Zeitenwende europäisch denken: Verfassungskonvent statt konventioneller Politik!

Bundeskongress, 15.10.22

Zeitenwende europäisch denken: Verfassungskonvent statt konventioneller Politik!

Beschluss im Wortlaut:

Das Europäische Haus brennt.

Es herrscht wieder Krieg in Europa. In diesem Krieg verteidigt die Ukraine unsere europäischen Werte, insbesondere unsere Freiheit und Demokratie, gegen die russische Aggression. Unsere Gesellschaft hat diese demokratischen Freiheiten viel zu lange als gegeben hingenommen, aber wir müssen tagtäglich für sie eintreten und gerade dann resolut für sie kämpfen, wenn sie bedroht werden. Dabei stehen die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten an der Seite der Ukraine. Gerade weil der Krieg unendliches Leid für die Menschen in der Ukraine bedeutet und die Zukunftspläne junger Menschen in Luft aufgehen lässt, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten die militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe auf ein Maximum verstärken. Dazu gehören die Lieferung von Waffensystemen, umfassende Haushaltshilfen für die Ukraine, und Sach- und Finanzmittel zur Versorgung von ukrainischen Flüchtlingen und für den ökonomischen Wiederaufbau der Ukraine. Die Ukraine muss mit diesen Maßnahmen in die Lage versetzt werden, die russische Aggression zurückzuschlagen und den Krieg zu gewinnen, entsprechend ihrer Forderungen. Zugleich muss die Europäische Union die Schritte zur nachhaltigen und fundamentalen Integration der Ukraine in die EU mit Nachdruck fortzuführen. Wir blicken außerdem besorgt auf einige europäische Mitgliedstaaten. Die Wahlen der letzten Wochen in Schweden und Italien, bei denen rechtspopulistische, postfaschistische und antieuropäische Parteien zu den Siegern zählten, führen uns die Fragilität der EU und ihrer Werte besonders schmerzhaft vor Augen. In dieser Stunde rufen wir insbesondere demokratische Parteien verschiedener politischer Lager dazu auf, zusammenzustehen und ein Bollwerk gegen diese Entwicklung zu errichten.

Der soziale Zusammenhalt bröckelt in Europa.

Der Krieg hat Auswirkungen in ganz Europa und der Welt. Die gestiegenen Energiepreise und Inflation zwingen viele Menschen und insbesondere junge Menschen zu wirtschaftlichen Entbehrungen. Zur Heizsaison im Winter schaffen Horrorszenarien von ausbleibender Gasversorgung die Gefahr eines Verteilungskampfs über knappe Ressourcen. Politiker*innen und Medienvertreter*innen in Deutschland führen diese Diskussion noch immer mit ausschließlich nationalen Scheuklappen. Wie zu Beginn der Corona-Pandemie scheitern die politischen Entscheidungsträger*innen mit ihren nationalen Alleingängen daran, unseren gemeinsamen Problemen europäisch zu begegnen. Die deutsche Bundesregierung sollte alle Schritte auf europäischer Ebene unterstützen, solidarisch und gemeinsam mit diesen Herausforderungen umzugehen. Dazu gehören die europäische Beschaffung von Energieträgern, die Stärkung transnationaler Energienetze und die resolute Zusage, die grenzüberschreitende Energieversorgung und -verteilung in Europa unter keinen Umständen kollabieren zu lassen. Alles andere wäre ein politisches Armutszeugnis der deutschen Politiker*innen gegen dessen nationalkonservative Prägung wir als Junge Europäische Föderalist*innen resolut einschreiten werden.

Gerade in Zeiten ohnehin hoher sozialer Spannungen ist europäische Solidarität zur Überwindung gemeinsamer wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen unersetzlich. Seit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 hat sich die wirtschaftliche und soziale Situation von jungen Menschen viel zu langsam verbessert und die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern bricht das Versprechen Europas, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu bieten. Die EU braucht endlich eine Wirtschafts- und Sozialpolitik, die das Leben junger Menschen nachhaltig verbessert. Die Debatte um europäische Fiskalregeln ist geprägt von nationalstaatlicher Engstirnigkeit. Stattdessen muss die Bundesregierung politischen Mut beweisen und die eingefahrenen Denkmuster der letzten Dekade hinter sich lassen und auf europäischer Ebene zukunftsorientierte Investitionen ermöglichen. Das bedeutet, die EU benötigt Fiskalregeln, die klimafreundliche Investitionen und Maßnahmen zur Digitalisierung von der Defizitberechnung ausnimmt und eine gemeinsame Aufnahme von europäischen Schulden aufbauend auf dem NextGenerationEU Programm. Gerade die deutsche Bundesregierung muss sich bewusst sein, wie stark erneute Forderungen nach haushälterischer Disziplin in anderen EU-Ländern das Vertrauen in Deutschland als verlässliche Partnerin in Europa zerstören. Deutschland ist heute und in Zukunft deutlich mehr auf den europäischen Zusammenhalt angewiesen. Eine kurzsichtige Politik hat in der heutigen Wirklichkeit keinen Platz. Auch in der Sozialpolitik müssen die Mitgliedstaaten darüber hinaus Maßnahmen ergreifen, durch die der soziale Zusammenhalt in Europa gestärkt wird. Die EU hat die Chance dem Versprechen der europäischen Säule sozialer Rechte durch eine Arbeitslosenrückversicherung und die wechselseitige Öffnung von Sozialsystemen für europäische Bürger*innen in ganz Europa gerecht zu werden, einhergehend mit Maßnahmen zur Förderung von Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Unfähigkeit, solche Entscheidungen als Bundesregierung voranzutreiben, wäre die enttäuschende Fortsetzung einer gescheiterten Politik der letzten Jahre, die die Augen vor den sozialen Problemen der Menschen verschließt.

Die Corona-Pandemie ist noch nicht gebannt und wird das Leben der gesamten Gesellschaft sowie junger Menschen auch weiterhin prägen. Junge Menschen mussten in der Pandemie viele Opfer bringen. Im Winter wird die Gefahr von neuen Coronavirus-Varianten uns erneut beschäftigen, möglicherweise auch mit den mittlerweile bekannten Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Dies hat nicht nur einen Einfluss auf das Sozialleben und die psychische Gesundheit junger Menschen, sondern auch die Möglichkeiten eine Ausbildung anzufangen, ein Studium zu beginnen oder in eine neue Stadt zu ziehen. Allein die Drohung, auch weiterhin das Leben im Standby-Modus zu führen, wird insbesondere die jungen Menschen treffen. Daher brauchen wir eine effektive gemeinsame Pandemiebekämpfung in Europa, die gleichzeitig die europäischen Freiheiten in Grenzregionen bewahrt.

