Hoffnung entfachen, damit Europa Zukunft hat

Bundeskongress, 20.10.2023 – 22.10.2023

Hoffnung entfachen, damit Europa Zukunft hat

Beschluss im Wortlaut:

Europa hat die Wahl. In wenigen Monaten entscheiden die Bürger:innen der EU über die Zusammensetzung des nächsten Europäischen Parlaments. Eine Wahl, die wie keine andere zuvor von einer Vielzahl von Krisen begleitet ist. In ganz Europa gewinnen rechte Kräfte an Macht, die Inflation treibt viele und insbesondere junge Menschen in existentielle Nöte, die Folgen der Klimakatastrophe sind spürbarer denn je und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der eine Zäsur unserer europäischen Sicherheitsordnung darstellt, wird weiterhin mit menschenverachtender Grausamkeit geführt.

Als sei diese Situation nicht schon ausreichend herausfordernd für junge Menschen, hat die deutsche Bundesregierung angekündigt den Kinder- und Jugendplan, dem Hauptfinanzierungsmittel für den Jugendverbandssektor um knapp 20% zu kürzen. Ein harter Schlag, nicht nur für das tatsächliche Engagement von Jugendverbänden, sondern auch für alle, die sich für eine widerstandsfähige und nachhaltige Demokratie einsetzen. Ganz konkret bedeuten diese Kürzungen, dass das Ehrenamt geschwächt, hauptamtliche Stellen gekürzt werden müssen und dadurch viele sehr greifbare Angebote für Kinder und Jugendliche faktisch nicht mehr oder nur noch in einem stark begrenzten Rahmen stattfinden können. Entfaltungsräume für junge Menschen, internationale Begegnungen, Austausche und Bildungsangebote werden wegfallen oder nur eingeschränkt möglich bleiben. Schon seit Jahren beobachten wir, dass Jugend strukturell zu wenig gefördert wird. Ohne diese Entfaltungsmöglichkeiten fehlt es jungen Menschen an essentiellen Erfahrungen, die maßgeblich für ein demokratisches Verständnis und europäisches Zusammenleben sind. Besonders mit Blick auf den Rechtsruck in Deutschland bedeutet die Kürzung der KJP-Mittel eine bewusste Schwächung der Demokratie und der demokratischen Prinzipien einer freien Entfaltung. Auch ein Jahr nach dem “Europäischen Jahr der Jugend” wird Jugend zwar als Aushängeschild für die Zukunft gehandelt, aber gleichzeitig auf allen Ebenen geschwächt. Dieser Entwicklung stellen wir uns – Schulter an Schulter mit anderen Jugendverbänden in Deutschland und Europa – entschieden entgegen. Die Zukunft braucht Demokratie – braucht Jugend – braucht Förderung. Wird letzteres geschwächt, fällt der erste Stein einer Dominokette, an deren Ende nicht weniger als unsere Zukunft in einem geeinten, friedlichen und demokratischen Europa steht. Die nächste Europawahl ist daher von besonderer Bedeutung für unsere Generation. Denn hier geht es nicht nur um die Art und Weise unseres Zusammenlebens als Gesellschaft, sondern auch, wie wir unsere Zukunft gestalten und in welchem Europa wir zukünftig leben wollen.

Eine der aktuellen Hauptbedrohungen ist der Angriff auf die Demokratie durch immer stärker werdende rechtsextreme und antidemokratische Kräfte, die vermehrt Zuspruch aus den europäischen Gesellschaften erhalten. Nicht nur, aber gerade auch in Deutschland. Wenn in Umfragen eine Partei zweitstärkste Kraft ist, deren Spitzenkandidat Maximilian Krah ein offenkundiger Faschist ist, der den Taliban seinen Respekt ausdrückt, weil diese Kabul im Pride Month erobert haben, und sich offen mit Putins Angriffskrieg solidarisiert, ist es an uns, der demokratischen Zivilgesellschaft, diese Entwicklungen nicht einfach ohnmächtig hinzunehmen. Im Gegenteil! Wir müssen aktiv werden. Denn nur in einem demokratischen System, das unsere Rechte und Freiheiten schützt, können wir Europa formen.

Als Föderalist:innen blicken wir auf eine Verbandsgeschichte zurück, die ihren Ursprung im Widerstand gegen das faschistische Regime in Italien fand. In einer Situation, die wir heute als die dunkelste Stunde Europas bezeichnen, fanden Europäer:innen den Mut, einen Gegenentwurf zu der damaligen Realität aufzustellen – und waren damit erfolgreich. Sie hatten Hoffnung. Hoffnung, dass ein Europa in Frieden möglich ist, Hoffnung, dass Einendes über Trennendes siegt und Hoffnung, dass Krisen überwunden werden können. Diese Hoffnung gilt es heute wiederzufinden. Denn auch wenn wir anderen Krisen gegenüberstehen, so ist es doch an uns, Europa und die europäische Idee immer wieder neu als Gegenentwurf zu den Herausforderungen unserer Zeit zu denken, die föderalistische europäische Idee immer wieder neu zu interpretieren und weiterzudenken. Als überzeugte Europäer:innen wissen wir, diese Hoffnung liegt in einem vereinten Europa. #EurHope ist daher unsere Antwort auf die Krisen unserer Zeit.

Denn seit den 1940er Jahren hat sich viel verändert. Viele der damaligen Forderungen konnten umgesetzt werden. Wir leben in einem Europa, das einen gemeinsamen Binnenmarkt, verlässlichen Standards in vielen Bereichen, Freizügigkeit und regen kulturellen Austausch hat. Dennoch merken wir, dass sich seit dem Vertrag von Lissabon kaum etwas verändert hat. Es fehlt die Innovation, das Weiterdenken. Die aktuellen Verträge geben keine Antwort auf die bevorstehende Erweiterung, obwohl die Menschen auf dem Westbalkan, in der Ukraine, in Moldau und Georgien hoffnungsvoll auf eine Mitgliedschaft in der EU schauen. Europa stagniert. Und genau dieses Gefühl haben besonders junge Menschen. Europa bleibt hinter seinen Versprechungen zurück. Insbesondere in den Ländern, die sich seit Jahren im Integrationsprozess befinden, droht die Hoffnung auf einen EU-Beitritt allmählich in Frustration umzuschlagen. Es bleibt die Erkenntnis, dass die EU unvollendet ist und angesichts der aktuellen Herausforderungen machtlos erscheint. Wir sind es ihnen daher schuldig, weiter zu gehen und Europa immer wieder neu zu definieren, um gemeinsam eine europäische Zukunft bauen zu können .

Im Jahr 2023 sieht sich der europäische Kontinent mit alten und neuen Herausforderungen konfrontiert.

[1] Die Klimakatastrophe ist kein neues Phänomen und doch haben sich in diesem Jahr in bisher nicht dagewesener Form die absehbaren Folgen der menschengemachten Erderwärmung gezeigt: Waldbrände, Überflutungen und Ernteausfälle sind keine Seltenheit mehr.

[2] Die Reformunfähigkeit der EU in der Asyl- und Migrationspolitik ist ebenfalls kein neues Phänomen. Erschreckend ist aber, dass die Mitgliedstaaten der EU in diesem Jahr eine Reform beschlossen haben, die mit den europäischen Werten bricht. Tausenden Geflüchteten an den EU-Außengrenzen, die dort in menschenunwürdigen Auffanglagern isoliert werden, wird somit das Recht auf individuelle Prüfung von Asylanträgen verwehrt. Ein Verstoß gegen eines der fundamentalen Menschenrechte. Stattdessen schließt die Europäische Kommission im Alleingang Deals mit autoritären Staaten wie Tunesien, einem Land, das Menschen auf der Flucht ohne Wasser und Nahrung in der Wüste aussetzt und bereits in der Vergangenheit immer wieder durch illegale Pushbacks im Mittelmeer auffällig wurde.

[3] Die langwierigen und teilweise ausgebremsten Erweiterungsprozesse in den Ländern der östlichen Partnerschaft und des Westbalkans gefährden die pro-europäische Haltung der Menschen in diesen Ländern und werden ihren Anstrengungen für einen EU-Beitritt nicht gerecht. Schlimmstenfalls hat dies eine Abkehr von der EU und eine Hinwendung an Staaten wie Russland oder China zur Folge, die bereits jetzt versuchen, die Enttäuschung über die langwierigen Prozesse für sich zu nutzen.

[4] Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird seit 2014 mit menschenverachtender Brutalität geführt. Die Ukraine wurde zunehmend in die Lage versetzt, Gebiete zu verteidigen und zurückzuerobern. Die Zerstörung von Dörfern und Städten, die Plünderung von ukrainischem Besitz und Kulturgut, die Verschleppungen von Kindern, die Vergewaltigung von Frauen und die Ermordung von ukrainischen Zivilist:innen zeigen, dass mit Putin kein Frieden verhandelt werden kann. Auch seine Unterstützung des Systems in Belarus, wo Maryja Kalesnikawa, Maxim Znak, Ales Bjaljazki und tausende weitere Menschen wegen ihres Traumes von einem Leben in Freiheit und Selbstbestimmung mit Gefängnis, Folter und vielleicht sogar den Tod erleiden müssen, zeigt den Charakter des Putinschen Systems und die Notwendigkeit seines Endes.

[5] Knapp 52 Jahre nach der Einführung der Direktwahl des Europäischen Parlaments leidet die EU weiterhin unter einem massiven Demokratiedefizit. Solange die nationalen Interessen der Mitgliedstaaten vor denen der europäischen Bürger:innen stehen und einzelne Mitgliedstaaten ein Vetorecht besitzen und die ganze EU dadurch lahmlegen können, solange Institutionen wie die Europäische Kommission sich stärker dem Willen nationaler Regierungen verpflichtet fühlt und das Europäische Parlament kein Initiativrecht besitzt, solange kann die Europäische Gemeinschaft nicht vollends zusammenwachsen.

Ohne Hoffnung, keine Zukunft.

Gegen die widrigen Umstände, gegen unsere Angst, setzen wir daher Hoffnung. Denn Hoffnung, so der Friedensnobelpreisträger Vaclav Havel, ist nicht der naive Glaube, dass morgen alles besser wird, sondern das Wissen, dass es etwas gibt, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Sie ist die Überwindung unserer Angst. Und was an ihre Stelle treten soll, ist für uns klar: Unsere Hoffnung ist ein Europa, das Schritt halten kann mit den Veränderungen dieser Welt, ein Europa, das Zukunft schafft.

Deshalb wollen wir jetzt, im Jahr vor den entscheidenden Wahlen auf unserem Kontinent, angesichts der vielen Kräfte, die versuchen, negative Gefühle zu schüren und Spaltungen zu forcieren, einen Gegenentwurf anbieten. Einen Gegenentwurf, der den Menschen in Europa einen anderen Weg in die Zukunft aufzeigt, einen konkreten Weg zur Umgestaltung und Wiederbelebung Europas und seiner Demokratie.

