Telekommunikationsmarkt öffnen – Digitalen Binnenmarkt vollenden

64. Bundeskongress in Bremen, 14.10.17

Telekommunikationsmarkt öffnen – Digitalen Binnenmarkt vollenden

Beschluss im Wortlaut:

Durch die künstliche Trennung der Telekommunikationsmärkte wird der Wettbewerb zum Nachteil der Kund*innen behindert und die Qualität der Dienstleistungen gemindert. Die Telekommunikationsfirmen haben es leicht, den Markt zu kontrollieren. Bisher werden Lizenzen für Mobilfunkfrequenzen oder das Verlegen von Kabeln national vergeben, aber europäisch ausgeschrieben. Große Firmen können sich auch in mehrere nationale Telekommunikationsmärkte einkaufen, während dies für kleinere Anbieter zu teuer oder aufwendig ist. Nur in einem vollständig europäisierten Telekommunikationsmarkt kann ein wirklicher Wettbewerb entstehen. Damit könnte sich auch das Problem der Roaming-Gebühren erledigen. Bisher funktioniert Roaming, wie folgt: Die Telekommunikationsfirmen begrenzen die Auslands-Roaming-Nutzungszeit der Kund*innen, da die an den Netzbetreiber im jeweiligen Land zu zahlenden Nutzungsgebühren ansonsten nicht tragbar wären. Innerhalb von Ländern passiert dies aber nicht: Ist gerade kein Mast des eigenen Anbieters in der Nähe, passiert technisch genau das gleiche Roaming wie im Ausland, indem man ein anbieterfremdes Netz benutzt und der eigene Anbieter dafür Gebühren an den Fremdanbieter zahlt. Wegen des offenen Marktes innerhalb eines Landes wird das aber nicht zum Problem, weil es nicht passiert, dass ein Anbieter irgendwo gar nicht vertreten ist, weil er sich den Marktzugang nicht leisten konnte. Ein einheitlicher Markt wird es auch europäischen Unternehmen ermöglichen, international kompetitiver zu sein, weil sie es sich nicht mehr leisten können, von einer geschützten Marktposition zu profitieren.

Ein einheitlicher Rechtsrahmen für Digitale Dienste

Telefon- und Internetnetze sind jedoch nur ein Aspekt im digitalen Binnenmarkt. Auch das Datenschutz- und Urheberrecht variiert innerhalb der EU stark. In den USA muss sich ein Startup einmal mit den Gesetzen beschäftigen und hat dann einen Markt mit über 325 Millionen potentiellen Kunden zur Verfügung. In der EU aber muss man sich auf 28 unterschiedliche Gesetzgebungen einstellen, wenn man die 512 Millionen Kunden erschließen will. Dies führt wiederum dazu, dass große Unternehmen, die es sich leisten können, in jedem Land Anwälte zu bezahlen und ihren Dienst zu modifizieren, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Startups haben. Dadurch wird die Gründerkultur in Europa behindert und wir geraten ins Hintertreffen. Wir fordern einen europäischen Rechtsrahmen für digitale Dienste und die Angleichung des Datenschutz- und Urheberrechts.

Dieser Antrag wird auch dem Bundeskongress der Europa-Union Deutschland, dem Kongress der JEF Europe und der UEF bei der nächstmöglichen Gelegenheit vorgelegt werden.

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Positionspapier zum EU-Weißbuch der Europäischen Kommission

64. Bundeskongress in Bremen, 14.10.17

Positionspapier zum EU-Weißbuch der Europäischen Kommission

Beschluss im Wortlaut:

Wir als Junge Europäische Föderalisten wollen die EU weiterentwickeln. Unser Ziel sind dabei die „Vereinigten Staaten von Europa“. Als Ansatzpunkt für die Diskussion um die Weiterentwicklung der Europäischen Union hat Jean-Claude Juncker das Weißbuch vorgelegt, dessen fünf Szenarien wir vorliegend kritisch beleuchten wollen.

1. Szenario: Weiter so wie bisher

Die JEF steht diesem Szenario des „Weiter so wie bisher“ kritisch gegenüber. Das jetzige System ist noch nicht ausreichend darauf eingestellt, auf aktuelle Krisen zu reagieren. Zum Beispiel funktioniert das von der Kommission vorgeschlagene System der Flüchtlingsverteilung bis heute nicht. Die Europäische Union kann solche weiteren Krisen mit den bestehenden Instrumenten nicht effektiv lösen, sondern muss sich verändern. Ein Aufrechterhalten des Status quo ist daher für uns als progressive, föderalistische und pro-europäische Organisation keine Option.

2. Szenario: Schwerpunkt Binnenmarkt

Der Binnenmarkt ist zweifellos eine der größten Errungenschaften der Europäischen Integration, sowie der erste gemeinsame Nenner der europäischen Einigung der Mitgliedstaaten. Dennoch begreifen wir die europäische Union nicht nur als ein Wirtschaftsmodell der Nationalstaaten, sondern sehen in ihr auch ein gemeinsames Lebensmodell und Wertegemeinschaft, die den Menschen in den Mittelpunkt rückt. Die EU hat auch in ihrer gegenwärtigen Verfassung mehr zu bieten wie Schengen, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Unionsbürgerschaft, den Euro etc. Europa braucht mehr Demokratie und Parlamentarismus, einer Konzentration auf den Binnenmarkt stehen wir weiterhin kritisch gegenüber.

3. Szenario: Wer mehr tun will, tut mehr

Ein „Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten“ könnte eine Möglichkeit sein, die EU zumindest teilweise weiterzuentwickeln. Bei diesem Szenario sehen wir Chancen und Risiken gleichermaßen, die wir in einem offenen Diskussionsprozess der JEF berücksichtigen sollten. Als Chance sehen wir die Möglichkeit mit den Ländern, die dazu bereit sind, die Europäische Union zumindest in bestimmten Bereichen weiterzuentwickeln. So zumindest würden wir einen Raum schaffen, der die Möglichkeit eröffnet, dass progressive Ideen sich frühzeitig entfalten können. Andererseits sehen wir auch die Befürchtung einiger Mitgliedstaaten, durch ein “Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten” vom europäischen Reformprozess abgehängt zu werden. Sollten wir ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten in Betracht ziehen, so muss für jeden Mitgliedstaat zu jeder Zeit die Möglichkeit bestehen, weitere Reformschritte vorzunehmen und bei bereits bestehenden Integrationsstufen mitzuwirken. Zudem werden dadurch institutionelle Grundprobleme der EU nicht gelöst.

4. Szenario: Weniger, aber effizienter

Einer Konzentrierung auf einzelne Teilbereiche der EU stehen wir grundsätzlich kritisch gegenüber. In einzelnen Bereichen wäre es sicherlich sinnvoll im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips Kompetenzen von der europäischen auf die nationale Ebene zurück zu verlagern. Jedoch braucht die EU dringend mehr Zusammenarbeit bei der Währungspolitik, bei der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, beim Klimaschutz, beim Datenschutz, bei sozialen Mindeststandard oder auch bei der (Jugend-)Arbeitslosigkeit. Die EU würde vielleicht schneller, einfacher und verständlicher funktionieren, bliebe jedoch weit unter ihren Möglichkeiten.

5. Szenario: Viel mehr gemeinsames Handeln

Insgesamt ist hervorzuheben, dass wir als JEF das Weißbuch der Juncker-Kommission begrüßen. Generell begrüßt die JEF eine stärkere Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in allen Bereichen. Die Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene besser geeignet ist, die Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Zudem stimmt das Szenario 5 am meisten mit dem Ziel der JEF eines europäischen föderalen Bundesstaats überein. Gleichzeitig muss aber sichergestellt werden, dass die europäische Bevölkerung auf diesem Weg mitgenommen wird und nicht das Gefühl entsteht, es mangele in der EU an Legitimität. Es ist in der aktuellen Krisensituation der EU wichtig, mögliche Zukunftsszenarien darzustellen und über diese zu diskutieren. Erst durch die Vorstellung des Weißbuches und der kritischen Diskussion dieses gelingt es uns herauszustellen und aufzuzeigen, dass nur ein gemeinsames Handeln für uns als JEF eine denklogische Konsequenz ist. Seit 70 Jahren setzen wir uns bereits für ein vereintes Europa ein und wir verteidigen dieses gemeinsame Handeln in unserer täglichen Arbeit. Ein Mehr an gemeinsamem Handeln ist dringend notwendig, wenn die Europäische Union den großen Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sein will. Weltweiter Migration, international organisierter Kriminalität, Terrorismus, Umwelt- und Klimaschutz, Digitalisierung, Schutz des geistigen Eigentums, biopolitischen Fragestellungen, und vielem mehr kann die EU nur dann wirksam und progressiv begegnen, wenn sie geeint auftritt und handelt. Schließlich ist die Strategie „Viel mehr gemeinsames Handeln“ der einzige Weg zu einem europäischen Bundesstaat. Wir sind überzeugt, dass durch den europäischen Föderalismus viele Entscheidungsverfahren demokratischer und das Europäische Parlament gestärkt würden. Dadurch wäre es einfacher für die Europäischen Bürger*innen die EU zu verstehen und die Vorteile würden deutlich sichtbarer werden.

