allerdings steht der unzureichende Ausbau der grenzüberschreitenden Zugverbindungen sinnbildlich für eine mangelnde Kooperation im grenznahen
Raum. Symptomatisch für eine nur schleppend voranschreitende Zusammenarbeit ist darüber hinaus oftmals, dass Planungen, Wirtschaftlichkeitsanalysen und Bewertungen auf beiden Seiten der Staatsgrenze getrennt voneinander und in Unkenntnis der Zuständigkeiten, Verfahren, Abläufe und Prioritäten im jeweils anderen Land erfolgen. Diese Problematik könnte jedoch damit überwunden werden, dass man durch Schaffung oder Benennung von Ansprechpartner*innen mit Koordinierungsfunktion für die Realisierung solcher Projekte benötigtes Wissen aufbaut und über das einzelne Vorhaben hinaus erhält, damit es für Anschlussprojekte nicht erneut aufgebaut werden muss.

In den Grenzregionen wird die Zivilgesellschaft besonders von den regionalen Entscheidungsträgern gefordert, da die Behörden nur in ihren eigenen Kompetenzgrenzen agieren können. Da der politische Wille oftmals an den sprachlichen und nationalen Grenzen endet, wird die praktische Arbeit auf die Zivilgesellschaft und Vereine abgewälzt.

Teilhabe und Öffentlichkeit gehören deshalb zu den wichtigsten Merkmalen moderner Demokratien. Eine fehlende grenzübergreifende Teilhabe und eine fehlende grenzübergreifende Öffentlichkeit wirken sich besonders in den Grenzregionen negativ auf das europäische Gemeinschafts- und Gesellschaftsgefühl aus.

Daher fordern wir als Junge Europäische Föderalist*innen, folgende Punkte zielgerichtet umzusetzen, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit nachhaltig zu fördern:

● Sich bei der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament dafür einzusetzen, dass die grenzübergreifende Zusammenarbeit in ihrer heutigen Gebietskulisse weiter mit ausreichenden europäischen Finanzmitteln, beispielsweise durch INTERREG und LEADER unterstützt wird.

● Auf beiden Seiten der Staatsgrenze dafür Sorge zu tragen, dass Qualifikationen und Berufsabschlüsse weitestgehend gegenseitig anerkannt werden, damit Arbeitskräfte  nicht nur aus nationalen Ressourcen generiert werden müssen.

● Sich mit den zuständigen Körperschaften der berufsständischen Selbstverwaltung und gegebenenfalls weiteren Institutionen, wie z.B. der Deutsch-Dänischen, Deutsch-Niederländischen, Deutsch-Polnischen oder Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer, auszutauschen, wie diese Anerkennung schnellstmöglich umgesetzt werden kann.

● Prüfen zu lassen, ob die wechselseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen dadurch erreicht oder erleichtert werden kann, dass Auszubildende zusätzliche Ausbildungsmodule im jeweils anderen Land absolvieren und dadurch zudem der Austausch untereinander sowie das Knüpfen von grenzüberschreitenden Kontakten gefördert wird.

● Bereits existierende Modelle europäischer Schulen, wie z.B. EUREGIO-Profilschulen, die deutsch-französischen Gymnasien oder das deutsch-luxemburgische Schengen-Lyzeum, in den Grenzregionen müssen stärker als bisher in grenzübergreifende Bildungskooperationen eingebunden werden, um die Lebenswirklichkeit des Nachbarlandes über frühe und regelmäßige Kontakte erfahrbar und selbstverständlich werden zu lassen. Zudem kann dadurch der Abbau von Sprachbarrieren unterstützt sowie die Durchlässigkeit grenzüberschreitender Systeme erhöht werden.

● Eine grenzüberschreitende Kooperation im Bereich der Wissenschaft an Hochschulen und Universitäten zu intensivieren, die Wissenschaftscluster wie sie beispielsweise im bayerischen Wald und den 30 damit verbundenen Universitäten in Deutschland, Tschechien und Österreich heute schon bestehen, auszuweiten oder die Voraussetzungen für solche Kooperationen zu schaffen.

● Informationsplattformen zu schaffen, um z.B. über Internetpräsenzen mit intelligenter Zweisprachen-Suche und prominenterer Verlinkung der Angebote, den faktisch bereits weitgehend einheitlichen Arbeitsmarkt als solchen erkennbar werden zu lassen und Arbeitnehmer*innen- sowie Unternehmer*innenmobilität zu fördern.

● Sich dafür einzusetzen, dass grenzübergreifende Planungs- und Realisierungsarbeiten bei der Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen bestehender Strukturen noch besser koordiniert oder hierfür geeignetere Formen der institutionalisierten Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn gefunden werden können.

● Die Ausweitung von grenzüberschreitenden Flächen als „Europaschutzgebiete“, also Gebiete die auf Ebene der EU einem besonderen Schutz unterstehen, zu forcieren, um dadurch eine Verbesserung der Biodiversität durch grenzüberschreitende Managementstrukturen von Schutzgebieten, Biodiversitätspartnerschaften, Arten und Bodenschutzprojekte zu erreichen.

● Sicherzustellen, dass erfolgreiche Maßnahmen wie die Euroregion Pomerania in ihrem jetzigen Umfang bestehen bleiben können, ohne dass in künftigen Förderperioden Mittelkürzungen und Verkleinerungen der von Maßnahmen umfassten Regionen zu befürchten sind.

BundessekretariatEuropa bewegen
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