Ein Weg, der damit beginnt, denjenigen zuzuhören, die die Last der Zukunft auf ihren Schultern tragen werden: der Jugend Europas. Im Zeitalter der sozialen Medien sind junge Menschen in besonderem Maße der Desinformation ausgesetzt und wurden von den jüngsten Ereignissen wie Pandemie, Krieg, Inflation und Klimaangst stark beeinflusst. Unser Ziel ist es, den positiven und inklusiven Dialog zwischen jungen Menschen zu stärken, über Grenzen und Sprachbarrieren und soziale Hintergründe hinweg – in all ihrer Vielfalt. Wir werden die politische Debatte wieder auf die Prioritäten der jungen Menschen ausrichten, um ihr Vertrauen wiederherzustellen. Und auch, um mehr Eigenverantwortung zu schaffen und ihre Prioritäten für die Zukunft Europas in den Mittelpunkt unserer Kampagne 2024 zu stellen. Das Spielen mit der Angst und die bewusste Spaltung der Gesellschaft durch rechte Kräfte wollen wir durch eine “Agenda der Hoffnung” ersetzen.

Auf diese Weise werden Europa und Hoffnung wieder denselben Klang haben: EurHope. Heute rufen wir alle jungen Bürger:innen, alle Mitglieder der Zivilgesellschaft, alle Mitgliedstaaten, Städte und Regionen und alle engagierten Organisationen auf, sich dieser Idee der Hoffnung anzuschließen!

Wir rufen dazu auf, Hoffnungsträger:innen zu sein und gemeinsam Hoffnung zu entfachen.

[5] #EurHope für Demokratie: Die Forderung nach einer echten europäischen Demokratie ist kein bloßes Wunschdenken, sondern eine klare Notwendigkeit für ein zukunftsfähiges Europa. Die EU muss endlich entschiedene Schritte zu einer Demokratiereform der Institutionen einleiten. Dazu gehören unter anderem die Einführung eines europäischen Wahlrechts, die Schaffung eines europaweiten Wahlkreises zur Formalisierung des Spitzenkandidatenprinzips, die Einführung des Initiativrechts für das Europäische Parlament sowie die Ersetzung des Einstimmingkeitsprinzips durch Mehrheitsentscheidungen im Rat.

[4] #EurHope für Frieden und Freiheit: Die Europäische Union muss endlich entschlossen zusammenstehen und eine eigenständige, gemeinsame Verteidigungspolitik begründen, nicht als Konkurrenz zur NATO, sondern im Zusammenspiel mit den Verbündeten. Ohne eigenständige europäische Streitkräfte kann die EU nicht mehr glaubwürdig als Garant für Frieden in Europa auftreten. Wir befürworten zudem das Verfolgen von Ansätzen des Konzepts der Feministischen Außenpolitik für die Europäische Union, da dieses die Grundwerte der EU in sich vereint.

[3] #EurHope für Erweiterung: In Anbetracht der möglicherweise jahrzehntelangen Beitrittsprozesse mit Ländern der östlichen Partnerschaft und dem Westbalkan ist es notwendig, dass Beitrittskandidaten bereits vor der Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union eine Teilmitgliedschaft erhalten. So sollte Ländern wie zum Beispiel Albanien bereits vor dem endgültigen Abschluss aller Beitrittskapitel der Zugang zum Binnenmarkt eingeräumt und die Personenfreizügigkeit in der EU eingeräumt werden.

[2] #EurHope für Menschlichkeit und Solidarität: Die Missachtung von Menschenrechten, zu deren Wahrung sich die EU in Artikel 2 ihrer Verträge bekennt, muss von ihr unaufhörlich angeprangert und sanktioniert werden. Zugleich muss die EU aber auch selbst ihrer Pflicht zur Wahrung der Menschenrechte nachkommen, insbesondere an ihren Außengrenzen. Sie darf menschenrechtsverachtende Systeme nicht noch durch bilaterale Deals belohnen. Um das tagtägliche Leid von Geflüchteten an den Außengrenzen der EU zu beenden, braucht es eine tatsächliche Seenotrettungsinitiative von der EU, legale Fluchtwege nach Europa, eine europaweite Koordination zur Unterbringung der Schutzsuchenden und nicht zuletzt ein Europa, das sich als Einwanderungskontinent versteht und eine weltoffene Mentalität, die nicht auf Abschottung und Festungsnarrativen beruht.

[1] #EurHope für einen lebenswerten Planeten: Mit voller Anstrengung die Klimakatastrophe bekämpfen. Die Europäische Union muss sich auf globaler Ebene für Klimagerechtigkeit zwischen den Kontinenten und Regionen der Welt einsetzen. Denn aktuell leiden vor allem Menschen in den Regionen nahe des Äquators unter den Folgen der Klimakatastrophe und können sich aus eigener Kraft häufig nicht weiter helfen, als aus diesen Regionen zu flüchten, weil sie durch Wüstenbildung und Dauererhitzung unbewohnbar werden. Darüber hinaus muss die EU einen Jahrhundertplan aufstellen, um sich bereits jetzt gegen die drohenden dauerhaften Überflutungen aufgrund des Meeresspiegelanstieges im Norden Europas zu wappnen. Nicht zuletzt müssen massive gemeinschaftliche Investitionen in eine nachhaltige und klimaneutrale Wirtschaft und Industrie sowie in energieeffizientes Wohnen und in den Ausbau erneuerbarer Energien getätigt werden, um die globale Erwärmung langfristig so gering wie möglich zu halten.

In diesem Sinne müssen wir Hoffnung entfachen, um die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen und die Zukunft Europas in unseren Händen zu halten. Denn Europa bedeutet für uns Hoffnung! Und zwar nicht weil wir glauben, dass es schon irgendwie gut werden wird, sondern weil wir die Gewissheit haben, das Richtige zu tun, damit Europa eine Zukunft hat.

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“Sky is not the Limit” – Für eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik

Bundesausschuss 02.-04.12.2023

“Sky is not the Limit” – Für eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik

Beschluss im Wortlaut:

Schon seit Urzeiten ist der Nachthimmel von besonderer Bedeutung für die Menschheit. Während er früher vor allem zur Orientierung und Zeitmessung genutzt wurde, weshalb weltweit Sternenkonstellationen auch eine hohe mythische Bedeutung haben, ist die Nutzung des Weltalls heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Neben praktischen Anwendungen wie GPS oder Satelliteninternet ermöglicht der Kosmos physikalische Grundlagenforschung beispielsweise durch die Beobachtung ferner Sterne und Galaxien. In den kommenden Jahren wird die Nutzung des Raums jenseits unserer Atmosphäre weiter zunehmen, insbesondere durch Produktionsprozesse in der Schwerelosigkeit, die weitere Vernetzung der Erde und auch die Renaissance der bemannten Raumfahrt.

Die Weltraumpolitik baute in den vergangenen Jahrzehnten auf eine enge internationale Kooperation, die jedoch jetzt zunehmend schwindet. Wir sehen daher die Notwendigkeit, die Autonomie der EU im Rahmen der Weltraumpolitik zu sichern. Der zunehmenden Militarisierung des Weltraums, insbesondere des erdnahen Orbits, muss Rechnung getragen werden. Dafür muss sich Europa für die konsequente Durchsetzung von Verboten für die Stationierung von (nuklearen) Waffensystemen im Orbit einsetzen. Die Unverletzbarkeit überlebenswichtiger dual-use Systeme zur Kommunikation und Navigation muss gewährleistet sein. Noch lässt sich eine neuerliche Rüstungsspirale im Weltraum durch multilaterale Regelwerke beschränken. Dafür ist es nötig, dass Europa nicht nur reaktiv handelt, sondern mit Führungsanspruch vorangeht.

Auch wenn angesichts neuer Herausforderungen eine stärkere europäische Politik gefordert wird, bleibt internationale Kooperation von entscheidender Bedeutung für die Weltraumpolitik. Viele Herausforderungen wie Fragen der Flugbahnen, der Versorgung, der Ressourcenverteilung oder der Entfernung von Weltraumschrott können nicht von einzelnen Staaten alleine gelöst werden. Die Europäische Union sollte sich deswegen weiterhin entschieden für eine tiefere Kooperation im Weltraum einsetzen und auch Vorschläge für einen internationalen Ordnungsrahmen geben. Dazu gehört insbesondere ein neues umfassendes Weltraumübereinkommen sowie die Gründung einer internationalen Organisation, die praktische Fragen des Weltraumrechts regeln und durchsetzen kann.

Denn anders als der Luftraum ist der Weltraum kaum reguliert. Jede Nation und jedes private Unternehmen kann, sofern die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, Satelliten, Raumsonden oder anderweitige Objekte in die Erdumlauahn bringen.

Es braucht daher einen effektiven Regulierungsrahmen. Wir fordern insbesondere eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik und ein europäisches Weltraumgesetz.

Eine gemeinsame EU-Weltraumpolitik erfordert zunächst eine Koordination der bestehenden nationalen Strategien und Politiken sowie die Stärkung der ESA. Dann müssen die finanziellen Mittel, die heutzutage in den Mitgliedstaaten unabhängig und unkoordiniert ausgegeben werden, endlich aufeinander abgestimmt und gebündelt werden. In den letzten Jahren hat sich durch private Akteure gezeigt, dass die staatliche Weltraumindustrie deutlich hinter den technischen Möglichkeiten zurückliegt. Hier müssen europäische Hidden Champions stärker in die Projekte der ESA eingebunden und auch Start-ups gefördert werden, um privatwirtschaftliche Alternativen zu schaffen. Noch verfügt Europa über umfangreiches Know-How und technische Fertigkeiten.

Ein europäisches Weltraumgesetz muss sich dabei der folgenden Herausforderungen annehmen:

  • Anerkennung der Weltraumressourcen als Allgemeingut der Menschheit
  • Gerechte Verteilung der Weltraumressourcen
  • stabile Rahmenbedingungen für private Unternehmen
  • Ermöglichung und Förderung nachhaltiger Investitionen
  • Vermeidung von Weltraumschrott, Verpflichtung zur Müllentsorgung und zur Haftung
  • Regelung von Import aus und Export in den Weltraum
  • Schutz der Umwelt des Weltraums unter anderem vor Kontaminierung
emmeline“Sky is not the Limit” – Für eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik
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Konsequenzen des russischen Angriffskriegs für Europa

Bundeskongress, 15.10.22

Konsequenzen des russischen Angriffskriegs für Europa

Beschluss im Wortlaut:

Bekundung zur Solidarität mit der Ukraine und Verurteilung des russischen Angriffskriegs

Als Europäer*innen haben wir eine klare Haltung: Wir stehen entschieden an der Seite der Ukraine sowie ihrer Bewohner*innen und bekräftigen unsere Solidarität. Die inspirierende Verteidigung ihres Landes und ihrer Werte sowie das historisch gewachsene Verlangen der ukrainischen Bevölkerung, ein Teil der europäischen Familie zu werden, soll endlich und vollumfänglich gewürdigt werden.

Daher bekräftigen wir unsere vollständige Solidarität mit der Ukraine und ihrer Bevölkerung in ihrem Kampf um Unabhängigkeit, Freiheit und Sicherheit. Wir rufen die Zivilgesellschaft in der EU dazu auf, Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen, nötigenfalls auf Kosten des eigenen Wohlstands und insbesondere gegenüber den in die EU geflüchteten Ukrainer*innen. Zugleich heißen wir den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Plan zur Einrichtung einer Wiederaufbau-Plattform für die Ukraine willkommen und begrüßen ihre Weiterentwicklung und Formalisierung. Über diese Plattform hinaus sollten auch weitere Finanzierungsquellen wie die Europäische Bank für Wiederaufbau, ein Sonderzugriff auf die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und erweiterte Mittel der Östlichen Partnerschaft in Erwägung gezogen werden. Ebenso sollte sich die EU dafür einsetzen, dass sich Russland an der Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine beteiligen muss.