Klimakollaps und Migrationskrise stellen die Glaubwürdigkeit der EU infrage.

Durch die Pandemie und die Energiekrise sind weitere europäische Herausforderungen zu stark in den Hintergrund getreten. Der vergangene Sommer war einer der wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn in Deutschland. Überschwemmungen sind an der Tagesordnung und Waldbrände in ganz Europa haben uns den zukünftigen Alltag vor Augen geführt. Aber unsere Gesellschaft steuert immer noch blindlings auf den Klimakollaps zu. Die beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, einschließlich der Umsetzung des Fit for 55 Programms, müssen kompromisslos verfolgt werden. Wenn die EU ihrem eigenen Anspruch gerecht werden möchte, eine Vorreiterin beim Klimaschutz zu sein, sind die bisherigen Bemühungen bei Weitem nicht genug.

Nicht zuletzt müssen die Herausforderungen des drohenden Klimakollaps überwunden werden, um Lebensgrundlagen in allen Teilen der Welt zu erhalten. Schon heute sehen wir Migrationsbewegungen in Reaktion auf klimatische Veränderungen. Die Politik des letzten Jahrzehnts hat hierbei, sowie der Migrationspolitik insgesamt, ein desaströses Bild gezeigt. In Auffanglagern in der Peripherie Europas wurde und wird die Menschenwürde mit Füßen getreten, denn eine inhumane Asyl- und Migrationspolitik scheint politischen Entscheidungsträger*innen offenbar opportun. Die feige Politik des Wegduckens und Verzögerns in Asyl- und Migrationsfragen führt aber zu realen Schäden für das Leben vieler und insbesondere junger Menschen. Aktuelle ad hoc Maßnahmen müssen endlich einer dauerhaften, humanen und gerechten gesamteuropäischen Lösung weichen, wie beispielsweise dem schon längst vorgeschlagenen EU-weiten Verteilungsschlüssel für Asylsuchende. Eine Blockade einzelner Mitgliedstaaten muss notfalls auch mit Sanktionen begegnet werden, denn die europäische Gemeinschaft darf nicht nur à la carte gelten, wenn sie den Menschen ein glaubhaftes Versprechen der Verteidigung europäischer Werte geben will.

Auch in anderen Politikfeldern wird der Wert der Rechtsstaatlichkeit innerhalb der EU noch immer missachtet. Auch wenn die Europäische Kommission nun regelmäßig Berichte über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten verfasst, wird die Rechtsstaatlichkeit noch immer unzureichend respektiert. Vor allem wurde das Verfahren gegen Ungarn aufgrund von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit von der Kommission viel zu spät eingeleitet. Den Maßnahmen zum Schutz durch die EU-Kommission müssen nun glaubhafte Schritte beispielsweise in der Korruptionsbekämpfung und dem Schutz individueller Rechte folgen. Auch in anderen EU-Staaten muss der Schutz der Rechtsstaatlichkeit nachhaltig geschehen, sonst läuft die EU Gefahr, ihr internationales Ansehen als Leuchtturm der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verlieren.

Europa wird in Krisen geschmiedet.

Diese Polykrisen unserer europäischen Gegenwart schüren Zukunftsängste bei jungen Menschen in ganz Europa. Psychische Krankheiten in den entsprechenden Altersgruppen sind in den letzten Jahren auf ein erschreckendes Niveau gestiegen und werden sie für den Rest ihres Lebens zeichnen. Diese Krisen stellen unsere Gesellschaft vor die größten Zerreißproben der jüngeren Vergangenheit. Allerdings kann eine stärkere europäische Zusammenarbeit diese Krisen überwinden. Jetzt gilt es deshalb gemeinsam Brücken zu bauen, um die Abhängigkeit von russischer Energie aufzulösen, um soziale und wirtschaftliche Entlastungen für bedürftige Menschen in ganz Europa sicherzustellen und um den Klimawandel und die Migrationskrise nachhaltig zu bewältigen. Wir brauchen einen Reflex zur europäischen Einheit statt zum nationalen Eigensinn, denn gemeinsam können wir Sicherheit in einer Welt der Polykrisen garantieren.

Europäisches Wahlrecht verabschieden.

Für die Europawahl 2024 können hierfür die ersten Schritte genommen werden, die das institutionelle Fundament für diese verstärkte europäische Zusammenarbeit garantieren. Wenn die europäischen Bürger*innen über transnationale Listen Abgeordnete ins europäische Parlament wählen, wird die Europawahl zu einer echten Europawahl werden, in der gesamteuropäische Themen im Fokus der Wahlentscheidung stehen. Noch ist es nicht zu spät, ein neues europäisches Wahlrecht zu beschließen, das den transnationalen Charakter der Europawahl 2024 stärken wird. Darüber hinaus müssen die europäischen Parteienfamilien vor der Wahl erneut Spitzenkandidat*innen aufstellen und diese nach der Wahl endlich Kommissionspräsident*in werden, damit das Privileg zur Stimmabgabe bei der Europawahl echte Veränderungen herbeiführen kann, die von den Bürger*innen legitimiert sind.

Die EU erweitern.

Die vielfältigen Krisen betreffen nicht nur die Staaten innerhalb der EU. Nicht zuletzt die Ukraine, aber auch die Staaten des Westbalkans sowie Georgien und Moldawien sehen sich auch mit dem Krieg, wirtschaftlichen und sozialen Spannungen, Klimawandel und Migrationsbewegungen konfrontiert. Die EU muss die Beitrittsverhandlungen mit diesen Staaten energisch vorantreiben und leere Worthülsen ablegen. Ein Beitritt bis zur übernächsten Europawahl für diejenigen Staaten, die die Beitrittskriterien erfüllen, kann diese Blockade auflösen. Zu lange wurden einzelnen Staaten Bedingungen auferlegt, die nichts mit europäischen Werten der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu tun haben. Wir dürfen vor allem die jungen Menschen in diesen Staaten nicht enttäuschen und müssen sie als gleichwertige Teile der europäischen Familie anerkennen. Gleichzeitig darf die erneute Erweiterung der EU Bestrebungen der tiefgreifenden Integration nicht aufhalten, die wenn nötig auch nur mit einigen Mitgliedstaaten voranschreiten muss. Auch die neu geschaffene europäische politische Gemeinschaft darf Beitrittsbestrebungen von einzelnen europäischen Ländern nicht verhindern sondern muss einen zusätzlichen Mehrwert als breites europäisches Dialogforum liefern.

