Der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine – eine Zeitenwende für die EU

Bundesausschuss, 12.03.22

Der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine – eine Zeitenwende für die EU

Beschluss im Wortlaut:

Die Europa-Union Deutschland und Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland verurteilen den Angriffskrieg des russischen Präsidenten, Wladimir Putin, auf das Schärfste. Wir stehen solidarisch an der Seite der Ukraine und ihrer Bevölkerung, über die dieser Krieg unsägliches Leid bringt, sowie auch all derjenigen, die sich in Russland und Belarus für Frieden, Demokratie und Freiheit einsetzen.

Die Gräuel des Krieges und das unermessliche Leid der Menschen in der Ukraine sind ein erneuter Tiefpunkt in der europäischen Geschichte und ein Rückschlag in den Bemühungen um eine dauerhafte Friedensordnung in Europa. Vor mehr als 70 Jahren haben sich mutige Frauen und Männer auf den Weg gemacht, nach den Schrecknissen zweier Weltkriege und des Nazi-Terrors ein neues Europa zu aufzubauen. Diese „vertiefte Gemeinschaft unter Völkern (…), die lange Zeit durch blutige Auseinandersetzungen entzweit waren“, wie es im Vertrag zu Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl von 1952 hieß, ist auf der Anerkennung der Freiheit und der Selbstbestimmung der Völker, von Demokratie und Menschenrechten gegründet.

Der Angriff Putins auf die Ukraine ist eine Absage an alles, wofür die europäische Idee steht, und daher eine Zeitenwende für Europa. Dieser Krieg ist ein Krieg gegen alle Menschen in Europa, die in Frieden leben wollen, und auch gegen eine liberale Weltordnung, die Demokratie und den Frieden in Europa und der Welt. Der Krieg bedeutet vor allem eine humanitäre Krise für alle Menschen in der Ukraine und daher müssen wir vornehmlich diesen Menschen jetzt helfen.

Der Schrecken des Krieges in der Ukraine macht andererseits die Notwendigkeit für die Weiterentwicklung und Stärkung der EU umso dringlicher. Langfristig bedeutet er, dass wir unsere europäische Friedens- und Sicherheitsordnung umgestalten müssen. Mit dem Angriffskrieg Russlands werden die Bündnis- und Zukunftsinteressen vieler europäischer Staaten neu geordnet: sie sehen ihre Zukunft jetzt noch viel mehr in der EU. Die EU als zentrale Friedensorganisation muss daher auch der Ukraine, Georgien und der Republik Moldau eine realistische Beitrittsperspektive eröffnen. Außerdem müssen die Staaten auf dem Westbalkan, die bereits den Status eines Beitrittskandidaten oder potenziellen Beitrittskandidaten innehaben, gerade jetzt noch stärker an die europäischen Strukturen angebunden werden, um in absehbarer Zeit eine realistische Beitrittsperspektive zu erhalten.

Der Krieg mitten in Europa führt uns Bürgerinnen und Bürgern in der EU erneut vor Augen, dass der Zustand des friedlichen und konstruktiven Miteinanders keine Selbstverständlichkeit ist, sondern immer wieder neu errungen werden muss. Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte können am besten durch eine starke und handlungsfähige Europäische Union geschützt und bewahrt werden.

Im Hertensteiner Programm von 1946 heißt es „Nur die Europäische Union wird in der Lage sein, die Unversehrtheit des Gebietes und die Bewahrung der Eigenart seiner Völker, größer oder kleiner, zu sichern.“

Vor diesem Hintergrund fordern die Europa-Union Deutschland und die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland:

  • die zügige Prüfung weiterer Sanktionen gegen den russischen Aggressor, um dessen Ressourcen zeitnah zu erschöpfen
  • die Fortsetzung der Bemühungen um eine Waffenruhe und echte Friedensverhandlungen auf allen Ebenen und mit aller Intensität;
  • humanitäre Hilfe vor Ort, Flüchtlingsaufnahme und eine Lebensperspektive für die geflüchteten Menschen in Europa;
  • weitere finanzielle Hilfen und Waffenlieferungen an die Ukraine;
  • eine enge politische Zusammenarbeit mit den legitim gewählten Regierungen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien für eine glaubwürdige EU-Beitrittsperspektive dieser Länder sowie für deren Anbindung an die europäische Wertegemeinschaft. Die sofortige Prüfung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen durch die Europäische Kommission soll Priorität haben, um realistische Wege für diese Perspektive zu finden.
  • die Entwicklung und Umsetzung eines konkreten Plans zur zeitnahen Integration der Ukraine in weitere EU-Programme, zur schrittweisen Teilnahme am Binnenmarkt und der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie zur engeren Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres;
  • die Entwicklung eines Wiederaufbauplans einschließlich eines EU-Fonds für die Ukraine für die Zeit nach dem Krieg;
  • Anklage aller Verantwortlichen dieses Angriffskrieges vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag;
  • Die Russische Föderation soll die Opfer dieses Angriffskrieges entschädigen;
  • weitere Verfolgung der Ziele: Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik, Stärkung des Außenbeauftragten (Vertretung bei den VN etc.) und des Europäischen Auswärtigen Dienstes EAD, schrittweise Schaffung einer echten Verteidigungsunion, erster Schritt gemeinsame Beschaffung aller Waffensysteme (in enger Abstimmung mit der NATO), Stärkung des Europäischen Parlaments etc.
  • die Stärkung der gemeinsamen Sicherheitspolitik durch einen europaweit koordinierten Ausbau militärischer Kapazitäten mit kompatiblen Systemen, die den Übergang zu gemeinsamen Einsätzen erleichtern;
  • massive europaweite Investitionen in die Entwicklung von Energiespeichertechnologien, um mittelfristig die Abhängigkeit von Öl- und Gas exportierenden Staaten zu erreichen
  • die Schaffung eines Gemeinsamen Asylsystems mit solidarischem Verteilungsmechanismus und gemeinsamen Verfahren und Grenzmanagement;
  • eine Initiative für eine globale Koalition der Demokratien.
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Für europäische Geschlechtergerechtigkeit

