Unsere Vision einer föderalistischen Außenpolitik

Bundesausschuss 02. – 04.12.2022

Unsere Vision einer föderalistischen Außenpolitik

Beschluss im Wortlaut:

Als Junge Europäische Föderalist*innen setzen wir uns schon seit langem für eine einheitliche europäische Außenpolitik ein, die die Werte und Interessen Europas schlagkräftig und glaubwürdig vertreten kann. Bis heute ist es nicht gelungen, eine gemeinsame, föderalistische Außenpolitik in Europa zu organisieren, die auch dazu in der Lage ist, auf die Fragen unserer Zeit passende Antworten geben zu können. Und während die europäische Integration im Bereich der Wirtschaft zügig vorangekommen ist, streiten die Mitgliedstaaten noch heute um den richtigen Kurs der Ausgestaltung in der gemeinsamen Außenpolitik. In Zeiten des Krieges in der Ukraine, des globalen Klimawandels und des Aufstiegs autokratischer Kräfte bleibt die europäische Außenpolitik in intergouvernementalen Strukturen verhaftet und wirkt dadurch regelmäßig inkonsequent, stark verwässert sowie ineffizient.

Dabei ist bereits vor 70 Jahren mit der “Europäischen Politischen Gemeinschaft” (EPG) der erste Versuch unternommen worden, eine gemeinsame Außenpolitik nach föderalistischen Grundsätzen zu schaffen. Das Scheitern der EPG führte im Ergebnis aber dazu, dass das Gemeinschaftsprinzip bis heute keinen Einzug in den Bereich der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik gefunden hat.

Die bestehenden Strukturen in der EU, wie die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie die hohe Repräsentantin, sind ein erster Schritt für mehr außenpolitische Verantwortung der EU. Gleichzeitig stellen wir als JEF fest, das die bisherigen Maßnahmen nicht weit genug gehen. Vielmehr benötigt die Union ein Um- und Weiterdenken der bisherigen Ideen. Ursula von der Leyen hat bei ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union die Schlussfolgerungen aus der Konferenz zur Zukunft Europas erneut aufgegriffen. Ein prominenter Vorschlag ist dabei die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzip in Außen- und Sicherheitsfragen, den wir an dieser Stelle erneut bekräftigen möchten.

Zudem hat sie ihre Unterstützung für einen erneuten Versuch für eine Europäische Politische Gemeinschaft zugesichert. Vor diesem Hintergrund fordern wir mit diesem Beschluss, eine föderalistische Außenpolitik in Europa final zu vollenden!

Wir haben in Europa die Erfahrung gemacht, dass immer dann, wenn existentielle Krisen anstehen, sich die Menschen an die Europäische Union wenden. Sei es bei der schweren Finanzkrise vor 15 Jahren, während der weltweiten Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine oder der Energiekrise verbunden mit einer wirtschaftlichen Rezession: gemeinsam sind wir stärker in Europa. Eine gemeinsame Herangehensweise an Probleme, die den ganzen Kontinent betreffen, bringt uns wesentlich weiter als nationale Alleingänge. Nicht ohne Grund wird dabei stets auf Jean Monnet Bezug genommen, der sagte, dass “Europa in Krisen geschmiedet werden wird.” Insbesondere bei den Russland-Sanktionen ist die innere Stärke Europas deutlich geworden, nachdem sie geeint, geschlossen und schnell reagiert hat. Aktuell steht nicht nur für die Ukraine sehr viel auf dem Spiel, sondern auch für Europa und die ganze Welt. Denn dieser Krieg richtet sich auch gegen unsere Werte, unsere Zukunft, unsere Wirtschaft als auch unsere freiheitliche sowie friedliche Verfassung.

Spätestens mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine müssen wir feststellen, dass es zu einem neuen Konflikt zwischen demokratischen und autoritären Staaten gekommen ist. Die EU sollte den Anspruch haben, bei der Verteidigung von Demokratie und Sicherheit in Europa und weltweit eine entscheidende Rolle zu spielen.

In diesem Sinne wollen wir, dass die gemeinsame Verständigung und der einstimmige Beschluss von Sanktionen nicht länger von außergewöhnlichen Umständen abhängig ist. Vielmehr müssen die institutionellen Grundlagen dafür geschaffen werden,dass die EU auch dauerhaft geeint, geschlossen und schnell reagieren kann. Nur gemeinsam hätte die EU genug politisches Gewicht, um als eigenständige Akteurin auf der Weltbühne aufzutreten, Rechte und Grundrechte ihrer Bürger*innen zu schützen und sich dabei von keiner Schutzmacht abhängig machen zu müssen.

Außenpolitik föderalistisch reformieren

Als JEF fordern wir daher eine föderalistische Außenpolitik, damit die EU mit einer Stimme sprechen kann. Das Verhältnis Föderalismus und Außenpolitik bedeutet für uns, dass es eine verfassungsmäßig geregelte Interaktion zwischen dem Bundesstaat Europa und seinen Mitgliedstaaten im Innenverhältnis gibt, um nach außen mit einer Stimme zu sprechen. (Vielfalt im Innern – Einheit nach außen) In diesem europäischen Bundesstaat hat die föderale Regierung (Europäische Kommission) unumstrittene rechtliche Befugnis in der Außenpolitik, damit sie die Kompetenz bekommt, internationale/völkerrechtliche Verträge eigenständig verhandeln und abschließen zu können, wobei das Parlament mit einbezogen werden muss. Damit dies möglich wird, möchten wir die Beschlüsse des vergangenen Bundeskongresses in Wittenberg sowie Bundesausschusses in Brüssel bekräftigen, die eine*n echte*n europäische*n Außenminister*in mit eigenständigem Außenministerium einfordern.

Föderalismus bedeutet auch für uns, sich nicht gleichzumachen, sondern die Vielfalt der Mitgliedstaaten als Reichtum zu begreifen und Respekt sowie Toleranz voreinander zu haben. Deshalb soll es den Mitgliedstaaten unbenommen bleiben, in den Bereichen des grenzüberschreitenden Regionalismus sowie von internationalen Kommunalpartnerschaften weiterhin aktiv zu sein. Das europäische Außenministerium setzt dabei den übergeordneten Rahmen und legt Ziele sowie Strategien der Außenpolitik fest. Interessen der einzelnen Mitgliedsstaaten sollen größtmögliche Berücksichtigung finden, indem es vor einer zukünftigen zweiten Kammer rechenschaftspflichtig ist. Im Zweifel müssen mitgliedstaatliche Einzelinteressen jedoch dem Gemeinwohl der Europäischen Union als Ganzes untergeordnet werden.

Ohne eine europäische politische Autorität – mit entsprechenden föderalistischen Kompetenzen – wird man den zentrifugalen und partikularistischen Tendenzen der Mitgliedstaaten eben nicht standhalten können. Das wird uns schon heute regelmäßig vor Augen geführt und unterstreicht noch einmal den dringenden institutionellen Handlungsbedarf!