Jahr der Jugend nutzen.

Die Europäische Kommission hat das europäische Jahr der Jugend vor mehr als einem Jahr proklamiert – ohne einen konkreten Plan, geschweige denn eine Einbindung junger Menschen in den Entscheidungsprozess. Dieses Jahr der Jugend ist emblematisch für den Umgang von politischen Entscheidungsträger*innen mit der jungen Zivilgesellschaft: eine Beziehung auf Augenhöhe sieht anders aus. Gerade aus diesen Gründen hätte man das Jahr der Jugend für komplett gescheitert erklären können, bevor es überhaupt begonnen hatte. Aber noch können die europäischen Politiker*innen und insbesondere jene in den Mitgliedstaaten zum Ende des Jahres der Jugend die Forderungen junger Menschen ernst nehmen und einen Europäischen Verfassungskonvent einberufen. Dafür müssen sie jedoch zwingend junge Menschen und Vertreter*innen der jungen Zivilgesellschaft als gleichwertige Partner*innen in Entscheidungsprozessen beteiligen.

Europäischen Konvent erzwingen.

Die Staats- und Regierungschefs haben beim informellen Treffen des Europäischen Rats Anfang Oktober noch immer nicht auf das Bestreben des Europäischen Parlaments geantwortet, einen Konvent einzuberufen. Es gilt den Konvent nun durch noch stärkere Anstrengungen zu erzwingen, denn die Hoffnungen der Bürger*innen aus der Konferenz zur Zukunft Europas dürfen nicht unbeantwortet bleiben, wie es der Fünf-Praäsidenten Bericht 2015 und das Weißbuch über die Zukunft der EU 2017 geblieben sind. Es besteht ein Fenster der Möglichkeiten zur Einberufung eines Konvents, für den sich auch die Kommissionspräsidentin bei ihrer diesjährigen Rede zur Lage der Nation ausgesprochen hat. Der Europäische Rat steht damit zwischen den Institutionen isoliert da und wir fordern von der Bundesregierung, sich lautstark für die Einberufung eines Konvents auszusprechen. Mit skeptischen Mitgliedstaaten muss die Bundesregierung kreative Lösungen finden, wie ein Konvent einberufen werden kann. Denn insbesondere junge Menschen hatten noch nie die Möglichkeit, eine ambitionierte EU-Reform voranzutreiben, nachdem der letzte Anlauf Anfang der 2000er Jahre gescheitert war.

Die Zeit für eine EU Verfassung ist jetzt.

Wir werden uns mit nicht weniger als einer grundlegenden Neugestaltung der Europäischen Union zufriedengeben. Es gibt immer die Zögerer*innen, die aus Ideenlosigkeit, Gleichgültigkeit und Angst gegen Neuerungen stehen. Aber wenn in Zukunft gefragt wird, was wir getan haben, um unser Europa zu gestalten, werden wir sagen: Wir haben die Ideale europäischer Zusammenarbeit hochgehalten, auch wenn sie von unseren Politiker*innen zurückgelassen wurden. Das bedeutet für uns die klare Forderung: Die Zeit für eine EU-Verfassung ist jetzt!

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Neue EU-Digitalstrategie im Bereich Wirtschaft und Arbeit

Bundesausschuss, 12.03.22

Neue EU-Digitalstrategie im Bereich Wirtschaft und Arbeit

Beschluss im Wortlaut:

Die Prioritäten der Europäischen Kommission bis 2024 beinhalten eine Digitalstrategie, mit der das kommende Jahrzehnt zur “Digital Decade” ausgerufen wurde. Die JEF Deutschland begrüßt in diesem Zusammenhang das bisherige Zusammenarbeiten europäischer Digitalunternehmen, wie insbesondere im Projekt GAIA X, das die Schaffung einer europäischen Cloud nach DSGVO konformen Maßstäben zur Aufgabe hat. Auch positiv zu bewerten sind die jüngsten Bemühungen der EU zum einen für die Verabschiedung einer europäischen Richtlinie für nachhaltige und faire Bedingungen in Lieferketten,  zum anderen für eine stärkere Steuergerechtigkeit (insbesondere bezüglich großer Konzerne wie Google (Alphabet), Apple, Meta (Facebook) oder Amazon), sowie für fairere digitale Marktbedingungen im Hinblick auf die Monopolstellungen der internationalen Digitalkonzerne.

Der digitale europäische Markt hat sich in Gänze auf einige wenige Anbieter konzentriert. Dies lag zum einen daran, dass innereuropäische Digitalunternehmen in der Europäischen Union und darüber hinaus kaum internationalen Durchbruch erlangen konnten und zum anderen an einem unregulierten Markt, auf dem internationale Konzerne europäische Digitalunternehmen günstig übernehmen konnten. Dies hat nicht nur einen Brain-Drain ausgelöst, sondern auch einen Kapitalabfluss. Obwohl diese internationalen Konzerne überdurchschnittliche Gewinne im europäischen Binnenmarkt erwirtschaften, vermeiden sie systematisch, in Europa Steuern zu zahlen.

Dabei arbeiten insbesondere in der E-Commerce-Branche Menschen unter oftmals prekären Arbeitsbedingungen, zu ausbeuterischen Löhnen und in zweifelhaften Anstellungsverhältnissen. Die Arbeit von Betriebsräten und betrieblichen Versammlungen wird durch E-Commerce-Unternehmen teilweise sogar aktiv behindert. Die EU hat bisher kaum geeignete Regelungen gegen zweifelhafte Geschäftspraktiken internationaler Digitalunternehmen gefunden.

Onlinehändler wiederum sind durch Produkt-, Kontosperren und der Einbehaltung von Guthaben teilweise einer Willkür der E-Commerce-Plattformanbieter unterworfen. Durch den Onlineversandhandel steigt zudem die Zahl gesundheitsschädlicher Waren, die sich in Umlauf befinden. Infolgedessen sind mehr Beschäftigte in der Logistikbranche sowie die Bürger*innen gesundheitlich gefährdet .

