Anerkennung ist der einzige Weg – schafft dem Kosovo endlich begründete Aussicht auf die EU-Mitgliedschaft

Bundesausschuss, 09.12.2023

Anerkennung ist der einzige Weg – schafft dem Kosovo endlich begründete Aussicht auf die EU-Mitgliedschaft

Beschluss im Wortlaut:

Einleitung

Die EU ist ein einzigartiges politisches Projekt, das auf den Prinzipien der Demokratie, des Friedens und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit basiert. Die EU arbeitet nicht nur jeden Tag aufs Neue an der Erhaltung des Friedens auf dem europäischen Kontinent, sondern fördert auch Wohlstand und Stabilität. Auf dem Weg zum europäischen Bundesstaat bietet die Erweiterung der EU die Möglichkeit, die Stärken der EU weiter auszubauen und die Ideale, auf denen sie gegründet wurde, in immer weitere Teile Europas zu tragen.

Der Kosovo, der im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt hat, hat seitdem beträchtliche Fortschritte in Richtung Demokratie und Stabilität gemacht. Das Land hat eine demokratische Regierung gewählt, Reformen im Justiz- und Bildungswesen durchgeführt und wichtige Schritte zur Förderung der Versöhnung in der Region unternommen. Es ist an der Zeit, dass die EU diese Bemühungen anerkennt und den Kosovo, ohne dabei eine nachhaltige Konfliktlösung mit Serbien außer Acht zu lassen, als potenzielles EU-Mitglied betrachtet. Als letzter der Westbalkanstaaten hat der Kosovo im Dezember 2022 offiziell den Antrag auf einen EU-Beitritt gestellt. Seither wurde dem Land der Kandidatenstatus nicht verliehen. Dennoch sind wichtige Schritte zur Annäherung vorgenommen worden.

Die Aufnahme des Kosovos in die EU würde nicht nur dazu beitragen, die politische und wirtschaftliche Stabilität in der Region zu fördern, sondern auch die europäischen Werte in einem Land verankern. Im Falle Kosovos ist eine vollständige EU-Mitgliedschaft allerdings erst nach einer Einigung mit Serbien möglich, da sonst nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Spannungen tatsächlich in der Region aufhören würden.

Aufbauend auf den Beschlüssen zur EU-Erweiterungspolitik sowie zur Beitrittsperspektive des Westbalkans fordern wir dabei die Berücksichtigung der folgenden Eckpunkte:

  1. Anerkennung des Kosovo durch die gesamte EU

Seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo hat sich innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten keine einheitliche Position zur staatlichen Anerkennung der ehemaligen serbischen Provinz durchsetzen können. Während 22 der 27 EU- Mitgliedstaaten den Kosovo als eigenständigen Staat anerkennen und einige dieser bereits eine Botschaft in Prishtina eingerichtet haben, verweigern bis heute Spanien, Slowakei, Griechenland, Rumänien und Zypern die Anerkennung der Staatlichkeit. Während die Motive dieser Haltung zumeist in der Vermeidung von Sezessionsbestrebungen in den jeweiligen Staaten zu suchen sind, versperrt diese Uneinheitlichkeit innerhalb der Union in plakativer Weise die Bemühungen, eine Friedensordnung auf dem Westbalkan mitsamt dem Kosovo zu etablieren sowie die Gesamtintegration der Region in die EU. Auch die verbleibenden Verweigerer der Anerkennung in der EU sollten ihre Haltung zugunsten einer Anerkennung der Staatlichkeit des Kosovos ändern. In der staatlichen Verfasstheit der jeweiligen Länder begründete Argumente, die dem entgegenstehen mögen, dürfen die Interessen der EU in dieser für die Weiterentwicklung der EU so fundamentalen Region nicht behindern. Die EU sollte in diesem Zuge auch für die Aufnahme des Kosovo in weitere internationale Organisationen werben.

  1. Offizieller Beitrittsstatus

Trotz Antragsstellung wurde dem Kosovo der offizielle Kanditatenstatus bisher nicht verliehen. Nachdem Bosnien und Herzegowina Ende 2022 als letzter übriger Staat der Region diesen Status bereits erhielt, sollte trotz der widrigen geopolitischen Umstände Kosovo ebenfalls offizieller Beitrittskandidat werden. Der Westbalkan kann nur mit dem Kosovo eine realistische Beitrittsperspektive der Gesamtregion entwickeln. Die Region ist naturräumlich, wirtschaftlich sowie ethnisch derart verwoben, dass zumindest in der Langfristperspektive eine Aufnahme nur einiger Staaten der Region nicht realistisch ist, bzw. zu neuen politischen Problemen führen würde. Ein Kandidatenstatus Kosovos würde diesen Weg vorzeichnen und den Westbalkan als Gesamtregion würdigen. Auch die politische Frage zwischen Serbien und Kosovo steht einem solchen Vorgehen nicht im Wege, vielmehr kann und sollte diese insbesondere mit einem Kandidatenstatus beider Staaten gelöst werden. Auch dass die Ukraine sowie Moldau – berechtigterweise, jedoch verhältnismäßig schnell – den Kandidatenstatus verliehen bekamen, spricht für eine Schaffung klarer Verhältnisse auf dem Westbalkan mit Berücksichtigung des Kosovo. So steht doch der aktuelle geopolitische Konflikt um den Kosovo verglichen mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine schwerlich in einem Verhältnis, was das Ausmaß an kriegerischen Auseinandersetzungen und gesellschaftlichen Verwerfungen angeht. Dennoch müssen bei den Beitrittsverhandlungen die Kopenhagener Kritierien für jeden gleich gelten, um das Risiko neuer Frustration auf dem Westbalkan möglichst gering zu halten. Wir fordern den Kandidatenstatus für alle Länder des Westbalkans einschließlich Kosovos, ein eng abgestimmtes Vorgehen des Beitrittsprozesses in der Region sowie die Lösung der weiterhin bestehenden Konflikte der Region innerhalb dieses Status.

  1. Visaerleichterungen

In diesem Zusammenhang begrüßen wir den wichtigen Schritt der Unterzeichnung des Visaübereinkommens aus April 2023, das sowohl Kosovar:innen als auch EU- Bürger:innen das Reisen erheblich erleichtern wird und zu einer Angleichung des Visaregimes in der Westbalkanregion führt.

  1. Wirtschaftliche Integration

Der Kosovo ist das ärmste Land der Region. Durch das Instrument for Pre- Accession Assistance (IPA) unterstützt die EU bereits seit 2014 die wirtschaftliche Entwicklung im Kosovo. Durch diese Unterstützungspakete sowie eine engere Anknüpfung des im Rahmen des Berliner Prozess geschaffenen sogenannten “Gemeinsamen Regionalen Marktes” an den EU-Beitrittsprozess kann die ökonomische Integration des Kosovo gelingen. Ein besonderer Fokus auf nachhaltige Energiepolitik ist hier empfehlenswert. Auch vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine oder auch der wachsenden chinesischen Wirtschaftsinteressen in der Region ist eine enge wirtschaftliche Kooperation zwischen der EU und dem Kosovo unabdingbar.

  1. Friedensprozess

Die Basis für den Beitritt des Kosovos ist der Frieden und die Normalisierung der Beziehungen zu Serbien. Dementsprechend sollte die EU ihre Vermittlerrolle im Friedensprozess noch weiter verstärken. Die bisherigen Bemühungen und die Aushandlungen eines Grundlagenabkommens, auf welches sich der Kosovo und Serbien im Frühjahr 2023 einigen konnten, stellen einen Erfolg dar. Damit wurde ein bedeutender Schritt in Richtung Normalisierung getan. An diesen muss die EU anknüpfen und ihre Rolle als Friedensvermittlerin wahrnehmen und auf beide Länder diplomatischen Druck ausüben, damit die mühsam ausgehandelten Erfolge aus dem Abkommen implementiert werden. Eine Situation wie Ende Mai 2023, bei der es zu gewaltsamen Ausschreitungen, ausgehend von militanten Serben, kam, die unter anderem die Verwundung von 30 KFOR-Soldaten zur Folge hatten, muss unbedingt vermieden werden.

Auch begrüßen wir weitere diplomatische Errungenschaften wie die Vermittlung von vertrauensbildenden Maßnahmen für die Zusammenarbeit bei der Vermisstensuche. Darüber hinaus sollte sich die EU bemühen, auch bei weiteren solcher Maßnahmen zu unterstützen z.B. vermehrte Gefangenenaustausche zur Annäherung und Schaffung von Vertrauen.

