Bundeskongress, 13.10.19
Für einen europäischen Rundfunk!
Beschluss im Wortlaut:
Gemessen an der Bedeutung, welche die Europäische Union im Alltag der Bürgerinnen und Bürger spielt, ist die europäische Politik in der medialen Berichterstattung noch immer unterrepräsentiert.
Nationale Medien thematisieren europäische Politik oftmals lediglich aus der nationalen Perspektive, beschränkt auf Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs. Die Europäische Union ist jedoch mehr als 27 nationale Regierungen, welche regelmäßig zusammenkommen. Auf der anderen Seite werden Debatten und politische Auseinandersetzungen im Europäischen Parlament über Gesetzesinitiativen medial kaum wahrgenommen – und falls doch, dann erst wenn entsprechende Maßnahmen bereits verabschiedet worden sind. Um diesem Funktionsverlust von europäischer parlamentarischer Demokratie entgegenzuwirken und nationale Filterblasen in der (politischen) Berichterstattung zu überwinden, braucht es daher transnationale Medien,
welche sachlich und kritisch über aktuelle Entwicklungen in Europa berichten.
Die JEF Deutschland fordert die Europäische Union daher auf, sich für die Einrichtung eines europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzusetzen, welcher föderal ausgebaut ist als transnationales Netzwerk der nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten. Indem die Berichterstattung nationaler Medien um eine gesamteuropäische Perspektive ergänzt wird, fördert ein Europäischer Rundfunk die Überwindung nationaler Diskurse, in denen europäische Themen kaum medial wahrgenommen werden. Der Europäische Rundfunk verfolgt damit das Ziel, eine gemeinsame europäische Öffentlichkeit zu schaffen. Ein solcher Europäischer Rundfunk wäre zudem ein institutionelles Fundament gegenüber gezielten Fake News bzw. Fehlinformationskampagnen, welche den demokratischen Diskurs in Europa erschweren.
Aus diesen Gründen fordern wir:
● Die Errichtung eines Europäischen Rundfunks als föderaler Zusammenschluss zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Mitgliedstaaten, welche auf freiwilliger Basis an diesem Integrationsprojekt partizipieren wollen. Bei Mitgliedstaaten ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk werden private Anbieter zur Kooperation
angefragt.
● Die Nutzung der Sende- und Programminfrastrukturen nationaler Rundfunkanstalten, damit journalistische Inhalte, welche von diesem Europäischen Rundfunk produziert werden, im Sendeplan der nationalen Rundfunkanstalten integriert werden können. Dies könnte z.B. beinhalten, in die täglichen Nachrichten der nationalen Sender im
Umfang von etwa 2-3 Minuten „Europäische Nachrichten“ zu integrieren.
● Ein europäisches Mediennetzwerk mit Nachrichten und Unterhaltungsformaten einzusetzen. Sein Auftrag ist sowohl die sachlich-kritische Berichterstattung über europapolitische Themen von gesamteuropäischer Relevanz als auch eine Zusammenstellung europäischer Unterhaltungs- und Kulturformate, um ein breites Publikum zu erreichen. Zu diesem Zweck sollen außerdem Marktbefragungen
durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass das Europäische Mediennetzwerk nicht nur eine kleine Elite erreicht.
● Zur Gewährleistung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit dieser Berichterstattung einen gemeinsamen Fond zur Finanzierung des Europäischen Rundfunks einzurichten, der sich wiederum über einen Teil der Mittel zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den teilnehmenden Mitgliedstaaten finanziert. Länder ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk leisten einen Geldbetrag, damit ihre
Bürgerinnen und Bürger das Europäische Mediennetzwerk nutzen können. Inhalte dieser Länder werden nach zusätzlichen Verhandlungen von privaten Anbietern bereitgestellt.
● Die Untertitelung der Inhalte bzw. Programmbeiträge des Europäischen Rundfunks in allen 24 offiziellen Amtssprachen der Europäischen Union.
● Die Einrichtung einer digitalen Plattform, die neben audiovisuellen Inhalten auch zusätzliche Online-Formate bereitstellt. Diese digitale Plattform ist mit ausgleichenden Algorithmen versehen, um vielfältige Perspektiven zu verbreiten.