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Raus aus den Sonntagsreden, rein in den Regierungsalltag: Für eine bürgernahe und moderne Europapolitik der kommenden Bundesregierung

64. Bundeskongress in Bremen, 14.10.17

Raus aus den Sonntagsreden, rein in den Regierungsalltag: Für eine bürgernahe und moderne Europapolitik der kommenden Bundesregierung

Beschluss im Wortlaut:

Das Jahr 2016 war in der Wahrnehmung vieler Menschen geprägt von gesellschaftlichen und politischen Ereignissen, die eher gespalten denn vereint haben. Kurz vor dem Jahreswechsel bildete der Ausgang der österreichischen Präsidentschaftswahl jedoch den Startpunkt für eine diskursive Wende und eine Rückkehr proeuropäischer Kräfte.

Aus JEF-Perspektive gab es einen gleichsam bedeutsameren Moment: Der March for Europe anlässlich des 60. Jahrestags der Unterzeichnung der Römischen Verträge hat zehntausende junge europabegeisterte Menschen aus allen Mitgliedstaaten der EU und darüber hinaus auf die Straße der italienischen Hauptstadt gebracht, um gemeinsam gegenüber den zeitgleich tagenden Staats- und Regierungschefs zu demonstrieren: Wir treten laut und deutlich für ein geeintes, demokratisches, soziales, starkes und vor allem föderales Europa ein. Parallel haben sich über Monate hinweg wöchentlich in immer größer werdender Zahl Menschen aller Altersgruppen auf öffentlichen Plätzen in Deutschland und ganz Europa versammelt, um ein gesellschaftliches Zeichen gegen Rechtspopulismus und für die Europäische Gemeinschaft zu setzen.

In Polen zum Beispiel, wo die nationalistische Regierung dabei ist, zentrale und fundamentale Werte Europas wie die Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit einzuschränken und offensiv anzugreifen, formiert sich wachsender gesellschaftlicher Widerstand gegen die kurzsichtige nationalistische Politik. Das Gefühl gegenseitiger Abhängigkeit und die Erkenntnis, dass wir in allen europäischen Ländern gemeinsam vor den gleichen Herausforderungen stehen, erfassen immer mehr Menschen in ganz Europa.

Diese Entwicklung hat aber auch einen tragischen Kern. Denn erst wenn die zivilisatorischen Errungenschaften Europas auf den Prüfstand gestellt werden, scheinen sich viele Menschen auf unser gemeinsames Schicksal zu besinnen. Es geht ein Ruck durch die europäische Zivilgesellschaft. Wir stehen vor einer ganzen Reihe von Chancen und Gelegenheitsfenstern für die europäische Politik der kommenden Monate und Jahre, von denen drei einen klaren Bogen von der europäischen bis zur lokalen Ebene schlagen:

  • Erstmals seit etlichen Jahren bietet sich eine reale Gegebenheit, die deutschfranzösische Freundschaft auch auf Regierungsebene mit neuem Enthusiasmus und Leben zu füllen und gemeinsam mit der neuen französischen Regierung als Motor für die Fortsetzung des europäischen Einigungsprojekts zu fungieren.
  • Auch wenn die vergangenen Wahlen in Europa in Wahlsiegen für proeuropäische Kräfte mündeten, so konnten populistische und antieuropäische Kräfte starke Stimmenzuwächse quer durch die EU verbuchen. Bei aller Ablehnung von deren Populismus und nationalistischer Hetze: Der Verweis auf existierende Missstände in Europa und Unzulänglichkeiten der Europäischen Union ist teils berechtigt.
  • Gleichzeitig versucht die Europäische Kommission mit einem in Teilen partizipativen Weißbuchprozess und einer Reihe von Reflexionspapieren eine europaweite Debatte über zahlreiche relevanten Zukunftsthemen anzustoßen, die wir alle gemeinsam zivilgesellschaftlich weiter in die Breite tragen und mit proeuropäischer Energie gegen antieuropäische Abwehrreflexe führen müssen.

All das verlangt weit mehr als situative und erratische Regierungshektik auf einem europäischen Krisengipfel nach dem anderen, sondern stellt Anforderungen an eine weitsichtige, kohärente und gemeinschaftliche europapolitische Strategie. Diese Strategie braucht es in jedem Mitgliedsstaat der EU, frei von nationalen Egoismen und kurzfristiger innenpolitischer Erfolgssucht.

Deutschland kommt hierbei als bevölkerungsreichstes und wirtschaftlich stärkstes Land im Herzen Europas eine besondere Verantwortung zu. Während europaweit Regierungen in hohem Tempo wechseln, beginnt die deutsche Regierungschefin Angela Merkel voraussichtlich bald ihre vierte Amtszeit in Folge. Allein das wäre Anlass genug, diese Form der Stabilität auch auf Europa ausstrahlen zu lassen und kontinuierlich und beständig auf ein klar und transparent definiertes politisches Ziel hinzuarbeiten.

Die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland fordern daher nach einem wichtigen europäischen Wahljahr 2017 die kommende Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland dazu auf,

  1. die Vorschläge des französischen Präsidenten Macron und der Europäischen Kommission aufzugreifen und im Schulterschluss mit unseren Partnern in Frankreich und Europa Diskussionsforen bereitzustellen, in denen die Bürger*innen auch wirklich Gehör finden. Insbesondere die organisierte Zivilgesellschaft soll dort mit der Bundesregierung in einen echten Dialog über ihre Visionen für Europa und konkrete Ideen eines deutschen Beitrags hierzu treten können. Diese Diskussionsforen sollten allen europäischen Partnern offenstehen.
  2. der deutschen Europapolitik auf Bundesebene endlich den politischen Stellenwert einzuräumen, den sie verdient und die europapolitischen Kompetenzen der Bundesregierung in einem eigens dafür einzurichtenden Ministerium für Europapolitik und Unionsangelegenheiten zu bündeln. Eine bürgernähere Europapolitik in Deutschland braucht den Grad an Personalisierung, den wir für die Politik der EU schon lange fordern und das Maß an Bündelung von Querschnittskompetenzen, welches man für eine strategiefähige Europapolitik braucht. Das kann und muss ein erster Schritt sein, um die Angriffsfläche der europafeindlichen Populist*innen zu reduzieren, Transparenz in der Formulierung von Europapolitik zu erhöhen und gänzlich neue Hebel der Regierungskommunikation zu nutzen.
  3. Debatten zur strukturellen Reform der europäischen Institutionen nicht mehr nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern als treibende Kraft auf eine weitere Demokratisierung europäischer Strukturen und Europäisierung nationaler Strukturen hinzuwirken. Dazu gehört der verbindliche Einsatz der Bundesregierung für die Schaffung transnationaler Europalisten der europäischen Parteienfamilien zur kommenden Europawahl 2019 und eine rechtlich bindende Verankerung des Spitzenkandidatenprinzips in einer europäischen Wahlrechtsreform. Auch die zahlreichen anderen Vorschläge, die Jean-Claude Juncker in seiner Rede State of the Union im September 2017 genannt hat, müssen als Debattenbeiträge von der Bundesregierung kommentiert und eingeordnet werden. Nur so entsteht eine Verknüpfung von abstrakt scheinenden Ideen und konkreten Konzepten, zu denen sich eine neue und bürgernähere Europapolitik positionieren muss.
  4. ihrer zentralen Position in Europa als Vermittlerin zwischen den Gründungsstaaten und anderen langjährigen EU-Staaten sowie den neueren osteuropäischen Mitgliedsstaaten zu verstehen. In diesen Zusammenhang spielt Polen eine zentrale Rolle. Die proeuropäischen, demokratischen Kräfte in Polen müssen daher kontinuierlich unterstützt werden. Das Format des Weimarer-Dreiecks muss gestärkt werden, um den Dialog weiterhin aufrecht zu erhalten.
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Vorurteile abbauen – für eine faire Handelspolitik

64. Bundeskongress in Bremen, 14.10.17

Vorurteile abbauen – für eine faire Handelspolitik

Beschluss im Wortlaut:

Wir Junge Europäische Föderalisten stehen für eine solidarische und freie Welt, die wir vorantreiben und mitgestalten wollen. Deswegen wollen wir uns für ein solidarisches sowie föderales Europa, für die Demokratisierung der Welt, für eine Überwindung der Nationalstaaten und die Durchsetzung sowie Einhaltung der Menschenrechte und einen fairen und offenen Welthandel positionieren. Das jetzige System des weltweiten Freihandels wird wegen fehlender sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit kritisiert. Die Lösung dieser Systemschwächen kann jedoch nicht eine Abkehr von der Chance auf freien und fairen Welthandel sein.