Bundesausschuss, 12.03.22

Für europäische Geschlechtergerechtigkeit

Beschluss im Wortlaut:

In Deutschland, Europa und überall auf der Welt sehen sich Frauen, Lesben, inter Personen, nicht-binäre Menschen, trans Personen und agender Personen (FLINTA) zahlreichen Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen ausgesetzt. Wir stehen als demokratischer Jugendverband für die Gleichstellung aller Menschen ein und wollen daher für europäische Geschlechtergerechtigkeit eintreten. Dementsprechend möchten wir in diesem Antrag auf die Lebenswirklichkeit eben dieser Menschen aufmerksam machen, indem wir ökonomische, politische und soziale Gerechtigkeit fordern.

Ökonomische Gerechtigkeit

Die Corona-Pandemie hat erneut verdeutlicht, wie fragil die Lage der FLINTA auf dem Arbeitsmarkt ist und dass sie in den systemrelevanten Berufen deutlich die Mehrheit bilden. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) stellt fest, dass die Corona-Pandemie die Gleichberechtigung um Jahrzehnte zurückgeworfen hat. 136,5 Jahre soll es laut dem WEF noch dauern, bis die Gleichberechtigung der FLINTA weltweit erreicht wird. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) hat festgestellt, dass 2,2 Millionen Frauen während der Coronakrise ihren Job verloren haben, und dass Frauen ebenfalls hauptsächlich an der unbezahlten Care-Arbeit sowie am Homeschooling der Kinder beteiligt waren. Für Arbeitnehmer*innen bedeutet dies entweder eine Doppelbelastung oder eine Zurückstellung beruflicher Ambitionen. In der Covid-Pandemie wurde darüber hinaus ein signifikanter Anstieg der partnerschaftlichen Gewalt gegen Frauen festgestellt, wobei die Dunkelziffer noch deutlich höher sein dürfte.

Auch in anderen Bereichen legt die Pandemie Diskriminierung aufgrund des Geschlechts offen, indem FLINTA stärker als sonst benachteiligt werden. Laut dem Statistischen Bundesamt verdienen Frauen beispielsweise in Deutschland im Schnitt 18% weniger als Männer. In Europa liegt der Durchschnitt bei 14,1%. In gut bezahlten Positionen sind FLINTA besonders unterrepräsentiert. In europäischen Unternehmen beträgt ihr Anteil an Führungspositionen 37%. Um die Lebensstandards der FLINTA in der EU zu verbessern, müssen europaweite Mindeststandards eingeführt werden, an denen sich die EU-Mitgliedstaaten orientieren müssen.

Unterschiedliche Standards gibt es auch im Hinblick auf die Elternzeit. Aufgrund der unzureichenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung sind FLINTA in vielen europäischen Staaten häufig dazu gezwungen, über die Elternzeit hinaus und ohne angemessene finanzielle Anerkennung die Kinderbetreuung zu übernehmen.

Eine besonders große Belastung stellt in vielen Teilen Europas außerdem die Rentenarmut dar, von der FLINTA fast überall stärker betroffen sind. Außerdem liegt der Rentenbetrag von Frauen in ganz Europa durchschnittlich 30% unter dem von Männern.

Daraus ergeben sich für uns folgende Forderungen:

  • Stärkung des EIGE,;
  • Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen den Geschlechtern;
  • gleicher Lohn für gleiche Arbeit sowie allgemeine Stärkung von FLINTA in der Berufswelt;
  • Angleichung der Elternzeit;
  • Verringerung des Einkommens- und Rentengefälles;
  • Förderung der Erwerbsbeteiligung von FLINTA;
  • Finanzielle Anerkennung der Care-Arbeit;
  • Schutz vor Ausbeutung; und
  • Förderung der Frauen in Führungspositionen und in den Vorständen von börsennotierten Unternehmen.

Politische Gerechtigkeit

Die Repräsentation von FLINTA in der Politik hat sich zwar über die letzten Jahre hinweg verbessert, jedoch ist die Teilhabe von FLINTA in der Politik noch lange nicht gleichberechtigt. So hat sich im EU-Parlament der Anteil von Frauen auf 40,4% erhöht, in den meisten europäischen Ländern ist der Anteil jedoch deutlich geringer. Lediglich Schweden schafft es mit einem Frauenanteil von 49,6% zu einem nahezu paritätischen Parlament. In allen anderen EU-Ländern sind FLINTA in den Parlamenten unterrepräsentiert, dies meistens sogar sehr deutlich. Dies zeigt, dass nicht nur die EU, sondern auch alle Mitgliedstaaten weiter unerlässlich der Benachteiligung von FLINTA entgegenwirken müssen.