Damit die EU in einer immer schneller werdenden Welt handlungsfähiger wird, müssen kurzfristig die nationalen Vetorechte im Rat der Außenminister*innen abgeschafft werden. In der EU müssen wir einen Paradigmenwechsel im Entscheidungsprozess einläuten: intergouvernementale Verhandlungen im Europäischen Rat und im Rat der EU haben ausgedient. Ein entscheidender Konstruktionsfehler war es, den Mitgliedstaaten ein letztinstanzliches Vetorecht einzuräumen. Nationale Interessen an einem Vetorecht sind nachvollziehbar, allerdings wird eine kohärente Außenpolitik dadurch zu häufig ausgebremst und verhindert.

Schwerpunkte einer föderalistischen Außenpolitik

Als Junge Europäische Föderalist*innen wissen wir sehr genau, dass wir ein starkes und vor allem handlungsfähiges Europa brauchen, um die großen Fragen unserer Zeit zu lösen – Klima, Sicherheit, Schutz der Demokratie und unserer Werte. Deshalb schlagen wir folgende Hauptschwerpunkte für eine europäische föderalistische Außenpolitik vor:

1. Wirtschaftliche Globalisierung

Der europäische Binnenmarkt mit seinen Grundfreiheiten ist eine der größten Erfolgsgeschichten Europas. Gemeinsam miteinander Handel zu treiben kann – bei den richtigen Rahmenbedingungen – für alle Seiten vorteilhaft sein. Unsere Handelspartner haben uns dabei geholfen, nicht nur unsere europäische Wirtschaft zu stärken, sondern auch unsere Interessen und unsere Werte global voranzubringen und die Globalisierung aktiv mitzugestalten. Insbesondere mit gleichgesinnten Partnern sehen wir das Potenzial, auch außerhalb unserer Grenzen wichtige Arbeits- und Umweltstandards durchsetzen sowie die Menschenrechtslage in der Welt verbessern zu können. Eine europäische Außenpolitik aus einem Guss wird uns auch dabei helfen, Beziehungen zu neuen Partnern und wichtigen Wachstumsregionen zu knüpfen. Denn nur gemeinsam werden wir die klimaneutrale und digitale Transformation unserer Wirtschaftsweise wirksam gestalten können – wertegebundene Handelsverträge sind dabei das effektivste Mittel.

2. Multipolare Sicherheit

Als JEF fordern wir eine europäische Friedens- und Sicherheitspolitik. Momentan stellt der russische Imperialismus und Militarismus eine grausame Verletzung des Friedens in Europa dar. Durch Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg wurde die europäische Sicherheitsarchitektur, die seit dem Ende des Kalten Krieges existierte, nichtig gemacht und vollkommen zerstört. Wir verurteilen den Angriff Russlands auf das souveräne Territorium der Ukraine und fordern die europäischen Staaten auf, der Ukraine jede mögliche – auch militärische – Hilfe zur Verfügung zu stellen, ohne dabei selbst in aktive Kampfhandlungen einzutreten. Wir bekennen uns auch zu den Bündnispflichten der NATO und der EU und begrüßen die Aufnahme weiterer Staaten in die Bündnisstrukturen. Wir bekräftigen darüber hinaus die Forderung der JEF nach einer Europäischen Armee, um die Kräfte der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu bündeln und sicherheitspolitisch weiter zusammenzurücken.

Aufrüstung im Rahmen einer agressiven Außenpolitik, wie sie China zur Bedrohung der Nachbarstaaten Taiwan, Japan und Südkorea durchführt, lehnen wir ab. Die EU sollte sich deshalb für wirksame Abrüstung einsetzen und aktiv an neuen Rüstungskontrollabkommen mitwirken. Diplomatie und Verhandlungen müssen auch weiterhin das wichtigste Mittel zur Friedenssicherung sein. Als Weltföderalist*innen streben wir eine globale Ordnung an, in der Atomwaffen keinen Platz haben.

3. Umwelt- und Klimaschutz

Die EU spielt in der globalen Klimadiplomatie eine führende und treibende Rolle.

Der European Green Deal nimmt sich vor, gegenüber Drittstaaten besonders als Vorbildfunktion, aber auch im Handel und im Finanzmarkt Standards zu setzen. Gleichzeitig sehen wir, das bisherige Bemühungen noch nicht ausreichen und die Umsetzung zu lange dauert. Zusätzlich zu der Beschleunigung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen fordern wir ein verstärktes Engagement der EU und ihrer Mitgliedstaaten in internationalen Institutionen wie den UN-Klimakonferenzen ein. Hieraus können Kooperationen mit Nicht-EU-Staaten in Form von Klimaallianzen oder Klimaclubs als separate Abkommen entstehen.

Wir sehen auch, dass sich Europa in mehrfacher Hinsicht energiepolitisch von autoritären Staaten abhängig gemacht hat, die nachweislich systematische Menschenrechtsverletzungen begehen. Das ist für uns nicht hinnehmbar und war ein Fehler. Diesen Preis dafür bezahlen wir jetzt. Zum einen sind wir auf Energieimporte in Form von fossilen Brennstoffen angewiesen. Zum anderen birgt die Umstellung auf erneuerbare Energien die Gefahr, sich neuen Abhängigkeiten außereuropäischer Zulieferindustrien aus der Solar- und Windenergiebranche auszusetzen. Durch fehlende Investitionen der letzten Jahrzehnte in erneuerbare Energien ist die EU bei der angestrebten Energiewende aktuell auf China als Weltmarktführer in der Solarbranche sowie Gatekeeper auf dem für Windkraftanlagen entscheidenden Markt für seltene Erden angewiesen. Gleichermaßen dominiert China mit einem Anteil von 61% an der weltweiten Minenproduktion den Markt für seltene Erden, welche nötig sind für die Herstellung von Windkraftanlagen. In der Vergangenheit hat China den Export bereits künstlich gedrosselt und auch in Zukunft könnte China Exportstopps als Druckmittel in internationalen Konflikten einsetzen. Eine derartige Abhängigkeit von autoritären Staaten, die nachweislich systematische Menschenrechtsverletzungen begehen, ist für uns nicht hinnehmbar.

Wir fordern daher, dass Europa seine Bezugsquellen für alle kritischen Rohstoffe und Technologien diversifiziert und die Transformation zu den erneuerbaren Energien beschleunigt. Dafür ist es unerlässlich, die europäische Industrie au der Solar- und Windenergiebranche mit hohen Investitionen zu unterstützen. Das Ziel muss eine sichere, europaweite sowie autonome Energieversorgung sein, die unabhängig von fossiler Energie sowie von Energiequellen aus autoritären Staaten ist. Darüber hinaus bekräftigen wir die umfassenden klimapolitischen und umweltrechtlichen Beschlüsse vom Bundeskongress 2020 und dem Bundesausschuss im März 2022.

Förderung und Schutz demokratischer Werte

Als JEF fordern wir ebenfalls eine feministische Außenpolitik. Feministische Außenpolitik orientiert sich am Wohl der Menschen und berücksichtigt möglichst viele verschiedene Lebensrealitäten. Europa ist eine Wertegemeinschaft und sollte sich aus diesem Grund weltweit für Menschenrechte einsetzen. Insbesondere Frauen und andere marginalisierte Gruppen werden bei Entscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl sie maßgeblich von deren Konsequenzen betroffen sind.