Auch möchten wir eine differenzierte Sichtweise auf internationale Handelsabkommen befördern. Daher gilt für uns, dass wir die Globalisierung mitgestalten und mitverhandeln möchten. Deswegen ist es unsere Aufgabe als Bürger*innen uns zu informieren und genau zu definieren, wie wir unser gemeinsames Welthandelssystem organisieren wollen. Bei zukünftigen Debatten über neue Freihandelsabkommen, müssen die Bürger*innen früh und aktiv in den Verhandlungsprozess einbezogen werden.

Die intensiven Debatten über die verschiedenen geplanten oder abgeschlossenen Freihandelsabkommen der EU haben gezeigt, dass erhebliche Vorbehalte in der Bevölkerung vorherrschen. Viele Menschen fühlen sich als Verlierer der Globalisierung und betrachten diese als ein Machtverlust der Nationalstaaten gegenüber internationalen Konzernen. Im Bewusstsein dieser Erfahrungen fordern wir die politischen Entscheidungsträger*innen Europas auf über verschiedene Formate den Dialog mit den Menschen zu suchen, Vorbehalte abzubauen und die Chancen eines fairen Welthandels zu diskutieren. Bürger*innen sollen somit in die Lage versetzt werden, sich informieren zu können und zu definieren, wie ein gemeinsames Welthandelssystem organisiert werden kann.

Gleichzeitig erkennen wir an, dass nicht alle Menschen gleichermaßen von einer globalisierten Welt profitieren. Dafür müssen geeignete Wege einer Kompensation gefunden werden. Darüber hinaus ist europäische Handelspolitik mit Entwicklungsländern auch immer als Entwicklungspolitik zu verstehen. Europa muss sich, auch im eigenen Interesse seiner Verantwortung gegenüber diesen Ländern bewusstwerden und darf die dortigen Märkte nicht durch umfassende Freihandelsabkommen mit subventionierten europäischen Produkten beeinträchtigen.

Wir wollen eine aktive Gestaltung von Freihandelsabkommen, die, demokratisch legitimiert, sich für hohe Standards für Arbeitnehmer*innenrechte und Umweltschutz einsetzt. Vor allem fordern wir, dass unser europäisches Vorsorgeprinzip nicht durch Freihandelsabkommen aufgeweicht werden darf.

Uns ist durchaus bewusst, dass diese Forderungen sich entgegen dem Zeitgeist bewegen, dass Umfragen in Deutschland deutlich machen, dass viele Menschen Angst vor der Globalisierung haben. Wir jedoch wollen eine Organisation sein, die Menschen die Angst nimmt zurückgelassen zu werden, weil wir selbstbewusst in Verhandlungen treten, weil wir ihnen die Chance geben mitzugestalten und wir ihnen das Gefühl nehmen wollen, dass über sie hinweg entschieden wird. In der Debatte um Freihandel müssen wir genau benennen, welche positiven Seiten der Freihandel zum Beispiel für die Förderung der Menschenrechte und die Erhöhung der Lebensstandards haben kann ohne dabei mögliche negative Folgen zu ignorieren.

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Wir retten immer noch – Leitantrag der JEF Deutschland zum Bundeskongress 2016

63. Bundeskongress in Würzburg, 08.10.16

Wir retten immer noch – Leitantrag der JEF Deutschland zum Bundeskongress 2016

Beschluss im Wortlaut:

Im achten Jahr nach der globalen Finanzkrise, die auch eine europäische Krise war und immer mehr wurde, versammeln sich die JEF Deutschland erneut, um die offensichtlichen Lösungen erneut zu benennen. Die Geduld der Jugend Europas mit dem Stillstand des europäischen Projektes hat ihr Ende erreicht. Die Zahl der Gegner Europas wächst an. Sogar in Deutschland, wo man vor wenigen Jahren den Aufstieg der rechtspopulistischen Parteien in den anderen europäischen Ländern noch mit Kopfschütteln quittierte, ist der „europafeindliche Populismus angekommen. Es gibt jetzt eine Opposition nicht nur zum europäischen Projekt, sondern zur freien und offenen Gesellschaft insgesamt.

Obschon die Jugend Europas diejenige Gruppe ist, welche am längsten darunter leiden wird, dass zur Zeit unsere Zukunft verspielt wird, verschafft sie sich nicht das nötige Gehör. Nicht erst seit Beginn der Krise geben die JEF der Jugend Europas eine Stimme. In diesem Antrag zeigen wir erneut die Probleme und auf und skizzieren Lösungen, die bereits lange überfällig sind.

Probleme und Beobachtungen der Gegenwart

a) Mit Sorge betrachten wir das Aufkommen und die Verbreitung von europafeindlich-populistischen Meinungen, welche von Politiker*innen unterschiedlicher Parteien in unverantwortlicher Weise bedient oder sogar befeuert werden. Auf Schwarz-Weiß-Denken basierende Vorschläge werden als vermeintliche Lösungen für komplexe und vielschichtige Herausforderungen der Gegenwart verkauft. Allzu oft werden hierbei antieuropäische Antworten angeboten und populär gemacht. Die JEF appelliert daher an die Politik sich auf ihre Verantwortung für die Erarbeitung tragfähiger und umsetzbarer sowie zukunftsweisender Lösungsvorschläge zu besinnen, mögen diese auch manchmal unpopulär sein. Denn es ist im Sinne des Altbundespräsidenten Walter Scheel nicht die Aufgabe des Politikers, die öffentliche Meinung abzuklopfen, sondern vielmehr, das Richtige zu tun und es dann populär zu machen. Die JEF bekennen sich zu einer Stärkung der Demokratie auf europäischer Ebene in einem föderalen Bundesstaat.

b) Seit Beginn der Krise haben die Regierungen der Nationalstaaten die europäische Demokratie systematisch geschwächt. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs waren das Mittel der Wahl, um Probleme der Gemeinschaft zu lösen. Das kurzfristige Ergebnis sind ohne öffentliche Kontrollmöglichkeit entstandene Verhandlungslösungen, die von den Volksvertretungen nur noch abgenickt werden konnten, weil eine Ablehnung eine Blockade in der EU ausgelöst hätte. Das langfristige Ergebnis ist noch weit schädlicher. Aus politischen Debatten, in denen Menschen mit verschiedenen politischen Positionen um die Gunst der Wähler wetteifern, sind zwischenstaatliche Debatten geworden. In einer politischen Debatte hat der einzelne Bürger die Möglichkeit, zwischen politischen Programmen zu wählen und Politiker streiten um den richtigen Weg zum Gemeinwohl. In zwischenstaatlichen Debatten hat der Bürger keine Wahlmöglichkeit, sondern findet sich aufgrund seiner Nationalität in einem politischen Lager wieder. Deutsche und Griechen, Finnen und Spanier geraten in einen unversöhnlichen Gegensatz zueinander. Unser Ansatz ist eine Europäisierung der Politik. Die Rolle des EP wurde durch den ER geschwächt. Diesem Demokratiedefizit müssen wir gegensteuern zB dadurch, dass die freiwerdenden 73 Sitze von UK im EP durch Wahlen für EU-weite Listen besetzt werden. Dies ist ein erster Schritt zu einem einheitlichen europäischen Wahlrecht. Europäische Parteien, Gewerkschaften und Verbände müssen der Katalysator der politischen Debatte in Europa sein, nicht nationale Regierungen. In einer solchen Debatte stehen nicht mehr Iren und Malteser oder Franzosen und Rumänen gegeneinander, sondern Konservative und Linke, Sozialdemokraten und Liberale.

