Bundesausschuss 02.-04.12.2023
“Sky is not the Limit” – Für eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik
Beschluss im Wortlaut:
Schon seit Urzeiten ist der Nachthimmel von besonderer Bedeutung für die Menschheit. Während er früher vor allem zur Orientierung und Zeitmessung genutzt wurde, weshalb weltweit Sternenkonstellationen auch eine hohe mythische Bedeutung haben, ist die Nutzung des Weltalls heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Neben praktischen Anwendungen wie GPS oder Satelliteninternet ermöglicht der Kosmos physikalische Grundlagenforschung beispielsweise durch die Beobachtung ferner Sterne und Galaxien. In den kommenden Jahren wird die Nutzung des Raums jenseits unserer Atmosphäre weiter zunehmen, insbesondere durch Produktionsprozesse in der Schwerelosigkeit, die weitere Vernetzung der Erde und auch die Renaissance der bemannten Raumfahrt.
Die Weltraumpolitik baute in den vergangenen Jahrzehnten auf eine enge internationale Kooperation, die jedoch jetzt zunehmend schwindet. Wir sehen daher die Notwendigkeit, die Autonomie der EU im Rahmen der Weltraumpolitik zu sichern. Der zunehmenden Militarisierung des Weltraums, insbesondere des erdnahen Orbits, muss Rechnung getragen werden. Dafür muss sich Europa für die konsequente Durchsetzung von Verboten für die Stationierung von (nuklearen) Waffensystemen im Orbit einsetzen. Die Unverletzbarkeit überlebenswichtiger dual-use Systeme zur Kommunikation und Navigation muss gewährleistet sein. Noch lässt sich eine neuerliche Rüstungsspirale im Weltraum durch multilaterale Regelwerke beschränken. Dafür ist es nötig, dass Europa nicht nur reaktiv handelt, sondern mit Führungsanspruch vorangeht.
Auch wenn angesichts neuer Herausforderungen eine stärkere europäische Politik gefordert wird, bleibt internationale Kooperation von entscheidender Bedeutung für die Weltraumpolitik. Viele Herausforderungen wie Fragen der Flugbahnen, der Versorgung, der Ressourcenverteilung oder der Entfernung von Weltraumschrott können nicht von einzelnen Staaten alleine gelöst werden. Die Europäische Union sollte sich deswegen weiterhin entschieden für eine tiefere Kooperation im Weltraum einsetzen und auch Vorschläge für einen internationalen Ordnungsrahmen geben. Dazu gehört insbesondere ein neues umfassendes Weltraumübereinkommen sowie die Gründung einer internationalen Organisation, die praktische Fragen des Weltraumrechts regeln und durchsetzen kann.
Denn anders als der Luftraum ist der Weltraum kaum reguliert. Jede Nation und jedes private Unternehmen kann, sofern die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, Satelliten, Raumsonden oder anderweitige Objekte in die Erdumlauahn bringen.
Es braucht daher einen effektiven Regulierungsrahmen. Wir fordern insbesondere eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik und ein europäisches Weltraumgesetz.
Eine gemeinsame EU-Weltraumpolitik erfordert zunächst eine Koordination der bestehenden nationalen Strategien und Politiken sowie die Stärkung der ESA. Dann müssen die finanziellen Mittel, die heutzutage in den Mitgliedstaaten unabhängig und unkoordiniert ausgegeben werden, endlich aufeinander abgestimmt und gebündelt werden. In den letzten Jahren hat sich durch private Akteure gezeigt, dass die staatliche Weltraumindustrie deutlich hinter den technischen Möglichkeiten zurückliegt. Hier müssen europäische Hidden Champions stärker in die Projekte der ESA eingebunden und auch Start-ups gefördert werden, um privatwirtschaftliche Alternativen zu schaffen. Noch verfügt Europa über umfangreiches Know-How und technische Fertigkeiten.
Ein europäisches Weltraumgesetz muss sich dabei der folgenden Herausforderungen annehmen:
- Anerkennung der Weltraumressourcen als Allgemeingut der Menschheit
- Gerechte Verteilung der Weltraumressourcen
- stabile Rahmenbedingungen für private Unternehmen
- Ermöglichung und Förderung nachhaltiger Investitionen
- Vermeidung von Weltraumschrott, Verpflichtung zur Müllentsorgung und zur Haftung
- Regelung von Import aus und Export in den Weltraum
- Schutz der Umwelt des Weltraums unter anderem vor Kontaminierung