  1. Rechtsstaatlichkeit

Seit 2011 soll die EULEX Rechtsstaatsmission dabei helfen, das Polizei-, Justiz- und Zollwesen im Kosovo aufzubauen. Das Exekutivmandat ist 2018 ausgelaufen und es kam zu einer Funktionsänderung, sodass Richter:innen und Staatsanwält:innen vor Ort nicht mehr ersetzt werden, sondern nur noch sehr begrenzte Exekutivbefugnisse haben und ansonsten unterstützen und beaufsichtigen. Dieses Mandat wurde bis 2025 verlängert. Wir begrüßen die Verlängerung des Mandats und fordern, dass das Rechtstaatslichkeitsprogramm in Zukunft so gestaltet wird, dass es effektiv dazu beiträgt, die Korruption im Land zu bekämpfen und die Rechsststaatlichkeitsmechanismen zu verbessern, während die Souveränität des Landes respektiert wird. Die Übernahme exekutiver Aufgaben wäre unter Berücksichtigung der bestehenden Institutionen nicht mehr angemessen. Vielmehr muss der Kosovo als unabhängiges Rechtssystem respektiert werden. Gleichzeitig muss der Kosovo seinen Verpflichtungen bei der Korruptionsbekämpfung nachkommen, um die Funktion der rechtsstaatlichen Systeme zu garantieren.

  1. Kontext 

In Bezug auf die konkreten Forderungen zum Kosovo sollte auch berücksichtigt werden, dass ein gemeinsamer, gleichzeitig voranschreitender Beitrittsprozess aller Westbalkanstaaten forciert werden sollte, um die Verständigung und Zusammenarbeit in der Region zu garantieren.

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Europa im Visier hybrider Kriegsführung

Bundesausschuss, 09.12.2023

Europa im Visier hybrider Kriegsführung

Beschluss im Wortlaut:

Einleitung

Spätestens seit dem 24.02.2022 befindet sich Europa in einer außerordentlichen sicherheitspolitischen Lage. Die europäischen Staaten müssen weiterhin alles in ihrer Macht stehende tun, um die Ukraine dabei zu unterstützen, sich gegen den völkerrechtswidrigen und brutalen Angriffskrieg Russlands zu verteidigen.

Die militärischen und nichtmilitärischen Maßnahmen, die die russische Regierung seit mehreren Jahren einsetzt, sind passende Beispiele für die Gefahren hybrider Kriegsführung. Lange vor der militärischen Eskalation hat Russland sowohl in der Ukraine, als auch weltweit nichtmilitärische Methoden verwendet, um Staaten und Gesellschaften zum eigenen Vorteil zu destabilisieren. Besonders verwundbar gegenüber nichtmilitärischen Maßnahmen sind, aufgrund ihrer Offenheit, liberale Demokratien. Dabei ist die russische Regierung bei weitem nicht die einzige Staatsgewalt, die demokratische Werte nicht nur nicht teilt, sondern einen Schritt weitergeht und diese als Bedrohung ansieht. Deshalb ist Russland auch bei weitem nicht der einzige Akteur, wenn es darum geht, nichtmilitärische Maßnahmen einzusetzen, um demokratische Gesellschaften zu spalten. Die BRICS Staaten stehen beispielhaft für das wachsende Machtpotential von Staatensystemen, die die westlichen Werte nicht teilen.

Entscheidend ist, dass sich aufgrund der Globalisierung die Interdependenzen und Anfälligkeiten von Gesellschaften erhöht haben. Sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure können sich aufgrund gesunkener Transaktionskosten weit über den eigenen Herrschaftsbereich hinaus Einfluss verschaffen.

Im Falle der hybriden Kriegsführung handelt es sich um die aktive Kombination von Maßnahmen in verschiedenen Bereichen, die wiederum Kaskadeneffekte auslösen und sich im zeitlichen Verlauf anpassen können. Meist handelt es sich nicht um deutlich erkennbare Angriffe, die man genau zurückverfolgen kann. So können Staaten und Gesellschaften in einen dauerhaften Konflikt- oder Krisenzustand versetzt werden, was langfristig eine Spaltung der Gesellschaft und einen Vertrauensverlust in demokratische Institutionen zur Folge haben kann. In Europa ist seit Jahren eine verstärkte Polarisierung zu beobachten. Der Brexit, die Konflikte um Migration und Rechtsstaatlichkeit und der Aufstieg rechtsextremer Parteien sind nur einige Beispiele dafür. Hybride Kriegsführung ermöglicht Akteuren von außen, solche Konflikte anzuheizen und zu instrumentalisieren, ohne selbst vor Ort zu sein. Cyberattacken, Spionage, die Bildung wirtschaftlicher Dependenzen und die Verbreitung von Desinformation über soziale Netzwerke sind geeignete Beispiele. Insbesondere die Verbreitung falscher Informationen während der Corona-Pandemie und der Cambridge-Analytica- Skandal haben gezeigt, wie neuartige Technologien den Kampf zwischen Wahrheit und Viralität und das Verschwimmen zwischen Online und Offline Polarisierung antreiben können. Die weitreichenden Folgen und Wirkungen eines bloßen Hashtags sind heutzutage nicht mehr zu leugnen.

Hybride Kriegsführung schafft es, die größte Stärke liberaler Demokratien, die öffentliche Debatte, in eine Schwäche zu verwandeln. Die EU muss sehr akut darauf aufpassen, dass außenstehende Akteure es nicht schaffen, den demokratischen Diskurs innerhalb Europas in eine antidemokratische Richtung zu verschieben. Denn dann stünde nichts weniger als das gesamte Projekt der Europäischen Union auf dem Spiel.

Trotz aller berechtigten Kritik ist die EU jedoch das wirkungsvollste Mittel, um Frieden, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Europa zu sichern. Daher muss die EU dringend stärkere Maßnahmen ergreifen, um sich nachhaltig gegen hybride Formen der Kriegsführung verteidigen zu können. Aus diesen Gründen fordern wir:

  1. Weiterhin verstärkt die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU.

Das Einstimmigkeitsprinzip führt zu einer Verlangsamung bis hin zu einer potentiellen Blockade von Prozessen, was im Widerspruch zur steigenden Schnelligkeit von auftretenden und sich veränderten Bedrohungslagen steht. Das Tempo demokratischer Entscheidungsfindungsprozesse darf nicht dazu führen, dass, sobald eine Entscheidung steht, diese aufgrund veränderter Ausgangsbedingungen, wieder irrelevant ist.

 

  1. Verstärktes Engagement für den gesamtgesellschaftlichen Resilienzaufbau in Europa.

Die Maßnahmen aus der 2016 verabschiedeten Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik sind offensichtlich nicht ausreichend. Sieben Jahre später ist die Demokratie in der EU so gefährdet wie noch nie seit ihrem Bestehen. Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik müssen in einem sicherheitspolitischen Kontext gedacht werden, da sie die effektivsten Maßnahmen zum Resilienzauau bieten. Sozialer Zusammenhalt, politische Bildung und gesellschaftliche Medien- und Nachrichtenkompetenz sind keine “Wohlfühl-Wünsche”, sondern haben sich zu sicherheitspolitischen Notwendigkeiten entwickelt. Die EU muss hier präventiv handeln, anstatt erst zu reagieren, nachdem es möglicherweise schon zu spät ist. Auch wenn einige Entscheidungen viel Zeit und Geld kosten und in der kurzen Frist eher unattraktiv zu sein scheinen. Durch die enge Kooperation mit der NATO und die Gründung der PESCO hat die EU die Gelegenheit, sich auf die zivilen Aspekte der Verteidigung zu fokussieren.

  1. Eine deutliche Definition der Strategischen Autonomie Europas und der europäischen Beistandsklausel (Art. 42, Abs. 7 EUV).

Da die Bedeutung ziviler Methoden der Kriegsführung stark gestiegen ist, bleibt die militärische Abschreckung weiterhin von enormer Wichtigkeit und Priorität. Daher fordern wir bereits seit mehreren Jahren eine gemeinsame Europäische Armee. Diese kann unter anderem dazu beitragen, Abhängigkeiten im militärischen Bereich zu verringern. Die transatlantische Partnerschaft ist sehr wichtig, jedoch nicht mehr so zuverlässig wie früher. Die EU muss daher für sich und ihre Bürger:innen deutlich definieren, wann sie eigenständig handelt und sich verteidigt. Dazu gehört auch die Frage, ob nicht-militärische Angriffe die Beistandsklausel auslösen können.