Der Angriffskrieg der russischen Föderation gegen die Ukraine ist und bleibt ein nicht hinnehmbarer Völkerrechtsbruch. Die außerterritorialen Gebietsansprüche Russlands sind illegitim und das daraus folgende Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung ist untragbar. Die Scheinreferenden in den durch pro- russische Separatisten besetzten ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja wurden unter Zwang durchgeführt und sind daher völkerrechtswidrig. Bei den illegalen Annexionen der ukrainischen Regionen handelt es sich um Fremdbestimmung durch den Kreml, der dadurch weitere Menschenrechtsverletzungen legitimiert. Insbesondere systematische Verschleppungen von Menschen aus der Ukraine nach Russland und an die Frontlinie des Krieges, um für Russland gegen die eigene Bevölkerung zu kämpfen, verurteilen wir zutiefst und fordern die EU auf, weitere Fluchtwege in die EU für Ukrainer*innen bereitzustellen, wo dies möglich ist. Die Kriegspropaganda sowie die daraus resultierende Verzerrung der Realität verleiten Großteile der russischen Zivilbevölkerung zur Billigung bis hin sogar zur Befürwortung der kriegerischen Aggression. Unsere Solidarität gilt daher auch denjenigen in der russischen Bevölkerung, die den Krieg nicht wollen, die sich dagegen aussprechen und deshalb unter innenpolitischer Verfolgung leiden. Wir ermutigen die russische Zivilbevölkerung, Courage zu zeigen und sich der Tyrannei und Kriegstreiberei in ihrem Land zu widersetzen. Die aktuelle Regierung der Russischen Föderation und all ihrer Kollaborateure, Unterstützer und historischer Wegbereiter ist und bleibt zu verurteilen. Dies gilt vor allem für Lukaschenko, der nach der Bereitstellung belarussischer Militärstützpunkte für russische Angriffe auf die Ukraine nun Russlands Angriffskrieg sogar mit den eigenen Streitkräften militärisch unterstützen will. Spätestens jetzt müssen die Sanktionen der EU als Reaktion auf die Ankündigung der russisch-belarussischen Militäreinheit auf Lukaschenko und seine Gefolgsleute ausgeweitet werden.

Zeitenwende in der Außenpolitik Europas

Die EU war, ist und bleibt die Konstante für Frieden, Freiheit und Demokratie auf unserem Kontinent. Die europäische Solidarität ist der gelebte Geist der Bürger*innen und einer der Grundpfeiler unseres Zusammenlebens. Diesen Grundsatz lebendig werden zu lassen und die Formulierung nicht im Sande verlaufen zu lassen, ist eine der Grundaufgaben der europäischen Institutionen sowie der Mitgliedstaaten. Im Zuge gelebter Solidarität auf dem europäischen Kontinent ist die Schaffung einer friedlichen Lebensumgebung für alle alternativlos.

Dazu muss schnellstmöglich der Rückzug aller russischen Truppen aus den völkerrechtlich anerkannten ukrainischen Gebieten erfolgen. Dieses Ziel muss oberste Priorität in der Außenpolitik der EU haben und von den Entscheidungsträger*innen konsequent verfolgt werden, um weiteres Leid zu vermeiden. Damit endlich Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland möglich werden, muss die Ukraine jedoch in eine Position der Stärke versetzt werden. Daher begrüßen wir die Lieferung von schweren Waffen aus Ländern der EU und weiterer demokratischer Staaten in die Ukraine. Die jüngsten militärischen Erfolge der Ukraine unterstreichen noch einmal, wie wichtig diese Waffenlieferungen für das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Selbstverteidigung des Landes sind. Wir fordern, dass die Ukraine so lange wie nötig militärisch, finanziell und humanitär durch die EU und ihre Verbündeten unterstützt wird.

Beitrittsperspektive für die Ukraine

Schließlich zeigt sich die Notwendigkeit eines EU-Beitritts der Ukraine. Dementsprechend müssen die Beitrittsperspektiven klar aufgezeigt werden. Der Beitritt ist auch von Seiten der Ukraine gewünscht und trifft in der Bevölkerung auf breite Zustimmung. Die Ukraine verteidigt nicht nur ihr eigenes Territorium, sondern auch die Sicherheit Europas. Außerdem verteidigt sie die Demokratie und die Werte Europas, zu denen sie sich schon seit mehreren Jahren – auch durch die Assoziierung mit der EU – bekennt. Dadurch gibt es nur eine logische Konsequenz, dass die Ukraine Mitgliedstaat der Europäischen Union wird.

Da aber die Ukraine nicht kurzfristig die Kopenhagener Beitrittskriterien erfüllen wird und ein Abweichen von ihnen die innere Stabilität und Kohäsion der EU gefährden würde, fordern wir, dass den Ukrainerinnen eine eigene Beitrittsperspektive ermöglicht wird. Mit dem langfristigen Ziel, die Ukraine zum vollwertigen Mitgliedstaat zu machen, sollen jetzt schon den Bürger*innen der Ukraine besondere Rechte gewährt werden. Dies betrifft:

  1. Freizügigkeit und dauerhafte Arbeitserlaubnis innerhalb der EU
  2. Niederlassungsfreiheit in der EU
  3. Das Recht, von EU-Botschaften im Ausland Beistand zu erhalten

So können die Ukrainer*innen unabhängig der russischen Bestrebungen bisherige Reformen rückgängig zu machen und zukünftige für den EU-Beitritt zu verhindern, die Rechte in Anspruch nehmen für die sie bereits kämpfen. Sie müssen demzufolge nicht auf Reformen warten, die durch den Krieg verzögert werden.

Gleichzeitig muss die EU den Beitrittsprozess der Staaten des Westbalkans, Georgiens und der Republik Moldau vorantreiben. Kein Land Europas sollte mehr unter dem Imperialismus Russlands leiden müssen.

Sanktionen und Entscheidungsfindung

Die im Juni 2022 verschärften Sanktionen gegen Russland begrüßen wir und sie müssen beibehalten werden. Die gemeinsam verhängten Sanktionen sind ein zukunftsweisendes Beispiel für die Stärke eines geeinten Europas – insbesondere im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik. Wir beobachten allerdings mit Sorge, dass diese Einigkeit gefährdet wird. Noch immer erhoffen sich einige Parteien in Europa, teilweise sogar mit Regierungsverantwortung, von Russland die Unterstützung für ihre innenpolitischen Ziele und antidemokratische Bestrebungen. Die Unterstützung der Ukraine und der Schutz Europas dürfen nicht darunter leiden, dass sich einige Politiker*innen von Putin ideologisch inspirieren lassen. Die Konsequenzen dieser Sympathien und der russischen Abhängigkeit stellen eine Gefahr fuhr die Entscheidungsfindung in Europa dar. Wieder einmal zeigt sich hier, wie schwach und anfällig das Vetorecht bei außenpolitischen Entscheidungen ist und dass ein qualifiziertes Mehrheitsvotum dringend erforderlich ist.

Implikationen des Kriegs auf die Wirtschaft und Energiepolitik in Europa

Parallel zum Angriff auf die Ukraine setzt Russland die Verknappung von Erdgas als Waffe ein, indem es die Gasversorgung aller europäischen Staaten, die an der Seite der Ukraine stehen, stark eingeschränkt hat. Hier zeigen sich die Fehler der jahrelangen Abhängigkeit von russischem Gas und daraus resultierende Erpressbarkeit, die auch die deutsche Regierung zu verantworten hat. „Wandel durch Annäherung“ und „Die Neue Ostpolitik“ waren zur Zeit des kalten Krieges der goldene Standard der Außenpolitik mit autoritären Staaten in Osteuropa. Doch seit dem Zerfall der Sowjetunion wandelte sich diese Strategie in unseren Beziehungen zu Russland in eine einfache Handelsstrategie. Spätestens etabliert durch die Regierung um Gerhard Schröder, setzte sich diese Politik unter den Regierungen von Angela Merkel fort. Obwohl östliche Partner innerhalb der EU vor Abhängigkeiten gegenüber der Politik des Kremls beständig warnten, ignorierte die deutsche Politik diese Stimmen. Dies war ein grauenhafter Fehler, da wir nun erkennen müssen, dass diese Abhängigkeiten wirklich bestanden und uns mit unseren östlichen Partnern in der EU entfremdete. Letztendlich waren die europäischen Energie- und Außenpolitiken geprägt von mangelndem Vertrauen in europäische Partner, sowie von unkoordinierten Alleingängen.

Auch deshalb sehen wir uns heute mit einer Energiekrise konfrontiert, die nicht nur die Industrie in Europa, sondern vor allem auch die Bürger*innen empfindlich trifft.

Eine europäische Antwort hierauf muss in gemeinsam koordinierten Einsparungsmaßnahmen liegen. Wir begrüßen daher die bisher dazu beschlossenen Maßnahmen und fordern ihre strikte und verlässliche Umsetzung.

Wir begrüßen ausdrücklich die deutschen und europäischen Bestrebungen, unsere Erdgasquellen zu diversifizieren. Wo immer möglich, müssen neue Energieabkommen mit demokratischen Staaten geschlossen werden, um uns aus der Abhängigkeit autoritärer Regime zu befreien.

Diese Krise verdeutlicht außerdem, dass eine effektive Energiewende dringend erforderlich ist. Nicht nur im Angesicht der Klimakrise findet sich die Zukunft in den erneuerbaren Energien. Die Gewinnung aus Wind, Sonne und Wasser muss ausgebaut werden. Dabei muss auch die Infrastruktur, insbesondere in Form der Energietrassen, in den Blick genommen werden. Diese große Zukunftsinvestition muss zu einem Gemeinschaftsprojekt der gesamten EU werden, da nur so eine sichere und unabhängige Energieversorgung gewährleistet werden kann.

Die Energiewende kann weiter nur gemeistert werden, wenn die schon bestehenden Richtlinien schneller und effizienter umgesetzt werden. Insbesondere im Strom- und Gasbereich besteht schon eine umfangreiche Regulierung, die allerdings von den Mitgliedstaaten nur schleppend realisiert wird. Verbraucher*innen wären bereits heute in Anbetracht der Krise wesentlich besser geschützt, wenn die Mitgliedstaaten ihren Pflichten zur Umsetzung der Richtlinien rechtzeitig und hinreichend nachgekommen wären. Es ist erforderlich, dass bei Verstößen die Vertragsverletzungsverfahren zügig durchgeführt werden. Außerdem muss für eine zügige und korrekte Umsetzung von Richtlinien ein stetiger Austausch zwischen der Union und den Mitgliedstaaten erfolgen, durch den Hindernisse frühzeitig erkannt werden. Über die Kommission gesteuerte best-practice-Austausche zwischen den Mitgliedstaaten sind dabei ein wertvoller Ansatz, von dem regelmäßig und bereits vor Ablauf der Umsetzungsfristen Gebrauch gemacht werden sollte.