Forderungen der JEF Deutschland:

  • Einführung eines stärkeren Schutzes bzw. höhere Strafen bei der Hinderung der Gründung und Betätigung von Betriebsräten sowie betrieblichen Versammlungen.
  • Eine Reform der gesetzlichen Bestimmung zur Aktiengesellschaftsform “Societas Europaea” (kurz SE) im Hinblick auf eine stärkere Mitbestimmung durch Arbeitnehmer*innen(-vertretungen).
  • Bessere Arbeitsbedingungen in E-Commerce-Unternehmen in Bezug auf Pausenzeiten, Erfassung und Verarbeitung von Mitarbeiterdaten (u. a. Beschäftigtendatenschutz), Bewertungssysteme und Videoüberwachung.
  • Eine verschärfte Regelung des Betreibens von E-Commerce-Plattformen zum Schutz der Onlinehändler in Bezug auf Datennutzung und -verarbeitung, sowie Plattformzugang und Plattformprovision.
  • Die Harmonisierung der europäischen Umsatzsteuern und eine umsatzbasierte Verteilung von Gewinnsteuern.
  • Eine EU-weite Angleichung der Steuersätze und die Einführung eines europaweiten Mindeststeuersatzes von 15 % für Großkonzerne.
  • Eine europaweite Aufstockung von Warenkontrollinstanzen, insbesondere Umweltbehörden und Zolleinheiten.
  • Die Verabschiedung von empfindlichen Strafen gegen das Einführen und Handeln mit gesundheitsschädlichen Waren auf EU-Ebene.
  • Mehr Transparenz in der Speicherung, Nutzung und Verarbeitung von europäischen Daten.
  • Für europäische Digitalunternehmen fordern wir mehr politische und finanzielle Unterstützung durch einen eigenen Europäischen Fonds.
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Der Umgang der EU mit China als Wirtschaftsmacht

Bundesausschuss, 04.12.21

Der Umgang der EU mit China als Wirtschaftsmacht

Beschluss im Wortlaut:

Im Jahr 2020 hat China erstmals die USA als größten Handelspartner der EU abgelöst. In fast allen exportorientierten Wirtschaftszweigen ist es unmöglich ohne China als Handelspartner auszukommen. Aus diesem Grund wurde jahrelang an einem Investitionsabkommen zwischen der EU und China gearbeitet. Nach der kürzlichen Verschlechterung der Beziehungen, unter anderem aufgrund chinesischer Sanktionen gegen Abgeordnete des Europäischen Parlaments, die sich gegen die Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in China ausgesprochen haben, liegt das Abkommen jedoch auf Eis.

Gleichzeitig baut der chinesische Staat seinen Einfluss auf dem europäischen Kontinent weiter aus. In seinem Projekt der “Neuen Seidenstraße“ finanziert China große Infrastrukturprojekte auch in EU-Staaten und bringt diese dabei in gefährliche Abhängigkeiten von chinesischen Kapitalgebern.

Für die EU ist es also wichtig eine Antwort auf die immer größere wirtschaftliche Bedeutung Chinas zu finden. Die JEF Deutschland befürwortet den Abbau von Handelshemmnissen und stärkeren wirtschaftlichen Austausch auch als Möglichkeit europäische Werte in anderen Ländern zu fördern. Das jüngste Verhalten Chinas wirft jedoch Zweifel an dessen Vertragstreue auf, weshalb ein Handelsabkommen “um jeden Preis” nicht wünschenswert ist. Europäische Werte dürfen nicht zu Verkauf stehen.

Daher fordert die JEF Deutschland:

  1. Die Knüpfung des Investitionsabkommens zwischen der EU und China an die Bedingungen:
    1. der Einhaltung menschen- und umweltrechtlicher Standards in China sowie der Wahrung von Arbeitnehmer*innenrechten in China
    2. die faire Behandlung europäischer Unternehmen in China
  2. Die verbindliche Einbeziehung von menschen-, umwelt- und arbeitsrechtlichen Standards und die Durchsetzung dieser Regelungen durch die Festlegung von konkreten Sanktionen. Diese sollen eine schnelle Handlungsfähigkeit der EU bei Verstößen Chinas ermöglichen.
  3. Eine klare Strategie der Europäischen Union bei der Bereitstellung finanzieller Mittel (insbesondere beim Wiederaufbau nach der Coronakrise), die eine Antwort auf chinesische Einflussnahme bei Infrastrukturprojekten in der EU darstellt. Das Ziel sollte der Aufbau bzw. Erhalt europäischer Kompetenzen insbesondere im Bereich der kritischen Infrastruktur (u.a. Strom- und Datennetze, Wasserversorgung etc.) sein.
  4. Gleichzeitig muss die EU, unter der Verpflichtung Chinas zur Einhaltung und tatsächlichen Durchsetzung der internationalen Menschenrechte, weiter eng mit China zusammenarbeiten. Insbesondere bei den Themen Klimaschutz und Gesundheitspolitik sind globale Lösungsansätze alternativlos.
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Kulturellen Genozid an uigurischer Minderheit Chinas stoppen

Bundesausschuss, 07.11.20

Kulturellen Genozid an uigurischer Minderheit Chinas stoppen

Beschluss im Wortlaut:

Die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland verurteilen den kulturellen Genozid an den Uigur*innen in China und setzen sich dafür ein, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten im vollständigen Rahmen ihrer Möglichkeiten auf eine Beendigung der Diskriminierung der Uigur*innen in China hinwirken.

Im November 2019 geleakte Akten belegen, wie umfassend Chinas Staatsgewalt die uigurische Minderheit insbesondere in der autonomen Provinz Xinjiang verfolgt und massenhaft diskriminiert. Die chinesische Regierung leugnet seither Lager und Repression gegen Uigur*innen in der chinesischen Volksrepublik. Dennoch legen Recherchen internationaler Medien und Rechercheverbünde nahe, dass Uigur*innen in großer Zahl ohne rechtsstaatliches Verfahren zu Umerziehungszwecken in Lagern interniert, misshandelt und zu Zwangsarbeit gezwungen werden. Darüber hinaus findet eine systematische Überwachung des Alltags der in der Provinz Xinjiang lebenden Uigur*innen statt.

Die Europäische Union trägt historische Verantwortung, sich kompromisslos für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit einzusetzen. Prinzipien, wie Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Menschenrechte und Minderheitenschutz stehen im Zentrum der europäischen Idee. Die EU als Wertegemeinschaft sollte diese Werte sowohl intern als auch extern verteidigen.