  1. Vermehrte Einbeziehung des Parlaments in die GASP/GSVP und die Etablierung von SEDE und ING2 als vollwertige Ausschüsse.

Als einzig direkt gewähltes Organ muss das Europäische Parlament deutlich stärker in Angelegenheiten der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GASP/GSVP) mit einbezogen werden. Die Themen Sicherheit, Verteidigung und Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der EU werden uns in Zukunft verstärkt beschäftigen. Daher sollten die EP- Ausschüsse SEDE (Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung) und ING2 (Sonderausschuss zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation, und zur Stärkung der Integrität, Transparenz und Rechenschaftspflicht im Europäischen Parlament) als dauerhafte und vollwertige Ausschüsse etabliert werden.

  1. Erweiterte Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft bei der Umsetzung des Strategischen Kompasses.

Der Strategische Kompass legt Leitlinien der EU in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung fest und enthält u. a. auch strategische Maßnahmen zur Cybersicherheit. Die Zivilgesellschaft, insbesondere Journalist:innen, Medien, Online-Plattformen, NGOs, Expert:innen und Wissenschaftler:innen, sowie private Unternehmen werden oftmals als erste Verteidigungslinie einer liberalen demokratischen Gesellschaft bezeichnet. Zum Beispiel sind die Sozialen Netzwerke in privater Hand, über welche in heutiger Zeit schon massenhaft Desinformationskampagnen gestreut werden. Diese Netzwerke sind zu einem Raum der demokratischen Partizipation und Entscheidungsfindung geworden, obwohl sie nicht dafür konzipiert worden sind. Ebenso kommen die meisten Unternehmen, die sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen, aus der Privatwirtschaft. Diese Technologie wird zukünftig enormen Einfluss auf alle Bereiche des alltäglichen Lebens nehmen. Von der Entwicklung hochmoderner Waffensysteme bis hin zu automatisierten Bots auf Instagram oder TikTok. Aufgrund oftmaliger Profitorientierung und schwächerer Sicherheitsstrukturen sind private Unternehmen und Organisationen potenziell einfacher zu beeinflussen als staatliche Institutionen. Ohne ihre Partizipation und Einbeziehung in den Strategischen Kompass der EU wird eine erfolgreiche Verteidigung gegen hybride Angriffe unmöglich.

  1. Die Ausweisung von demokratischen Wahlprozessen als kritische Infrastruktur.

Zu einem Ziel von hybriden Angriffen können auch demokratische Wahlen sowie der damit verbundene Wahlkampf werden. Um eine Einflussnahme auf den wichtigsten demokratischen Entscheidungsprozess von außen zu verhindern, fordern wir, dass Wahlen als kritische Infrastruktur ausgewiesen werden.



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Europäisch-demokratischer Antifaschismus heißt: Null Toleranz gegenüber einer Normalisierung der AfD

Bundeskongress, 20.10.2023 – 22.10.2023

Europäisch-demokratischer Antifaschismus heißt: Null Toleranz gegenüber einer Normalisierung der AfD

Beschluss im Wortlaut:

Die JEF ist ein überparteilicher und demokratisch-antifaschistischer Jugendverband. Die AfD positioniert sich für die Europawahl im Juni 2024 hingegen als offen faschistische Partei. Sie hat sich in den letzten Jahren äußerst besorgniserregend radikalisiert. Zur Einordnung als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz führte ihre völkische, militante, homophobe und antisemitische sowie rassistische Politik und Gesinnung. Diese hat die AfD in den letzten Jahren normalisiert und salonfähig gemacht.

Gegenüber den Anfangsjahren hat die AfD in letzter Zeit jegliche Hemmungen fallen gelassen. Sie sieht die EU als “nicht reformierbar und als gescheitertes Projekt” an. Den menschengemachten Klimawandel leugnet die AfD nicht nur, sondern spricht darüber hinaus in ihrem Europawahlprogramm von einer “CO2-Hysterie, die unsere Gesellschaft, Kultur und Lebensweise strukturell zerstört”. Die AfD fantasiert von einer “Großmacht Deutschland” und sieht Russland als “in den Krieg gegen die Ukraine getrieben”. Dieser Zustand – zuletzt im Europawahlprogramm 2024 zementiert – ist für uns nicht hinnehmbar.

Daher sehen wir uns sieben Jahre nach unserer ersten Positionierung gegen die AfD und ihre Werte und sechs Jahre nach ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag vor der Europawahl 2024 erneut veranlasst,

1. alle auf dem freiheitlich-demokratischen Boden stehenden politischen Entscheidungsträger:innen auf allen Ebenen zu mahnen und aufzufordern:

– der Normalisierung der AfD und ihren radikal-destruktiven Positionen entgegenzuwirken.

– die Europafeindlichkeit der AfD als das zu bezeichnen, was sie ist: Eine ernst zu nehmende Gefahr für die Fortentwicklung eines demokratischen Europas.

– sich entschlossener und klarer als bislang gegen die AfD zu Normalisierung der AfD positionieren.

– alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Abstimmungen zu vermeiden, bei denen die Zustimmung der AfD für die Mehrheit für oder gegen den Antrag entscheidend ist.

2. Bundes- und Landesregierungen aufzufordern, zivilgesellschaftliche Organisationen und Projekte, die sich gegen Nationalismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzen, mit finanziellen Mitteln auszustatten.

3. die Zivilgesellschaft zu ermutigen, sich entschieden gegen die AfD zu positionieren.

Des Weiteren haben Parteien und Politiker:innen, die in der Öffentlichkeit stehen, Grenzüberschreitungen durch die AfD klar zu benennen, zu verurteilen und ihre Gegenpositionen aufzuzeigen. Denn alles, was unkommentiert bleibt, geht in die Normalität über und wird Teil des Sagbaren im alltäglichen politischen Diskurs. Der Ausschluss aus dem öffentlichen Diskurs und das Ignorieren des Problems genügen nicht (mehr). Ständiger Gegenwind muss von allen Seiten geboten werden. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Neonazis und Rechtsextremist:innen im Bundestag, im Europäischen Parlament oder in irgendeinem anderen Volksvertretungsorgansitzen. Denn diese wollen nicht nur ein geeintes Europa verhindern sie sind zugleich darauf ausgerichtet, proeuropäische progressive Vorhaben zu manipulieren und über Jahrzehnte erkämpfte Fortschritte im Prozess der europäischen Einigung zurückzudrehen.

Die vergangenen Jahre haben eindeutig gezeigt, dass eine Vielzahl der AfD-Abgeordneten, unabhängig vom Kommunal- Landes-, bzw. Bundesmandat, für keinen demokratischen politischen Kurs bereit ist. Eine Zusammenarbeit mit der AfD, in welchem Parlament auch immer, darf es aus unserer Sicht nicht geben. Wir verlangen von den demokratischen Parteien und Entscheidungsträger:innen vielmehr: Klare Abgrenzung wo möglich und ein konsequentes Hervorheben und Verurteilen der Menschen- und Europafeindlichkeit der AfD.

Gleichzeitig darf keine Partei und kein Mandatsträger die vereinfachende rechtspopulistische Sprechweise der AfD aufnehmen, insbesondere nicht zu Wahlkampfzwecken. Denn wir sind überzeugt, dass hierdurch das Gegenteil des Beabsichtigten eintreten wird: Die Normalisierung der AfD und ihrer Parolen, sowie ein “Hineinrücken” der AfD in den für immer größere Teile der Bevölkerung akzeptierten Bereich des Wählbaren.

Aber nicht nur Parteien und ihre Mandatsträger:innen sind in der Pflicht: Der demokratische Diskurs, welcher im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stattfindet, muss gestärkt werden. Dazu ist besonders die Förderung einer konstruktiven Diskussionskultur und politische Bildung z.B. innerhalb der Schule wichtig. Politische Bildung und soziale Teilhabe sind in unseren Augen der Schlüssel, um der Radikalisierung in der Parteienlandschaft wie in der Zivilgesellschaft entgegenzuwirken. Dazu sind Organisationen und Projekte, die sich hierfür einsetzen, mit ausreichenden Ressourcen auszustatten. Nur eine mutige und aufgeklärte Zivilgesellschaft mit dem nötigen Rückhalt aus der Politik wird – vor allem mit Blick auf zukünftige zu treffende Wahlentscheidungen – in der Lage sein, die AfD als destruktive Gefahr für die Demokratie, ein geeintes Europa und den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland zu erkennen.