Als JEF fordern wir ebenfalls eine feministische Außenpolitik.

Als JEF fordern wir ebenfalls eine feministische Außenpolitik. Feministische Außenpolitik legt ein erweitertes Sicherheitsverständnis zur Grundlage dar, welches nationale Sicherheit in humane Sicherheit erweitert. Dies beinhaltet den erweiterten Sicherheitsbegriff, der Frieden nicht nur als Abwesenheit von Krieg bezeichnet, sondern auch strukturelle Gewalt mitberücksichtigt und anstrebt diese zu überwinden. Hierzu berücksichtigt feministische Außenpolitik die mögliche strukturelle Gewalt in Handel, Kooperation und der Innenpolitik beider Länder.

Daher orientiert sich Feministische Außenpolitik am Wohl der Menschen und berücksichtigt möglichst viele verschiedene Lebensrealitäten. Europa ist eine Wertegemeinschaft und sollte sich aus diesem Grund weltweit für Menschenrechte einsetzen. Insbesondere Frauen und andere marginalisierte Gruppen werden bei Entscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik jedoch nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl sie maßgeblich von deren Konsequenzen betroffen sind. Die EU sollte deshalb als Fürsprecherin für die Gleichbehandlung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen das Wort ergreifen und sie stärker an entsprechenden Entscheidungsprozessen beteiligen.

Aus diesem Grund fordern wir als JEF eine feministische Außenpolitik. Feministischer Außenpolitik liegt ein erweitertes Sicherheitsverständnis zur Grundlage, das nationale, staatliche Sicherheit auf die individuelle Sicherheit der Menschen erweitert. Dieses Sicherheitsverständnis beinhaltet auch eine Vorstellung von Frieden, die nicht nur die Abwesenheit von physischer, sondern auch struktureller Gewalt mitberücksichtigt. Als strukturelle Gewalt gelten alle Faktoren, die Menschen daran hindern ihr vollständiges Potenzial zu erreichen. Um diesen Zustand zu überwinden, berücksichtigt feministische Außenpolitik die mögliche strukturelle Gewalt in Handel, Kooperation und der Innenpolitik beider Länder, orientiert sich am Wohl der Menschen und berücksichtigt möglichst viele verschiedene Lebensrealitäten.

Gleichzeitig soll der historische Kontext der europäischen Außenpolitik bei künftigen außenpolitischen Entscheidungen bedacht werden, um aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen und eine gerechtere Weltordnung zu ermöglichen. Wir fordern zudem, dass die EU jungen oder unter Druck geratenen Demokratien zusätzliche Hilfe zukommen lässt und die organisierte Zivilgesellschaft insbesondere dort unterstützt, wo staatliche Willkür und Korruption sie zu zerstören drohen.

Als JEF fordern wir eine Verstärkung der internationalen Kooperation. Die Zusammenarbeit mit den Ländern des globalen Südens soll auf Augenhöhe passieren. Neokoloniale Bestrebungen, wie die Kreditvergaben Chinas, lehnen wir ab, da sie Abhängigkeiten zu den geldgebenden Staaten schaffen. Stattdessen setzen wir uns für eine Zusammenarbeit mit Ländern des globalen Südens auf Augenhöhe ein.

Wenn wir uns ernsthaft auf die Welt von morgen vorbereiten wollen, müssen wir auch in der Lage sein, die Dinge selbstbestimmt anzugehen, die für die Menschen in Europa am wichtigsten sind.

Es wird Zeit, dass Europa auf die diplomatische Weltbühne tritt. Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, kann Europa Herausragendes leisten!

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“Sky is not the Limit” – Für eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik

Bundesausschuss 02.-04.12.2023

“Sky is not the Limit” – Für eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik

Beschluss im Wortlaut:

Schon seit Urzeiten ist der Nachthimmel von besonderer Bedeutung für die Menschheit. Während er früher vor allem zur Orientierung und Zeitmessung genutzt wurde, weshalb weltweit Sternenkonstellationen auch eine hohe mythische Bedeutung haben, ist die Nutzung des Weltalls heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Neben praktischen Anwendungen wie GPS oder Satelliteninternet ermöglicht der Kosmos physikalische Grundlagenforschung beispielsweise durch die Beobachtung ferner Sterne und Galaxien. In den kommenden Jahren wird die Nutzung des Raums jenseits unserer Atmosphäre weiter zunehmen, insbesondere durch Produktionsprozesse in der Schwerelosigkeit, die weitere Vernetzung der Erde und auch die Renaissance der bemannten Raumfahrt.

Die Weltraumpolitik baute in den vergangenen Jahrzehnten auf eine enge internationale Kooperation, die jedoch jetzt zunehmend schwindet. Wir sehen daher die Notwendigkeit, die Autonomie der EU im Rahmen der Weltraumpolitik zu sichern. Der zunehmenden Militarisierung des Weltraums, insbesondere des erdnahen Orbits, muss Rechnung getragen werden. Dafür muss sich Europa für die konsequente Durchsetzung von Verboten für die Stationierung von (nuklearen) Waffensystemen im Orbit einsetzen. Die Unverletzbarkeit überlebenswichtiger dual-use Systeme zur Kommunikation und Navigation muss gewährleistet sein. Noch lässt sich eine neuerliche Rüstungsspirale im Weltraum durch multilaterale Regelwerke beschränken. Dafür ist es nötig, dass Europa nicht nur reaktiv handelt, sondern mit Führungsanspruch vorangeht.

Auch wenn angesichts neuer Herausforderungen eine stärkere europäische Politik gefordert wird, bleibt internationale Kooperation von entscheidender Bedeutung für die Weltraumpolitik. Viele Herausforderungen wie Fragen der Flugbahnen, der Versorgung, der Ressourcenverteilung oder der Entfernung von Weltraumschrott können nicht von einzelnen Staaten alleine gelöst werden. Die Europäische Union sollte sich deswegen weiterhin entschieden für eine tiefere Kooperation im Weltraum einsetzen und auch Vorschläge für einen internationalen Ordnungsrahmen geben. Dazu gehört insbesondere ein neues umfassendes Weltraumübereinkommen sowie die Gründung einer internationalen Organisation, die praktische Fragen des Weltraumrechts regeln und durchsetzen kann.

Denn anders als der Luftraum ist der Weltraum kaum reguliert. Jede Nation und jedes private Unternehmen kann, sofern die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, Satelliten, Raumsonden oder anderweitige Objekte in die Erdumlauahn bringen.

Es braucht daher einen effektiven Regulierungsrahmen. Wir fordern insbesondere eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik und ein europäisches Weltraumgesetz.