Durch enge wirtschaftliche Verflechtungen profitieren Mitgliedstaaten der EU und aus ihr stammende Unternehmen zudem von den politischen Bedingungen innerhalb Chinas.

Wir setzen uns bei politischen Vertreter*innen der Europäischen Union sowie ihrer Mitgliedstaaten dafür ein, auf die Beendigung der geschilderten Zustände in der Provinz Xinjiang hinzuwirken.

Wir fordern:

  • Eine Verordnung in der Wirtschaftsgesetzgebung, die eine mittelbare oder unmittelbare Beteiligung von EU-Firmen an Zwangsarbeit in China sanktioniert.
  • Ein Ersuchen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen durch die Mitgliedsstaaten der EU, um eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe in der Provinz Xinjiang einzuleiten.
  • Politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen Beteiligte am kulturellen Genozid in der Volksrepublik China.
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Eine europäische Wahl braucht einen europäischen Wahlzettel

Bundesausschuss, 07.11.2020

Eine europäische Wahl braucht einen europäischen Wahlzettel

Beschluss im Wortlaut:

Der Bundeskongress der JEF möge beschließen:

1) Dass der Bundesvorstand die Inhalte dieses Antrags innerhalb der Europa-Union Deutschland aktiv vorantreibt.

Inhaltlicher Teil:

Die JEF nimmt zur Kenntnis, dass das Europawahlgesetz in §9, Abs. 1, Satz 3 die folgende Regelung „Der Bezeichnung ihres Wahlvorschlages kann eine Partei den Namen und die Kurzbezeichnung ihres europäischen Zusammenschlusses […] anfügen.“ trifft.

Die JEF nimmt weiterhin zur Kenntnis, dass diese Regelung entsprechend auch in §32, Abs. 1, Ziffer 1 der Europawahlordnung wie folgt hinterlegt ist: „als Wahlvorschlag einer Partei den Namen der einreichenden Partei und, sofern sie eine Kurzbezeichnung verwendet, auch diese; die Partei kann den Namen und die Kurzbezeichnung ihres europäischen Zusammenschlusses anfügen;“.

Die JEF fordert, dass aus dieser Möglichkeit, den europäischen Zusammenschluss auf dem Wahlzettel aufzuführen, eine Pflicht gemacht wird und die oben genannten gesetzlichen Rahmenbedingungen dementsprechend angepasst werden müssen.

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Unserer Verantwortung gerecht werden – Für Menschenrechte und Umweltschutz entlang der Lieferketten

Bundesausschuss, 07.11.20

Unserer Verantwortung gerecht werden – Für Menschenrechte und Umweltschutz entlang der Lieferketten

Beschluss im Wortlaut:

Analyse

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben den Welthandel und die bisherige Handelspolitik in den vergangenen Monaten grundsätzlich in Frage gestellt. Dabei war zu beobachten, dass die europäische Wirtschaft in fragile, globale Wertschöpfungsketten eingebunden ist, die mittlerweile einen Großteil des globalen Handels ausmachen. Uns wurde schmerzhaft vor Augen geführt, dass die Europäische Union und unser Wohl von einem funktionierenden, globalen Handelssystem und krisenfesten Lieferketten abhängig sind. Gerade diese Lieferketten haben unseren Wohlstand generiert und Beschäftigung geschaffen. Dennoch müssen wir feststellen, dass eine auf Kostenminimierung und Effizienz reduzierte Globalisierung zu dramatischen Konsequenzen und Abhängigkeiten führen kann.

Als Junge Europäische Föderalist*innen stehen wir für eine solidarische, offene sowie nachhaltige Welt, die wir vorantreiben und mitgestalten wollen. In diesem Sinne möchten wir an dieser Stelle erneut unseren Beschluss “Vorurteile abbauen – für eine faire Handelspolitik” vom 64. Bundeskongress in Bremen bekräftigen und darauf aufbauend weitere Forderungen stellen!

Die Europäische Union ist eine Wertegemeinschaft

Die gemeinsamen Werte und Ziele der Europäischen Union sind vertraglich festgeschrieben. Sie stehen in der Präambel sowie in den Artikeln 2 und 3 des Vertrages über die Europäische Union. Hervorzuheben sind an dieser Stelle vor allem die Achtung der Menschenwürde und die Wahrung der Menschenrechte; die Solidarität zwischen den Völkern; die Förderung von Frieden, Sicherheit, Fortschritt und globaler nachhaltiger Entwicklung in Europa und in der Welt. Die EU ist in ihren Außenbeziehungen Demokratie und Menschenrechten verpflichtet. Ziel der EU ist es, in allen Politikbereichen und Programmen die Einhaltung von Menschenrechten zu berücksichtigen. Darüber hinaus verpflichten die Gründungsprinzipien die EU explizit dazu, wirtschaftlichen und sozialen Rechten die gleiche Bedeutung beizumessen wie bürgerlichen und politischen Rechten.

Die Europäische Union ist einer der größten Wirtschaftsräume der Welt. Europäische Unternehmen haben einen großen Einfluss auf die globale Produktion von Waren sowie die Erbringung von Dienstleistungen. Als Wertegemeinschaft ist die Europäische Union eben mehr als eine bloße Wirtschaftsunion mit gemeinsamem Binnenmarkt. In diesem Sinne sind die gemeinsamen Werte und Ziele der EU auch richtungsweisend für die geltenden Mindeststandards des Binnenmarktes, wodurch Arbeitnehmer*innen sowie die Umwelt effektiv geschützt werden können.

Da mit diesem Einfluss auch Verantwortung einhergeht, muss die EU diese Verantwortung endlich auch für ihre globalen Lieferketten übernehmen. Denn die geltenden Grundwerte gehen weiter als bis an den Rand der EU, sie können nicht plötzlich an den eigenen Grenzen enden. Sie müssen mit den Außenbeziehungen der Europäischen Union einhergehen und auch entlang der Lieferketten Berücksichtigung finden!