Die aktive Positionierung gegen die Forderungen und Mandatsträger:innen dieser antidemokratischen Partei ist für uns bei allem demokratisch-inklusiven Diskurs nicht verhandelbar. Eine wehrhafte Demokratie verfügt über juristische Mittel, um die Demokratie zu schützen, aber ist vor allem darauf angewiesen, dass die Mitglieder der Gesellschaft diese Mittel auch nutzen und sich aktiv für die Demokratie einsetzen.

Denn Gleichgültigkeit ist die größte Gefahr für eine Demokratie, in welcher sich Rechtsextremismus bis in die Mitte der Gesellschaft ausbreitet. Wir stellen uns als pro-europäischer, demokratischer Jugendverband dem entschieden entgegen.

paula2Europäisch-demokratischer Antifaschismus heißt: Null Toleranz gegenüber einer Normalisierung der AfD
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Hoffnung entfachen, damit Europa Zukunft hat

Bundeskongress, 20.10.2023 – 22.10.2023

Hoffnung entfachen, damit Europa Zukunft hat

Beschluss im Wortlaut:

Europa hat die Wahl. In wenigen Monaten entscheiden die Bürger:innen der EU über die Zusammensetzung des nächsten Europäischen Parlaments. Eine Wahl, die wie keine andere zuvor von einer Vielzahl von Krisen begleitet ist. In ganz Europa gewinnen rechte Kräfte an Macht, die Inflation treibt viele und insbesondere junge Menschen in existentielle Nöte, die Folgen der Klimakatastrophe sind spürbarer denn je und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der eine Zäsur unserer europäischen Sicherheitsordnung darstellt, wird weiterhin mit menschenverachtender Grausamkeit geführt.

Als sei diese Situation nicht schon ausreichend herausfordernd für junge Menschen, hat die deutsche Bundesregierung angekündigt den Kinder- und Jugendplan, dem Hauptfinanzierungsmittel für den Jugendverbandssektor um knapp 20% zu kürzen. Ein harter Schlag, nicht nur für das tatsächliche Engagement von Jugendverbänden, sondern auch für alle, die sich für eine widerstandsfähige und nachhaltige Demokratie einsetzen. Ganz konkret bedeuten diese Kürzungen, dass das Ehrenamt geschwächt, hauptamtliche Stellen gekürzt werden müssen und dadurch viele sehr greifbare Angebote für Kinder und Jugendliche faktisch nicht mehr oder nur noch in einem stark begrenzten Rahmen stattfinden können. Entfaltungsräume für junge Menschen, internationale Begegnungen, Austausche und Bildungsangebote werden wegfallen oder nur eingeschränkt möglich bleiben. Schon seit Jahren beobachten wir, dass Jugend strukturell zu wenig gefördert wird. Ohne diese Entfaltungsmöglichkeiten fehlt es jungen Menschen an essentiellen Erfahrungen, die maßgeblich für ein demokratisches Verständnis und europäisches Zusammenleben sind. Besonders mit Blick auf den Rechtsruck in Deutschland bedeutet die Kürzung der KJP-Mittel eine bewusste Schwächung der Demokratie und der demokratischen Prinzipien einer freien Entfaltung. Auch ein Jahr nach dem “Europäischen Jahr der Jugend” wird Jugend zwar als Aushängeschild für die Zukunft gehandelt, aber gleichzeitig auf allen Ebenen geschwächt. Dieser Entwicklung stellen wir uns – Schulter an Schulter mit anderen Jugendverbänden in Deutschland und Europa – entschieden entgegen. Die Zukunft braucht Demokratie – braucht Jugend – braucht Förderung. Wird letzteres geschwächt, fällt der erste Stein einer Dominokette, an deren Ende nicht weniger als unsere Zukunft in einem geeinten, friedlichen und demokratischen Europa steht. Die nächste Europawahl ist daher von besonderer Bedeutung für unsere Generation. Denn hier geht es nicht nur um die Art und Weise unseres Zusammenlebens als Gesellschaft, sondern auch, wie wir unsere Zukunft gestalten und in welchem Europa wir zukünftig leben wollen.

Eine der aktuellen Hauptbedrohungen ist der Angriff auf die Demokratie durch immer stärker werdende rechtsextreme und antidemokratische Kräfte, die vermehrt Zuspruch aus den europäischen Gesellschaften erhalten. Nicht nur, aber gerade auch in Deutschland. Wenn in Umfragen eine Partei zweitstärkste Kraft ist, deren Spitzenkandidat Maximilian Krah ein offenkundiger Faschist ist, der den Taliban seinen Respekt ausdrückt, weil diese Kabul im Pride Month erobert haben, und sich offen mit Putins Angriffskrieg solidarisiert, ist es an uns, der demokratischen Zivilgesellschaft, diese Entwicklungen nicht einfach ohnmächtig hinzunehmen. Im Gegenteil! Wir müssen aktiv werden. Denn nur in einem demokratischen System, das unsere Rechte und Freiheiten schützt, können wir Europa formen.

Als Föderalist:innen blicken wir auf eine Verbandsgeschichte zurück, die ihren Ursprung im Widerstand gegen das faschistische Regime in Italien fand. In einer Situation, die wir heute als die dunkelste Stunde Europas bezeichnen, fanden Europäer:innen den Mut, einen Gegenentwurf zu der damaligen Realität aufzustellen – und waren damit erfolgreich. Sie hatten Hoffnung. Hoffnung, dass ein Europa in Frieden möglich ist, Hoffnung, dass Einendes über Trennendes siegt und Hoffnung, dass Krisen überwunden werden können. Diese Hoffnung gilt es heute wiederzufinden. Denn auch wenn wir anderen Krisen gegenüberstehen, so ist es doch an uns, Europa und die europäische Idee immer wieder neu als Gegenentwurf zu den Herausforderungen unserer Zeit zu denken, die föderalistische europäische Idee immer wieder neu zu interpretieren und weiterzudenken. Als überzeugte Europäer:innen wissen wir, diese Hoffnung liegt in einem vereinten Europa. #EurHope ist daher unsere Antwort auf die Krisen unserer Zeit.

Denn seit den 1940er Jahren hat sich viel verändert. Viele der damaligen Forderungen konnten umgesetzt werden. Wir leben in einem Europa, das einen gemeinsamen Binnenmarkt, verlässlichen Standards in vielen Bereichen, Freizügigkeit und regen kulturellen Austausch hat. Dennoch merken wir, dass sich seit dem Vertrag von Lissabon kaum etwas verändert hat. Es fehlt die Innovation, das Weiterdenken. Die aktuellen Verträge geben keine Antwort auf die bevorstehende Erweiterung, obwohl die Menschen auf dem Westbalkan, in der Ukraine, in Moldau und Georgien hoffnungsvoll auf eine Mitgliedschaft in der EU schauen. Europa stagniert. Und genau dieses Gefühl haben besonders junge Menschen. Europa bleibt hinter seinen Versprechungen zurück. Insbesondere in den Ländern, die sich seit Jahren im Integrationsprozess befinden, droht die Hoffnung auf einen EU-Beitritt allmählich in Frustration umzuschlagen. Es bleibt die Erkenntnis, dass die EU unvollendet ist und angesichts der aktuellen Herausforderungen machtlos erscheint. Wir sind es ihnen daher schuldig, weiter zu gehen und Europa immer wieder neu zu definieren, um gemeinsam eine europäische Zukunft bauen zu können .

Im Jahr 2023 sieht sich der europäische Kontinent mit alten und neuen Herausforderungen konfrontiert.

[1] Die Klimakatastrophe ist kein neues Phänomen und doch haben sich in diesem Jahr in bisher nicht dagewesener Form die absehbaren Folgen der menschengemachten Erderwärmung gezeigt: Waldbrände, Überflutungen und Ernteausfälle sind keine Seltenheit mehr.

[2] Die Reformunfähigkeit der EU in der Asyl- und Migrationspolitik ist ebenfalls kein neues Phänomen. Erschreckend ist aber, dass die Mitgliedstaaten der EU in diesem Jahr eine Reform beschlossen haben, die mit den europäischen Werten bricht. Tausenden Geflüchteten an den EU-Außengrenzen, die dort in menschenunwürdigen Auffanglagern isoliert werden, wird somit das Recht auf individuelle Prüfung von Asylanträgen verwehrt. Ein Verstoß gegen eines der fundamentalen Menschenrechte. Stattdessen schließt die Europäische Kommission im Alleingang Deals mit autoritären Staaten wie Tunesien, einem Land, das Menschen auf der Flucht ohne Wasser und Nahrung in der Wüste aussetzt und bereits in der Vergangenheit immer wieder durch illegale Pushbacks im Mittelmeer auffällig wurde.