Eine gemeinsame EU-Weltraumpolitik erfordert zunächst eine Koordination der bestehenden nationalen Strategien und Politiken sowie die Stärkung der ESA. Dann müssen die finanziellen Mittel, die heutzutage in den Mitgliedstaaten unabhängig und unkoordiniert ausgegeben werden, endlich aufeinander abgestimmt und gebündelt werden. In den letzten Jahren hat sich durch private Akteure gezeigt, dass die staatliche Weltraumindustrie deutlich hinter den technischen Möglichkeiten zurückliegt. Hier müssen europäische Hidden Champions stärker in die Projekte der ESA eingebunden und auch Start-ups gefördert werden, um privatwirtschaftliche Alternativen zu schaffen. Noch verfügt Europa über umfangreiches Know-How und technische Fertigkeiten.

Ein europäisches Weltraumgesetz muss sich dabei der folgenden Herausforderungen annehmen:

  • Anerkennung der Weltraumressourcen als Allgemeingut der Menschheit
  • Gerechte Verteilung der Weltraumressourcen
  • stabile Rahmenbedingungen für private Unternehmen
  • Ermöglichung und Förderung nachhaltiger Investitionen
  • Vermeidung von Weltraumschrott, Verpflichtung zur Müllentsorgung und zur Haftung
  • Regelung von Import aus und Export in den Weltraum
  • Schutz der Umwelt des Weltraums unter anderem vor Kontaminierung
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Frontex an die kurze Leine nehmen: Für die Schaffung einer unabhängigen Ombudsstelle gegenüber Frontex

Bundesausschuss, 2. – 4.12.2023

Frontex an die kurze Leine nehmen: Für die Schaffung einer unabhängigen Ombudsstelle gegenüber Frontex

Beschluss im Wortlaut:

Oftmals mittellose Menschen, insbesondere Geflüchtete, sind an Europas Außengrenzen auf sich selbst gestellt, wenn sie ungerechtfertigte Polizeigewalt, illegale Push-Backs oder Schlimmeres wie vorsätzlich herbeigeführte Seenot erfahren. Durch Menschenrechtsorganisationen ist nachgewiesen, dass es die EU- Grenzschutz-Agentur Frontex selbst ist, die an illegalen Push-Backs beteiligt ist bzw. davon Kenntnis hat, ohne rettend einzugreifen.

Dem steht das schnelle Wachstum und die stetige Ausweitung der Kompetenzen von Frontex gegenüber[1]. Die Agentur wird mit Waffen, eigenen Schiffen, Helikoptern, Drohnen und bis 2027 mit mehr als 10.000 Grenzschützer:innen ausgestattet, während damit kaum ernstzunehmende Ermittlungs- und Kontrollmechanismen einhergehen. Darin liegt ein Konstruktionsfehler, ein Ungleichgewicht von Grenzschutz und Rechtsschutz.

Menschen an Europas Außengrenzen haben keine Möglichkeiten, Rechtsschutz zu erhalten, da sie im Falle von Push-Backs sich nicht (mehr) auf europäischem Boden befinden und so keinen Zugang zu unserem Rechtssystem haben.

Die einzigen bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten, ein Anrufen des Frontex-Verwaltungsrat oder der Frontex-Menschenrechtsbeauftragten, sind unzureichend und schaffen keine unabhängige Kontrolle. Beide sind agenturinterne Gremien ohne demokratische Legitimation, die keine Entscheidungsgewalt haben und innerhalb derer es nachweislich zu Verschleppungen und Vertuschungen von Ermittlungen kommt. Frontex und die beteiligten Mitgliedstaaten (Entsendestaaten und Gastgeberstaaten) decken sich bei unangenehmen Ermittlungen gegenseitig, indem – teils systematisch – Informationen zurückgehalten werden. Zwar gibt es zahlreiche an die Agentur selbst gerichtete Berichte über Menschenrechtsverletzungen und zweifelhafte Methoden in ihren Tätigkeiten durch Journalist:innen, NGOs oder sogar die Vereinten Nationen und den Europarat. Jedoch wurden sie durch den Exekutivdirektor und damit den Chef des Verwaltungsrates allesamt ignoriert und geleugnet[5]. Diese aktuelle Lage widerspricht der Vorstellung der JEF von einem Europa der Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, wie in 3.3. unseres politischen Programms von 2021 formuliert.

Wir fordern daher die Einrichtung eines unabhängigen Kontroll- und Ermittlungsgremiums (Ombudstelle). Dieses soll von der EU angemessen finanziert sein, institutionell, hierarchisch und praktisch unabhängig sein von den Beschuldigten, also Frontex selbst, ihren Beamt:innen sowie den Mitgliedstaaten und deren entsandten Beamt:innen.

●  Die Ombudsstelle soll parlamentarisch legitimiert sein und möglichst alle Mitgliedstaaten abbilden. Zu den Vertreter:innen sollen zählen: NGO- Vetreter:innen, Jurist:innen, Sozialarbeiter:innen und weitere Expert:innen.

●  Ihre Arbeit in Form von Überwachungen und Dokumentationen soll eine verbindliche Grundlage dafür sein, um Menschenrechtsverletzungen zu sanktionieren und die Straflosigkeit von Beamten zu verhindern. Konkret sollen auf der einen Seite straf- und disziplinarrechtliche Verfahren in den Mitgliedstaaten ermöglicht werden. Auf der anderen Seite soll das Gremium helfen, beteiligte Mitgliedstaaten und die Agentur selbst menschenrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, sei es vor dem EuGH oder idealerweise vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)[2]. Dem Gremium soll ein verbindlicher Anspruch auf Information gegenüber Frontex eingeräumt werden, der notfalls gerichtlich eingeklagt werden kann.

●  Auch muss die Einrichtung einer Anlaufstelle sichergestellt werden, die bei Rechtsverletzungen an der Grenze auch von Nicht-EU-Bürgern direkt angerufen werden kann.

●  Gleichzeitig soll die Arbeit des Gremiums dazu dienen, in der Gesellschaft politische Verantwortung konkret zu benennen und Transparenz zu schaffen. Frontex muss verpflichtet werden können, Dokumente von öffentlicher Relevanz der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Das Gremium soll unabhängig finanziert werden. Der Umfang der Finanzierung muss angepasst werden an das Wachstum und die Aktivitäten von Frontex, ohne aber institutionell von Frontex abhängig zu sein.

Ist das Gremium gegründet und hat es seine Arbeit aufgenommen, soll seiner Tätigkeit durch die Kommission und das Parlament evaluiert werden. Der zukünftige Arbeitsauftrag für Frontex muss klar definiert sein: Es muss um den Schutz von Menschen gehen, nicht um den Schutz von Grenzen.

[1] 2005 betrug der Etat 6 Mio. EUR. 2020 waren es 460 Mio. EUR.

[2] Hierfür müsste die EU sich der Gerichtsbarkeit des EGMR durch einen Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unterwerfen. Hierzu hat sich die EU selbst im Art. 6 Abs. 2 EUV verpflichtet.

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Größe gewinnen – Die Schaffung eines neuen Verständnisses der EU-Erweiterungspolitik

Bundesausschuss 02. – 04.12.2022

Größe gewinnen – Die Schaffung eines neuen Verständnisses der EU-Erweiterungspolitik

Beschluss im Wortlaut:

Die EU ist mit ihrem Binnenmarkt der größte Wirtschaftsraum der Welt und eine Wertegemeinschaft, deren Mitgliedsstaaten sich zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Menschenrechten bekennen und einen immer größer werdenden Teil ihrer Politik gemeinschaftlich gestalten.