Neben der politischen Teilhabe der FLINTA muss auch ihre europäische zivilgesellschaftliche Partizipation weiter gestärkt werden. Es ist essentiell, dass FLINTA mehr Einfluss auf Entscheidungsprozesse nehmen können. Hierfür muss die EU zusammen mit den Mitgliedstaaten einstehen und zu einer Veränderung der Strukturen beitragen, sodass FLINTA eine Chance auf gleichberechtigte Teilhabe erhalten.

Daraus ergeben sich für uns folgende Forderungen:

  • Stärkung der zivilgesellschaftlichen Partizipation von FLINTA;
  • Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in Entscheidungsprozessen;
  • Förderung der FLINTA für Führungspositionen in der Europäischen Kommission und in allen anderen europäischen Institutionen und Agenturen;
  • Geschlechtergerechtigkeit, die unterschiedliche Lebensrealitäten von FLINTA bei politischen Entscheidungen berücksichtigt und diese zum Leitprinzip allen auswärtigen Handels macht;
  • Folgenabschätzung der Politik hinsichtlich der Auswirkungen auf FLINTA und andere von Diskriminierung betroffene Gruppen;
  • stärkere finanzielle Förderung der Entwicklungszusammenarbeit für Projekte mit dem hauptsächlichen Ziel der Geschlechtergerechtigkeit; und
  • Stärkung der Rechte der LGBTQIA+.

Soziale Gerechtigkeit

Diskriminierung erfahren FLINTA auch im Bereich der Gesundheit. Laut Schätzungen des Europäischen Parlaments kann sich eine von zehn FLINTA in Europa keine Hygieneartikel leisten. Während einige Länder Hygieneartikel als Grundbedarf anerkannt und die Steuer gesenkt haben, ist dies in vielen europäischen Mitgliedstaaten nicht der Fall.

In der Medizin und Forschung galt für die längste Zeit der männliche Körper als Maßstab. Das heißt unter anderem, dass Medikamente an Männern getestet wurden. Heute wissen wir, dass Medikamente bei FLINTA und Männern unterschiedlich wirken. Außerdem haben FLINTA bei manchen Krankheiten, wie z.B. einem Herzinfarkt, andere Symptome als Männer. Auch im Hinblick auf Mehrfachdiskriminierung erleben FLINTA Diskriminierung im Gesundheitswesen, z.B. fehlt FLINTA mit Behinderung der gleichberechtigte Zugang zu reproduktiven Gesundheitsleistungen.

Schwangerschaftsabbrüche sind von Land zu Land mit unterschiedlichen Hürden verbunden. In manchen Mitgliedstaaten, wie Polen, sind sie ganz verboten. In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche lediglich “straffrei” und werden somit noch immer kriminalisiert. Dieser gesellschaftliche Druck durch die Illegalität und Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen führt zu einer starken psychischen Belastung für die Betroffenen. Die Reise in Länder mit liberalen Schwangerschaftsabbruchgesetzen sowie die Kosten des Eingriffs selbst sind zudem mit einer hohen finanziellen Belastung verbunden und für viele FLINTA in prekären Situationen nicht realisierbar. Insbesondere junge FLINTA im Alter zwischen 18-25 Jahren, die in Deutschland die meisten Schwangerschaftsabbrüche durchführen lassen, wird durch die finanziellen und psychischen Belastungen das Recht auf Unversehrbarkeit ihres Körpers und ihr Recht auf Selbstbestimmung extrem eingeschränkt.

Vor allem die äußerste Form der Gewalt muss bekämpft werden. Femizide, also die Tötung von FLINTA aufgrund ihres Geschlechts, werden oft nicht als solche erfasst, sondern als Familien- oder Beziehungsdramen verschleiert. Laut einer UN-Studie wurden im Jahr 2017 3.000 Femizide in Europa verzeichnet, die von den Partnern oder Familienangehörigen verübt wurden. Deutschland ist in absoluten Zahlen vorne mit dabei. Viele Fälle häuslicher Gewalt bleiben undokumentiert.

Adoptionen sind in vielen europäischen Ländern weiterhin ein Privileg für heterosexuelle Cis-Paare. In fünfzehn EU-Mitgliedsstaaten ist es gleichgeschlechtlichen Paaren nicht erlaubt, gemeinsam ein Kind zu adoptieren. Weiterhin ist es in einigen dieser Länder für gleichgeschlechtliche Paare noch immer unmöglich zu heiraten. Daraus folgt, dass queere Menschen und Paare innerhalb der EU unterschiedlich stark in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt sind.

Daraus ergeben sich für uns folgende Forderungen:

  • Bekämpfung der Periodenarmut;
  • EU-weite Verringerung geschlechtsspezifisch-diskriminierender Mechanismen in der Medizin und gleichberechtigter Zugang zu medizinischer Versorgung sowie die geschlechtsspezifische Kontrolle von Arzneimitteln durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA);
  • Schutz von sexuellen und reproduktiven Rechten;
  • Dekriminalisierung der prinzipiellen Möglichkeit zu Schwangerschaftsabbrüchen und Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die EU-Gesundheitsstrategie;
  • Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt sowie Schutz und Unterstützung für die Opfer;
  • Anerkennung der unterschiedlichen Lebensrealitäten sowie Mehrfachdiskriminierungen von FLINTA und entsprechende Berücksichtigung bei politischen Entscheidungen;
  • finanzielle Förderung für Frauenhäuser und NGOs, die über häusliche Gewalt und Femizide aufklären und Betroffene unterstützen; und
  • Adoptionen erleichtern, besonders auch für homosexuelle Paare.