Europäisches Lieferkettengesetz als Lösung

Ein europäisches Lieferkettengesetz ist eine passende Antwort auf die aktuellen Herausforderungen, da es im Einklang mit den 2015 von allen UN-Mitgliedstaaten angenommenen “Globalen Ziele für Nachhaltige Entwicklung” (SDG) stehen würde. Die insgesamt 17 festgeschriebenen Ziele, die bis 2030 in allen Ländern umgesetzt werden sollen, fordern von Unternehmen eine nachhaltigere Gestaltung ihrer Wertschöpfungsketten. Hierzu hat die EU-Kommission bereits am 24. Februar 2020 im Rahmen einer Studie feststellen lassen, dass Menschenrechte und ökologische Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten durch eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreichend eingehalten werden. Auch eine durch die Bundesregierung durchgeführte Umfrage mit 450 deutschen Unternehmen hat ergeben, dass lediglich 17 Prozent der Teilnehmenden ihren unternehmerischen Sorgfaltspflichten nachgekommen sind.

Was es bedeutet, keine verbindlichen Regelungen in diesem Bereich zu haben, zeigen zahlreiche Beispiele von Menschenrechtsverletzungen, an denen deutsche Unternehmen beteiligt sind. Einige davon, wie z.B. Brände in Textilfabriken in Bangladesch, Massenentlassungen in Pakistan durch Corona-bedingte-Stornierungen oder Exporte giftiger Pestizide nach Indien, sind ans Licht der Öffentlichkeit gekommen, wohingegen die allermeisten Vorfälle im Verborgenen bleiben. Zur Realität vieler Beschäftigter am unteren Ende der Lieferkette im Globalen Süden gehören unfaire Löhne, Ausbeutung, Kinderarbeit, sexualisierte Gewalt, fehlende soziale Sicherungssysteme, Beschränkungen der Gewerkschaftsrechte oder mangelhafte Feuer- sowie Gebäudesicherheit am Arbeitsstandort.

Diese Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit von gemeinsamen Standards und klaren Vorgaben, um juristische Grauzonen, anhaltende Ausbeutung von Beschäftigten sowie eine fortschreitende Zerstörung der Umwelt zu vermeiden. Das Lieferkettengesetz ist daher ein entscheidender Faktor dafür, die Globalisierung nachhaltiger, solidarischer und gerechter zu gestalten!

Forderungen

Dies vorausgeschickt, fordern wir – als Junge Europäische Föderalist*innen –, dass europäische Unternehmen umfassende Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten zu erfüllen haben. Freiwillige Selbstverpflichtungen der betroffenen Unternehmen haben in der Vergangenheit – wie oben dargestellt – keine zufriedenstellende Wirkung gezeigt.

Es bedarf dazu einer einheitlichen Regelung im gemeinsamen Binnenmarkt, damit keine Standortvorteile sowie mögliche Wettbewerbsverzerrungen entstehen und um Transparenz für die Konsument*innen sowie Endverbraucher*innen herzustellen.

Wir fordern daher die deutsche Bundesregierung – während ihrer EU-Ratspräsidentschaft – sowie alle EU-Institutionen dazu auf, den Erlass einer neuen Verordnung für die Einhaltung von Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten voranzutreiben. Alle Unternehmen, die Ihren Sitz in der Europäischen Union haben, sollen hierin verpflichtet werden, folgende umfangreiche Sorgfaltspflichten wahrzunehmen und einzuhalten:

  • Missstände in Ihren Lieferketten zu identifizieren
  • aus der Verordnung resultierende Pflichtverletzungen abzustellen und deren Umsetzung nachzuverfolgen
  • in ihrer Außenkommunikation sowohl ihre Lieferketten offenzulegen, als auch die Umsetzungen ihrer Sorgfaltspflichten transparent zu kommunizieren

Die neue Verordnung soll folgende Schutzbereiche abdecken:

Menschenrechte

  • Unternehmen sollen Menschenrechte achten und schützen (insbesondere Kinderrechte, Schutzpflichten gegenüber Arbeitnehmer*innen, die Rechte indigener Völker)
  • Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist hierbei die anzuwendende Grundlage
  • Ein besonderer Fokus muss auf der Förderung von Geschlechtergerechtigkeit liegen. Dies umfasst den Schutz vor sexualisierter und geschlechtsbasierter Gewalt, die Gewährleistung von sexuellen und reproduktiven Rechten und geschlechtsspezifische Risiko- und Folgeabschätzungen aller unternehmerischen Tätigkeiten.

Umwelt und Klima

  • Unternehmen sollen im Umgang mit der Umwelt das Vorsorgeprinzip beachten
  • Unternehmen sollen die Initiative ergreifen, um ein umfassendes Verständnis von Umwelt- und Klimaschutz zu fördern
  • Die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien soll gefördert werden
  • Unternehmen sollen so weit es möglich ist auf klimaneutrale Energiequellen setzen
  • Das Pariser Klimaabkommen und die SDGs (Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen) sind als ökologische Leitlinien in die Sorgfaltspflichten mit einzubeziehen

Sozialstandards

  • Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen wahren
  • Unternehmen sollen sich an ein für das jeweilige Produktionsland existenzsicherndes und faires Lohnniveau halten sowie Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern gewährleisten.
  • Es sollen soziale Sicherungssysteme gefördert werden
  • Als Richtschnur sind an dieser Stelle die internationalen Arbeitsstandards heranzuziehen

Um einen effektiven Schutz zu gewährleisten, muss die Verordnung auch verpflichtende Durchsetzungsmechanismen enthalten.

Die Durchsetzung soll zum einen durch nationale Behörden erfolgen, die über die notwendigen Kapazitäten und Befugnisse verfügen. Mithilfe eines Sanktionsmechanismus sollen die Unternehmen zur Einhaltung ihrer Due-Diligence-Verpflichtungen gezwungen werden. Eventuell zu erhebende Bußgelder bemessen sich am weltweiten Umsatz der verpflichteten Unternehmen.

Zum anderen müssen auch die Schäden von individuellen Personen ausgeglichen werden. Deshalb sollen für die Geschädigten aus Drittstaaten effektive Klagemöglichkeiten vor den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten eingerichtet werden, damit diese ihre Schäden gegenüber den europäischen Unternehmen, die dafür verantwortlich gemacht werden sollen, geltend machen könne. Die Geschädigten sollen zudem durch Informationen und weitere Hilfestellungen in die Lage versetzt werden, ihre Rechte durchsetzen zu können.