Der Integrationsprozess europäischer Staaten in die EU ist noch nicht abgeschlossen, weshalb mithilfe der EU-Erweiterungspolitik eine Vereinigung der europäischen Länder in ein gemeinsames politisches und wirtschaftliches Projekt gelingen soll. Die Erweiterungen der Union gründet sich dabei auf ihren Werten und unterliegen strengen Auflagen. Dadurch hat sich die EU-Erweiterungspolitik zu einem starken außenpolitischen Instrument der EU entwickelt, das die Transformation zahlreicher europäischer Staaten entscheidend mitgestaltet hat. Denn die Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft hat sich als wichtiger Anreiz für Reformprozesse in den Kandidatenländern erwiesen, wodurch es gelingen konnte, die politische und wirtschaftliche Stabilität Europas zu stärken sowie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Menschenrechte zu fördern. Die Vergrößerung des Binnenmarktes hat zudem zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wohlstandes der EU beigetragen. Außerdem gewinnt die EU durch ihre Vergrößerung gleichzeitig ebenfalls weltweit an Gewicht und ist dadurch in der Lage, auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel, Umweltschutz, Wettbewerbsfähigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse und Regulierung der Finanzmärkte besser zu reagieren.

Für die JEF stellt deshalb die Mitgliedschaft eines weiteren Staates in der EU immer eine Chance dar, weshalb mit einer überlegten und zugleich ambitionierte Erweiterungspolitik Europa nicht nur größer, sondern vor allem verbessert werden kann. Dafür ist allerdings die Bestimmung klarer, nicht verhandelbarer Beitrittsvoraussetzungen von Nöten sowie die Setzung von neuen Schwerpunkten im Beitrittsprozess, um die Europäische Einheit vollenden zu können.

I. Die Beitrittsvoraussetzungen

Jeder Staat, welcher der EU beitreten will, muss die Kopenhagener Kriterien vollständig erfüllen. Kern der Kopenhagener Kriterien sind die Werte der EU, die sich auch in Artikel 2 des EU-Vertrags wiederfinden. Dadurch müssen Staaten, die der EU beitreten, nicht nur Demokratien, sondern wehrhafte Demokratien sein, deren Verfassung die Werte der EU schützt. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Aufnahmefähigkeit der EU für neue Mitgliedstaaten. Für die Westbalkanstaaten hat die EU das Bestehen guter nachbarschaftlicher Beziehungen als zusätzliches Beitrittskriterium benannt.

Dennoch bedarf es einer zielgerichteten Reform der Kopenhagener Kriterien. Bei der Anwendung dieser überarbeiteten Kopenhagener Kriterien darf es keine Kompromisse mehr geben, denn wenn einem neuen Mitgliedsstaat schon beim Beitritt das Gefühl gegeben wird, unsere Werte seien verhandelbar, verliert die EU ihre Glaubwürdigkeit. Grundsätzlich darf es bei einem EU-Beitritt keine Rabatte, Vergünstigungen oder Opt-Outs geben.

Bei der Beurteilung des Aufnahmefähigkeitskriteriums darf es nicht nur auf wirtschaftliche Belange ankommen. Auch die Erhaltung einer funktionsfähigen Demokratie muss dabei Berücksichtigung finden. Wir sind der Meinung, das Kriterium der guten nachbarschaftlichen Beziehungen sollte für alle Beitrittskandidaten gelten. Für das Vorantreiben der europäischen Integration ist es nicht zielführend, neue Konflikte oder neues Konfliktpotential in die EU einzubringen. Unter vorgenanntem Kriterium verstehen wir nicht die vollständige Abwesenheit von Konflikt, sondern den unbedingten Verzicht auf Gewalt oder Drohung mit Gewalt sowie ein insgesamt respektvolles Miteinander. In Fällen, wo die Gewalt einseitig verschuldet ist, kann dieses Kriterium allerdings keine Anwendung finden.

Die EU muss jedoch nicht nur die Einhaltung ihrer Werte bei neuen Mitgliedstaaten sicherstellen. Europäische Werte sind für alle Mitgliedstaaten verbindlich und müssen effektiv durchgesetzt werden können. Neben der konsequenten Durchsetzung der EU-Grundrechtecharta bei der Durchführung von Unionsrecht ist es daher essentiell, die Einhaltung der Grundrechte in den Mitgliedstaaten zu überwachen und die Nichteinhaltung entsprechend zu sanktionieren. Entsprechende Verfahren über Strafzahlungen oder partikularen Stimmrechtsentzug müssen vom Rat der EU an den Europäischen Gerichtshof übergehen. Diese Kompetenzverschiebung ist nötig, um Blockadehaltungen einzelner Mitgliedstaaten im Rat zu verhindern und Grundrechte innerhalb der EU unabhängig aktueller nationaler Regierungen zu sichern.

II. Der Beitrittsprozess

Der derzeitige Beitrittsprozess ist aus unserer Sicht unzureichend. Neben der Förderung von Bildung, Justiz, Infrastruktur und zur Angleichung an den Binnenmarkt, muss die Unterstützung der Zivilgesellschaft mindestens genauso wichtig sein. Neben EU-eigenen Programmen und der Förderung lokaler Organisationen, müssen hierbei auch politische Stiftungen sowie politische und nichtpolitische Jugendorganisationen miteinbezogen werden. Ferner wollen wir allen Beitrittskandidaten und Staaten mit Beitrittsperspektive sowie den Staaten der Europäischen Nachbarschaftspolitik anbieten, gegen angemessene finanzielle Beteiligung, Teil des Programms Erasmus+ zu werden, anstatt nur Partnerland zu sein.

Manche Staaten mit europäischer Perspektive werden aufgrund außenpolitischer Faktoren, die sie selbst nicht oder nur geringfügig beeinflussen können, wahrscheinlich länger auf einen Beitritt warten müssen. Deshalb müssen vor einem EU-Beitritt zusätzliche optionale Zwischenschritte bestehen, die über eine Deep and Comprehensive Free Trade Area (DCFTA) hinausgehen. Dazu gehört eine Mitgliedschaft in der Europäischen Zollunion sowie im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Letzterer steht gegenwärtig nur den Mitgliedern der Europäischen Freihandelszone (EFTA) offen, was wir ändern möchten. Für Staaten, die nicht EFTA-, aber EWR-Mitglied sind, wären dann EuGH und EU-Kommission zuständig. Eine Reform bedarf es ebenfalls bei der Zollunion, damit EU- und Nicht-EU-Mitglieder von zukünftigen Freihandelsabkommen der EU gleichermaßen profitieren. Hierbei dürfen die Zollunion bzw. der EWR keine dauerhaften Alternativen zu einem EU-Beitritt sein, wobei die Anforderungen an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte für einen EWR-Beitritt zwar niedriger als für einen EU-Beitritt sein sollten, jedoch immer noch höher als für einen Beitritt zur Zollunion.