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„Parlamentarier:innen-Pendeln“ beenden – Konzentration zentraler Institutionen der Europäischen Union an einem Ort

Bundesausschuss, 04.12.21

„Parlamentarier:innen-Pendeln“ beenden – Konzentration zentraler Institutionen der Europäischen Union an einem Ort

Beschluss im Wortlaut:

Das Europäische Parlament besitzt aufgrund historischer Gründe mit Brüssel, Straßburg und Luxemburg heute drei verschiedene Arbeitsorte. Zwischen all diesen Sitzen finden nun monatlich eine Vielzahl an kostenintensiven Reisen statt, insbesondere zwischen den beiden Arbeitsorten Brüssel und Straßburg. In Straßburg finden dabei jährlich zwölf jeweils viertägige Plenarsitzungen statt, wohingegen die Ausschüsse und Fraktionen des Parlamentes in Brüssel tagen, wo zudem bis zu sechsmal im Jahr zweitägige Plenartagungen abgehalten werden. Aufgrund der hohen finanziellen sowie ökologischen Kosten dieses „Pendels“ der Parlamentarier*innen und ihrer Mitarbeiter*innen fordern wir Jungen Europäischen Föderalisten die Europäische Union zur Umsetzung folgender Veränderung auf:

  • Die zentralen Institutionen der EU, die an der Gesetzgebung beteiligt sind, sollen möglichst an einem Ort angesiedelt werden um einerseits schnellen und effizienten Austausch untereinander zu gewähren und andererseits klimaschädliches und finanziell teures Pendeln zu vermeiden
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Der Umgang der EU mit China als Wirtschaftsmacht

Bundesausschuss, 04.12.21

Der Umgang der EU mit China als Wirtschaftsmacht

Beschluss im Wortlaut:

Im Jahr 2020 hat China erstmals die USA als größten Handelspartner der EU abgelöst. In fast allen exportorientierten Wirtschaftszweigen ist es unmöglich ohne China als Handelspartner auszukommen. Aus diesem Grund wurde jahrelang an einem Investitionsabkommen zwischen der EU und China gearbeitet. Nach der kürzlichen Verschlechterung der Beziehungen, unter anderem aufgrund chinesischer Sanktionen gegen Abgeordnete des Europäischen Parlaments, die sich gegen die Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in China ausgesprochen haben, liegt das Abkommen jedoch auf Eis.

Gleichzeitig baut der chinesische Staat seinen Einfluss auf dem europäischen Kontinent weiter aus. In seinem Projekt der “Neuen Seidenstraße“ finanziert China große Infrastrukturprojekte auch in EU-Staaten und bringt diese dabei in gefährliche Abhängigkeiten von chinesischen Kapitalgebern.

Für die EU ist es also wichtig eine Antwort auf die immer größere wirtschaftliche Bedeutung Chinas zu finden. Die JEF Deutschland befürwortet den Abbau von Handelshemmnissen und stärkeren wirtschaftlichen Austausch auch als Möglichkeit europäische Werte in anderen Ländern zu fördern. Das jüngste Verhalten Chinas wirft jedoch Zweifel an dessen Vertragstreue auf, weshalb ein Handelsabkommen “um jeden Preis” nicht wünschenswert ist. Europäische Werte dürfen nicht zu Verkauf stehen.

Daher fordert die JEF Deutschland:

  1. Die Knüpfung des Investitionsabkommens zwischen der EU und China an die Bedingungen:
    1. der Einhaltung menschen- und umweltrechtlicher Standards in China sowie der Wahrung von Arbeitnehmer*innenrechten in China
    2. die faire Behandlung europäischer Unternehmen in China
  2. Die verbindliche Einbeziehung von menschen-, umwelt- und arbeitsrechtlichen Standards und die Durchsetzung dieser Regelungen durch die Festlegung von konkreten Sanktionen. Diese sollen eine schnelle Handlungsfähigkeit der EU bei Verstößen Chinas ermöglichen.
  3. Eine klare Strategie der Europäischen Union bei der Bereitstellung finanzieller Mittel (insbesondere beim Wiederaufbau nach der Coronakrise), die eine Antwort auf chinesische Einflussnahme bei Infrastrukturprojekten in der EU darstellt. Das Ziel sollte der Aufbau bzw. Erhalt europäischer Kompetenzen insbesondere im Bereich der kritischen Infrastruktur (u.a. Strom- und Datennetze, Wasserversorgung etc.) sein.
  4. Gleichzeitig muss die EU, unter der Verpflichtung Chinas zur Einhaltung und tatsächlichen Durchsetzung der internationalen Menschenrechte, weiter eng mit China zusammenarbeiten. Insbesondere bei den Themen Klimaschutz und Gesundheitspolitik sind globale Lösungsansätze alternativlos.
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Für europaweiten Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt

Bundesausschuss, 04.12.21

Für europaweiten Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt

Beschluss im Wortlaut:

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen muss ein zentrales Anliegen der Europäischen Union werden. Die JEF Deutschland begrüßt, dass die EU-Kommission mit einer ersten EU-Kinderrechtsstrategie 2021 europaweit Kinderrechte stärken möchte und fordert die zeitnahe und umfangreiche Umsetzung der darin enthaltenen Rechte zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Um diese gewährleisten zu können, fordert die JEF Deutschland die europaweite Implementierung folgender Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor jeglicher Art von psychischer, körperlicher und insbesondere sexualisierter Gewalt:

  • den europaweiten Ausbau von dezentralen 24/7 Anlaufstellen für Opfer von Gewalt im Kindes- und Jugendalter sowie die Förderung von intensiver psychologischer Betreuung;
  • die Schaffung bzw. die Unterstützung von staatlichen Institutionen zum Thema Kindeswohl, wie etwa den Arbeitsstab des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland;
  • den Ausbau der Zusammenarbeit europäischer Strafverfolgungsbehörden und Polizeistellen;
  • die Etablierung einer kindgerechten Justiz und die Ratifikation des Europäischen Übereinkommens über die Ausübung von Kinderrechten des Europarats durch alle EU-Mitgliedstaaten und die EU;
  • die Ausweitung von Aufklärungsarbeit für Kinder und Jugendliche über ihre Rechte sowie Resilienzförderung, um ihre Widerstandskräfte zu stärken;
  • die Sensibilisierung von Pädagog*innen und anderen Betreuungs- und Ansprechpersonen für Gewalt an Kindern und Jugendlichen sowie für den Umgang mit Betroffenen in Bildungs- und Freizeiteinrichtungen. Dies soll durch Aufklärungsarbeit auf europäischer, regionaler und lokaler Ebene, wie z.B. Kampagnen, Weiterbildungskurse oder Aufklärung an Schulen, geleistet werden;
  • Aufklärungsarbeit staatlicher und öffentlicher Institutionen über Intersektionalität im Hinblick auf Kinder- und Jugendschutz;
  • Bekämpfung von Kinderhandel, Kinderprostitution, Kinderarbeit, Kinder-, Zwangs- und Scheinehen sowie anderen Formen von Ausbeutung;
  • den Schutz der körperlichen Unversehrtheit von Kindern- und Jugendlichen, unter anderem durch Unterbindung von Genitalverstümmelungen und von geschlechtsverändernden Operationen bei intergeschlechtlichen Kindern;
  • die wirksame Bekämpfung von Mobbing und Diskriminierung im Internet, z.B. indem IKT-Unternehmen (Informations- und Kommunikationstechnologie-Unternehmen) dabei stärker in die Pflicht genommen und zur Verantwortung gezogen werden.

 

Darüber hinaus fordern wir den Bundesvorstand auf, zu prüfen, inwieweit Teamer*innen im Rahmen der Bildungsarbeit der JEF Deutschland und ihrer Unterorganisationen zum Thema Kindeswohlgefährdung sensibilisiert werden können.

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Mehr Zug in Europa – “Europäisches Jahr der Schiene 2021” als Impuls nutzen

Bundesausschuss, 04.12.21

Mehr Zug in Europa – “Europäisches Jahr der Schiene 2021” als Impuls nutzen

Beschluss im Wortlaut:

Mit immer neuen Temperaturrekorden bleibt der Klimawandel weiter im Mittelpunkt der Medien. Mit dem vorübergehenden Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen verbleibt die EU als wichtigster Taktgeber im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien ist die Verkehrspolitik eine wichtige Stellschraube, um die EU-Ziele der CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen.

 

Mit noch ungeklärten Problemen, wie Ladenetzen und Rohstoffverbrauch sind Elektroautos allein hierfür nicht das Patentrezept. Aus diesem Grund hat die Kommission 2021 zum “Europäischen Jahr der Schiene” erklärt. Ziel dessen ist, die Bahn als Verkehrsmittel zu fördern. Kampagnen und weitere Aktionen sollen Bürger*innen wie Unternehmen dazu ermutigen, bevorzugt mit dem Zug zu reisen.

 

Die JEF Deutschland befürwortet diesen Schritt und sieht es als wichtig an, diese Initiative auch über 2021 als Impuls zu nutzen, um Zugverkehr auf europäischer Ebene zukünftig stärker zu fördern. Dazu gehören:

 

  1. Die europaweite Senkung von Preisen für Zugfahrten, insbesondere für junge Menschen. Dies könnte auch durch – wie von der Kommission angestrebt – eine europaweite Liberalisierung des Bahnverkehrs erreicht werden. Anstrebenswert wäre auch die Einführung von europaweit gültigen Rabattkarten für Vielfahrer.
  2. Die Rückgängigmachung der im Frühjahr 2021 verabschiedeten Beschneidung der Fahrgastrechte durch Einführung einer force majeure-Klausel. Dies würde bedeuten, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen auch dann für Verspätungen eine Entschädigung an Fahrgäste leisten müssen, wenn äußere Umstände wie höhere Gewalt oder Einwirkungen von Dritten ursächlich für die Verspätung sind, so wie es auch das Europäische Parlament im Gesetzgebungsverfahren forderte.
  3. Der Ausbau der europaweiten Schieneninfrastruktur im Zuge der Transeuropäischen Netze (TEN-T) für einen umweltfreundlichen grenzüberschreitenden Personen- und Gütertransport. Dazu zählen besonders die Einführung des einheitlichen Zugsicherungssystems European Train Control System (ETCS) sowie der Bau von zusätzlichen Umschlagterminals, um einen modalen Wechsel von Straßen- zu Schienengüterverkehr zu fördern.
  4. Der Ausbau von Direktverbindungen zwischen benachbarten europäischen Hauptstädten.
  5. Das Gleichziehen Deutschlands mit vorbildlichen Staaten wie Luxemburg, der Schweiz oder Österreich in Bezug auf Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Deutschland muss zudem seine besondere Rolle durch die zentrale geografische Lage wahrnehmen.
  6. Die Kompetenzerweiterung der European Union Agency for Railways (ERA), insbesondere zur Erreichung von Interoperabilität.
  7. Die Neuerung der Intelligent Transport Systems (ITS) Directive. Die EU muss Bahnunternehmen der Mitgliedstaaten zum besseren Austausch von Daten, die für die Ticketbuchung relevant sind, verpflichten sowie eine Rechtsgrundlage für multimodales Ticketing schaffen.
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Eine Europäische Agentur für politische Bildung!