c) Mit Sorge betrachten wir:

dass die Fidesz-Partei in Ungarn die liberale Demokratie unterläuft. Das Verfassungsgericht ist entmachtet, die freie Presse stark eingeschränkt und Opposition wird von der Regierung als illegitim und als Werkzeug ausländischer Agenten diffamiert. In Ermangelung einer vorausgegangenen freien politischen Debatte ist das Referendum vom 2. Oktober 2016 zur Flüchtlingspolitik kaum aussagekräftig und stellt eher den Versuch der Regierung dar, ihren Anspruch auf Repräsentation des ungarischen oder sogar europäischen Volkswillens künstlich zu legitimieren.

dass die polnische Regierung Entscheidungen des Verfassungsgerichts demonstrativ ignoriert unter der Begründung, dass dieses ein politischer Gegner sei und dass sie die öffentlich-rechtlichen Medien unter dem Vorwand der Objektivität in Regierungsmedien umgewandelt.

dass Parteien wie der Front National, die AfD, die PVV, die Lega Nord, Movimento Cinque Stelle und andere die liberale Demokratie ablehnen und jede politische Debatte durch einen wahren Willen des Volkes, den nur sie zu kennen vorgeben, ersetzen wollen.

d) Die demokratiefeindlichen Kräfte in der EU sind Teil eines internationalen Trends. Wir kritisieren dabei insbesondere:

dass Wladimir Putin und seine Partei “Einiges Russland” seit Jahren die Presse- und Meinungsfreiheit in Russland unterdrücken, Oppositionelle einsperren, Wahlen manipulieren und Minderheiten bekämpfen. Die verkappte Unterstützung des Krieges in der Ostukraine durch die Russische Föderation ist ein Bruch des Völkerrechts gefährdet die Stabilität von ganz Europa. „Wir rufen die russische Regierung dazu auf, rechtsstaatlich und friedlich an einer europäischen Friedensordnung zu arbeiten.

dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Putsch zum Anlass genommen hat, einen offensichtlich lange vorbereiteten Staatsstreich durchzuführen. So hat er Kriminelle vorzeitig aus der Haft entlassen, um Platz für zehntausende Regierungsgegner zu machen. Ihm potentiell nicht ergebene Mitarbeiter des Staatsapparates hat er entlassen, um diesen von jeder Opposition zu säubern. Die Pressefreiheit unterdrückt er bereits seit Jahren. Außerdem hat Erdogan den Friedensprozess mit den Kurden aufgekündigt und setzt stattdessen auf einen Bürgerkrieg. In Syrien unterstützt Erdogan den IS zumindest indirekt. Einen EU-Beitritt der Türkei unter der Führung Erdogans lehnen wir ab. Ferner muss die EU ihrer Verantwortung in der Flüchtlingspolitik selbst nachkommen und darf sich nicht in die Abhängigkeit eines Unrechtstaates begeben. Erdogan führt ein solches Regime.
Das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei erfüllt nicht die rechtsstaatlichen Standards, welche die EU für sich selbst als rechtsverbindlich erachtet.

e) Die Entscheidung des britischen Volkes, nicht mehr Teil der EU sein zu wollen, bedauern wir. Das erklärte Ziel der britischen Regierung ist, Großbritannien im europäischen Binnenmarkt zu halten, aber die Freizügigkeit für EU-Bürger in Großbritannien abzuschaffen. Das lehnen wir ab. Man kann nicht den Markt mit uns teilen wollen und uns gleichzeitig aussperren. Das Vereinigte Königreich darf gerne, so wie Norwegen, am Binnenmarkt teilhaben, wenn wir und auch die Briten weiter Freizügigkeit genießen.

Ausrichtung auf die Zukunft

Die JEF bekräftigen ihr politisches Programm und fordern den nächsten Bundesvorstand auf, dieses, gemeinsam mit den Landesverbänden, einer Generalrevision zu unterziehen. Die JEF zeichnet sich durch ihre differenzierte Betrachtung der Globalisierung aus. Sie lehnt diese weder grundsätzlich ab, noch steht sie ihr unkritisch gegenüber. Wir sind dafür, dass Europa nicht dazu dient, die Globalisierung zu beschränken, sondern dass es die globalen Trends setzt und die Globalisierung konstruktiv gestaltet. Wir befürworten freien und fairen Welthandel. Freihandelsabkommen können dabei auch ein Werkzeug sein, hohen europäischen Sozial-, Umwelt- und Sicherheitsstandards in der Welt zu verbreiten. Deshalb wenden wir uns nicht gegen per se gegen die transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA, fordern aber, dass diese zu höheren, und nicht zu niedrigeren Standards führen dürfen, sowie, dass die demokratischen Prozesse nicht ausgehöhlt werden. Des Weiteren lehnen wir die Verankerung von internationalen Schiedsgerichten in Handelsabkommen ab. Auch fordert die JEF mehr Transparenz bei der Verhandlung von Freihandelsabkommen. So ist die Einbeziehung des Europäischen Parlamentes als demokratisch legitimierte Vertretung der Bürger*innen dringend notwendig.

Globale Trends können wir nur setzen, wenn wir bei der Innovation und der wirtschaftlichen Stärke führend sind. Die EU muss mehr in Wissenschaft und Forschung investieren und den Standort Europa attraktiv für Wissenschaftler machen. Der wissenschaftliche Fortschritt muss genutzt werden, um die Innovationsfähigkeit unserer Unternehmen zu fördern. Der Binnenmarkt ist nach wie vor unvollendet. Beispielhaft sei der Kampf um die Abschaffung der Roaming Gebühren genannt, die nun 2017 tatsächlich erfolgen soll. Nationale Ökonomien verhindern aber auch eine Europäisierung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bzw. die Schaffung der Rahmenbedingungen hierfür, Einer der entscheidenden Faktoren bei den gegenwärtigen antieuropäischen Bewegungen ist, dass viele Bürger die mit der zunehmenden internationalen Verflechtung als unkontrollierbare Entgrenzung wahrnehmen, bei der in den letzten Jahrzehnten gewonnene Lohn- und Sozialstandards durch internationale Konkurrenz untergraben werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang jedoch auch die schädlichen Praktiken der Steuervermeidung sowohl innerhalb der EU als auch mithilfe außereuropäische Steueroasen Das Fehlen dieser beträchtlichen Steuereinnahmen schränkt die staatlichen Gestaltungsmöglichkeiten zum Wohle der Bürger, beispielsweise in der Sozialpolitik, deutlich ein Globaler Handel erfordert deshalb auch globales Handeln z.B. im Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerflucht. Nur wenn die Europäische Union als Ganzes mehr soziale Sicherheit garantiert als die Nationalstaaten alleine, wird die Akzeptanz wachsen. Gegenwärtig kann man jedoch den gegenläufigen Trend beobachten. Insbesondere in Südeuropa hält die Europäische Union ihr Wohlstandsversprechen nicht ein.

Die Jugendarbeitslosigkeit bleibt eines der drängenden Probleme in Europa. Wenn die Innovationskraft der europäischen Wirtschaft gestärkt, der Binnenmarkt vollendet und das Steuersystem transparenter gestaltet wird, können junge Menschen Arbeit finden oder selbst Unternehmen gründen.

In der gegenwärtigen Lage ist es illusorisch, zu glauben, dass alle Mitgliedstaaten an einer Weiterentwicklung der EU in den oben skizzierten Bereichen mitzuwirken bereit sind. Wir befürworten deshalb, dass einige Staaten vorausgehen. Ein erfreuliches Beispiel ist die kürzlich beschlossene vertiefte Kooperation zwischen den deutschen und französischen Streitkräften. In Zukunft muss militärische Kooperation zu einem integrierten europäischen Militär fortentwickelt werden. Die zur Rettung des Euro geschaffenen Institutionen müssen in eine echte europäische Wirtschaftsregierung umgewandelt werden. Auch eine europäische Sozialpolitik kann mit einigen wenigen Ländern gestartet werden. Das seit dem Amsterdamer Vertrag vorgesehene und im Lissabonner Vertrag fest verankerte Prinzip der „verstärkten Zusammenarbeit“ kann hier als rechtliche Grundlage herangezogen werden.

Der Bundestagswahlkampf muss, so wie in Landtagswahlkämpfen die Bundespolitik eine Rolle spielt, auch die europäischen Auswirkungen der Bundestagswahl berücksichtigen. Wir brauchen eine Bundesregierung, die nicht nur etwa in der Renten- und Gesundheitspolitik, sondern auch auf europäischer Ebene zukunftsgewandte Politik macht.