Für den Beschluss zur Aufnahme und Abbruch von Beitrittsverhandlungen sowie dem Beitritt zum EWR müsste statt des Einstimmigkeitsprinzips die verstärkte qualifizierte Mehrheit erforderlich sein. Für den Beitritt zur EU sollte weiter das Einstimmigkeitsprinzip gelten, um über die Verhandlungen schwere Konflikte auf jeden Fall zu lösen.

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Für ein europäisches Vereinsrecht

Bundesausschuss, 02. – 04.12.2022

Für ein europäisches Vereinsrecht

Beschluss im Wortlaut:

In Anbetracht der Erwägungen, dass
1. eine sichtbare europäische Zivilgesellschaft ein starker und immens wichtiger Teil für das politische und gesellschaftliche Zusammenleben in Europa ist,

2. es im Sinne eines friedlichen und demokratischen Zusammenlebens für alle Menschen in der EU erforderlich ist, den steigenden Druck auf Zivilgesellschaften zu nehmen und deren Handlungsfähigkeit sicherzustellen,

3. Vereine eine gute Möglichkeit sind, sich einzubringen und die eigenen Interessen in den Fokus der Debatten zu rücken

4. grenzüberschreitende Aktivitäten, die durch internationale Akteure geplant und organisiert werden, gegenwärtig regelmäßig vor Herausforderungen stehen, z.B. in Bezug auf ihre Finanzierung, den Versicherungsschutz sowie rechtliche Fragen im Allgemeinen

5. Verbände und Vereine trotz grenzüberschreitender Tätigkeit keine entsprechende Rechtsform wählen können

6. innerhalb der JEF bereits jetzt transnationale Strukturen (z.B. JEF Oberrhein, JEF Großregion) bestehen, die gezwungen sind, sich in ihrer Mitgliederstruktur national zu organisieren,

7. insbesondere unser Europaverband, die JEF Europe, die Rechtsform eines belgischen Vereins hat und auf sie deshalb nur belgisches Vereinsrecht anwendbar ist, obwohl sie europaweit tätig ist und ihr Vorstand aus Mitgliedern aus mehreren EU-Staaten besteht,

8. wir uns schließlich für eine Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements in Europa einsetzen,

fordern wir, dass Vereine auch grenzüberschreitend gegründet werden können und dafür ein europäisches Vereinsrecht geschaffen wird.

Darüber hinaus fordern wir,

  • dass die Europäische Kommission aktiv wird und die Initiative des Parlaments zu einem europäischen Vereinsrecht weiterführt. Wir setzen uns aktiv dafür ein, dass dieses Thema nicht wieder von der Agenda verschwindet.
  • dass das Nicht-Diskriminierungsinstrument, das im Bericht für ein Statut für länderübergreifende Europäische Vereine und Organisationen ohne Erwerbszweck vom Europäischen Parlament beschlossen wurde, legislativ umgesetzt wird. Denn dieses ist ein Instrument, das zivilgesellschaftliches Engagement in Mitgliedstaaten, in denen die Demokratie unter Druck geraten ist, stärken kann.

Als JEF Deutschland haben wir ein großes Interesse an der Einführung des europaweiten Vereinsrechts, da es unser transnationales Engagement erheblich vereinfachen würde. Daher wollen wir von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen, sobald das Gesetz beschlossen ist.

Dies ist nicht nur eine logische Fortführung des bereits bestehenden europäischen Gesellschaftsrechts, sondern auch Ausdruck einer stetig enger zusammenwachsenden Gemeinschaft aller Europäer:innen.

Gleichzeitig kann es eine stärkere Identifikation mit Europa und einer europäischen Zivilgesellschaft ermöglichen und Vernetzungen erleichtern. Die Idee europäischen Engagements kann durch diese Rechtsform mehr Präsenz und Sichtbarkeit erhalten. Daneben sorgt ein europäisches Vereinsrecht auf rein praktischer Ebene dafür, dass Wohnortwechsel einem transnationalen Engagement nicht mehr im Wege stehen.

Wir unterstützen daher die Bestrebungen des Europäischen Parlaments, eine neue Rechtsform “Europäischer Verein” einzuführen. Das Europäische Parlament hat im Februar 2022 einen entsprechenden Verordnungsentwurf beschlossen und der Kommission zur weiteren Veranlassung vorgelegt. Dieser darf nicht in den Schubladen des Gesetzgebungsverfahrens verstauben. Wir fordern, dass die jahrelange Diskussion um die Einführung eines Europäischen Vereins endlich zum längst überfälligen Abschluss kommt.

In einigen Staaten Europas geraten Zivilgesellschaft und Protestbewegungen zunehmend unter Druck. Ein europäisches Vereinsrecht könnte hier für ganz Europa mehr Flexibilität und Freiheiten für zivilgesellschaftliches Engagement und dabei auch die notwendige Rechtssicherheit schaffen. So könnte beispielsweise eine europäische Definition der Gemeinnützigkeit dazu beitragen, dass denjenigen Akteur:innen, die die Kriterien der Gemeinnützigkeit nach europäischem Vereinsrecht erfüllen, Gelder oder andere Fördermöglichkeiten nicht einfach aus einer politischen Motivation heraus verwehrt werden können. Daneben sind aber noch viele weitere Regelungsmechanismen denkbar, die zu mehr Rechtssicherheit führen können, wie beispielsweise die Einführung einheitlicher Klagerechte.

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Kein weiterer Genozid an den Armenier*innen

Bundesausschuss, 03.12.22

Kein weiterer Genozid an den Armenier*innen

Beschluss im Wortlaut:

In der Nacht zum 13. September hat Aserbaidschan das souveräne Territorium Armeniens angegriffen. Der breit angelegte Krieg unter Einsatz von Artillerie und bewaffneten Militärdrohnen richtete sich gegen armenische Dörfer und Städte, die sich sowohl nahe der Grenze zu Aserbaidschan als auch tief im armenischen Kernland (wie z. B. auf den Kurort Dschermuk) befinden.

Über 200 armenische Soldat:innen sind gefallen oder werden vermisst. Es gibt Tote und Verletzte in der Zivilbevölkerung, zerstörte Häuser und Existenzen. Über 7.600 Zivilist:innen wurden vertrieben. Wieder einmal, nach dem 44-tägigen Krieg im Jahr 2020 um Bergkarabach, gab es zahlreiche Kriegsverbrechen: Kriegsgefangene wurden gefesselt, gefoltert, erniedrigt und getötet. Die Leichen getöteter Soldat*innen wurden geschändet.

Armenien ist eine der wenigen Demokratien im Südkaukasus. Seit 2018 befindet sich Armenien im Aufbau einer freien und pluralistischen Gesellschaft, in der europäische Werte und Menschenrechte eine zentrale Rolle spielen. Das größte Problem für die Existenz Armeniens stellt die Sicherheit des Landes dar. Das Land ist durch Autokratien, wie Aserbaidschan, Russland und die Türkei umgeben und wird stets in seiner Souveränität und Integrität bedroht.