[3] Die langwierigen und teilweise ausgebremsten Erweiterungsprozesse in den Ländern der östlichen Partnerschaft und des Westbalkans gefährden die pro-europäische Haltung der Menschen in diesen Ländern und werden ihren Anstrengungen für einen EU-Beitritt nicht gerecht. Schlimmstenfalls hat dies eine Abkehr von der EU und eine Hinwendung an Staaten wie Russland oder China zur Folge, die bereits jetzt versuchen, die Enttäuschung über die langwierigen Prozesse für sich zu nutzen.

[4] Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird seit 2014 mit menschenverachtender Brutalität geführt. Die Ukraine wurde zunehmend in die Lage versetzt, Gebiete zu verteidigen und zurückzuerobern. Die Zerstörung von Dörfern und Städten, die Plünderung von ukrainischem Besitz und Kulturgut, die Verschleppungen von Kindern, die Vergewaltigung von Frauen und die Ermordung von ukrainischen Zivilist:innen zeigen, dass mit Putin kein Frieden verhandelt werden kann. Auch seine Unterstützung des Systems in Belarus, wo Maryja Kalesnikawa, Maxim Znak, Ales Bjaljazki und tausende weitere Menschen wegen ihres Traumes von einem Leben in Freiheit und Selbstbestimmung mit Gefängnis, Folter und vielleicht sogar den Tod erleiden müssen, zeigt den Charakter des Putinschen Systems und die Notwendigkeit seines Endes.

[5] Knapp 52 Jahre nach der Einführung der Direktwahl des Europäischen Parlaments leidet die EU weiterhin unter einem massiven Demokratiedefizit. Solange die nationalen Interessen der Mitgliedstaaten vor denen der europäischen Bürger:innen stehen und einzelne Mitgliedstaaten ein Vetorecht besitzen und die ganze EU dadurch lahmlegen können, solange Institutionen wie die Europäische Kommission sich stärker dem Willen nationaler Regierungen verpflichtet fühlt und das Europäische Parlament kein Initiativrecht besitzt, solange kann die Europäische Gemeinschaft nicht vollends zusammenwachsen.

Ohne Hoffnung, keine Zukunft.

Gegen die widrigen Umstände, gegen unsere Angst, setzen wir daher Hoffnung. Denn Hoffnung, so der Friedensnobelpreisträger Vaclav Havel, ist nicht der naive Glaube, dass morgen alles besser wird, sondern das Wissen, dass es etwas gibt, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Sie ist die Überwindung unserer Angst. Und was an ihre Stelle treten soll, ist für uns klar: Unsere Hoffnung ist ein Europa, das Schritt halten kann mit den Veränderungen dieser Welt, ein Europa, das Zukunft schafft.

Deshalb wollen wir jetzt, im Jahr vor den entscheidenden Wahlen auf unserem Kontinent, angesichts der vielen Kräfte, die versuchen, negative Gefühle zu schüren und Spaltungen zu forcieren, einen Gegenentwurf anbieten. Einen Gegenentwurf, der den Menschen in Europa einen anderen Weg in die Zukunft aufzeigt, einen konkreten Weg zur Umgestaltung und Wiederbelebung Europas und seiner Demokratie.

Ein Weg, der damit beginnt, denjenigen zuzuhören, die die Last der Zukunft auf ihren Schultern tragen werden: der Jugend Europas. Im Zeitalter der sozialen Medien sind junge Menschen in besonderem Maße der Desinformation ausgesetzt und wurden von den jüngsten Ereignissen wie Pandemie, Krieg, Inflation und Klimaangst stark beeinflusst. Unser Ziel ist es, den positiven und inklusiven Dialog zwischen jungen Menschen zu stärken, über Grenzen und Sprachbarrieren und soziale Hintergründe hinweg – in all ihrer Vielfalt. Wir werden die politische Debatte wieder auf die Prioritäten der jungen Menschen ausrichten, um ihr Vertrauen wiederherzustellen. Und auch, um mehr Eigenverantwortung zu schaffen und ihre Prioritäten für die Zukunft Europas in den Mittelpunkt unserer Kampagne 2024 zu stellen. Das Spielen mit der Angst und die bewusste Spaltung der Gesellschaft durch rechte Kräfte wollen wir durch eine “Agenda der Hoffnung” ersetzen.

Auf diese Weise werden Europa und Hoffnung wieder denselben Klang haben: EurHope. Heute rufen wir alle jungen Bürger:innen, alle Mitglieder der Zivilgesellschaft, alle Mitgliedstaaten, Städte und Regionen und alle engagierten Organisationen auf, sich dieser Idee der Hoffnung anzuschließen!

Wir rufen dazu auf, Hoffnungsträger:innen zu sein und gemeinsam Hoffnung zu entfachen.

[5] #EurHope für Demokratie: Die Forderung nach einer echten europäischen Demokratie ist kein bloßes Wunschdenken, sondern eine klare Notwendigkeit für ein zukunftsfähiges Europa. Die EU muss endlich entschiedene Schritte zu einer Demokratiereform der Institutionen einleiten. Dazu gehören unter anderem die Einführung eines europäischen Wahlrechts, die Schaffung eines europaweiten Wahlkreises zur Formalisierung des Spitzenkandidatenprinzips, die Einführung des Initiativrechts für das Europäische Parlament sowie die Ersetzung des Einstimmingkeitsprinzips durch Mehrheitsentscheidungen im Rat.

[4] #EurHope für Frieden und Freiheit: Die Europäische Union muss endlich entschlossen zusammenstehen und eine eigenständige, gemeinsame Verteidigungspolitik begründen, nicht als Konkurrenz zur NATO, sondern im Zusammenspiel mit den Verbündeten. Ohne eigenständige europäische Streitkräfte kann die EU nicht mehr glaubwürdig als Garant für Frieden in Europa auftreten. Wir befürworten zudem das Verfolgen von Ansätzen des Konzepts der Feministischen Außenpolitik für die Europäische Union, da dieses die Grundwerte der EU in sich vereint.

[3] #EurHope für Erweiterung: In Anbetracht der möglicherweise jahrzehntelangen Beitrittsprozesse mit Ländern der östlichen Partnerschaft und dem Westbalkan ist es notwendig, dass Beitrittskandidaten bereits vor der Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union eine Teilmitgliedschaft erhalten. So sollte Ländern wie zum Beispiel Albanien bereits vor dem endgültigen Abschluss aller Beitrittskapitel der Zugang zum Binnenmarkt eingeräumt und die Personenfreizügigkeit in der EU eingeräumt werden.

[2] #EurHope für Menschlichkeit und Solidarität: Die Missachtung von Menschenrechten, zu deren Wahrung sich die EU in Artikel 2 ihrer Verträge bekennt, muss von ihr unaufhörlich angeprangert und sanktioniert werden. Zugleich muss die EU aber auch selbst ihrer Pflicht zur Wahrung der Menschenrechte nachkommen, insbesondere an ihren Außengrenzen. Sie darf menschenrechtsverachtende Systeme nicht noch durch bilaterale Deals belohnen. Um das tagtägliche Leid von Geflüchteten an den Außengrenzen der EU zu beenden, braucht es eine tatsächliche Seenotrettungsinitiative von der EU, legale Fluchtwege nach Europa, eine europaweite Koordination zur Unterbringung der Schutzsuchenden und nicht zuletzt ein Europa, das sich als Einwanderungskontinent versteht und eine weltoffene Mentalität, die nicht auf Abschottung und Festungsnarrativen beruht.

[1] #EurHope für einen lebenswerten Planeten: Mit voller Anstrengung die Klimakatastrophe bekämpfen. Die Europäische Union muss sich auf globaler Ebene für Klimagerechtigkeit zwischen den Kontinenten und Regionen der Welt einsetzen. Denn aktuell leiden vor allem Menschen in den Regionen nahe des Äquators unter den Folgen der Klimakatastrophe und können sich aus eigener Kraft häufig nicht weiter helfen, als aus diesen Regionen zu flüchten, weil sie durch Wüstenbildung und Dauererhitzung unbewohnbar werden. Darüber hinaus muss die EU einen Jahrhundertplan aufstellen, um sich bereits jetzt gegen die drohenden dauerhaften Überflutungen aufgrund des Meeresspiegelanstieges im Norden Europas zu wappnen. Nicht zuletzt müssen massive gemeinschaftliche Investitionen in eine nachhaltige und klimaneutrale Wirtschaft und Industrie sowie in energieeffizientes Wohnen und in den Ausbau erneuerbarer Energien getätigt werden, um die globale Erwärmung langfristig so gering wie möglich zu halten.