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Steuerpolitik

63. Bundeskongress in Würzburg, 08.10.16

Steuerpolitik

Beschluss im Wortlaut:

Die JEF unterstützt Europas Kampf gegen Steuervermeidung und Steueroasen Der europäische Binnenmarkt ermöglicht durch unterschiedliche Unternehmensbesteuerungen in den Mitgliedsstaaten schädliche Praktiken der Steuervermeidung. Die Antwort darauf ist aber nicht die Abkehr vom gemeinsamen Binnenmarkt, sondern gerechtere Regelungen, mehr Transparenz und ein entschlossener Kampf gegen internationale Steueroasen.

Wir appellieren an die Staats- und Regierungschef*innen, sich der Verantwortung für ein gerechtes und faires Steuersystem in der EU bewusst zu werden und sich den Vorschlägen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments, die mit der Richtlinie des Rates mit Vorschriften zur Bekämpfung von Praktiken zur Steuervermeidung verabschiedet wurden, anzuschließen. Dabei bedauern wir, dass etliche der weitergehenden Ergänzungsvorschläge des EP keinen Eingang in die Richtlinie gefunden haben.

Zudem fordern wir, dass von Seiten der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten ein Dialog mit der europäischen Zivilgesellschaft über die Zukunft eines gerechten Steuersystems geführt wird, um mehr Transparenz und demokratische Mitwirkung bei dessen Gestaltung zu erreichen.

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Reform des EU-Transparenzregisters: Europa soll weiter Transparenz-Vorreiter bei seiner Gesetzgebung bleiben!

1. Bundesausschuss 2016 in Brüssel, 09.04.16

Reform des EU-Transparenzregisters: Europa soll weiter Transparenz-Vorreiter bei seiner Gesetzgebung bleiben!

Beschluss im Wortlaut:

Bei der Transparenz von professioneller Interessenvertretung (Lobbyismus) ist die EU Vorreiterin und weiter als die meisten Mitgliedstaaten. Im Europäischen Parlament sind die meisten Sitzungen, auch der Ausschüsse, im Live-Stream mit zu verfolgen. Das Parlament veröffentlicht ein fast vollständiges Register aller seiner Dokumente im Internet. Kommission und Parlament haben ein gemeinsames Register für Interessenvertreter*innen: das Transparenzregister. Kommissar*innen und deren hohe Beamt*innen treffen nur noch registrierte Interessenvertreter*innen und veröffentlichen Listen mit diesen Treffen. Nur der Rat der Mitgliedstaaten macht es den Bürgerinnen und Bürgern bisher unmöglich die Wege zu seinen Entscheidungen nachzuvollziehen (inklusive der Meinungen der Vertreter der Mitgliedstaaten bei Verhandlungen um EU-Gesetze).

Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern die Mitgliedstaaten, insbesondere die Bundesregierung und die Landesregierungen, auf, dem Vorbild der EUInstitutionen in Sachen Transparenz der Gesetzgebung und der Einflussnahme von Interessenvertreter*innen zu folgen. Das Vertrauen der Bürger*innen in die EU-Institutionen ist historisch niedrig. Der Populismus von Europafeind*innen gefährdet den inneren Frieden unserer Gesellschaften. Deshalb unterstützen die Jungen Europäischen Föderalisten auch weiterhin den Erhalt der Vorreiterrolle der EU-Institutionen. Wir beteiligen uns auch deshalb an der Konsultation der EU-Kommission für eine Reform des Transparenzregisters und vertreten u.a. die folgenden Prinzipien:

1. Die EU-Institutionen sollten zum Schutz der Integrität ihrer Gesetzgebung und Entscheidungsfindung jeweils die beste Praxis der Mitgliedstaaten übernehmen und damit der Union als Vorbild dienen.

2. Im Sinne des Transparenzregisters ethisch untadelige und transparente Lobbyarbeit ist positiv für die Politik der Union und fester Bestandteil einer funktionierenden europäischen Demokratie.

3. Solange das Transparenzregister freiwillig bleibt, sollten die EU-Institutionen ihre Möglichkeiten nutzen, den Interessenvertreter*innen Anreize für die Registrierung zu setzen. Die Europaabgeordneten sollten es der Kommission gleichtun und nur registrierte Interessenvertreter*innen treffen sowie über ihre Treffen Bericht erstatten.

4. Das Transparenzregister sollte auch auf den Rat der Europäischen Union ausgedehnt werden, da auch hier massiv Einfluss genommen werden kann.

5. Schnellstmöglich sollte eine Eintragung in das Transparenzregister verpflichtend für alle Lobbyisten sein, die im Umfeld der EU-Gesetzgebung tätig sind und Institutionen der EU nur mit solchen eingetragenen Lobbyisten in Kontakt treten. Dies gilt ebenso für Lobbytätigkeiten von Rechtsanwälten.

6. Das Transparenzregister sollte mit allen anderen Datenbanken, ähnliche Informationen der Einflussnahme auf EU-Gesetzgebung betreffend, zu einem Transparenzportal verknüpft werden. Dies würde die Veröffentlichung eines legislativen Fußabdrucks erleichtern, der für jedes EU-Gesetz nachvollziehbar macht, welche Interessenvertreter*innen darauf Einfluss genommen haben und welche schriftlichen Vorschläge sie eingebracht haben.

7. Geheimhaltung von Papieren sollte sparsam eingesetzt werden. Wo sie eingesetzt wird, muss das Prinzip gelten: Was Interessenvertreter*innen zugänglich gemacht wird, muss auch öffentlich bekannt gemacht werden. Was geheim bleiben muss, muss geheim bleiben. Es darf keine Vorteile für besser vernetzte oder finanzstarke Interessenvertreter*innen geben, da sonst die Integrität der Entscheidungsverfahren und der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt würden.

8. Wir fordern die gesamte europapolitische Zivilgesellschaft auf, sich an der Konsultation der EU-Kommission zum Transparenzregister zu beteiligen: http://ec.europa.eu/transparency/civil_society/public_consultation_de.htm

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Die Politische Union ist nicht verhandelbar

1. Bundesausschuss 2016 in Brüssel, 08.04.16

Die Politische Union ist nicht verhandelbar

Beschluss im Wortlaut:

Voraussichtlich am 23. Juni 2016 wird das britische Volk über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union abstimmen.

Dazu stellen die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland fest: Die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschlands befürworten einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union. Großbritannien ist durch seine demokratische Tradition, durch seine wirtschaftliche Stärke und als Anker der transatlantischen Beziehungen ein wichtiger Mitgliedstaat der EU.

Der Austritt eines Staates könnte eine nicht wünschenswerte Kettenreaktion weiterer Austritte auslösen oder weitere Verhandlungen nach sich ziehen; Die Europäische Union ist eine Wertegemeinschaft von Einzelstaaten, die sich bei ihrer Gründung zu den vier Grundfreiheiten der Arbeitnehmerfreizügigkeit, des freien Verkehrs von Waren, Kapital und Dienstleistungen als Grundlage ihres Zusammenschlusses bekannt haben.

Es gibt bereits jetzt für einige Staaten der Europäischen Union, wie Dänemark und Großbritannien, Ausnahmen (sogenannte „Opt-outs“) zu dieser Regel, die z.B. die eigentlich obligatorische Übernahme der Gemeinschaftswährung des Euro betreffen oder auch den uneingeschränkt freien Verkehr von Personen. Umgekehrt gilt jedoch, dass jeder Nicht-EU-Staat unter Verzicht auf seine Mitwirkungsrechte an jedem Integrationsschritt teilnehmen kann, und dass zukünftige Integrationsschritte offen für die spätere Mitwirkung einzelner Mitgliedstaaten sein müssen.

Wir bekennen uns nachdrücklich zum Ziel, die jetzige Europäische Union im Rahmen einer vollständigen Politischen Union zu einem europäischen föderalen Bundesstaat weiterzuentwickeln und lehnen daher nationale Sonderregeln in den Bereichen der vier Grundfreiheiten ab – das Ziel des Lissabon Vertrags, die Union zu einer „ever closer union“ weiterzuentwickeln ist für uns nicht verhandelbar.

Die Europäische Union befindet sich in ihrer schwersten Krise seit ihrer Gründung – die Ankündigung eines Referendums durch den britischen Premierminister Cameron über den Verbleib Großbritanniens in der Union und die gleichzeitige Forderung nach fundamentalen Vertragsänderungen zugunsten eines Landes während dieser Krise verurteilen wir als Erpressung der übrigen 27 Mitgliedsstaaten.

