Bundeskongress, 15.10.22
Solidarität mit unterdrückten Menschen im Iran!
Beschluss im Wortlaut:
Zhina (Mahsa) Amini wurde von der sogenannten Moral- oder Sittenpolizei für das Nichtbefolgen der Hijab-Pflicht in der Öffentlichkeit in Teheran festgenommen und getötet. Unter dem Motto „Woman. Life. Freedom.“ sind seit dem 14. September in 100 iranischen Städten Proteste ausgebrochen. Seit dem 21. September hat das Regime das Internet stark eingeschränkt und die Protestierenden zu erheblichen Teilen von der Welt abgeschnitten.
Sowohl Männer als auch Frauen verbrennen zum Protest öffentlich Hijabs, schneiden ihre Haare ab, demontieren Plakate der politischen Elite und fordern unter anderem die Absetzung des Regimes, die Zerschlagung der religiös-ideologischen Elite unter dem Slogan: „Mullah, geh heim“ und “Tod dem Diktator”. Gleichzeitig fordert die iranische Zivilbevölkerung, für die eine Teilnahme an den Protesten höchst gefährlich ist, die Weltöffentlichkeit auf, die Ereignisse in die Welt zu tragen und ihre Stimme, stellvertretend für all jene, die durch Todesangst, Erpressung, Isolation und Verhaftung nicht dazu in der Lage sind, zu erheben. Hiervon sind insbesondere die unterdrückten und rechtlich diskriminierten Frauen betroffen.
Die Situation im Iran ergibt einen besonderen Handlungszwang, da Deutschland der größte Handelspartner Irans in Europa ist, eine traditionell gute Beziehung zum Iran pflegt (seit 1859 durch Freundschafts- und Handelsvertrag Hamburg) und für 180.000 Iraner*innen (zweite Generation bereits nicht berücksichtigt) eine Heimat darstellt.
Als Jugendverband, der sich
- für einen föderalen europäischen Bundesstaat zum Ausbau und dem Erhalt von Frieden und Rechtsstaatlichkeit einsetzt,
- für eine gemeinsame feministische Außenpolitik als Teil einer föderalen Außenpolitik stark macht
- den Weltföderalismus und eine regelbasierte internationale Weltordnung als weitergehendes Ziel anstrebt,
solidarisieren wir uns daher mit den Protestierenden und unterdrückten Menschen, insbesondere den Frauen, im Iran.
Um dem klar formulierten Hilferuf der Regimegegner*innen gerecht zu werden, erheben wir daher stellvertretend die Stimme gegenüber dem menschenverachtenden, misogynen Regime in Teheran. Wir richten unsere Forderungen stellvertretend an die deutsche Bundesregierung und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten.
Sanktionierung des Regimes und Unterstützung der Zivilbevölkerung.
Die Bundesregierung muss im Rahmen ihrer Außenpolitik einen besonderen Fokus auf die Überwindung unmittelbarer und struktureller Gewalt gegenüber Frauen und weiteren marginalisierten Gruppen legen. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, folgende Forderungen konsequent zu vertreten und um deren Unterstützung bei den Regierungen der Mitgliedstaaten der EU zu werben. Wir fordern:
- Die Freilassung aller Frauen und weiteren Personen, die verurteilt wurden, weil sie Gleichberechtigung fordern oder in Folge der Proteste inhaftiert wurden.
- Die Erlassung einer Amnestie für die Frauen und weiteren Personen, die verurteilt wurden, weil sie Gleichberechtigung und Freiheit fordern.
- Die Aufhebung des Kopftuchzwangs.
- Die Freilassung aller Europäer:innen mit doppelter Staatsangehörigkeit, die von dem Regime als Geiseln gehalten werden.
- Den Stopp aller Hinrichtungen im Iran (insbesondere der Hinrichtung von queeren Personen).
- Alternative Internetzugänge zu fördern, um die Zivilbevölkerung im Iran zukünftig vor einer Isolierung von der Weltgemeinschaft zu schützen.
- strengstmögliche Sanktionen gegenüber der politischen Elite und ihrer Kollaborateure im Iran zu beschließen (unter möglichst geringem Schaden der Bevölkerung).
Des Weiteren fordern wir die Bundesregierung auf,
- keine öffentlichkeitswirksamen Treffen von Repräsentant:innen des deutschen Staates mit Vertretern des Regimes zuzulassen, da diese von dem Regime zu Propagandazwecken und zur Legitimierung seiner Politik missbraucht werden
- die Zivilgesellschaft, insbesondere Organisationen, die sich für die Belange, Repräsentation und Förderung von marginalisierten Gruppen einsetzen, zu fördern.
Außenpolitik und Innenpolitik als Ganzes betrachten.
Darüber hinaus muss die Bundesregierung das Zusammenspiel zwischen Außenpolitik und innerer Sicherheit der Bundesrepublik Deutschlands erkennen und dementsprechend handeln. Wir appellieren an die europäischen Regierungen, dem iranischen Regime mit konsequenten Sanktionen zu begegnen und es zu isolieren, solange es seine Bevölkerung unterdrückt und fordern:
- Die Einstellung der staatlichen Förderung aller regimenahen Organisationen, die iranische Propaganda, insbesondere die Briefe Khameneis in den Mitgliedsstaaten verbreiten.
- Den Schutz der in der Europäischen Union lebenden iranischen Oppositionellen vor den ernstzunehmenden Drohungen iranischer Agent:innen.
- Das Verbot der Hisbollah als Organisation.
Mitsprache und Empowerment der Diaspora als Chance begreifen.
Wir appellieren an die Regierungen der Mitgliedstaaten, insbesondere an die Bundesregierung, die Perspektive der iranischen Diaspora in die Politik gegenüber dem iranischen Regime mit einzubeziehen und einen dauerhaften Dialog zu etablieren. Daher fordern wir:
- die Förderung und den Schutz von Organisationen der iranischen und kurdischen Diaspora, die sich für politische Bildung, Repräsentation, Kulturförderung und Aufklärung einsetzen.
- die Förderung von Organisationen zur Sprach- und Kulturvermittlung.
- die Förderung von Vernetzung und Professionalisierung grenzüberschreitender Organisationen, die den oben genannten Bereichen zuzuordnen sind.
Die Europäische Union sollte sich um eine einheitliche außenpolitische Linie gegenüber dem iranischen Regime bemühen und sich in der Verhängung von Sanktionen koordinieren.