In diesem Sinne müssen wir Hoffnung entfachen, um die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen und die Zukunft Europas in unseren Händen zu halten. Denn Europa bedeutet für uns Hoffnung! Und zwar nicht weil wir glauben, dass es schon irgendwie gut werden wird, sondern weil wir die Gewissheit haben, das Richtige zu tun, damit Europa eine Zukunft hat.

paula2Hoffnung entfachen, damit Europa Zukunft hat
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Rechtsstaatlichkeit ist nicht verhandelbar – Solidarität mit der pro-europäischen Zivilgesellschaft in Polen

Bundeskongress, 17.10.2021

Rechtsstaatlichkeit ist nicht verhandelbar – Solidarität mit der pro-europäischen Zivilgesellschaft in Polen

Beschluss im Wortlaut:

Bereits seit einigen Jahren blicken wir – die Jungen Europäischen Föderalist*innen in Deutschland – mit großer Sorge auf die anti-demokratischen Entwicklungen in einigen Mitgliedstaaten der EU und aus aktuellem Anlass insbesondere in Polen. Die immer weiter fortschreitende Aushöhlung der Presse- und Medienfreiheit, die politische Instrumentalisierung der Justiz sowie der Umgang mit oppositionellen Kräften im Land stehen dabei in fundamentalem Gegensatz zu unseren europäischen Werten. Diese Werte sind die Basis unserer europäischen Zusammenarbeit und damit auch nicht verhandelbar. Wir erinnern daran, dass auch Polen sich beim Beitritt zur EU 2004 zur Einhaltung dieser Werte vertraglich verpflichtet hat.

Zu Verträgen gehört gerade nicht das einseitige Beziehen von Vorteilen, sondern ein beidseitiges Einhalten von Rechten und Pflichten. Eine gemeinsame, verbindliche Rechtsordnung, die gegenüber nationalem Recht einen Vorrang genießt und von allen gleichermaßen anerkannt wird, ist die Grundlage für den supranationalen, besonderen Charakter der Europäischen Union als wertebasierte Rechtsgemeinschaft.

Das jüngste Urteil des polnischen Verfassungstribunals stellt nun jedoch eine neue Stufe der Eskalation im Verhältnis zur Europäischen Union dar, indem polnisches Recht letztlich über das EU-Recht gestellt wird. Erstmals in der Geschichte der EU äußert ein nationales Gericht nicht nur Kritik an einzelnen Punkten der europäischen Gesetzgebung, sondern erklärt fundamentale Prinzipien sowie einzelne primärrechtliche Artikel des Europarechts für verfassungswidrig – was in diesem Zusammenhang zumindest juristisch weiter geht als alles bisher Bekannte.

Und auch wenn vor diesem Hintergrund gerne auf das EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen wird, muss festgehalten werden, dass die Dimenson eine gänzlich andere ist, indem das polnische Gericht den Vorrang des EU-Rechts so einseitig, pauschal sowie umfassend abgelehnt hat und noch nicht einmal den Versuch unternehmen wollte, Ausnahmekonstellationen zu konstruieren. Im Unterschied dazu erkennt das BVerfG ausdrücklich den Vorrang des EU-Rechts prinzipiell an und akzeptiert den Vorrang lediglich in einem punktuellen, eher technischen Bereich nicht.

Ohne die Anerkennung dieses Vorranges des EU-Rechts vor nationalem (Verfassungs-)recht wird die Europäische Union zurückgestuft zu einem Staatenbund – was eine völlig andere Form des Zusammenschlusses ist und uns als Föderalist*innen noch weiter von unserer Vision eines Europäischen Bundesstaates zurückwirft. Diese einseitige Auflösung des Vorranganspruchs durch einen einzigen Mitgliedstaat ist ein beispielloser Vorgang, den wir so nicht stehen lassen dürfen, denn damit kann die EU keine supranationale Rechtsgemeinschaft mehr sein! Dass europäische Fördermittel unter diesen Umständen nicht mehr uneingeschränkt ausgezahlt werden können, nachdem Polen mit beiden Beinen außerhalb der europäischen Rechtsordnung steht, sollte jetzt allen klar sein. Dies ist auch für das Vertrauen der europäischen Bürger*innen in die EU-Institutionen und die Glaubwürdigkeit der europäischen Grundwerte unerlässlich.

Das polnische Verfassungstribunal sägt an den Grundpfeilern der europäischen Zusammenarbeit. Dies können und wollen wir als überzeugte Europäer*innen nicht hinnehmen. Sollte die polnische Regierung diesen Weg fortführen, schließt sie sich damit selbst aus der europäischen Gemeinschaft aus.

Gleichzeitig nehmen wir mit Freude zur Kenntnis, dass die pro-europäischen Kräfte der Zivilgesellschaft in Polen diesem Urteil eine Botschaft der Hoffnung entgegensetzen, indem sich Tausende von ihnen auf öffentlichen Plätzen im ganzen Land zu Protestaktionen zusammenschließen. Sie kämpfen für ein demokratisches und weltoffenes Polen als Teil der Europäischen Union. Diesen pro-europäischen Kräften sprechen wir unsere uneingeschränkte Solidarität aus und sichern ihnen unsere Unterstützung zu.

Vor diesem Hintergrund und auf Grundlage unserer gemeinsamen europäischen Werte, fordern wir Junge Europäische Föderalist*innen Deutschlands:

  • Eine aktive Unterstützung unserer Schwesterorganisation in Polen, um zivilgesellschaftlich entschieden gegen das polnische Urteil vorzugehen.
  • Die polnische Regierung muss die verfassungsrechtliche Grundlage dafür schaffen, dass der Vorrang des EU-Rechts uneingeschränkt gilt. Das Land muss außerdem die Unabhängigkeit der Justiz wieder gewährleisten.
  • Die Europäische Union darf nicht tatenlos dabei zusehen, wie einzelne europäische Staaten die gemeinsamen Werte einseitig aufkündigen. Sämtliche EU-Finanzmittel an Polen sind mit sofortiger Wirkung einzufrieren, bis die polnische Regierung den Vorrang des EU-Rechts gewährleistet.
  • Sollte sich Polen weiter von europäischen Grundprinzipien entfernen, sind neben finanziellen auch institutionelle Sanktionen zu prüfen.
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Kulturellen Genozid an uigurischer Minderheit Chinas stoppen

Bundesausschuss, 07.11.20

Kulturellen Genozid an uigurischer Minderheit Chinas stoppen

Beschluss im Wortlaut:

Die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland verurteilen den kulturellen Genozid an den Uigur*innen in China und setzen sich dafür ein, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten im vollständigen Rahmen ihrer Möglichkeiten auf eine Beendigung der Diskriminierung der Uigur*innen in China hinwirken.

Im November 2019 geleakte Akten belegen, wie umfassend Chinas Staatsgewalt die uigurische Minderheit insbesondere in der autonomen Provinz Xinjiang verfolgt und massenhaft diskriminiert. Die chinesische Regierung leugnet seither Lager und Repression gegen Uigur*innen in der chinesischen Volksrepublik. Dennoch legen Recherchen internationaler Medien und Rechercheverbünde nahe, dass Uigur*innen in großer Zahl ohne rechtsstaatliches Verfahren zu Umerziehungszwecken in Lagern interniert, misshandelt und zu Zwangsarbeit gezwungen werden. Darüber hinaus findet eine systematische Überwachung des Alltags der in der Provinz Xinjiang lebenden Uigur*innen statt.

Die Europäische Union trägt historische Verantwortung, sich kompromisslos für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit einzusetzen. Prinzipien, wie Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Menschenrechte und Minderheitenschutz stehen im Zentrum der europäischen Idee. Die EU als Wertegemeinschaft sollte diese Werte sowohl intern als auch extern verteidigen.

Durch enge wirtschaftliche Verflechtungen profitieren Mitgliedstaaten der EU und aus ihr stammende Unternehmen zudem von den politischen Bedingungen innerhalb Chinas.

Wir setzen uns bei politischen Vertreter*innen der Europäischen Union sowie ihrer Mitgliedstaaten dafür ein, auf die Beendigung der geschilderten Zustände in der Provinz Xinjiang hinzuwirken.

Wir fordern:

  • Eine Verordnung in der Wirtschaftsgesetzgebung, die eine mittelbare oder unmittelbare Beteiligung von EU-Firmen an Zwangsarbeit in China sanktioniert.
  • Ein Ersuchen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen durch die Mitgliedsstaaten der EU, um eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe in der Provinz Xinjiang einzuleiten.
  • Politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen Beteiligte am kulturellen Genozid in der Volksrepublik China.
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Die Pressefreiheit in Europa schützen und stärken!