Bundesausschuss, 20.03.2021

Eine Europäische Agentur für politische Bildung!

Beschluss im Wortlaut:

Die Grundaufgabe politischer Bildung ist es, mündige und demokratiebewusste Bürger*innen zu bilden, die selbstbestimmt den vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit begegnen können. Damit ist politische Bildungsarbeit immer auch als demokratische Bildungsarbeit zu verstehen und folglich eine essentielle Säule wehrhafter Demokratien und offener Gesellschaften. Dies gilt nicht nur in Deutschland, wo die Bundeszentrale für politische Bildung diese Rolle bereits übernimmt, sondern auch in Europa.

Wir beobachten, dass die Lebensrealität vieler Europäer*innen längst nicht mehr nur innerhalb von nationalstaatlichen Räumen stattfindet. Der gemeinsame Binnenmarkt, der Schengenraum, die Europawahl oder Erasmus+ tragen alle dazu bei, Grenzen nicht nur physisch, sondern auch in den Köpfen der Menschen zu überwinden und das Verständnis von Europa als Gemeinschaft zu fördern. Zugleich beobachten wir mit Sorge, dass – auch unter dem Eindruck komplexer globaler, regionaler und lokaler Krisen – Populismus, Extremismus und Ressentiments gegen Demokratie, die Europäische Union und ein friedliches Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft wachsen.

Politische Bildung besteht nicht in allen europäischen Staaten unmittelbar als Institution und fehlt auf europäischer Ebene gänzlich. Existiert politische Bildung allein auf nationalstaatlicher Ebene, besteht immer die Gefahr, dass sie sich allein an nationalen Interessen orientiert und nur nationale politische Systeme in den Blick nimmt. Ein gemeinsames Verständnis über die Europäische Union, deren Aufbau, Institutionen und Funktionsweise sowie Demokratie, Föderalismus und Partizipation in einem vielfältigen und vereinten Europa kann sich im jetzigen System ohne gemeinsame europäische politische Bildung kaum entwickeln.

Wir setzen uns dafür ein, politische Bildung in Europa zeitgemäß und gemeinsam zu organisieren. Zusammenleben in Europa und die Europäische Union sind unsere Gegenwart und Zukunft. In einer stetig zusammenwachsenden Union ist es uns deshalb wichtig, dass grundlegendes Wissen über die europäischen Institutionen sowie ihre Aufgaben und Funktionen vermittelt wird.

Aber europapolitische Bildungsarbeit geht weit über die reine Wissensvermittlung hinaus. Es geht darum, Europäer*innen dazu zu befähigen, sich aktiv und kritisch mit dem politischen System, in dem sie leben, auseinanderzusetzen. So betont auch der 16. Kinder- und Jugendbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend explizit, dass insbesondere junge Menschen die Möglichkeiten erhalten müssen, sich aktiv für Europa, die europäische Solidarität und die europäische Integration einzusetzen und sich zugleich mit europäischen Entwicklungen auch kritisch zu beschäftigen.

Es gilt also, europapolitische Bildungsarbeit gezielt zu fördern. Als JEF Deutschland schließen wir uns daher der Forderung nach einer Europäischen Agentur für politische Bildung (EAPB) an.

Eine solche Agentur sollte

  • einen klar definierten Auftrag haben, um europäische politische Bildung zu ermöglichen und zu entwickeln 
  • sich sowohl an junge Menschen richten als auch lebenslanges Lernen unterstützen 
  • wissenschaftlich ausgewogen informieren 
  • sich nicht auf parteipolitische Stellungnahmen, sondern auf die Vermittlung von Fakten und Zusammenhängen konzentrieren. 
  • die Vielfalt der europäischen Staaten und ihrer Systeme repräsentieren 
  • unabhängig sein, sich aber klar an den in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union aufgeführten Werten orientieren 
  • dem Europäischen Parlament als der Bürgerkammer berichtspflichtig sein. 
  • mit anerkannten Bildungsinstitutionen kooperieren
claraEine Europäische Agentur für politische Bildung!
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Wir brauchen nicht nur die Konferenz, sondern einen Konvent zur Zukunft Europas!

Bundesausschuss, 20.03.2021

Wir brauchen nicht nur die Konferenz, sondern einen Konvent zur Zukunft Europas!