Einem Mitgliedsstaat zuzugestehen, die vier Grundfreiheiten (weiter) anzutasten oder das Ziel der „ever closer union“ aufzugeben bedeutet eine fundamentale Änderung des bisherigen europäischen Einigungsprozesses, die wir nicht nur, aber insbesondere unter diesen Umständen ablehnen. Die notwendige Debatte über die Frage wie die Union mit Staaten umgeht, die entgegen ihrer im Lissabon-Vertrag freiwillig eingegangenen Selbstverpflichtung nicht mehr (oder in geringerem Maße) bereit sind, auf dem Weg der politischen Union voranzuschreiten, wird durch das Referendum nicht beantwortet – ein schlichtes “für” oder “gegen” den Brexit wird der Tragweite des Problems nicht gerecht.

Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern deshalb:
Sollten die übrigen 27 Mitgliedsstaaten zu dem Entschluss kommen, dass Großbritannien nach dem Referendum am 23. Juni 2016 jene Zugeständnisse gemacht werden, die die Staats- und Regierungschefs am 19. Februar 2016 beschlossen haben, so muss unverzüglich ein Beratungsprozess darüber in Gang gesetzt werden, wie jene Staaten die Möglichkeit erhalten, den Integrationsprozess hin zu einer Politischen Union fortzusetzen, ohne durch Mitgliedsstaaten wie Großbritannien daran gehindert zu werden. Ein “Europa der zwei Geschwindigkeiten” wäre sodann als Integrationsalternative sehr ernstlich zu erwägen.

Notwendige Vertragsänderungen müssen auf der Grundlage konstruktiver Verhandlungen geschehen und dürfen nicht unter derartigem Druck erzwungen werden.
Es dürfen keine weiteren Ausnahmen für einzelne Mitgliedstaaten hinzukommen und die Europäische Kommission sollte darauf drängen, bestehende Ausnahmen in der Zukunft abzubauen. Es müssen die gleichen Regeln und Anforderungen für alle Mitgliedstaaten gelten.
Staaten, die – freiwillig – nicht Teil eines Integrationsschrittes sind (z.B. der Eurozone) dürfen keine Mitsprache bei der Fortentwicklung dieses Integrationsschrittes haben – es gilt das Prinzip: Wer nicht mitmacht, darf auch nicht mitbestimmen.

Zusammenfassend erklären die Jungen Europäischen Föderalisten:

Wir wollen, dass Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleibt. Gleichzeitig bietet das anstehende Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union keine konstruktive Wahlalternative. Weder befürworten wir den Austritt eines Mitgliedsstaates, noch können wir jene Zugeständnisse gutheißen, die von der Europäischen Kommission und den Staats- und Regierungschefs der übrigen 27 Mitgliedsstaaten in Aussicht gestellt und quasi präjudiziert sind, falls sich das britische Volk für den Verbleib in der Union entscheidet.

jefwpDie Politische Union ist nicht verhandelbar
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Leitantrag des Bundesvorstandes („Europa, jetzt erst recht!“)

62. Bundeskongress in Berlin, 03.10.15

Leitantrag des Bundesvorstandes („Europa, jetzt erst recht!“)

Beschluss im Wortlaut:

Europa, jetzt erst recht!

Demokratie in Europa

Die Tatsache, dass bei den letzten Europawahlen viele Parteien erstmals Spitzenkandidaten aufgestellt haben und dabei der bisherige Primat der nationalen Regierungen zur Aufstellung der Europäischen Kommission gebrochen wurde, hat der EU einen demokratischen Schub beschert. Die Demokratisierung der Europäischen Union wird jedoch gleichzeitig gefährdet durch die Art und Weise, wie versucht wird, mit der Euro-Krise umzugehen. Statt Organen, die allen Europäern demokratisch verantwortlich sind, haben die nationalen Regierungen das Zepter ergriffen und sowohl die EU als auch ihre nationalen Parlamente zu Statisten der Gipfelpolitik degradiert. Dies führt dazu, dass Eurostaaten Auflagen bekommen, die beschlossen worden sind von Personen, die in anderen Eurostaaten gewählt und abgewählt werden. In Zukunft müssen alle Entscheidungen, die alle EU-Bürger betreffen, auch von europäischen Organen getroffen werden, die auch der demokratischen Kontrolle aller EU-Bürger unterworfen sind.

Mit Sorge blicken wir nach Ungarn. Der dortige Ministerpräsident Victor Orbán missbraucht seine verfassungsändernde Mehrheit dazu, das politische System dergestalt zu verändern, dass das Grundprinzip der europäischen Demokratie, die Gewaltenteilung z.B. durch die Einschränkung der Antragsnummer: 120 Antrag: Leitantrag des Bundesvorstandes („Europa geht voran“) Kontrollrechte des Verfassungsgerichts, zunehmend untergraben wird. Die Europäische Union und auch die Europäischen Staaten verharren tatenlos angesichts offensichtlicher Verstöße gegen die Prinzipien von demokratischer Rechtsstaatlichkeit.

Leider sind die Regierungen, welche die ungarische zur Ordnung rufen müssen, selbst viel zu sehr damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass sie über die EU einen großen Teil der Gesetzgebung in der Hand behalten und die Demokratisierung der EU ausbleibt.

Wirtschaftlichen Ausnahmezustand beenden

Die EU muss endlich aus dem permanenten Ausnahmezustand herauskommen. Es muss eine Regelung gefunden werden, die verhindert, dass eine Krise in einem Mitgliedsstaat das europäische Bankensystem und die europäische Währung existentiell bedroht. Dazu bedarf es eines gemeinsamen europäischen Einlagensicherungsfonds und für den Notfall einer gemeinsamen Bankenrettung. Der Zweck ist, zu verhindern, dass im Falle eines Bankrotts eines Nationalstaats das europäische Finanzsystem und der Euro gefährdet werden und dass eine Krise der Banken in einem Mitgliedstaat dazu führt, dass dieser Mitgliedsstaat beim Versuch, die Banken zu retten, selbst zahlungsunfähig wird.

Die Jugendarbeitslosigkeit in der EU droht, viele Millionen junger Menschen die Zukunft zu kosten. Eine Teilursache ist der Umstand, dass in einigen Mitgliedstaaten die Kündigungsschutzgesetze derart ungerecht gestaltet sind, dass sie zu einem segmentierten Arbeitsmarkt führen, in der junge Menschen eine schutzlose Verfügungsmasse sind, während viele Stellen von älteren Arbeitnehmern besetzt sind. Die europäische Jugendgarantie ist offensichtlich kein ausreichendes Mittel, um das Problem einzuhegen. Nur durch volkswirtschaftliches Wachstum und einen durchlässigeren Arbeitsmarkt können junge Menschen wieder die Chance bekommen, ihr Leben erfolgreich zu gestalten.

Um in Zukunft zu verhindern, dass stark asymmetrische volkswirtschaftliche Schocks die gesamte Eurozone ins Wanken bringen, müssen die großen Leitlinien der Wirtschaftspolitik auf europäischer Ebene von einem europäischen Wirtschaftsministerium entschieden werden. Gleichzeitig behalten die Staaten einen großen Teil ihrer wirtschaftspolitischen Eigenständigkeit, sodass der faire, fruchtbare Wettbewerb der Staaten untereinander nicht unterminiert wird.

Das Voranschreiten Europas zu einer energieneutralen Wirtschaft mit Hilfe marktbasierter Regulationsinstrumente bietet die Chance zu einer wirtschaftlichen Revolution, welche den Wohlstand vermehrt und Europa an die wirtschaftliche Weltspitze bringt.

Überhaupt muss Europa wieder zum führenden Innovationsstandort werden. Der Schlüssel dazu ist die Investition in Forschung und Entwicklung. Die staatlichen Investitionen in die Wissenschaft Antragsnummer: 120 Antrag: Leitantrag des Bundesvorstandes („Europa, jetzt erst recht!“) müssen in der EU doppelt so groß sein wie in den USA und China zusammen. Europa darf nicht mehr von der globalen technischen Entwicklung getrieben sein oder gar versuchen, sie abzubremsen, sondern muss selbst die Führung übernehmen.

Für eine europäische Asyl-, Einwanderungs- und Freizügigkeitspolitik

Freizügigkeit bedeutet nicht in erster Linie, dass man nicht verhindern kann, dass andere in das eigene Land kommen, sondern dass man die Freiheit besitzt, sein Leben in einem Land seiner Wahl zu gestalten. In diesem Zusammenhang betonen die Jungen Europäischen Föderalisten erneut nachdrücklich die Notwendigkeit zur Etablierung von Englisch als zweiter Amtssprache in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Wer in ein neues Land kommt, sollte die dortige Sprache lernen. Bevor dies bereits geschehen ist, muss er mit Behörden in Kontakt treten und die Sprachbarriere hat dabei eine unnötig abschreckende Wirkung auf Menschen, die ihre Freizügigkeit nutzen wollen. Auch Investitionen und Handel werden durch die aktuell noch vorhandene Sprachbarriere behindert.