Vor diesem Hintergrund ist es unerträglich, die gespaltene Reaktion der EU zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission in Bezug auf die Verurteilung der Angriffe zu sehen. Während das Europäische Parlament die Angriffe in vielen Anträgen verurteilt, macht die Kommission in bspw. der Person der Kommissionspräsident Ursula von der Leyen weitere Gasgeschäfte mit Alijews-Regime im Rahmen der “Kaviar-Diplomatie”.

Wir, die Jungen Europäischen Förderalist:innen stehen an der Seite Armeniens und betonen daher unsere klare Verurteilung des aserbaidschanischen Angriffskrieges.

Unsere Forderungen an die EU sind daher:

Verurteilung des aserbaidschanischen Angriffskrieges:

Die EU muss den Aggressor eindeutig benennen und ihn auffordern, das souveräne Gebiet Armeniens zu verlassen und somit den Stand vom 21. Mai 2021 wiederherzustellen.

Die EU soll ihre Mitgliedsstaaten sowie NATO-Mitglieder und ENP-Mitglieder (bspw. Israel) auffordern, keine weiteren Waffen und militärische Luftfahrzeuge (inklusive Drohnen) an Aserbaidschan zu liefern. Auch den Lieferungen von Dual-Use-Gütern stehen wir skeptisch gegenüber.

Die EU muss die destruktive Haltung Russlands und der Türkei in der Region verurteilen.

Wir unterstützen die von Emmanuel Macron im Rahmen des ersten Konvents der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPC) ausgehende Initiative der Einrichtung einer zivilen Mission der Europäischen Union entlang der Grenze Armeniens zu Aserbaidschan. Ebenso nehmen wir zur Kenntnis, dass Armenien und Aserbaidschan diesen Vorschlag am 07.10.2022 zustimmten, ein Bekenntnis zur Charta der Vereinten Nationen und der Erklärung zur Alma Ata von 1991 abgaben und somit die territoriale Integrität und Souveränität des jeweils anderen anerkannten. Dieses Gespräch ist begrüßenswert und soll fortgeführt werden, da wichtige Aspekte, wie die Zukunft der Republik Artsakh und die Sicherheit der armenischen Bevölkerung in der Region Bergkarabach, weiterhin unklar bleiben. Des Weiteren fordern wir, dass auch in dieser Region Friedenstruppen der Europäischen Union entsandt werden, um potentielle Verbrechen gegen die Menschheit zu verhindern. Besonders da durch die Totalblockade Artsakhs vom 03.12.2022 durch Aserbaidschan ethnische Säuberungen an der überwiegend armenischen Bevölkerung Artsakhs drohen.

EU-Mitgliedsstaaten sollen die Einberufung eines internationalen Strafgerichtshofs zur Aufklärung der Kriegsverbrechen in der Südkaukasus-Region nach dem Zerfall der Sowjetunion unterstützen. Des Weiteren soll eine Wahrheitskommission einberufen werden, um die Verbrechen gegen die Menschheit in dieser Region seit dem Zerfall der Sowjetunion aufzuklären.

Sanktionen gegen die politische Elite Aserbaidschans:

  • Regierungstreue Oligarch:innen verlieren ihren privilegierten Zugang zur Europäischen Union.
  • Das Einfrieren von Vermögenswerten von Staatspräsident Ilham Heydər Alijew und Vizepräsidentin Mehriban Alijewa (die Familie Alijew), den Ministerpräsident Ali Asadov, den Außenminister Jeyhun Bayramov, alle Milli meclis-Parlamentsabgeordneten, Vorsitzende des aserbaidschanischen Parlaments Sahiba Gafarova, Vertreter:innen des Militärs und zahlreichen Oligarch:innen.

Vorläufiges Sanktionspaket gegen die Regierung Aserbaidschans:

  • Die EU soll ein Embargo auf alle fossile Energieträger verhängen. Wir verurteilen die am 18. Juli 2022 getroffene Absichtserklärung der vertieften Zusammenarbeit mit Aserbaidschan, die vor allem auf die Erhöhung der Gaslieferungen abzielt.
  • Wir fordern die Aussetzung der Kooperation innerhalb der östlichen Partnerschaft mit Aserbaidschan, sowie die Aussetzung der strategischen Partnerschaft REPower EU Plan.

Sollte die aserbaidschanische Regierung keine Bemühungen um Frieden erkennen lassen, indem keiner der nachfolgenden Forderungen nachgegangen wird, bzw. die Situation weiter eskaliert, sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten über folgende Sanktionen entscheiden.

  • Der Zugang Aserbaidschans zu wichtigen Schlüsseltechnologien wie Halbleitern, modernster Software sowie zu Dual-Use-Gütern soll beschränkt werden.
  • Exportverbote für Chemikalien, die zur Waffenherstellung genutzt werden können.
  • Es soll ein Importverbot für aserbaidschanisches Gold verhängt werden.

Forderungen an Aserbaidschan von deren Umsetzung weitere Sanktionsmaßnahmen abhängen:

  • Wir fordern, dass die am 07.10.2022 ausgerufene Waffenruhe eingehalten wird.
  • Die aserbaidschanische Regierung muss gewährleisten, dass es keine Massaker an armenischen und artsakhischen (Bürger:innen der Republik Artsakh) Personen mehr gibt.
  • Aserbaidschan muss unmittelbar, alle armenische und artsakhische Kriegsgefangene in Freiheit entlassen. Dies soll auch die Kriegsgefangenen des 44-tägigen Kriegs im Jahr 2020 umfassen.
  • Aserbaidschan muss seine militärischen Kräfte von der Ost- und Westgrenze von Armenien zurückziehen.
  • Aserbaidschan muss sich konstruktiv an den Friedensgesprächen beteiligen.
  • Aserbaidschan soll die Geschichtsschreibung nicht weiter als Waffe benutzen, sondern eine transnationale, völkerverbindende und auf Aussöhnung bedachte Geschichtsschreibung mit Armenien suchen. Hierzu zählt auch in einem längeren Aussöhnungsprozess die Anerkennung des Völkermords an die Armenier durch das osmanische Reich.
BundessekretariatKein weiterer Genozid an den Armenier*innen
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Konsequenzen des russischen Angriffskriegs für Europa

Bundeskongress, 15.10.22

Konsequenzen des russischen Angriffskriegs für Europa

Beschluss im Wortlaut:

Bekundung zur Solidarität mit der Ukraine und Verurteilung des russischen Angriffskriegs

Als Europäer*innen haben wir eine klare Haltung: Wir stehen entschieden an der Seite der Ukraine sowie ihrer Bewohner*innen und bekräftigen unsere Solidarität. Die inspirierende Verteidigung ihres Landes und ihrer Werte sowie das historisch gewachsene Verlangen der ukrainischen Bevölkerung, ein Teil der europäischen Familie zu werden, soll endlich und vollumfänglich gewürdigt werden.