Darüber hinaus offenbaren unter anderem die jüngsten Schäden an den Gas- und Ölpipelines in der Ostsee sowie die langfristige Desinformationskampagnen Russlands die Anfälligkeit der kritischen Infrastruktur Europas. Die JEF befürwortet daher die bestehenden Richtlinien der EU und NATO, die die kritische Infrastruktur in den EU- Mitgliedstaaten schützen sollen und fordert darüber hinaus eine enge Kooperation zwischen den Staaten für eine konsequente und koordinierte Umsetzung dieser Richtlinien.

Die Standhaftigkeit europäischer Werte und Ideale wird letztlich aufgrund einer von Russland ausgelösten Energiekrise auf die Probe gestellt. Deshalb ist es umso wichtiger, als Europäische Union zusammenzuhalten und uns nicht von den Aggressionen Russlands entzweien zu lassen. Die Sanktionen gegenüber Russland sind alternativlos und die Solidarität mit der Ukraine von höchster Bedeutung.

BundessekretariatKonsequenzen des russischen Angriffskriegs für Europa
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Umweltschutz hier und jetzt! EU-Umweltrecht effektiv durchsetzen

Bundesauschuss, 12.03.2022

Umweltschutz hier und jetzt! EU-Umweltrecht effektiv durchsetzen

Beschluss im Wortlaut:

Umweltrecht bildet als Querschnittsthema in der Europäischen Union einen wichtigen Bereich. Über die Jahrzehnte hat die EU ein umfassendes und ambitioniertes Umweltrecht entwickelt. Der Schutz der Umwelt und des Klimas sind ein politischer Schwerpunkt der Kommission von der Leyen bis 2024. Mit dem European Green Deal und dem Klimagesetz steuert die Kommission eine umfassende nachhaltige Transformation der Europäischen Union an, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen und bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Um diese großen politischen Ziele erreichen zu können, müssen die Vorgaben des Umweltrechts in den Mitgliedsländern effektiv durchgesetzt werden. Hierbei ist seit langem ein großes Vollzugsdefizit in der europäischen Umweltpolitik bekannt und dies wird auch regelmäßig von der EU-Kommission unter anderem im jährlichen Bericht über die Anwendung des Unionsrechts thematisiert. Hier sehen wir strukturelle Herausforderungen in fehlendem politischen Willen, ungenügende Information der Zivilgesellschaft, ungenügende lokale Kontrolle und mangelnde Ressourcen. Daher möchten wir muss der Bereich der effektiven Um- und Durchsetzung des Umweltrechts stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden.

Europäisches Umweltrecht muss, um in den Mitgliedstaaten effektiv zu werden, zunächst in nationales Recht überführt werden. Bereits hier lassen sich Umsetzungsdefizite erkennen, die zu regelmäßigen Vertragsverletzungsverfahren führen. Diese Vertragsverletzungsverfahren werden jedoch häufig als nicht gewinnbringend oder zielführend betrachtet und benötigen daher einer Effektivierung; vor allem weil Vertragsverletzungsverfahren erst nach langer Zeit ansetzen und lange brauchen. Eine effektive Umsetzung muss daher grundsätzlich bereits früher ansetzen und nicht nur auf nachgelagerten Rechtsschutz angewiesen sein. Um die Umsetzung des Umweltrechts in nationales Recht zu erleichtern, schlagen wir daher die folgenden Reformen vor:

  1. Einführung eines jährlichen Berichtsverfahrens von allen Mitgliedstaaten gegenüber der Kommission über die nationale Umsetzung von europäischem Umweltrecht durch Neustrukturierung des Environmental Implementation Reviews mit einer stärkeren Verpflichtung von Mitgliedstaaten und einer erhöhten Öffentlichkeits
  2. Einführung eines Inspektor*innen-Rates der Kommission, der bei konkreten Vollzugsdefiziten auf nationaler Ebene von lokalen Umweltverbänden und anderen zuständigen lokalen Institutionen angerufen werden kann. Nach Anrufung würde dieser Rat einen Bericht verfassen und erhielte dazu die Möglichkeit, vor Ort Kontrollen durchzuführen, Beweise zu sammeln und lokale Expert*innen und Zeug*innen anzuhören
  3. Personelle Aufstockung der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission zur Erstellung der Berichte, der Kontrollen vor Ort und der Bearbeitung von Vertragsverletzungsverfahren
  4. Entschiedenes Vorgehen durch die EU-Kommission gegen Nicht-Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Ein weiteres Problem der Durchsetzung liegt auf nationaler Ebene. Jedoch kann aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen vor Ort und der Vielzahl an Verwaltungsentscheidungen, die Bezug zum Umweltrecht haben, eine Verlagerung der Kontrolle auf die EU-Ebene nicht die Lösung sein. Vielmehr schlagen wir hierzu folgendes vor:

  1. Um ein einheitliches Niveau von europäischem Umweltrecht zu gewährleisten, sollten technische Konkretisierungsnormen und die Verwaltungsverfahren bezüglich Anhörungs-, Informations- und Mitentscheidungsmöglichkeiten in der ganzen EU harmonisiert werden, wobei jedoch die Möglichkeit, auf lokale Voraussetzungen einzugehen, beibehalten werden soll
  2. Um nicht nur Entscheidungen im Nachhinein zu kontrollieren, sondern von Vorneherein effektiver zu machen, sollte es zu einer noch besseren Einbeziehung und einer höheren Wertschätzung der Mitentscheidungsmöglichkeiten der Bürger*innen vor Ort kommen
  3. Darüber hinaus sollte es verbesserte Klagemöglichkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof auch für Bürger*innen geben, wenn die nationalen Behörden EU-Umweltrecht nicht oder nur mangelhaft anwenden
BundessekretariatUmweltschutz hier und jetzt! EU-Umweltrecht effektiv durchsetzen
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Mehr Zug in Europa – “Europäisches Jahr der Schiene 2021” als Impuls nutzen

Bundesausschuss, 04.12.21

Mehr Zug in Europa – “Europäisches Jahr der Schiene 2021” als Impuls nutzen

Beschluss im Wortlaut:

Mit immer neuen Temperaturrekorden bleibt der Klimawandel weiter im Mittelpunkt der Medien. Mit dem vorübergehenden Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen verbleibt die EU als wichtigster Taktgeber im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien ist die Verkehrspolitik eine wichtige Stellschraube, um die EU-Ziele der CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen.

 

Mit noch ungeklärten Problemen, wie Ladenetzen und Rohstoffverbrauch sind Elektroautos allein hierfür nicht das Patentrezept. Aus diesem Grund hat die Kommission 2021 zum “Europäischen Jahr der Schiene” erklärt. Ziel dessen ist, die Bahn als Verkehrsmittel zu fördern. Kampagnen und weitere Aktionen sollen Bürger*innen wie Unternehmen dazu ermutigen, bevorzugt mit dem Zug zu reisen.

 

Die JEF Deutschland befürwortet diesen Schritt und sieht es als wichtig an, diese Initiative auch über 2021 als Impuls zu nutzen, um Zugverkehr auf europäischer Ebene zukünftig stärker zu fördern. Dazu gehören:

 

  1. Die europaweite Senkung von Preisen für Zugfahrten, insbesondere für junge Menschen. Dies könnte auch durch – wie von der Kommission angestrebt – eine europaweite Liberalisierung des Bahnverkehrs erreicht werden. Anstrebenswert wäre auch die Einführung von europaweit gültigen Rabattkarten für Vielfahrer.
  2. Die Rückgängigmachung der im Frühjahr 2021 verabschiedeten Beschneidung der Fahrgastrechte durch Einführung einer force majeure-Klausel. Dies würde bedeuten, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen auch dann für Verspätungen eine Entschädigung an Fahrgäste leisten müssen, wenn äußere Umstände wie höhere Gewalt oder Einwirkungen von Dritten ursächlich für die Verspätung sind, so wie es auch das Europäische Parlament im Gesetzgebungsverfahren forderte.
  3. Der Ausbau der europaweiten Schieneninfrastruktur im Zuge der Transeuropäischen Netze (TEN-T) für einen umweltfreundlichen grenzüberschreitenden Personen- und Gütertransport. Dazu zählen besonders die Einführung des einheitlichen Zugsicherungssystems European Train Control System (ETCS) sowie der Bau von zusätzlichen Umschlagterminals, um einen modalen Wechsel von Straßen- zu Schienengüterverkehr zu fördern.
  4. Der Ausbau von Direktverbindungen zwischen benachbarten europäischen Hauptstädten.
  5. Das Gleichziehen Deutschlands mit vorbildlichen Staaten wie Luxemburg, der Schweiz oder Österreich in Bezug auf Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Deutschland muss zudem seine besondere Rolle durch die zentrale geografische Lage wahrnehmen.
  6. Die Kompetenzerweiterung der European Union Agency for Railways (ERA), insbesondere zur Erreichung von Interoperabilität.
  7. Die Neuerung der Intelligent Transport Systems (ITS) Directive. Die EU muss Bahnunternehmen der Mitgliedstaaten zum besseren Austausch von Daten, die für die Ticketbuchung relevant sind, verpflichten sowie eine Rechtsgrundlage für multimodales Ticketing schaffen.
BundessekretariatMehr Zug in Europa – “Europäisches Jahr der Schiene 2021” als Impuls nutzen
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Föderalistische Vision einer Europäischen Entwicklungspolitik

Bundesausschuss, 07.11.20

Föderalistische Vision einer Europäischen Entwicklungspolitik

Beschluss im Wortlaut:

Entwicklungspolitik sollte nicht nur als Reparaturbetrieb für akute Probleme gesehen werden, sondern auch als Engagement für eine bessere Zukunft der Menschheit. Wir sind überzeugt, dass der Grundsatz der Gleichheit sowie die Achtung der Menschenwürde unser aller Handeln, auch im Internationalen, leiten muss.

Gerade die JEF mit ihrem Bekenntnis zum Weltföderalismus muss deshalb in diesem Politikbereich ein dauerhaftes friedliches weltweites Zusammenleben anstreben. Internationale Zusammenarbeit und interkultureller Austausch sollte daher stets dem Wohle aller dienen. Damit ist die Verbesserung sowohl der rechtlichen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen als auch der kulturellen Lebenssituation von Menschen auf der gesamten Erde und gerade auch zukünftiger Generationen gemeint. Europäische Entwicklungszusammenarbeit sollte sich in diese Zielsetzung eingliedern und multidimensional angegangen werden. Welche Aspekte dabei von besonderer Relevanz sind, wird im weiteren Verlauf erläutert.

Demokratie stärken!

Demokratie und Menschenrechte sind die Grundlagen für Frieden, Wohlstand (im Sinne des Human Development Index) und Gerechtigkeit. Um diese Grundlagen zu ermöglichen, sollte die Europäische Union den politischen Wandel in diese Richtung weltweit stärker unterstützen. Diese zu stärken sollte Kern der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit der EU sein.