Beschluss im Wortlaut:

Nach langen Verhandlungen bringen Europäische Kommission, Europäisches Parlament und der Rat der Europäischen Union die Konferenz zur Zukunft Europas auf den Weg. Die Organe der Europäischen Union werden gemeinsam den Vorsitz einnehmen und ein Exekutivdirektorium übernimmt die Steuerung der Konferenz. Es ist eine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, die wir zwar begrüßen, die aber dennoch hinter unseren Erwartungen zurückbleibt und viele Fragen offen lässt. So wird etwa die Einbeziehung der Zivilgesellschaft sowie junger Menschen explizit genannt – doch bleibt die konkrete Form deren Einbindung in der gemeinsamen Erklärung weitestgehend unklar.

Wir haben bereits im März 2020 gefordert, dass die Konferenz zur Zukunft Europas keine Zuhörübung werden darf. Diese Forderung ist heute aktueller denn je. Es ist unerlässlich, dass europäische Bürger*innen und die organisierte Zivilgesellschaft in den kommenden Monaten eine wichtige Rolle in der Gestaltung der Zukunftskonferenz spielen werden. Auch müssen die Ergebnisse der Debatte zu verbindlichen Resultaten führen. Andernfalls droht der Anspruch der Bürger*innenbeteiligung, zu einer Farce zu verkommen. Dabei ist im Kontext der Pandemie die Notwendigkeit für Reformen der Europäischen Union überdeutlich geworden. Damit Europa vor dem Hintergrund vielfältiger Herausforderungen für die Zukunft gerüstet ist, müssen wir jetzt die Weichen für eine ambitionierte Neugestaltung der bestehenden Institutionen der Europäischen Union stellen.

Wir fordern daher:

Die Konferenz zur Zukunft Europas muss in einen Konvent zur Zukunft Europas münden!

Seit dem Europäischen Konvent 2002-03 wurde nicht grundlegend über die Zukunft der Europäischen Union debattiert. Noch nie konnten Bürger*innen ihre Vision einer gemeinsamen europäischen Zukunft formulieren und in den politischen Entscheidungsprozess einbringen.

Damals wie heute gilt: Eine institutionelle Neugestaltung der Europäischen Union zur Bewältigung jetziger und künftiger Herausforderungen ist unabdingbar! Vor dem Hintergrund zunehmend illiberaler und antidemokratischer Tendenzen mitten in Europa, wachsender geopolitischer Bedrohungen, längst überfälliger Reformen hin zu einer humanitären Asyl- und Migrationspolitik, zunehmender Herausforderungen von Digitalisierung und nachhaltigem Wirtschaftswachstum, des sich zuspitzenden Klimawandels sowie einer wachsenden sozialen Fragmentierung in der europäischen Gesellschaft, steht das jetzige politische System der Europäischen Union vor einem Wendepunkt. Wenn es zu keiner grundlegenden Neugestaltung der Europäischen Union kommt, wird der Druck dieser Wandlungsprozesse die Zukunft des europäischen Zusammenhalts gefährden. Daher muss sich die Zukunftskonferenz der Frage nach dem Ziel und dem Zweck der Europäischen Union stellen und einen Aufbruch in eine demokratische, gemeinsame und nachhaltige Zukunft ermöglichen.

Forderungen an den Europäischen Konvent

Im Jahr 2003 verfolgte der vergangene Europäische Konvent das Ziel, die Europäische Union transparenter und demokratischer zu machen. Die Ergebnisse des Verfassungskonvents wurden als Optionen und Empfehlungen den Staats- und Regierungschefs vorgelegt. Die letzte Entscheidung über die Verwirklichung der Konventsergebnisse oblag damit dem Europäischen Rat. Bedauerlicherweise scheiterte der letzte Konvent an Referenden in Frankreich und den Niederlanden. Der anschließende Vertrag von Lissabon nahm zwar einige der vorher vereinbarten Reformen auf, blieb jedoch hinter den Erwartungen und Hoffnungen des Konvents zurück. Daher müssen wir hieraus Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Die nationalen Regierungen müssen sich dazu bekennen, die Ergebnisse der Zukunftskonferenz in konkrete politische Entscheidungen zu überführen. Ein geeignetes Format ist hierbei ein erneuerter europäischer Verfassungskonvent. Ausgehend von den Ergebnissen der Zukunftskonferenz muss er eine Verfassung erarbeiten, die letztlich auf den Willen der Bürger*innen zurückgeht. Dieses Format ermöglicht zum einen die Umsetzung der Ergebnisse, die in Diskussionen und Gesprächen über die Zukunft Europas im Austausch mit den Ideen der Bürger*innen entstehen werden. Zudem entwickelt der Konvent die skizzierten Ideen der Zukunftskonferenz zu konkreten Maßnahmen weiter.

 

Die Rolle der Jungen Europäischen Föderalist*innen

Wir fordern eine bedeutende Rolle für die organisierte Zivilgesellschaft in der Zukunftskonferenz – auch für die Jungen Europäischen Föderalist*innen. Die organisierte Zivilgesellschaft arbeitet seit Jahren an Konzepten, wie die Europäische Union der Zukunft aussehen soll. Daher wollen wir gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen als feste Partner*innen in die Konferenz eingebunden sein. Die Mitwirkung muss den Zugriff auf Informationen und Mitgestaltungsmöglichkeiten umfassen, denn wir möchten die Debatten konstruktiv mitgestalten. Die JEF sowie weitere Vertreter*innen der organisierten Zivilgesellschaft sollen darüber hinaus offiziell als Expert*innen zu institutionellen Reformen und weiteren Themen eingebunden werden. Die umfängliche Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft kann auch im Laufe der Konferenz noch erreicht werden, etwa indem sich die JEF zur*m beständigen Partner*in und Berater*in der Bürgerräte etabliert.