 

 

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Für eine Stärkung der Europäischen Bürgerinitiative

Bundesausschuss, 07.11.20

Für eine Stärkung der Europäischen Bürgerinitiative

Beschluss im Wortlaut:

Die JEF setzt sich für mehr grenzübergreifende demokratiefördernde Maßnahmen in der EU ein. Im Rahmen dieser Zielsetzung begrüßen wir das durch den Vertrag von Lissabon eingeführte System der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) als wichtiges Werkzeug der politischen Teilhabe für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union. Wir möchten dieses Werkzeug jedoch stärken und verbessern. Daher fordern wir folgende Veränderungen:

  • Die Altersbeschränkung für das Gründen und Unterzeichnen einer Bürgerinitiative soll einheitlich in allen EU-Staaten auf 16 Jahre gesenkt werden.
  • Die digitale Präsenz der EBI muss gestärkt werden. Die Online-Plattform muss überarbeitet, modernisiert und um eine grenzübergreifende Kommunikations- und Austauschplattform ergänzt werden. Ferner muss die Beteiligung an und das Unterzeichnen einer solchen Petition auch über eine offizielle App möglich gemacht werden.
  • Es muss ein Weg geschaffen werden, der eine Initiative zur Veränderung der EU-Verträge durch eine EBI ermöglicht. Hierfür muss ein separates Verfahren eingerichtet werden, bei dem die EBI direkt an den Europäischen Rat weitergeleitet wird, welcher sich damit befassen und bei Zustimmung, das formelle Vertragsänderungsverfahren in Gang setzen muss. Die verpflichtende Beratung in der Europäischen Kommission und die Anhörung im EU-Parlament bleiben hiervon unberührt und müssen auch bei solchen Anliegen durchgeführt werden.
  • Die Zulässigkeitsprüfung der Kommission über jede EBI soll weiterhin bestehen, jedoch soll die Kommission eine EBI lediglich aus formalen Gründen ablehnen dürfen. Die politische, bindende Entscheidung über eine Bürgerinitiative muss dem Parlament und dem Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens obliegen.
  • Die EU soll durch ein entsprechendes Gremium prüfen, ob sich das Abstimmungsverfahren EU-weit vereinheitlichen und vereinfachen lässt, so dass beispielsweise auf die Kontrolle von Passnummern verzichtet wird.
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Forderungen zur EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands 2020

Forderungen der JEF und Europa-Union Deutschland zur EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands 2020

Gemeinsamer Bundesausschuss am 30. November 2019

Beschluss im Wortlaut:


Forderungen der JEF und Europa-Union Deutschland zur EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands 2020

Im zweiten Halbjahr 2020 übernimmt Deutschland turnusgemäß die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union. Die Europa-Union Deutschland und die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland fordern die Bundesregierung auf, diese Gelegenheit zu nutzen, um für die Zukunft Europas entscheidende Themen voranzubringen.

Leitgedanke soll dabei sein, die Einheit Europas zu wahren und zugleich die europäische Integration durch mutige Schritte und notfalls verschiedene Geschwindigkeiten der Integration voranzubringen.

Hierzu gehören grundlegende Reformen in der Art der Zusammenarbeit der Europäischen Institutionen, die im Rahmen der Verträge möglich sind:

  • Transparenz der Gesetzgebung durch öffentliche Sitzungen der Räte, wenn sie gesetzgeberisch tätig werden
  • Vor-und Nachbereitung aller Ratssitzungen in Brüssel in den entsprechenden Ausschüssen des Bundestages mit einer klaren Mandatierung der zuständigen Minister
  • Unterstützung der Forderung der neu gewählten Präsidentin der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments nach einer Beibehaltung bzw. Stärkung des Spitzenkandidatenprinzips durch eine Reform der EU-Verordnung 1141/2014. Ziel dieser Reform muss insbesondere die Stärkung einer europäischen Parteiendemokratie mit echten transnationalen Parteien statt eines losen Zusammenschlusses nationaler Parteien sein.
  • Unterstützung der Initiative des Europäischen Parlaments zur Einführung eines einheitlichen europäischen Wahlrechts, das die verschiedenen nationalen Regelungen ersetzt
  • Schrittweise Einführung von Mehrheitsentscheidungen in Fragen der Außen-und Sicherheitspolitik.

Die deutsche Ratspräsidentschaft sollte neben obigen Reformen, auch schon im Vorfeld der Ratspräsidentschaft, in folgenden Politikfeldern Schwerpunkte setzen:

  • Unterstützung der Initiativeder neu gewählten Präsidentin der Europäischen Kommission für eine Konferenz zur Zukunft Europas, insbesondere unter verstärkter Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft. Die Europa-Union Deutschland und die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland stehen bereit, sich als Stimme der pro-europäischen Bürgergesellschaft aktiv in diesen Prozess einzubringen.
  • Aufstockung der nationalen Beiträge zum Mehrjährigen Finanzrahmen auf mindestens 1,3 % des BIP, einhergehend mit dessen Ausrichtung an gesamteuropäischen Prioritäten; d.h. eine Schwerpunktsetzung für Investitionen in Forschung und Entwicklung, Infrastruktur, Klimaschutz und Nachhaltigkeit sowie in Bildung und die Angleichung der Lebensverhältnisse
  • Bekämpfung von Fluchtursachen durch eine aktive Afrika-und Nahostpolitik sowie gemeinsames Handeln in der Entwicklungszusammenarbeit
  • Nachhaltige Reform der europäischen Asyl-und Migrationspolitik inklusive der Regeln des Dublin-Systems, um Grenzkontrollen an europäischen Binnengrenzen dauerhaft zu vermeiden. Dazu gehört auch die Wahrnehmung des Schutzes der EU-Außengrenzen als europäische Gemeinschaftsaufgabe, nicht zuletzt, um eine einheitliche Rechtsanwendung und effektiven Grenzschutz sicherzustellen.
  • Vollendung der Wirtschafts-und Währungsunion;hierzu gehören zeitgemäße Regelungen in der Digitalpolitik ebenso wie die Vollendung der Bankenunionsowiedie Aufwertung der sozialen Säule als elementarer Teil einer sozialen Marktwirtschaft.
  • Stärkung der internationalen Rolle der Europäischen Union.

Diese Themen sollten auch in die – wahrscheinlich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft stattfindende – Konferenz zur Zukunft Europas eingebracht werden; hierbei sollten Vertragsänderungen nicht ausgeschlossen werden.

Forderungen zur EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands 2020
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Europäischen Mindestlohn einführen!

Bundesausschuss, 30.11.19

Europäischen Mindestlohn einführen!