Als föderalistischer, demokratisch organisierter Jugendverband setzen wir uns daher nicht nur in Europa, sondern weltweit dafür ein, dass demokratische, freiheitliche und rechtsstaatliche

Prinzipien aufrechterhalten und weiter ausgebaut werden. Grundgedanke demokratischer Politik ist, Menschen an der Ausgestaltung ihrer eigenen Zukunft gleichermaßen zu beteiligen. Dies funktioniert in besonderer Weise durch Ownership, dass also Menschen sich die Zukunft ihrer Region zu eigen machen. Die EU sollte sich daher im Rahmen ihrer entwicklungspolitischen Zusammenarbeit einerseits für freie und faire Wahlen, darüber hinaus aber auch für die Stärkung partizipativer Instrumente und einer aktiven Einbindung der Gesellschaft einsetzen.

Demokratie erfordert auch Rechtsstaatlichkeit, um die Gleichheit der Menschen zu garantieren, Menschenrechte zu verteidigen, Minderheiten zu schützen und ein vertrauensvolles Miteinander zu ermöglichen. Zudem wird die Gefahr von Korruption, Verfolgung und Enteignung verringert.

In all ihren Bemühungen muss stets das Wohl und die Würde jedes einzelnen Menschen, als Baustein einer Gesellschaft, im Mittelpunkt stehen. Dies setzt jedoch voraus, dass die unterschiedlichen Rollen, Funktionen und Zugehörigkeiten, die jede*r Einzelne in sich vereint, erkannt und respektiert werden. Keinesfalls sollte von der Existenz homogener Gruppen ausgegangen werden, was auf Grund der Unkenntnis der Geschichte anderer Länder häufig geschieht. Gerade benachteiligte Gruppen sollten nicht aus dem Blickfeld der Entwicklungspolitik geraten, auch um zukünftigen Konflikten vorzubeugen.

Multilateralismus leben!

Multilaterale Zusammenarbeit, als Grundprinzip internationalen Handelns, das versucht alle Staaten in ein System gegenseitiger Rechte und Pflichten einzubinden, ist die Grundbedingung einer internationalen Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Das Prinzip der Gleichheit, das Multilateralismus unterliegt, sollte folglich auch Entwicklungszusammenarbeit leiten.Die Anerkennung der Gleichheit aller Staaten in einem system des Multilateralismus hilft, dass kleinere Länder bei wichtigen Entscheidungen berücksichtigt werden. Als positives Beispiel ist die African Development Bank zu nennen, an der sowohl Industriestaaten, die einen Beitrag zur Entwicklung Afrikas leisten wollen, als auch die afrikanischen Länder selbst beteiligt sind.

Um den Multilateralismus zu stärken, sollte die Europäische Union eine engere Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen und Organisationen anstreben, um nachhaltig Vertrauen zu den Menschen vor Ort aufzubauen und vor allem um auf die regionalen Herausforderungen einzugehen und regionale Entwicklungschancen zu unterstützen. Auf der anderen Seite muss sich die Europäische Union auch in den internationalen Organisationen, wie der Weltbank, den diversen UN-Organisationen etc., für eine Stärkung des Multilateralismus einsetzen und auf eine gute Repräsentation der Entwicklungsländer achten.

Vom Klimawandel besonders betroffene Regionen besonders unterstützen!

Angesichts des Klimawandels sind Länder des globalen Südens von dessen Auswirkungen am stärksten betroffen. Für diese besteht auf Grund der Änderungen der klimatischen Rahmenbedingungen insbesondere ein immenser Anpassungsdruck auf die lokale Landwirtschaft. Diese aber ist oft Grundlage jeglicher menschlicher Zivilisation. Gerade Entwicklungsländer benötigen Landwirtschaft, die meist vor allem aus Subsistenzwirtschaft besteht, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, ohne auf unsichere Kapitalzufuhr angewiesen zu sein. Die Europäische Union sollte deshalb in Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern kurzfristig die lokale Landwirtschaft unterstützen und langfristig dafür sorgen, dass deren Waren sowohl auf dem heimischen Markt sowie dem europäischen Exportmarkt wettbewerbsfähig sind, dabei sollen auch soziale und ökologische Aspekt berücksichtigt werden.

Wichtig ist hier vor allem aber auch, dass bereits bestehende, international vereinbarte Klimaschutzabkommen weiter durchgesetzt und aufgebaut werden. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sollten daher nur Projekte gefördert werden, die mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens vereinbar sind. Dabei muss die EU ihrer Verantwortung, Klimaanpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern finanziell zu unterstützen, nachkommen.

Darüber hinaus wird im Zuge des Klimawandels und des technischen Fortschritts die Vorhersage von Naturkatastrophen sowohl immer wichtiger als auch immer genauer. Den lokalen Akteur*innen sollten die Ergebnisse von Frühwarnsystemen so bald wie möglich zur Verfügung gestellt werden und sie sollten dabei unterstützt werden, Katastrophenfrühwarnsysteme aufzubauen. Im Zuge dessen sollte auch die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge in diesen Ländern auf dem Programm stehen.

Nachhaltige Wirtschaftsmodelle fördern!

Da der Entwicklungszusammenarbeit nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen, sollte es nicht zwanghaft darum gehen, vorrangig die ärmsten Länder zu unterstützen. Mittel sollten eher dort eingesetzt werden, wo sie den meisten Mehrwert für die Menschen vor Ort liefern. Diese Erfahrungen nachhaltiger Zusammenarbeit können dann als Katalysator und Vorbild für die Entwicklung weiterer Regionen dienen.

Um eine nachhaltige lokale Wirtschaft zu fördern, sollte vor allem in Infrastruktur und Energieversorgung investiert werden, um moderne Formen des Wirtschaftens zu ermöglichen. Nachhaltigkeit, sowohl im ökologischen als auch ökonomischen Sinne, muss für diese Investitionen selbstverständlich sein. Der Ausbau der Infrastruktur etwa sollte sich nach den Bedürfnissen der Bevölkerung richten und auch von dieser sinnvoll genutzt werden können. Der Bau einer Autobahn bei einer kaum vorhandenen Motorisierung der Bevölkerung oder der Bau eines Staudammes zur Stromerzeugung ohne ein funktionierendes Stromnetz sind einleuchtende Gegenbeispiele.

Ein weiterer wichtiger Punkt zur Entwicklung eines Landes ist die Förderung der praxisorientierten Ausbildung sowie die allgemeine Verbesserung des Bildungssystems, das dabei noch Defizite aufweist.

Diese würde auch Innovationen in diesen Volkswirtschaften erleichtern. Durch die relativ junge Bevölkerung, das Fehlen von alten ökonomischen Strukturen und die dynamische Verstädterung in den Entwicklungsländern besteht viel Potenzial für neue, digitale und nachhaltige Geschäftsmodelle. Vor allem in diesen Bereichen kann viel von den sich entwickelnden Volkswirtschaften gelernt und wirtschaftliche Zusammenarbeit gestärkt werden. Ein Beispiel ist die starke Verwendung des mobilen Bezahlens in einzelnen Ländern des globalen Südens über Mobiltelefone, welche dort deutlich früher als in den Industriestaaten praktisch angewandt wurde. Die Erleichterung des Marktzuganges und länderübergreifenden Beteiligungen an Unternehmen wäre ein Weg der praktischen Umsetzung dieser Überlegung.

Kulturellen Austausch stärken!

Verstärkte internationale Zusammenarbeit und kulturelle Vielfalt stehen in keinem Widerspruch zueinander. Vielmehr ermöglicht gerade eine solche interregionale und kulturübergreifende Kooperation erst, die Grenzen des eigenen Bekannten zu überwinden und Respekt und Achtung für den einzigartigen kulturellen Schatz dieser Erde aufzubringen.

Die verstärkte Förderung internationaler Austauschprogramme nach dem Vorbild von Erasmus+ mit Entwicklungsländern ist für ein besseres globales Verständnis notwendig. Hierbei sollte insbesondere der Süd-Nord-Austausch gefördert werden. In diesem Zusammenhang bietet auch die Förderung internationaler Bildungsprogramme ein wichtiges Instrumentarium, um gerade jungen Menschen neue Perspektiven zu eröffnen, gegenseitig voneinander zu lernen und letztlich auch internationale Freundschaften zu schließen.

Die Vergabe von zeitlich begrenzten Arbeitsvisa könnte zudem einen Know-How-Austausch sowie den Aufbau von Kapital in Entwicklungsländern fördern. Zudem müssen lokale Partner und Angestellte in der Entwicklungszusammenarbeit fair bezahlt werden.

Zivilgesellschaft fördern und junge Menschen stärken!

Lokale politische und zivilgesellschaftliche Initiativen sind ein wichtiger Bestandteil friedlicher und lebendiger Gesellschaften und sollten daher in einem multidimensionalen entwicklungspolitischen Ansatz berücksichtigt, einbezogen und gestärkt werden. Die Stärkung und Etablierung dieser Initiativen sollte daher auch Ziel einer modernen Entwicklungspolitik sein. In dieser Zusammenarbeit sollte die EU daher vor allem auch ein solches Engagement, sowohl in Europa als auch in anderen Regionen, direkt fördern, entwicklungspolitische Instrumente gemeinsam mit den Einwohner*innen entwickeln und diese verstärkt beteiligen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Mittel und Maßnahmen effektiv sind, indem sie dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, gerade jungen Menschen echte Repräsentation, Beteiligung und Einflussnahme zu ermöglichen, damit sie eigene Perspektiven auf ihre Heimat entwickeln und die Zukunft in ihrer Region selbst gestalten können.

Die Einbeziehung und Förderung junger Menschen müssen mit einer besseren finanziellen Ausstattung und Qualität öffentlicher Bildungssysteme einhergehen.

Mit starker und einheitlicher europäischer Stimme sprechen – institutionelle Anforderung an die EU und finanzielle Umstrukturierungen

Wie auch im Bereich der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, gilt ebenfalls in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, dass die EU hier mit einer Stimme sprechen muss. Nur durch konsistentes und zielorientiertes Vorgehen, das sich an Europäischen Werten orientiert, kann die EU das Ziel, weltweit allen Menschen ein gutes, freies und gerechtes Leben zu ermöglichen, effektiv erreichen. Damit dies gelingt, bedarf es jedoch einiger institutioneller Reformen.

  1. Die Entwicklungspolitik der Mitgliedsländer sollte gesamteuropäisch koordiniert werden und gemeinsamen Leitlinien folgen, die sich ergänzen, anstatt im Widerspruch zueinander zu stehen. Dabei soll die EU selbst verstärkt Akzente setzen und bestehende Partnerschaften und Strukturen mittelfristig harmonisieren. Im Fokus muss dabei immer die Zusammenarbeit auf Augenhöhe stehen, um koloniale Muster zu überwinden und Programme im Sinne der Partnerländer zu ermöglichen. 
  2. Die Koordination dieser gemeinsamen EU-Entwicklungspolitik sollte daher in die geteilte Kompetenz der*des Hohen Vertreter*in für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), des Europäischen Auswärtigen Diensts und der*des Kommissar*in für internationale Partnerschaften fallen. 
  3. Konkrete regionale Partnerschaften sollen nach dem Vorbild von Städtepartnerschaften aufgebaut werden. 
  4. Aus finanzpolitischer Sicht sollte der Europäische Entwicklungsfonds in den Mehrjährigen Finanzrahmen eingegliedert werden. Dadurch würde dieser auch unter die strenge demokratischen Kontrolle, Rechenschaftspflicht und Transparenz des Europäischen Parlaments fallen. 
  5. Einheitliche Vergaberichtlinien sowie die transparente Vergabe von Mitteln müssen das Risiko von Korruption verringern. Die zur Verfügung stehenden Mittel sollen die völkerrechtlich im Rahmen der Vereinten Nationen definierten 0,7% des Bruttoinlandsproduktes nicht unterschreiten. 
  6. Für den besseren Schutz von Menschenleben sollte die humanitäre Hilfe konsequent von der Entwicklungszusammenarbeit getrennt und von Sanktionen ausgenommen werden.