Bundesausschuss, 07.11.20

Die Pressefreiheit in Europa schützen und stärken!

Beschluss im Wortlaut:

Pressefreiheit ist ein zentraler europäischer Wert und ein fundamentaler Baustein einer gesunden Demokratie. Wie die Studie MPM2020, welche im Auftrag der Europäischen Union durchgeführt wurde, aufzeigt, bestehen erhebliche Mängel an den Mediensystemen der Mitgliedsstaaten.

Wie die Studie ergeben hat, bestehen fundamentale Mängel bei dem Schutz von Journalisten, wie die Morde an der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia und dem slowakische Journalist Ján Kuciak gezeigt haben, einem pluralistischen Medienmarkt, wie zum Beispiel in Frankreich, Italien und Griechenland, wo große Teile der Medienlandschaft

Großkonzernen mit diversen anderen Geschäftsinteressen gehören, der politischen Unabhängigkeit von Medien, Sozialer Inklusion und den Herausforderungen der Digitalen Dimensionen. Diese Mängel gefährden eine unabhängige Berichterstattung und somit die Vierte Säule der Demokratie, wie auch in Deutschland durch die Wiederkehr des NS-Propagandabegriffs “Lügenpresse“ in den Sprachgebrauch zu sehen ist. Daher muss die Europäische Union auf diese Probleme eingehen. Es ist nun an der Zeit, ein Zeichen für die Pressefreiheit zu setzen und die JEF Europe-Kampagne “Democracy Under Pressure” durch eine eindeutige Beschlusslage zu ergänzen.

Daher fordern wir:

  • eine konsequente Fortführung der Verfahren wegen Verstößen gegen die Pressefreiheit.
  • eine regelmäßigere Vergleichsstudie zum Stand der Pressefreiheit in den EU-Mitgliedstaaten durch die Europäische Kommission.
  • dass die EU-Institutionen und die EU-Mitgliedstaaten die globale Pressefreiheit im Rahmen ihrer Möglichkeiten fördern.
  • dass die Mitgliedstaaten dazu angehalten werden, den Schutz von Journalist*innen vor Hass und Hetze, insbesondere im Internet, konsequent zu gewährleisten.
  • die Unabhängigkeit von Journalismus, insbesondere dem investigativen Journalismus, sicherzustellen.
  • Monopolisierungstendenzen in der Medienwirtschaft durch das Kartellrecht entschlossen entgegenzutreten. 
  • die Einführung eines europäischen Forschungsfonds zur wissenschaftlichen Identifizierung und Untersuchung neuer Geschäftsmodelle für Medien.
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Resolution für ein demokratisches und freies Belarus

Bundesausschuss, 07.11.20

Resolution für ein demokratisches und freies Belarus

Beschluss im Wortlaut:

Der Diktator Alexander Lukaschenko ist seit 26 Jahren an der Macht und hat Belarus bereits im November 1996 durch ein gefälschtes Verfassungsreferendum in einen autoritären Staat umgewandelt. Seit der letzten Präsidentschaftswahl am 9. August 2020 steht Lukaschenko unter massivem Druck, da er einen Sieg mit großer Mehrheit für sich in Anspruch nimmt, während ihm die Opposition offensichtlichen Wahlbetrug vorwirft. Die Europäische Union hat in der Zwischenzeit bereits angekündigt, das Ergebnis der Wahl nicht anzuerkennen und Sanktionen zu verhängen.

Wir als Bürger*innen Europas fordern die Europäische Union dazu auf, ihre Augen vor diesem Regime nicht zu verschließen und weiterhin Druck auf Lukaschenko auszuüben. Als Junge Europäische Föderalist*innen beobachten wir die Brutalität und Gewalt, mit der gegen friedliche Demonstrant*innen vorgegangen wird, mit großer Sorge und fordern die Verantwortlichen der EU dazu auf, eine dauerhafte und tragfähige Strategie zu entwickeln, um die Demokratisierung in Belarus durch die EU und ihre Mitgliedsländer zu unterstützen.

Die aktuell in den Fokus gerückte Beobachtung der Situation in Belarus darf dabei nicht nur temporärer Natur sein. Wir müssen uns auch langfristig für ein demokratisches, friedliches, freies und weltoffenes Belarus als Teil Europas einsetzen.

Ziel muss es sein, so lange passende Sanktionen gegen diejenigen in Belarus zu verhängen, die für die Gewalttaten an friedlich Demonstrierenden mit verantwortlich sind, vor allem auch gegen Lukaschenko selbst, bis es zu echten Veränderungen im Land kommt. Die Europäische Union muss mittels einer abgestimmten und einheitlichen Außenpolitik Lukaschenko dazu drängen, die politisch Inhaftierten freizulassen und freien sowie fairen Wahlen in Belarus mit unabhängigen Beobachter*innen zuzustimmen.

Unsere Vision von den Vereinigten Staaten von Europa ist darauf ausgerichtet, dass wir uns als Junge Europäische Föderalist*innen auch nach Außen für den Schutz und die Verbreitung der europäischen Grundwerte einsetzen. In diesem Sinne ist es unsere Verantwortung als Europäer*innen, dem belarusischen Volk Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben!

Als Junge Europäischen Föderalist*innen zeigen wir uns solidarisch mit den friedlich Demonstrierenden und wollen einen Beitrag dafür leisten, dass Demokratie sowie grundlegende Menschenrechte in Belarus gewährleistet werden können.

Wir akzeptieren einen diktatorischen Staat innerhalb Europas in keiner Weise und werden weiterhin in vollem Umfang die Menschenrechtsverletzungen und Demokratiedefizite offenlegen.

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Entkriminalisierung der privaten Seenotrettung

Bundesausschuss, 07.11.20

Entkriminalisierung der privaten Seenotrettung

Beschluss im Wortlaut:

Die Europäische Union hat als oberste Prämisse den Schutz und die Würde des Menschen zu wahren. In diesem Sinne ist es die Pflicht der EU als Wertegemeinschaft, hilfesuchenden Menschen Sicherheit und Perspektiven zu bieten.

Die Lage im Mittelmeer ist dramatisch: Laut dem Portal statista ertranken hier zwischen 2016 und 2019 etwa 12.500 Flüchtlinge und Migranten. Besonders allein reisende Minderjährige wagen sich noch immer auf die gefährliche Überfahrt nach Europa. Diejenigen der Flüchtenden, die das Festland erreichen, kommen in sog. „Aufnahmezentren“ unter, wo sie unter zum Teil unzumutbaren hygienischen Bedingungen verweilen müssen. Beispielsweise sind seit Jahresbeginn über 12.000 Bootsflüchtlinge an der italienischen Küste gelandet- viele warten noch darauf, dass ihr Asylantrag bearbeitet und genehmigt wird.

Bis zum heutigen Zeitpunkt gibt es keine einheitliche europäische Flüchtlingspolitik. Dies spiegelt sich wider in der öffentlichen Kritik und Kriminalisierung einer Mehrzahl von EU-Staaten zur Rettung von in Seenot geratenen Flüchtenden. Die EU hatte bis März 2019 durch den Marineeinsatz „Sophia“ Geflüchtete aus dem Mittelmeer gerettet. Das Programm „Sophia“ besteht aus einem Flottenkontingent verschiedener Staaten der EU. Neben Geflüchteten werden zudem kriminelle Schleusernetzwerke („Schlepperbanden“) bekämpft. Das Programm scheiterte an einem Interessenskonflikt über die Weiterverteilung der Flüchtlinge. Dies äußerte sich durch eine Verlegung der Einsatzflotte durch das italienische Oberkommando in Gebiete, durch die keinerlei Flüchtlingsrouten verlaufen. Somit folgte eine Aussetzung der Verlängerung der Mission „Sophia“ im März 2019 aufgrund der offenen Verteilungsfrage. Flüchtende werden derzeit zum Großteil nur von privaten Initiativen aus Seenot gerettet. Dies wird erschwert oder unter Strafe gestellt.