Europa steht angesichts der aktuellen Flüchtlingsströme in die EU vor der größten humanitären Herausforderung seit dem Balkankrieg. Doch statt konzertierten Handelns der europäischen Staaten sind Hilflosigkeit und das Abschieben der Verantwortung die Leitprinzipien der Stunde. Die Europäischen Staaten sind gefordert, endlich und dauerhaft gemeinsame und verbindliche Standards zum Umgang mit Flüchtlingen zu schaffen. Hierzu zählt insbesondere die Einigung auf gemeinsame Voraussetzungen zur Erlangung des Asylstatus, zur Dauer und Art des Asylverfahrens und zur Verteilung der Asylberechtigten. Diese Regeln müssen anschließend konsequent umgesetzt und flächendeckend angewandt werden. Gerade Großbritannien und zahlreiche ostmitteleuropäische Staaten verstoßen dabei derzeit gegen das Solidaritätsprinzip der Europäischen Union bzw. werden von den übrigen Staaten nicht genug in die Pflicht genommen.

Zukünftig muss es möglich sein, dass Flüchtlinge in EU-Vertretungen Asyl beantragen. Wir sprechen uns dafür aus, dass durch eine an rechtsstaatliche Bedingungen geknüpfte Entwicklungszusammenarbeit und Handelspolitik ein Anreiz für Drittstaaten entsteht, keine Fluchtgründe entstehen zu lassen bzw. Fluchtgründe a priori zu verhindern.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Durchführung dieser Maßnahmen den Druck auf bislang überdurchschnittlich durch Asylverfahren belastete Mitgliedsstaaten wie Schweden, Österreich oder Deutschland rasch mindern könnte und damit die Akzeptanz des Asylrechts in der Bevölkerung weiter steigen würde, verurteilen wir jegliche gegenwärtige Gewalt und öffentliche Hetze gegen Flüchtlinge.

Sicherheit für Europa und Frieden für die Welt

Europa kann die globalen Herausforderungen nicht alleine lösen. Die Partnerschaft und Zusammenarbeit mit anderen Ländern ist daher zentral für das Gelingen einer Weltpolitik, welche Antragsnummer: 120 Antrag: Leitantrag des Bundesvorstandes („Europa geht voran“) die Lösungen für Probleme wie Gewalt, Armut und Umweltschädigung findet. Europa kann nur dann einen konstruktiven Einfluss nehmen, wenn es als geeinter Akteur handelt. Eine gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik, die ihren Namen verdient, nützt nicht nur unseren Interessen, sondern kann auch helfen, die Welt insgesamt besser zu machen. Bisher ist die EU ein nicht nur schwacher, sondern aufgrund nicht konzertierter Außenpolitik auch unzuverlässiger Partner.

Als unser direkter Nachbar ist Russland für uns ein wichtiger Partner, mit dem wir eng zusammenarbeiten möchten. Das bedeutet aber auch, dass man sich an gemeinsame Regeln hält. Einen anderen Staat anzugreifen, nur weil dieser enger mit der EU zusammenarbeiten will, ist – wie das Angreifen anderer Staaten überhaupt – völkerrechtswidrig. In Zukunft muss die EU eine gemeinsame Verteidigung mit integriertem Militär besitzen, um mögliche Eroberungsgelüste von Staaten wie Russland gegenüber EU-Mitgliedsstaaten abzuschrecken. Das Ziel ist also ausdrücklich die Verhinderung militärischer Konflikt. Gleichzeitig müssen vertrauensbildende Maßnahmen dazu führen, dass das Verhältnis zu Russland wieder partnerschaftlich wird.

Mit Sorge beobachten wir die Entwicklungen in der Türkei. Sie ist ein wichtiger Partner im Kampf gegen den islamistischen Terror und muss als solcher unterstützt werden. Das entschuldigt aber nicht den immer stärkeren Nationalismus, Autoritarismus und die Aufweichung des Laizismus durch die türkische Regierung. Darüber hinaus verurteilen wir das militärische Vorgehen gegen die kurdische Minderheit ausdrücklich. Jegliche militärische Handlungen gegen die kurdische Minderheit müssen eingestellt und der Dialog mit den Kurden fortgeführt werden. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und damit verbunden Minderheitenrechte sind eine Grundvoraussetzung für einen mittelfristigen EU-Beitritt der Türkei. Insbesondere sollte dann ein Handelsembargo mit rindfleischbasierter Gelatine und darauf basierenden Gummibärchen in Kraft gesetzt werden.

Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus bleibt eine zentrale Herausforderung der verzahnten europäischen Innen- und Außenpolitik. Die Antwort kann jedoch nicht lauten, bürgerliche Freiheitsrechte einzuschränken. Die freiheitlich demokratische Grundordnung beweist ihre moralische und rechtliche Überlegenheit gegenüber autoritären und totalitären Regimen durch die Bekräftigung des Prinzips der individuellen Selbstbestimmung und nicht durch ihre Selbstbeschränkung. Wir betonen das Recht jedes EU-Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung. Unsere eigenen Geheimdienste sind durch starke rechtsstaatliche Vorschriften zu disziplinieren, ausländische Spionage ist durch einen europäischen Geheimdienst zu bekämpfen. Dazu zählt auch die Spionage durch traditionell mit der Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten verbündeter Länder.

Inner- und außerverbandliche Aufgaben der JEF

Die Jungen Europäischen Föderalisten sind der europapolitische Jugendverband. Ihre besondere Legitimität erhalten sie durch ihre überparteiliche Kultur, die Lösungen für die Probleme unserer Zeit perspektivisch aufzeigen. Mehr noch als in der Vergangenheit müssen die inhaltlichen Positionen der JEF sich auch in den Debatten der Jugendparteien und anderen europäischen Verbänden widerspiegeln. Dies wird u.a. dadurch erreicht, dass die JEF sich auf die Weiterentwicklung ihrer inhaltlichen Kernpositionen des politischen Programms konzentriert und europapolitische Detailthemen den politischen Parteien überlässt. Es ist an der Zeit, in Europa nicht mehr die schlechteste gerade noch vertretbare Lösung als Maß aller Dinge anzusehen. Das ständige, atemlose Herumlaborieren an Problemen ohne einen Entwurf für eine dauerhaft funktionsfähige Ordnung kann nicht die Basis eines gemeinsamen Europa sein. Wenn die EU auf eine vernünftige Grundlage gestellt wird, können die kulturelle Vielfalt Europas, unser zivilisatorischer Reichtum und der Erfindergeist der Europäer*innen erst ihr ganzes Potenzial entfalten. Die ruhmreichsten Tage Europas liegen noch vor uns. Gerade in diesen Tagen zeigen die Flüchtlings- Euro und Ukrainekrise deutlich, dass die Vergemeinschaftung von Politikbereichen ohne die Schaffung der dazugehörige funktionsfähigen demokratischen Institutionen zu scheitern droht. Unter Zugrundelegung unserer politischen Vorstellungen eines föderalen Europas könnten wir die aktuellen Herausforderungen nicht nur effektiver bewältigen, sondern derartige Krise würden gar nicht so eskalieren, wie sie es derzeit bedauerlicherweise tun. Da der Intergouvernementalismus und nationale Egoismen die bisherigen Errungenschaften der europäischen Integration gefährden, müssen wir also gerade jetzt lautstark für unsere Positionen eintreten und dürfen unsere Idee eines wahrhaft geeinten Europas nicht als eine ferne Zukunftsvision abtun.

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Die JEF im Europawahlkampf: Mehr Föderalismus wagen!

60. Beschluss des Bundeskongress in Münster, 26.-27. Oktober 2013

Die JEF im Europawahlkampf: Mehr Föderalismus wagen!