Beschluss im Wortlaut:

Die Frage des sozialen Zusammenhaltes in Europa ist in Zeiten wachsender Ungleichheiten eines der zentralen Themen unseres Zusammenlebens in der Europäischen Union. Wir als Junge Europäische Föderalisten Deutschland bekennen uns dabei klar zu der Notwendigkeit einer verstärkten Integration auch im Bereich der Sozialpolitik, die bislang fast ausschließlich von den Nationalstaaten bestimmt wird. Diese Position verdeutlicht sich in unserer bestehenden Beschlusslage zu “Mehr Verbindlichkeit der Europäischen Säule Sozialer Rechte” vom 13.10.2018.

Die wirtschaftliche Integration Europas ist eine Erfolgsgeschichte, die dem Kontinent wachsenden Wohlstand gebracht hat. Der Aufbau eines gemeinsamen (Arbeits-)Marktes ging allerdings nicht einher mit dem Aufbau gemeinsamer Arbeitnehmer*innenrechte – obgleich Arbeitnehmer*innen einen wichtigen und unabdingbaren Teil jedes wirtschaftlichen Wachstums darstellen.

Ihre Rechte sollten daher selbstverständlicher Teil des gemeinsamen Binnenmarktes in der EU sein. Die Europäische Säule Sozialer Rechte gemäß Artikel 151 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist ein Schritt in diese Richtung, dem allerdings nach wie vor die Verbindlichkeit sowie konkrete Ausgestaltung fehlt.

Leider müssen wir auch nach wie vor feststellen, dass wir von einer Angleichung der Lebensverhältnisse, die eines der zentralen Ziele europäischer Integration darstellt, weit entfernt sind. Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, alle Mitgliedsstaaten der EU in sozialen Fragen gleich zu behandeln. Die Wirtschaftskraft, das Lohnniveau oder die Lebenshaltungskosten sind innerhalb der Europäischen Union teils sehr unterschiedlich.

Allerdings muss klar gemacht werden, dass Lohndumping auf dem Rücken der Arbeitnehmer*innen kein legitimes Mittel zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen ist. Das gilt sowohl innerhalb der Staaten als auch bei grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistungen. In jedem Mitgliedsstaat der EU muss daher ein Mindestmaß an sozialer Absicherung von Arbeitnehmer*innen gegeben sein. Da in etlichen europäischen Staaten die Tarifdeckungsraten rückläufig sind und der gewerkschaftliche Organisationsgrad abnimmt, ist hier eine gesetzgeberische Regelung notwendig.

Zahlreiche europäische Staaten besitzen bereits einen nationalen Mindestlohn. 22 der aktuell 28 Mitgliedsstaaten haben eine solche Regelung. Allerdings sind diese Mindestlöhne oftmals nur symbolische Akte und tragen nicht zu fairer und menschenwürdiger Bezahlung bei.

Die JEF Deutschland fordert daher

  1. Die Einführung eines ausreichend hohen Mindestlohns in allen Mitgliedstaaten.
  2. Eine Änderung der Verträge dahingehend, dass die Union in Fragen der Arbeitsentgelte eine geteilte Zuständigkeit gemäß Artikel 2 Absatz 2 AEUV erhält.
  3. Eine konsequente Umsetzung der ab 2020 geltenden, modernisierten Entsenderichtlinie, damit gleicher Lohn am gleichen Ort für gleiche Arbeit unabhängig von der nationalen Staatsbürgerschaft des*r Arbeitnehmers*in gilt. Es gilt bei grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistungen entsprechend stets der Mindestlohn des Aufnahmelandes.
  4. Einen Sanktionsmechanismus seitens der Europäischen Kommission bei Nichteinhaltung der in den Punkten 1 und 3 genannten Regelungen im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens der Artikel 258-260 AEUV sowie eine Einklagbarkeit dieser Rechte für Arbeitnehmer*innen.
BundessekretariatEuropäischen Mindestlohn einführen!
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Steuerflucht und Steuervermeidung europäisch bekämpfen

65. Bundeskongress in Halle (Saale), 13.10.18

Steuerflucht und Steuervermeidung europäisch bekämpfen

Beschluss im Wortlaut:

Wir fordern, dass:

  1. die EU ihre Wirtschaftsbeziehungen zu Staaten, die als Steueroasen auf der schwarzen Liste der EU aufgeführt sind, gegebenenfalls neu einordnet, beschränkt oder anderweitig ändert,
  2. Mitgliedstaaten der EU mit Handelsabkommen, die solche Steuervermeidungen begünstigen, angehalten werden sollen, diese so anzupassen, dass der unrechtmäßige Abfluss von versteuertem und nicht-versteuerten Kapital erschwert wird,
  3. durch die Europäische Kommission und das Europäische Parlament Druck auf Mitgliedstaaten der EU ausgeübt wird, ihre Steuergesetze so zu gestalten, dass „Steuertourismus“ innerhalb Europas nicht mehr möglich ist,
  4. ein öffentliches „Country-by-Country-Reporting“ eingeführt wird, in dem Unternehmen, welche in ihren Heimatländern zur Offenlegung ihrer Bilanz verpflichtet sind, offenlegen, in welchen Ländern sie aktiv sind und wie viel Umsatz, Gewinne und Steuern in dem jeweiligen Land anfallen,
  5. es eine EU-weite, einheitliche effektive Mindestbesteuerung für Unternehmen gibt sowie, dass steuerrechtliche Ausnahmeregelungen in Überseegebieten und autonome Territorien abgeschafft werden,
  6. die Mitgliedstaaten der EU im Rahmen der OECD eine kohärente Strategie und einheitliche Haltung mit Blick auf den globalen steuerrechtlichen Umgang mit konzerninternen Verrechnungspreisen verfolgen und darauf hinwirken, dass staatliche Doppelbesteuerungen ebenso minimiert werden, wie privates „Base Erasing and Profit Shifting“ (BEPS),
  7. falls ein Mitgliedstaat der EU seine hoheitliche Pflicht, Unternehmensgewinne gemäß der festgelegten Mindestbesteuerung für Unternehmen einzuziehen, nicht erfüllt, das Besteuerungsrecht für diesen Fall auf die EU übergehen soll. Die Unternehmen werden in diesem Zuge auch darauf verpflichtet nachzuweisen, ob sie ihre Gewinnsteuern im jeweiligen Mitgliedsland entrichtet haben.
Steuerflucht und Steuervermeidung europäisch bekämpfen
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