Der verheerende Brand auf Moria hat eine neue Dynamik der europäischen Asyl- und Migrationspolitik ausgelöst und die EU zum Handeln gezwungen. Rausgekommen ist der Migrationspakt, der von der Kommission als Neustart proklamiert wird, jedoch aus unserer Sicht keinesfalls eine Wende des Status Quo bedeutet. Eine solidarische Verteilung von Geflüchteten findet dabei leider keine Erwähnung mehr. Dafür sind Abschiebungen das Credo der Stunde. Weil insbesondere auch staatliche Seenotrettung durch diesen Migrationspakt nach wie vor in weite Ferne gerückt wird, ist umso dringlicher, dass die EU ihre Kriminalisierung der privaten Seenotrettung schnellstmöglich aufgibt, um Raum für humanitäre Hilfe zu schaffen.

Zusätzlich müssen auch Initiativen wie z.B. Mare Liberum, die wichtige Arbeit durch Aufklärung und das Aufdecken von Menschenrechtsverletzungen leistet, entkriminalisiert werden. Dies betrifft auch die bloße Weitergabe von Informationen über die sich allgemein im Mittelmeer befindlichen Boote und Schiffe.

Es darf nicht sein, dass die EU im Sinne einer Wertegemeinschaft diejenigen kriminalisiert, die ihr Leben für Notleidende einsetzen. Immer wieder setzten die Länder am Mittelmeer durch Bußgelder die Boote von privaten Seenotrettern fest. Der an dieser Stelle betriebene Bürokratismus kostet ganz konkret Menschenleben. Hinzu kommen Ressentiments der Küstenbewohner in Italien und Griechenland, die sich vermehrt gegen private Seenotretter organisieren und diese zum Teil mit Gewalt einschüchtern.

Selbst Deutschland, das sich als Vorreiter in der Aufnahme von Asylsuchenden sieht, spielt in der Seenotrettung ein doppeltes Spiel: Einerseits befürwortet es die Rettung und Unterstützung von Flüchtlingen. Andererseits wurden erst kürzlich vom Verkehrsministerium die Sicherheitsauflagen für private Bootsbesitzer derart verschärft, dass diese zwangsweise bei der Rettung mit einem Bußgeld bestraft werden.

Wir fordern mit sofortiger Wirkung die Entkriminalisierung der privaten Seenotrettung durch die EU-Staaten. Die EU muss sich von ihrem Status der Doppelmoral lösen: Als Wertegemeinschaft, die menschliche Würde und das Wohl des Menschen an erster Stelle sieht, darf sie nicht die Augen vor dem Leid der Flüchtenden schließen. Denn diese leben zum Teil unter prekären Bedingungen auf Schiffen, auf denen sie wochenlang ausharren müssen. Gleiches gilt auch für die Sicherheit und Würde der Flüchtlinge, die auf dem Festland in den „Aufnahmezentren“ ein elendes Dasein fristen.

Auch Deutschland muss in der Seenotrettung aus seiner defensiven Haltung hervorkommen: Wir fordern die deutsche Regierung dazu auf, eine deutliche Stellungnahme für die private Seenotrettung zu beziehen und diese gemeinsam mit den anderen EU-Staaten zu entkriminalisieren und zu erleichtern.

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Bessere Kontrolle der Vergaberichtlinien von EU-Finanzierung

Bundesausschuss 2018-III in Berlin, 17.11.18

Bessere Kontrolle der Vergaberichtlinien von EU-Finanzierung

Beschluss im Wortlaut:

Im Mai 2018 konnte das israelische Ministerium für strategische Angelegenheiten und öffentliche Diplomatie eine 40-seitige Forschungsstudie vorlegen, die aufzeigt, dass die Europäische Union Gruppen und Organisationen, die offen mit BDS-Aktivitäten sympathisieren, mit Fördermitteln in Millionenhöhe unterstützt hat. Dabei belegt das Ministerium ihre Vermutung innerhalb der Forschungsstudie mit offiziellen Zahlen EU-eigener Publikationen.

BDS steht dabei für „Boycott, Divestment and Sanctions“ und ist eine transnationale Bewegung, die sich durch dezentrale Aktionen zum Ziel gesetzt hat durch Aufrufe zum Wirtschaftsboykott sowie zur Isolation den Staat Israel schwächen zu wollen. Der Antrieb dieser Bewegung leitet sich dabei maßgeblich von der Kritik an der israelischen Siedlungspolitik ab, jedoch ist BDS keine einheitliche Gruppierung, so dass es in Teilen der Bewegung regelmäßig auch zu Kooperationen mit terroristischen Organisationen wie der Hamas und Hisbollah kommt. Damit offenbart sich diese Bewegung in der Kombination mit oben genannten Faktoren aber als streng nationalistisch und in Zügen antisemitisch, da sie offen zum Boykott Israels aufruft und den Staat insgesamt in Frage stellt. Teilweise erinnern solche Boykott-Aufrufe auch an die judenfeindliche Aufforderung: „Kauft nicht bei Juden!“

Die EU-Hochkommissarin für Außenpolitik, Federica Mogherini, der EU-Botschafter in Israel, Emanuele Giaufret, sowie zahlreiche Europaparlamentarier*innen sind sich in öffentlichen Statements einig und lassen verlautbaren, dass sie weiterhin „bei [ihrer] Opposition gegen die Isolierung Israels oder das Infragestellen seiner Legitimität [bleiben]. Darum finanzieren [sie] keine BDS-Aktivitäten.“ In diesem Sinne muss also die Frage geklärt werden, wie es so zum Ungleichgewicht zwischen öffentlicher Position und eigentlicher Praxis der EU kommt und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um wieder Einklang in dieses Verhältnis zu bringen.

Die vom Ministerium durchgeführte Forschungsstudie zeigt deutlich auf, dass die EU allein im Jahr 2016 14 europäische und palästinensische NGOs finanziert hat, die eindeutig und offen BDS bewerben. Nichtsdestotrotz vertritt die EU den Standpunkt, dass ihre Gelder ausschließlich für vertraglich vereinbarte Zwecke eingesetzt würde und derartige Ausgaben natürlich strengen Transparenzregeln unterliege. Durch den vorliegenden Fall kann die Annahme, dass die Vergabe von EU-Mitteln sorgsam überwacht wird, zumindest in Zweifel gezogen werden.

Der ehemalige Abgeordnete Paulo Casaca, der für die portugiesische Partido Socialista von 1999 bis 2009 Mitglied im Europäischen Parlament war und somit der S&D Fraktion angehörte, hat mit seiner mehrjährigen Erfahrung auf EU-Ebene eine Einschätzung zur vorgelegten Studie abgegeben. Er kommt dabei zum Ergebnis, dass es sich um eine gut recherchierte und belegte Studie handelt, die überzeugend ist und die Fakten objektiv nachprüfbar darstellt.

  • Aus diesem Grund müssen wir als Junge Europäische Föderalistinnen alle Verantwortlichen dazu auffordern, die Transparenz der Vergabe deutlich zu intensivieren und die Möglichkeit einer öffentlichen Überprüfbarkeit zu schaffen. Denkbar wäre in diesem Sinne bspw. ein öffentlich einsehbares Register, das Aufschluss über vergebene EU-Mittel gibt. Vorbild kann das Register für bereits EU-geförderte Regionalprojekte sein.
  • Weiterhin fordern wir anhand der o.g. Gründe, dass Kontrollmechanismen in Bezug auf bereits erfolgte Finanzierungen durch EU-Mittel geschaffen werden. Dies könnte maßgeblich dazu beitragen, den Einsatz von EU-Mitteln auch im späteren Verlauf zu überprüfen, sollte der begründete Verdacht aufkommen, dass die Gelder nicht für ihren ursprünglich vereinbarten Zweck eingesetzt worden seien.
  • Zusätzlich stellen wir uns hinter die Forderung von Federica Mogherini, Emanuele Giaufret sowie zahlreichen weiteren Europaparlamentarier*innen, dass wir gegen die Isolierung Israels oder das Infragestellen seiner Legitimität sind. Darum lehnen wir auch eine Finanzierung von BDS-Aktivitäten strikt ab. Eine Unterstützung oder Bewerbung von BDS-Aktivitäten muss demnach zu einem Ausschlusskriterium für eine Förderung durch öffentliche EU-Gelder werden.
  • Vielmehr möchten wir uns als Junge Europäische Föderalistinnen dafür einsetzen, dass keine einseitige Kritik geübt, sondern ein Beitrag zur gegenseitigen Verständigung im Nahen Osten geleistet wird. Die europäischen Institutionen sollten in der Lage sein, all jenen, die sich in der Region für eine bessere, friedliche, tolerante und prosperierende Zukunft einsetzen wollen, die Mittel dafür zu geben und sie dabei zu unterstützen.
Bessere Kontrolle der Vergaberichtlinien von EU-Finanzierung
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