Beschluss im Wortlaut:

1. Vorbemerkung: Europäisches Interesse vor nationalem Kleinmut!

„In Maastricht haben wir den Grundstein für die Vollendung der Europäischen Union gelegt. Der Vertrag über die Europäische Union leitet eine neue, entscheidende Etappe des Europäischen Einigungswerks ein, die in wenigen Jahren dazu führen wird, das zu schaffen, was die Gründungsväter des modernen Europa nach dem letzten Krieg erträumt haben: die Vereinigten Staaten von Europa.“

Mit diesem Grundstein für die Vollendung der EU meinte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Einführung der gemeinsamen Währung. Die gemeinsame Währung – ebenso wie der Binnenmarkt – sind also zuvörderst ein politisches Projekt zur Verwirklichung und Vollendung der europäischen Einigung. Der entscheidende Schlüssel zur Bewältigung der derzeitigen Krise, die den Fortbestand des Euros und damit des gesamten europäischen Einigungsprojekts bedroht, liegt nicht nur in Sparmaßnahmen, sondern vielmehr in entschiedenem politischen Handeln, Mut und Gestaltungswillen.

Die notwendigen Maßnahmen, die die Wirtschafts- und Währungsunion dauerhaft stabilisieren, sind weitgehend bekannt und in mehreren Papieren dargelegt (u.a. im Papier der vier Präsidenten des Europäischen Rats, der Europäischen Kommission, der Eurogruppe und der Europäischen Zentralbank). Sie wurden bislang in nur unzureichendem Maße umgesetzt, da es den Entscheidungsträgern in den europäischen Hauptstädten am Willen oder am Mut mangelte. Das eigentliche Problem in der derzeitigen Krise – um mit Robert Menasse zu sprechen – sind die nationalstaatlichen Egoismen.

„Klare Zielvorstellungen, Prinzipienfestigkeit und Flexibilität sind auch das wirksamste Mittel gegen jenen Kleinmut, der in Europa vielerorts wieder aufkommt.“ Diesem Zitat, von dem man meinen könnte, Helmut Kohl habe es in Bezug auf die JEF geäußert, fügen wir hinzu: „jenem Kleinmut, der heute insbesondere von einigen Wirtschaftsprofessoren und Nationalromantikern salonfähig gemacht wird und der auch an den übrigen deutschen Parteien nicht spurlos vorübergeht“.

Die langfristigen Zielvorstellungen und Prinzipien der JEF haben wir in unserem Politischen Programm niedergelegt. Die kurz- und mittelfristigen Zielvorstellungen, mit denen wir in den Europawahlkampf und das Jahr 2014 ziehen, führen wir im Folgenden näher aus.

2. Für europäische und politische Europawahlen!

Wir rufen die Parteien, insbesondere in Deutschland dazu auf, einen echten europäischen und politischen Europawahlkampf zu führen!

Wir fordern

  • die Bürgerinnen und Bürger auf, an den Wahlen teilzunehmen, um durch eine hohe Wahlbeteiligung ein deutliches Signal an die europäischen Regierungen zu senden, dass sie eine echte parlamentarische Demokratie auf europäischer Ebene einfordern und die nur ungenügend legitimierte, ineffektive zwischenstaatliche Koordination nicht weiter hinnehmen wollen,
  • die Parteien in allen Mitgliedstaaten auf, die europäische Dimension der Wahlkampfthemen in den Mittelpunkt zu rücken,
  • die politischen Verantwortungsträger auf, offensiv und engagiert für eine weitergehende europäische Integration zu werben und nicht der zunehmenden Europaskepsis nachzugeben,
  • die nationalen und europäischen Parteien auf, Fahrpläne vorzulegen, anhand derer die einzelnen Schritte zur Überwindung der Euro-, Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise für die Bürgerinnen und Bürger erkennbar werden und diese auf dieser Grundlage eine informierte Entscheidung an der Wahlurne treffen können,
  • die Parteien in allen Mitgliedstaaten auf, sich bei der Diskussion über Lösungswege aus der Krise nicht nationaler Ressentiments zu bedienen, sondern diese Diskussionen im Bewusstsein der gemeinsamen Verantwortung sowohl für die Krisenentstehung als auch für die Krisenlösung zu führen. Die Lösung der Krise darf nicht als Nullsummenspiel begriffen werden, in dem ein Land gegen das andere als Sieger hervorgeht.

Außerdem fordern wir konkret

  • die europäischen Parteien auf, Spitzenkandidaten für die Europawahlen zu benennen, die danach als Kandidaten für den Posten des Kommissionspräsidenten ins Rennen gehen,
  • – falls die erste Forderung nicht erfüllt wird – den Europäischen Rat auf, sich an den Geist der Verträge zu halten und nur solche Kandidaten für den Posten des Kommissionspräsidenten vorzuschlagen, die eine parlamentarische Mehrheit hinter sich wissen,
  • das neugewählte Europäische Parlament auf, dem Europäischen Rat frühzeitig und unmissverständlich deutlich zu machen, dass nur solche Kandidaten für die Präsidentschaft der Kommission in Betracht gezogen werden, die eine Mehrheit des Parlamentes hinter sich haben und alle anderen abzulehnen: In einer europäischen Demokratie entscheiden die Volksvertreter, nicht die nationale Regierungen, wer die europäische Exekutive anführt.

3. Maßnahmen zur Krisenüberwindung

Das Signal einer hohen Wahlbeteiligung der europäischen Bürgerinnen und Bürger wäre ein ermutigender Auftakt für die notwendigen Reformen, die zur Rettung des Euro und zur Vollendung der Vereinigten Staaten von Europa umgesetzt werden müssen:

Angefangen mit, aber nicht beschränkt auf die Verbesserung der Architektur der Wirtschafts- und Währungsunion fordern wir unter anderem (basierend auf unseren jüngsten Beschlüssen)

  • die Einführung eines Schuldentilgungsfonds oder gemeinsamer europäischer Schuldscheine, damit in unserer gemeinsamen Währung nicht ausschließlich nationale Staatsanleihen verschiedener Verzinsung bestehen, die bei Panik an den Finanzmärkten Staaten in die Zahlungsunfähigkeit treiben können
  • die Einführung eines echten, von den Nationalstaaten unabhängigen EUHaushalts, der auf eigenen Steuereinnahmen beruht
  • die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung, nicht nur, um die Eurozone bei ungleicher konjunktureller Entwicklung der Mitgliedsstaaten und im Falle asymmetrischer makroökonomischer Schocks zu stützen, sondern vor allem als Ausdruck europäischer Solidarität

Des Weiteren fordern wir in außenpolitischer Hinsicht

  • vor allem im Hinblick auf den bevorstehenden Europäischen Rat im Dezember 2013 entschiedene Schritte zur weiteren Vergemeinschaftung in der Außen- und Sicherheits- sowie der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die unentschlossene, uneinheitliche und vielstimmige Reaktion der Union sowie ihrer Mitgliedsstaaten auf den sogenannten arabischen Frühling sowie die Bürgerkriege in Libyen und Syrien rufen ungute Erinnerungen an die Reaktion der EU auf die Balkankriege hervor.

4. Umsetzung: wir fordern einen Konvent

Ein Teil der oben beschriebenen Maßnahmen lässt sich nur durch umfangreichere Änderungen der Verträge erreichen.

Wir fordern daher

  • die Einberufung eines Konvents (verfassungsgebende Versammlung), der nach den Europawahlen notwendige Reformen ausarbeitet und das europäische Vertragswerk in Form einer europäischen Verfassung vorlegt,
  • dass dieser Konvent eng mit der europäischen Zivilgesellschaft zusammenarbeitet und deren Impulse aufnimmt,
  • dass die vom Konvent vorgelegten Ergebnisse unverändert den Unionsbürgern oder ihren parlamentarischen Vertretern zur Ratifikation vorgelegt werden.

5. Die Rolle der JEF: Mehr Föderalismus wagen!

Für uns ist klar: Wir werden uns auch in diesem Wahlkampf wieder für die Steigerung der Wahlbeteiligung an den Europawahlen einsetzen.

Unser zentrales Ziel aber ist, den Bürgerinnen und Bürgern die von uns als richtig und notwendig erkannten Reformen– insbesondere jungen Menschen – zu kommunizieren und zu erklären, vor allem aber auch von den politischen Entscheidungsträgern einzufordern.

Im gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext ist eine hohe Wahlbeteiligung alleine nicht ausreichend. Die entscheidende Frage ist, ob wir es in Europa endlich schaffen, grundlegende Reformen umzusetzen, die die aktuellen Probleme nachhaltig lösen: Reformen, die gleichzeitig demokratisch – und nicht hinter verschlossenen Türen – zu Stande gekommen sind.

Daraus ergibt sich für unsere Wahlkampagne, dass wir einen Schritt weiter gehen: Wir wollen konkrete föderalistische Forderungen anschaulich und zugespitzt in den Diskurs einbringen!

Wir wollen mehr Föderalismus wagen!“

jefwpDie JEF im Europawahlkampf: Mehr Föderalismus wagen!
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