Die Werte, die die EU nach außen vertritt, muss sie auch selbst leben. In Bezug auf partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Multilateralismus sollte sie ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Der zentrale Lackmustest in diesem Bereich ist die Entwicklungspolitik, da hier ein Machtgefälle vorliegt. Somit wird deutlich, ob Zusammenarbeit oder die Durchsetzung eigener, kurzfristiger Interessen überwiegt.

 

 

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EU als Vorreiterin beim Klimaschutz

Bundeskongress, 11.10.20

EU als Vorreiterin beim Klimaschutz

Beschluss im Wortlaut:

Klimaschutz ist die größte und wichtigste Herausforderung dieses Jahrhunderts. Bereits in unserem Leitantrag zum Buko 2019 haben wir, die Jungen Europäischen Förderalist*innen, uns dazu bekannt, dass die katastrophalen und irreparablen Folgen der menschengemachten Klimakrise nicht nur für eine Spaltung der EU sorgen können, sondern auch den nächsten Generationen ihre Lebensgrundlagen rauben. Das Erreichen des Zieles der Klimaneutralität bis spätestens 2050 ist die Aufgabe, an der sich die EU langfristig messen lassen muss. Mit dem “Green Deal” hat die Europäische Kommission einen umfangreichen Aktionsplan für eine nachhaltige Gestaltung der europäischen Wirtschaft vorgestellt, welcher durch Strategien in allen Politikbereichen erreicht werden soll. Dieser multisektorale Ansatz zielt auf eine grundlegende Veränderung der europäischen Klimapolitik, legt die Basis für eine europaweite Klimaneutralität bis 2050 und bekennt sich zu den Grundsätzen und der 1,5°-Grenze des Pariser Klimaabkommens. JEF Deutschland begrüßt in diesem Zusammenhang die Ansätze des European Green Deals. Die Setzung von Zielen wie der 1,5°-Grenze oder der Klimaneutralität bis 2050 ist an sich allerdings noch kein Erfolg. Lediglich die Umsetzung dieser Ziele sollte gefeiert werden, davon sind wir allerdings noch weit entfernt. Immer wieder müssen wir mit ansehen, wie einzelne Mitgliedsstaaten kurzfristige Profite dem langfristigen Wohlergehen der Umwelt und der Menschen, die in ihr leben, vorziehen. In der alarmierenden Lage, in der sich unser Planet befindet, können wir uns solch ein egoistisches, kurzfristiges Handeln nicht mehr leisten. Um das absolute Minimum des Notwendigen zu erreichen, fordern wir die Bundesregierung und die Kommission dazu auf, durch einen umfassenderen Europäischen Emissionshandel (EU ETS), eine gemeinsame europäische Mobilitäts- und Energiepolitik, nachhaltige Landwirtschaft und eine EU-Biodiversitätsstrategie den European Green Deal mit Leben zu füllen. Die EU muss beim Klimaschutzes globale Vorreiterin werden.

Ein umfassender, zukunftsweisender EU- Emmissionshandel

Der Europäische Emissionshandel ist eine tragende Säule auf dem Weg der EU in eine klimaneutrale Zukunft und muss noch stärker ausgebaut werden. Momentan fallen ungefähr 45% der Treibhausgasemissionen der EU unter den Emissionshandel. Im Vergleich mit anderen Ländern ein beachtlicher Wert, für eine nachhaltige Zukunft allerdings deutlich zu wenig. Der EU ETS schuf im Jahr 2005 den ersten internationalen Emissionshandel und wird 2021 in seine vierte Handelsperiode eintreten. In den vorherigen Phasen wurde zu Recht häufig der zu niedrige CO2- Preis kritisiert, was aber jetzt ab 2021 korrigiert wird und wodurch nachhaltige Technologien relativ kosteneffizient werden. Für eine Investition in kohlenstoffarme Technologien ist dabei sowohl ein angemessen hoher Preis der Zertifikate als auch eine langfristige Zukunftsperspektive notwendig. Langfristig sollte der Preis für Emissionen dabei den Folgekosten entsprechen, welche aktuell bei ca. 180 Euro liegen. Viele Investitionen, wie die in neue Hochöfen, werden nur im Abstand mehrerer Jahrzehnte getätigt. Folglich muss jetzt eine große Sicherheit geschaffen werden, dass klimaförderliche Investitionen sich auszahlen. Dies gilt nicht nur für die bereits jetzt im EU ETS inkludierten Sektoren, sondern auch für andere wichtige Sektoren, wie den Transportsektor. Verkehr hat den zweitgrößten Anteil an den Emissionen innerhalb der EU nach der Stromerzeugung und es ist mit großer Sorge zu betrachten, dass die Reduktion der Treibhausgase in diesem Sektor gegen Null geht. Ein Bereich der Mobilität, der Seeverkehr, fand dabei zu wenig Beachtung. Wir benötigen klare Vorschriften für den Seeverkehr durch eine neu ausgearbeitete EU- Verordnung, die die bisherigen Vorschriften überprüft und ausweitet. Besonders im Güterbereich spielt der Seeverkehr eine Schlüsselrolle, da fast 90 % des externen Frachtverkehrs der EU auf dem Seeweg abgewickelt werden. Die EU geht davon aus, dass der Gütertransport bis 2050 um 100 % zunimmt, sodass der Seeverkehr im gleichen Zeitraum für 17 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich sein wird. Eine Einbindung dieser Sektoren in den EU ETS ist deshalb auf lange Sicht unabdingbar.

Eine europäische Energiewende

Der EU ETS ist zentraler Bestandteil der europäischen Energiewende. Eine effizientere und richtungsweisende Bepreisung von CO2 alleine wird allerdings nicht ausreichen, um alle klimapolitischen Probleme zu lösen. Ohne die notwendige Infrastrukturen, wie eine europäische Wasserstoffwirtschaft, besser integrierte Stromnetze, eine umfassende Digitalisierung oder eine stärkere Sektorkopplung wird dem Klimawandel nicht erfolgreich begegnet werden können. Diese Infrastrukturen müssen für maximale Effektivität europäisch gedacht werden. Wir haben eine einmalige Chance den Wandel hin zu einer Dekarbonisierung des Energiemarktes gemeinsam zu gestalten. Ein Verpassen dieser Gelegenheit wird zu einem fragmentierten, ineffizienten Markt führen und zu einem unüberwindbaren Hindernis auf dem Weg zur Erfüllung der Klimaziele der EU werden. Bei der Bildung eines gemeinsamen Energiemarktes muss der Fokus dabei auf erneuerbaren Energien liegen. Durch die Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren am Strommix entstehen natürlich neue Herausforderungen, so müssen stärkere Schwankungen ausgeglichen werden. Dafür ist es notwendig Speichermöglichkeiten weiterzuentwickeln. Hierfür ist insbesondere die Speicherung durch klimaneutrale Gase, wie z.B. grünem Wasserstoff in großer Skalierung sinnvoll.

Schaffung einer nachhaltigen Europäischen Kreislaufwirtschaft

Würden alle Menschen der Erde leben wie die Bürger*innen der Europäischen Union, dann bräuchte es pro Jahr ca. 2,8 Erden um den enormen Ressourcenbedarf der Bevölkerung zu stillen. Nur etwa 12% der verbrauchten Ressourcen gelangen durch Wiederverwendung in den Produktionszyklus. Würde der Lebenszyklus eines Produkts bis zu seiner endgültigen Entsorgung durch Wiederverwendung oder Recycling verlängert werden, so würde auch der Ressourcenverbrauch und die materielle Abhängigkeit der EU abnehmen. Somit müssen sich Produktions- und Verbrauchsmuster ändern. Dazu braucht es die richtigen Preissignale und Strategien innerhalb der EU, um ihre Wirtschaft zukunftsfähig zu machen. Zu diesem Zweck verabschiedete die Europäische Kommission am 11.03.2020 einen neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft innerhalb der EU, einer der Hauptbestandteile des Europäischen Green Deals. Dieser enthält Maßnahmen

über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts, um die europäische Wirtschaft zukunftsfähig und umweltschonender zu gestalten. Europäische Unternehmen geben im Schnitt 40% ihrer Ausgaben für Materialien aus. Hier würde ein geschlossenes Kreislaufmodell erheblich zu ihrer Rentabilität beisteuern und vor Preisschwankungen schützen. In der EU werden jährlich 2,5 Mrd. Tonnen Abfall erzeugt. Diese Menge könnte durch die Einführung einer Kreislaufwirtschaft erheblich gesenkt werden. Es ist untragbar, dass die EU in den letzten 10 Jahren Millionen Tonnen Abfälle in Nicht-EU-Länder ausgeführt hat. Die Europäische Union sollte in der Lage sein, sich selbst um ihre Abfälle zu kümmern. Somit sollte die EU nicht nur Verantwortung für Umweltschutz innerhalb ihrer Grenzen übernehmen, sondern hat auch Rechenschaft zu tragen, wenn es um Berührungspunkte mit dem Ausland geht.

Biodiversität & nachhaltige Landwirtschaft

Eine ganzheitliche Strategie zur Bekämpfung der Klimakatastrophe in Form des Schutzes unseres Ökosystems, einer nachhaltigen Bewirtschaftung und Düngung der Böden und der Erhaltung der Biodiversität wäre ein maßgeblicher Schritt, um dafür zu sorgen, dass die enorm vom Klima abhängige Landwirtschaft auch in der Zukunft gute Bedingungen für das (Über-)Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen schafft. Durch die Covid-19-Pandemie wurde abermals die Wichtigkeit einer erhöhten Biodiversität und Landwirtschaft aufgezeigt, da diese sowohl die ökonomischen als auch ökologischen Folgen begrenzen und abfedern. Gerade in unsicheren Krisenzeiten, wie diesen, sind wir alle auf eine stabile und nachhaltige Landwirtschaft angewiesen, die eine sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittelversorgung garantiert. Angefangen bei unserer wertvollsten Ressource, dem Wasser. Durch die massenhafte Ausbringung von Gülle in der Landwirtschaft wird in einigen EU-Ländern, insbesondere Deutschland, der Nitratwert von 50mg/l immer wieder überschritten. Die Verseuchung des Grundwassers mit Nitrat durch Verstöße gegen die EU-Richtlinien stellt nicht nur ein Gesundheitsrisiko für Menschen dar, sondern schädigt auch Gewässer und Tiere durch die Umwandlung zu giftigem Nitrit. Deshalb fordern wir eine strengere Kontrolle zur Gewährleistung der Einhaltung der Nitratwerte durch die EU Kommission. Die Farm-to-Fork Strategie der EU-Kommission zielt auf die Förderung und den Ausbau einer ökologischen Landwirtschaft ab und will bis 2030 ein Viertel des EU Ackerlandes für die ökologische Landwirtschaft nutzen. Dies trägt weiter zur Senkung der Nitratwerte bei, da weniger Gülle ausgebracht werden muss und wirkt sich somit positiv auf die Umwelt aus. Bereits 2006 wurde der “Aktionsplan der Europäischen Union zur Stärkung der Biodiversität” verabschiedet, um eine Vielfalt der Ökosysteme zu garantieren, vom Aussterben bedrohte Tierarten zu schützen und die genetische Vielfalt aller Lebewesen zu sichern. Jedoch kommt es aufgrund von durch den Menschen verursachten Umweltzerstörungen,-verschmutzungen und -schäden zu einem stark beschleunigten Biodiversitätsverlust, der das Aussterben von zahlreichen Tierarten, Entwaldung und Abnahme der Fischbestände bewirkt.