Die JEF wird sich dafür einsetzen, die Zukunftskonferenz durch ihre beständige Prozessbegleitung und ihre konstruktive Kritik zu einer Plattform werden zu lassen, die widerstreitende Meinungen zulässt, die organisierte Zivilgesellschaft verbindlich und ergebnisoffen einbindet sowie Vertragsänderungen nicht ausschließt und vor allem in einem anschließenden Konvent mündet. Im Geiste von über 70 Jahren “just a generation ahead” setzen wir uns dafür ein, unsere demokratische, europäische und föderale Zukunft mitzugestalten – Europäischer Konvent, jetzt!

claraWir brauchen nicht nur die Konferenz, sondern einen Konvent zur Zukunft Europas!
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Kulturellen Genozid an uigurischer Minderheit Chinas stoppen

Bundesausschuss, 07.11.20

Kulturellen Genozid an uigurischer Minderheit Chinas stoppen

Beschluss im Wortlaut:

Die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland verurteilen den kulturellen Genozid an den Uigur*innen in China und setzen sich dafür ein, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten im vollständigen Rahmen ihrer Möglichkeiten auf eine Beendigung der Diskriminierung der Uigur*innen in China hinwirken.

Im November 2019 geleakte Akten belegen, wie umfassend Chinas Staatsgewalt die uigurische Minderheit insbesondere in der autonomen Provinz Xinjiang verfolgt und massenhaft diskriminiert. Die chinesische Regierung leugnet seither Lager und Repression gegen Uigur*innen in der chinesischen Volksrepublik. Dennoch legen Recherchen internationaler Medien und Rechercheverbünde nahe, dass Uigur*innen in großer Zahl ohne rechtsstaatliches Verfahren zu Umerziehungszwecken in Lagern interniert, misshandelt und zu Zwangsarbeit gezwungen werden. Darüber hinaus findet eine systematische Überwachung des Alltags der in der Provinz Xinjiang lebenden Uigur*innen statt.

Die Europäische Union trägt historische Verantwortung, sich kompromisslos für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit einzusetzen. Prinzipien, wie Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Menschenrechte und Minderheitenschutz stehen im Zentrum der europäischen Idee. Die EU als Wertegemeinschaft sollte diese Werte sowohl intern als auch extern verteidigen.

Durch enge wirtschaftliche Verflechtungen profitieren Mitgliedstaaten der EU und aus ihr stammende Unternehmen zudem von den politischen Bedingungen innerhalb Chinas.

Wir setzen uns bei politischen Vertreter*innen der Europäischen Union sowie ihrer Mitgliedstaaten dafür ein, auf die Beendigung der geschilderten Zustände in der Provinz Xinjiang hinzuwirken.

Wir fordern:

  • Eine Verordnung in der Wirtschaftsgesetzgebung, die eine mittelbare oder unmittelbare Beteiligung von EU-Firmen an Zwangsarbeit in China sanktioniert.
  • Ein Ersuchen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen durch die Mitgliedsstaaten der EU, um eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe in der Provinz Xinjiang einzuleiten.
  • Politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen Beteiligte am kulturellen Genozid in der Volksrepublik China.
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Für ein demokratischeres Europa – für ein echtes europäisches Wahlrecht

Bundesausschuss, 07.11.20

Für ein demokratischeres Europa – für ein echtes europäisches Wahlrecht

Beschluss im Wortlaut:

Der Bundeskongress der JEF möge beschließen:

1) Einen Antrag in dieser Sache für den nächsten Bundesausschuss der EUD Deutschland einzureichen.

2) Dass der Bundesvorstand die Inhalte dieses Antrags innerhalb der Europa-Union Deutschland aktiv vorantreibt.

Inhaltlicher Teil:

Die JEF nimmt zur Kenntnis, dass für das Wahlrecht zum Europäischen Parlament bislang nur die in Artikel 14 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) definierten allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze gelten und die konkrete Umsetzung bisher den Mitgliedstaaten durch nationale Wahlgesetze überlassen ist.

Die JEF nimmt weiterhin zur Kenntnis, dass bislang kein einheitliches Wahlrecht nach Artikel 223 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV) existiert, ein solches nur bei Einstimmigkeit der Mitgliedsstaaten im Rat beschlossen werden kann und die Mitgliedstaaten nach ihren eigenen verfassungsrechtlichen Bestimmungen zustimmen müssen; in Deutschland ist etwa die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat notwendig.

Die JEF nimmt zur Kenntnis, dass das Vorschlagsrecht des Europäischen Parlaments für einen solchen Rechtsakt de facto wertlos ist, da jeder Mitgliedstaat ein Vetorecht hat.

Die JEF fordert: bei einer Reform der EU-Verträge muss Art. 223 AEUV dahingehend abgeändert werden, dass ein gemeinsames Wahlrecht für das Europäische Parlament auf Vorschlag des EP mit qualifizierter Mehrheit der Mitgliedstaaten im Rat beschlossen werden kann.

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