Dadurch sind für die Arzneigewinnung wichtige Pflanzen und Wasserorganismen, die entscheidend zur Lebensmittelsicherung beitragen, bedroht. Außerdem kann die natürliche Bodenfruchtbarkeit, die bei dem Problem der Überdüngung der Böden, Abhilfe schaffen könnte, nicht erhöht werden.

Nachhaltige Mobilität 

Aufgrund des steigenden Bedarfs an Personen- und Güterverkehr brauchen wir in Europa Mobilitätslösungen, die unsere Umwelt schützen, eine schnelle, einfache sowie komfortable Verbindung schaffen und für jeden Menschen erschwinglich sind. Eine freie europäische Mobilität ist für die JEF Deutschland eine der Kernerrungenschaften der EU und muss unbedingt für gegenwärtige und zukünftige Generationen bewahrt, nachhaltiger gestaltet und ausgebaut werden. Unter den zunehmenden technologischen Möglichkeiten können besonders im Bereich Mobilität und Verkehr gegenwärtig hohe Klimaemissionen eingespart werden. Der Verkehr im urbanen Raum ist beispielsweise häufig geprägt durch einen geringen Verkehrsfluss und muss effizienter und nachhaltiger gestaltet werden. Hierzu bedarf es ein Mobility-as-a-Service-Konzept (MaaS), um Individualverkehr mit öffentlichen Transportmitteln deutlich stärker zu verbinden. Wir benötigen eine öffentliche, europäische Plattform, welche grenzüberschreitende und nachhaltige Mobilität unterstützt, indem sie Transportmöglichkeiten und Verkehrsverbünde miteinander verknüpft. Zusätzlich dazu müssen bestehende Netze nachhaltiger Mobilität ausgebaut werden, um im europäischen Raum Anreize für den Umstieg von Flugverkehr auf nachhaltige Mobilität zu schaffen. Dafür braucht es bessere Zugverbindungen zwischen den großen Städten der EU, die erneute Etablierung von Nachtzügen, ein konkurrenzfähiges Güternetz und die Förderung neuer Strecken genauso wie die Förderung von Fahrradstraßen in Städten sowie in Grenzregionen.

Wir können dabei viel voneinander lernen und müssen eine Plattform etablieren, die einen Austausch von Best Practices ermöglicht.

Die JEF Deutschland fordert die europäischen Institutionen, die EU- Mitgliedstaaten und die Bundesregierung dazu auf,

  1. sich langfristig für einen jegliche Sektoren umfassenden europäischen Emissionshandel einzusetzen und insbesondere die Sektoren Mobilität, Seeverkehr und Wärme weit vor 2030 zu inkludieren,
  2. durch eine stetig zunehmende Begrenzung der CO2-Zertifikate, Anreize zur Investition in nachhaltige Zukunftstechnologien zu schaffen,
  3. schnellstmöglich Grenzausgleichsmaßnahmen einzuführen, um die
    Abwanderung von Industriezweigen in Länder mit geringeren Klimaschutzstandards zu verhindern und gleichzeitig internationale Anreize zu ambitionierterem Klimaschutz zu kreieren,
  4. innerhalb der international Schifffahrtsorganisation weiter auf die Einführung von Verboten von bestimmten klimaschädlichen Kraftstoffen und der Reduzierung von Emissionen hinzuarbeiten und klimafreundliche Schiffskraftstoffe und Technologien zu födern,
  5. eine nachhaltige europäische Energiewende voranzutreiben und die dafür notwendige Infrastruktur wie eine europäische Wasserstoffwirtschaft und stärker integrierte Stromnetze aufzubauen,
  6. einen geeinten europäischen Energiemarkt zu schaffen und eine stärkere Integration der Standards zu forcieren,
  7. nur noch klimaneutrale Projekte zu subventionieren und dem Europäischen Parlament eine stärkere Kontrolle bei der Fördermittelvergabe einzuräumen,
  8. den Anteil der kreislauforientiert verwendeten Materialien in den kommenden 10 Jahren auf mindestens 50% zu steigern,
  9. für eine substantielle Reduktion der Müllexporte ins EU-Ausland zu sorgen,
  10. eine einheitliche Abfallwirtschaft und einheitliche Recyclingvorschriften zu schaffen,
  11. eine präsente, einheitliche Kennzeichnung von Produkten einzuführen, um eine höhere Sichtbarkeit von nachhaltigen Herstellungsweisen zu gewährleisten,
  12. die EU-Grundwasserrichtlinie (GWRL) und der Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen einzuhalten und die Einhaltung des Nitratwerts von 50mg/l strenger zu kontrollieren,
  13. tiergerechte Haltung zu subventionieren, Massentierhaltung zu reduzieren und die EU-Düngeverordnung zu verschärfen,
  14. die EU Biodiversitätsstrategie und den dazugehörigen Aktionsplan zu implementieren, spezielle Schutzbezirke zur Bienenzucht auszuweiten und zu vergrößern und die Lebensmittelsicherheit durch Umsetzung der “From- Farm-to-Fork”- Strategie zu stärken,
  15. ein MaaS (Mobility as a Service)-Konzept einzuführen, das den Verbraucher bzw. die Verbraucherin durch eine öffentliche, europäische Plattform bei einer schnellen, klimafreundlichen sowie grenzüberschreitenden Mobilität unterstützt und Verkehrsverbünde und Transportmöglichkeiten abbildet und verknüpft, wobei insbesondere neue grenzübergreifende Verkehrsstrukturen zu fördern sind,
  16. einen besseren Austausch bezüglich Best-Practice zwischen den Ländern anzustreben und eine europäische Plattform auf Basis eines Open-Data- Ansatzes zu schaffen, die den Austausch von Daten, das Lernen voneinander und somit den Aufbau einer effizienten und nachhaltigen öffentlichen Infrastruktur fördert,
  17. die Eingliederung von mehr Sprinterzügen zwischen den großen europäischen Städten sowie die Förderung bestehender Nachtzugverbindungen und neuer Verbindungen innerhalb Europas voranzutreiben,
  18. ein leistungsstarkes europäisches Güternetz aufzubauen,
  19. und Fahrradstraßen in europäischen Städten und insbesondere in Grenzregionen aufzubauen und zu fördern.
BundessekretariatEU als Vorreiterin beim Klimaschutz
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Europäischen Flugverkehr regulieren im Sinne der Umwelt

Bundesausschuss, 30.11.19

Europäischen Flugverkehr regulieren im Sinne der Umwelt

Beschluss im Wortlaut:

Nachdem in den letzten Jahren die Folgen der Klimakrise immer deutlicher wurden ist es essentiell eine klare und starke europäische Klimapolitik zu verfolgen. Da ein großer Anteil des CO₂-Ausstoßes auf den Verkehrssektor zurückzuführen ist sollte jede Klimaschutzbemühung der EU vor allem dort ansetzten. Von all den möglichen Transportmittel, die EU Bürger*innen benutzten, um sich innerhalb des Unionsgebiet fortzubewegen, ist das Flugzeug das klimaunfreundlichste Beförderungsmittel. Im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln wird im Flugverkehr pro Personenkilometer teils ein Vielfaches an CO2 ausgestoßen. Um hier den CO₂-Anteil stark zu reduzieren sollte die EU den Luftverkehr wie folgt regulieren:

  • Kerosin für Flüge innerhalb der EU darf nicht mehr staatlich subventioniert werden, sondern muss – wie andere fossile Treibstoffe – besteuert oder gleichwertig bepreist werden.
  • Fluglinien müssen eine CO2-Abgabe entrichten. Die Höhe der Abgabe und Nutzung des eingenommenen Geldes sollen innerhalb der EU einheitlich geregelt werden.
  • Kurzstreckenflüge sollten durch eine Abgabe, die umso höher ausfällt, je kürzer die Distanz der Strecke ist, teurer werden.
  • Forschungsprojekte, welche an Alternativen für Kerosin forschen, sollen gezielt gefördert werden. Die Entwicklung alternativer Kraftstoffe und nachhaltiger Mobilitätslösungen soll gefördert werden.
  • Die EU muss global eine Vorreiterrolle in der Bepreisung des Flugverkehrs einnehmen. Für startenden und landende Flüge aus Drittstaaten sollen Abgaben in gleicher Höhe wie für Flüge innerhalb der EU erhoben werden, sofern und soweit der Herkunfts- bzw. Zielstaat keine entsprechenden Abgaben erhebt.

Um den Flugverkehr zu reduzieren, soll der Zugverkehr in Europa durch folgende Maßnahmen gefördert werden:

  • Deutliche Investitionen in das europäische Fernverkehrsnetz insbesondere im Hinblick auf Interoperabilität, mit dem Ziel der Schaffung eines europaweiten integralen Taktfahrplans im Fernverkehr
  • Europaweite Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Personenschienenverkehr
  • Schließung infrastruktureller Lücken im Schienennetz an nationalen Grenzen
  • Weitere verbindliche Vereinheitlichung technischer Systeme unter Aufsicht der EU.
BundessekretariatEuropäischen Flugverkehr regulieren im Sinne der Umwelt
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Stellungnahme zur brasilianischen Regenwaldpolitik im Zusammenhang mit dem EU-Mercosur Freihandelsund Assoziierungsabkommen

Bundeskongress, 13.10.19

Stellungnahme zur brasilianischen Regenwaldpolitik im Zusammenhang mit dem EU-Mercosur Freihandelsund Assoziierungsabkommen

Beschluss im Wortlaut:

Am 28. Juni 2019 erreichten die vier Mitgliedstaaten des südamerikanischen Wirtschaftsblocks Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) und die Europäische Union nach 20 Jahre andauernden Verhandlungen eine politische Einigung über ein Freihandelsabkommen (FTA), das im Falle seiner Ratifizierung den Grundstein für die größte Freihandelszone der Welt legen würde. Der Einigung über ein FTA war im Juni 2018 bereits eine Einigung über ein Assoziierungsabkommen (AA) vorausgegangen, das Prinzipien und Mittel einer engeren politischen Kooperation etabliert. Das ausgehandelte FTA- und AA-Paket bedarf nun noch der Zustimmung durch die Parlamente der Mitgliedstaaten sowie durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat.

Gleichzeitig vollzieht sich in Brasilien eine besorgniserregende umweltpolitische Wende, die den Schutz der Regenwälder den Interessen der Agrarindustrie feilbietet. So sind in Brasilien allein im Jahr 2019 hunderte Quadratkilometer Regenwald einer populistischen Politik zum Opfer gefallen, die kurzfristige Absatzmärkte höher schätzt als die Zukunft unseres Planeten. Die über 70.000 Regenwaldbrände allein im Jahr 2019 waren in den meisten Fällen das Produkt absichtsvoller Rodungen der Agrarindustrie, die von der Regierung des Präsidenten Jair Bolsonaro aktiv unterstützt werden. Mit der weitestgehenden Beseitigung von Zöllen auf Importe  landwirtschaftlicher Erzeugnisse wie Soja und Rindfleisch würde das FTA weitere Anreize für die Fortsetzung bzw. den Ausbau dieser Praxis schaffen.

Die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland rufen daher alle an der Ratifizierung beteiligten Akteure dazu auf, ihr Abstimmungsverhalten nicht nur von aus dem FTA erwachsenden wirtschaftlichen Vorteilen, sondern – insbesondere mit Blick auf die verheerende Situation der brasilianischen Regenwaldbestände – von dessen umweltpolitischen Implikationen abhängig zu machen.

Ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten wäre sicherlich aus vielerlei Gründen wünschenswert. Die im Kontext des sino-amerikanischen Handelskonflikts geschwächte europäische Industrie würde von den durch das Abkommen geschaffenen neuen Absatzmärkten profitieren – mit positiven Begleiterscheinungen für Wirtschaftswachstum und davon abhängige Arbeitsplätze. Daneben könnte die EU mit der Ratifizierung des Abkommens dem US-amerikanischen Protektionismus in beispielhafter Weise Paroli bieten und ihre Verteidigung des regelbasierten internationalen Freihandels unter Beweis stellen.
Auch von ihrem Systemkonkurrenten China könnte sich die EU mit dem Abkommen absetzen: So stagniert bzw. sinkt derzeit das zwischen der EU und den Ländern des Mercosur ausgetauschte Handelsvolumen (2015: 100 Mrd. €; 2018: 87 Mrd. €) unter anderem, deswegen, weil China der EU dort Konkurrenz macht. 2017 löste China die EU sogar als wichtigsten Handelspartner des Mercosur ab (chinesischer Anteil am Handel mit den Staaten des Mercosur 2018: 24,1 %; EU: 20,1 %; USA: 14,4 %). Mit der Abschaffung von Zöllen auf 91 % der europäischen Exporte in die Länder des
Mercosur, insbesondere auf Industriegüter wie Autos, Maschinen, Pharmazeutika oder Textilien, und der Öffnung des Mercosur-Marktes für das öffentliche Beschaffungswesen, würde das FTA der EU also in Zeiten weltwirtschaftlicher Unwägbarkeiten neue Wachstumspotentiale eröffnen, die Möglichkeit für ein Bekenntnis zum Multilateralismus bieten und gegenüber ihrem chinesischen (System-)Konkurrenten erhebliche Vorteile bringen.

Doch zu welchem Preis? Im Gegenzug zur weitestgehenden Abschaffung von Zöllen auf europäische Industriegüter sieht das Abkommen die Abschaffung europäischer Zölle auf 92 % der aus den Ländern des Mercosur in die EU exportierten Güter vor – und damit vornehmlich auf Agrarprodukte wie Soja und Rindfleisch. Zwar sind in
dem FTA für sogenannte „sensible landwirtschaftliche Güter“ beschränkte Zollkontingente, quotenbezogene Zölle, Produktsegmentierung und weitere
Schutzinstrumente angedacht, jedoch können diese nicht darüber hinwegtäuschen, dass das FTA der (in den Ländern des Mercosur von multinationalen Konzernen dominierten) Landwirtschaft neue Absatzmärkte in der EU eröffnen würde, die den hiesigen – vergleichsweise familiären Agrarbetrieben – potentiell substantiell gefährliche Konkurrenz machen würde.

Dies beträfe nicht nur die hiesige landwirtschaftliche Produktionsstruktur, sondern auch Fragen der Ernährungssicherheit. Den aus unserer Sicht bedeutungsschwersten Posten auf der Rechnung nimmt allerdings die umweltpolitische Dimension des Abkommens ein. Zwar enthält das FTA auch Kapitel zu Umweltschutz und verpflichtet die Vertragsparteien zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens, doch sind die Regeln nur im Rahmen eines Konsultativprozesses durchsetzbar. Diese  Durchsetzbarkeit hat sich in der Vergangenheit als nicht effektiv erwiesen. Die von der
Herabsetzung bzw. dem gänzlichen Wegfall von auf agrarwirtschaftliche Produkte erhobenen Zöllen ausgehenden Anreize zur weiteren Rodung der Regenwälder allerdings beruhen auf tarifären und nichttarifären Regeln für den bilateralen Handel, die von der jeweils anderen Vertragsseite wirksam durchgesetzt werden können. Diese stehen unserer Meinung nach jedoch den Zielen des Pariser Abkommens diametral gegenüber, da sie Anreize zur weiteren Regenwaldrodung schaffen. Wir sehen daher den Schutz der grünen Lunge unserer Erde durch das Abkommen gefährdet.

Erschwerend hinzukommt, dass die von der brasilianischen Agrarindustrie vorgenommenen Rodungen auch vor den Rechten indigener Bevölkerungsgruppen nicht Halt machen.

Wir, als Junge Europäische Föderalisten, finden: Die wirtschaftlichen Vorteile eines FTA mit Mercosur können seine katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt nicht  ausgleichen. Die EU darf sich der in Brasilien vorherrschenden Logik, die kurzfristige Absatzchancen über die langfristige Gesundheit unseres Planeten stellt, nicht fügen, sondern muss sich ihr mit ihrem ganzen Gewicht entgegenstemmen. Wenn die EU auf internationaler Ebene die Verteidigerin nicht bloß des Freihandels, sondern auch der umweltpolitischen Weitsicht sein will, so muss sie den sicherlich schwierigeren, aber auf lange Sicht einzig richtigen Weg in Richtung einer internationalen Wirtschaftsordnung einschlagen, die Umwelt-, Arbeits- und Menschenrechtsstandards ins Zentrum rückt. Sie muss es sich leisten können, kurzfristige Absatzmärkte zugunsten des Werbens für diesen Zweck hintanzustellen. Gegenüber den USA und China kann sie sich nur mit der Ablehnung des Abkommens, wie es jetzt ist, als
glaubwürdiger Anführer einer multilateralen, humanen und nachhaltigen Wirtschaftsordnung positionieren.

Das EU-Mercosur FTA ist noch nicht in Kraft getreten. Dafür muss es noch vom Europäischen Parlament, von den im Europäischen Rat vertretenen Regierungen sowie von den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Wir rufen daher alle an der Ratifizierung Beteiligten dazu auf, das Abkommen in seiner jetzigen Form zu stoppen und um geeignete Sanktionsmechanismen zu ergänzen. Nicht, weil wir gegen eine stärkere Zusammenarbeit mit den Mercosur-Ländern wären – das AA findet darin unsere volle Unterstützung – sondern, weil wir der Meinung sind:“ durch
„weiterhin Druck auszuüben und weitere verbindliche Umweltstandards auszuhandeln, denn: FTAs müssen mit Weitblick ausgehandelt werden, nicht mit Blick auf kurzfristige Wachstumspotentiale. Das Abkommen muss vielmehr einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen werden, damit darin enthaltene Umweltschutzstandards nicht bloß schmückendes Beiwerk, sondern fundamentale Voraussetzung für mehr Handel sind. Die EU kann durch ihre Handelspolitik dazu beitragen, dass Umweltkapitel in Freihandelsabkommen effektiv durchgesetzt und eingeklagt werden können. Der bisher verfolgte Kurs des politischen Prozesses reicht nicht aus. Wir fordern die EU daher auf, ihrer umweltpolitischen Verantwortung nachzukommen und für eine effektive Durchsetzung des Umweltkapitels im Mercosur-Abkommen zu sorgen.

BundessekretariatStellungnahme zur brasilianischen Regenwaldpolitik im Zusammenhang mit dem EU-Mercosur Freihandelsund Assoziierungsabkommen
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Artificial Intelligence and Robotics: Calling for an EU policy framework to foster public benefit and security

65. Bundeskongress in Halle (Saale), 13.10.18

Artificial Intelligence and Robotics: Calling for an EU policy framework to foster public benefit and security

Beschluss im Wortlaut:

In March 2018, the European Commission (hereon referred to as the EC) has set up a group of experts and stakeholders on artificial intelligence in order to draw up a proposal for guidelines on AI ethics.

In this resolution, artificial intelligence (AI) is defined as any system that is performing a task on its own authority based on available data as being able to adapt in accordance with that data.

The aim of this resolution is to encourage the European Commission, the European Council, the Council of the EU, the European Parliament and the Economic and Social Council (henceforth referred to as EU institutions) to speed up the legislation process and to set up stable guidelines, that assure that technological development serves public benefit.

JEF Germany,

Believing in the potential of these new technologies to transform lives and work practices in Europe, by increasing efficiency of and benefits in production industry, commerce, transport, farming, health care, medical care, and education;

Aware of the impact of artificial intelligence and robotics on all parts of society;

Recognising that increased data availability, facilitated through public structures, optimises AI and robotics;

Noting further that the existing European legislation and policies are neither sufficient nor applicable on robotic and artificial intelligence;

Drawing attention to the lack of regulation on robotics including but not limited to product liability and responsibility for malfunction, harmful action, omission or other damages caused by a robot in the European legal framework;

Claiming the need for European institutions and member states to enact on liability and responsibility concerns;

Noting the personalisation of health care by the implementation of artificial intelligence and robots in medicine and care;

Deeply concerned about the existing legal vacuum on the topic of artificial intelligence;

Knowing that our economic system drives for automation of repetitive tasks in every sector including medical, legal and advising services, and creative industry;

JEF Germany, therefore,

Calls for an appropriate involvement of AI and robotics into the existing social welfare systems by taxing the companies replacing physical human jobs by AI or robotics;

Reaffirms the need for ECs support of training and education on digital technologies at all career stages for instance through subsidised/tax-incentivised on-the-job training and encouraging extending financial support thereof (e.g. EASI);

Stresses the need for EU institutions to implement ethical standards on artificial intelligence and robotics into European legal framework;

Underlines the importance of a cautious and gradual implementation of AI when health and security are at stake, in order to determine potential opportunities and risks;

Calls for the establishment of common and clear legal definitions in the domain of AI;

Re-emphasises the importance of raising awareness on AI and robotics to the general public and implementing these topics in all levels of education;

Recommends economic and social mechanisms for the support of livelihood during the transition due to automation;

Calls for a decentralised European control and registration system for AI and robotics;

Draws attention to the needs of public policy to support a strategy, that everyone can benefit from AI and big data innovations;

Recognises the success of scientific institutions (e.g. ESA) supported by the EC, endorse the establishment of an analogous body for the implementation and further development of AI for large-scale public projects;

Welcomes the European institutions effort to support small and medium size businesses in the field of AI and robotics structurally and financially, potentially as private sector partners to the European bodies referenced in the clause above.

This resolution shall be introduced by JEF Germany at the next Federal Committee Meeting or alternatively at the next European Congress.

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