Daher bekräftigen wir unsere vollständige Solidarität mit der Ukraine und ihrer Bevölkerung in ihrem Kampf um Unabhängigkeit, Freiheit und Sicherheit. Wir rufen die Zivilgesellschaft in der EU dazu auf, Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen, nötigenfalls auf Kosten des eigenen Wohlstands und insbesondere gegenüber den in die EU geflüchteten Ukrainer*innen. Zugleich heißen wir den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Plan zur Einrichtung einer Wiederaufbau-Plattform für die Ukraine willkommen und begrüßen ihre Weiterentwicklung und Formalisierung. Über diese Plattform hinaus sollten auch weitere Finanzierungsquellen wie die Europäische Bank für Wiederaufbau, ein Sonderzugriff auf die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und erweiterte Mittel der Östlichen Partnerschaft in Erwägung gezogen werden. Ebenso sollte sich die EU dafür einsetzen, dass sich Russland an der Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine beteiligen muss.

Der Angriffskrieg der russischen Föderation gegen die Ukraine ist und bleibt ein nicht hinnehmbarer Völkerrechtsbruch. Die außerterritorialen Gebietsansprüche Russlands sind illegitim und das daraus folgende Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung ist untragbar. Die Scheinreferenden in den durch pro- russische Separatisten besetzten ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja wurden unter Zwang durchgeführt und sind daher völkerrechtswidrig. Bei den illegalen Annexionen der ukrainischen Regionen handelt es sich um Fremdbestimmung durch den Kreml, der dadurch weitere Menschenrechtsverletzungen legitimiert. Insbesondere systematische Verschleppungen von Menschen aus der Ukraine nach Russland und an die Frontlinie des Krieges, um für Russland gegen die eigene Bevölkerung zu kämpfen, verurteilen wir zutiefst und fordern die EU auf, weitere Fluchtwege in die EU für Ukrainer*innen bereitzustellen, wo dies möglich ist. Die Kriegspropaganda sowie die daraus resultierende Verzerrung der Realität verleiten Großteile der russischen Zivilbevölkerung zur Billigung bis hin sogar zur Befürwortung der kriegerischen Aggression. Unsere Solidarität gilt daher auch denjenigen in der russischen Bevölkerung, die den Krieg nicht wollen, die sich dagegen aussprechen und deshalb unter innenpolitischer Verfolgung leiden. Wir ermutigen die russische Zivilbevölkerung, Courage zu zeigen und sich der Tyrannei und Kriegstreiberei in ihrem Land zu widersetzen. Die aktuelle Regierung der Russischen Föderation und all ihrer Kollaborateure, Unterstützer und historischer Wegbereiter ist und bleibt zu verurteilen. Dies gilt vor allem für Lukaschenko, der nach der Bereitstellung belarussischer Militärstützpunkte für russische Angriffe auf die Ukraine nun Russlands Angriffskrieg sogar mit den eigenen Streitkräften militärisch unterstützen will. Spätestens jetzt müssen die Sanktionen der EU als Reaktion auf die Ankündigung der russisch-belarussischen Militäreinheit auf Lukaschenko und seine Gefolgsleute ausgeweitet werden.

Zeitenwende in der Außenpolitik Europas

Die EU war, ist und bleibt die Konstante für Frieden, Freiheit und Demokratie auf unserem Kontinent. Die europäische Solidarität ist der gelebte Geist der Bürger*innen und einer der Grundpfeiler unseres Zusammenlebens. Diesen Grundsatz lebendig werden zu lassen und die Formulierung nicht im Sande verlaufen zu lassen, ist eine der Grundaufgaben der europäischen Institutionen sowie der Mitgliedstaaten. Im Zuge gelebter Solidarität auf dem europäischen Kontinent ist die Schaffung einer friedlichen Lebensumgebung für alle alternativlos.

Dazu muss schnellstmöglich der Rückzug aller russischen Truppen aus den völkerrechtlich anerkannten ukrainischen Gebieten erfolgen. Dieses Ziel muss oberste Priorität in der Außenpolitik der EU haben und von den Entscheidungsträger*innen konsequent verfolgt werden, um weiteres Leid zu vermeiden. Damit endlich Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland möglich werden, muss die Ukraine jedoch in eine Position der Stärke versetzt werden. Daher begrüßen wir die Lieferung von schweren Waffen aus Ländern der EU und weiterer demokratischer Staaten in die Ukraine. Die jüngsten militärischen Erfolge der Ukraine unterstreichen noch einmal, wie wichtig diese Waffenlieferungen für das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Selbstverteidigung des Landes sind. Wir fordern, dass die Ukraine so lange wie nötig militärisch, finanziell und humanitär durch die EU und ihre Verbündeten unterstützt wird.

Beitrittsperspektive für die Ukraine

Schließlich zeigt sich die Notwendigkeit eines EU-Beitritts der Ukraine. Dementsprechend müssen die Beitrittsperspektiven klar aufgezeigt werden. Der Beitritt ist auch von Seiten der Ukraine gewünscht und trifft in der Bevölkerung auf breite Zustimmung. Die Ukraine verteidigt nicht nur ihr eigenes Territorium, sondern auch die Sicherheit Europas. Außerdem verteidigt sie die Demokratie und die Werte Europas, zu denen sie sich schon seit mehreren Jahren – auch durch die Assoziierung mit der EU – bekennt. Dadurch gibt es nur eine logische Konsequenz, dass die Ukraine Mitgliedstaat der Europäischen Union wird.

Da aber die Ukraine nicht kurzfristig die Kopenhagener Beitrittskriterien erfüllen wird und ein Abweichen von ihnen die innere Stabilität und Kohäsion der EU gefährden würde, fordern wir, dass den Ukrainerinnen eine eigene Beitrittsperspektive ermöglicht wird. Mit dem langfristigen Ziel, die Ukraine zum vollwertigen Mitgliedstaat zu machen, sollen jetzt schon den Bürger*innen der Ukraine besondere Rechte gewährt werden. Dies betrifft:

  1. Freizügigkeit und dauerhafte Arbeitserlaubnis innerhalb der EU
  2. Niederlassungsfreiheit in der EU
  3. Das Recht, von EU-Botschaften im Ausland Beistand zu erhalten

So können die Ukrainer*innen unabhängig der russischen Bestrebungen bisherige Reformen rückgängig zu machen und zukünftige für den EU-Beitritt zu verhindern, die Rechte in Anspruch nehmen für die sie bereits kämpfen. Sie müssen demzufolge nicht auf Reformen warten, die durch den Krieg verzögert werden.

Gleichzeitig muss die EU den Beitrittsprozess der Staaten des Westbalkans, Georgiens und der Republik Moldau vorantreiben. Kein Land Europas sollte mehr unter dem Imperialismus Russlands leiden müssen.

Sanktionen und Entscheidungsfindung

Die im Juni 2022 verschärften Sanktionen gegen Russland begrüßen wir und sie müssen beibehalten werden. Die gemeinsam verhängten Sanktionen sind ein zukunftsweisendes Beispiel für die Stärke eines geeinten Europas – insbesondere im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik. Wir beobachten allerdings mit Sorge, dass diese Einigkeit gefährdet wird. Noch immer erhoffen sich einige Parteien in Europa, teilweise sogar mit Regierungsverantwortung, von Russland die Unterstützung für ihre innenpolitischen Ziele und antidemokratische Bestrebungen. Die Unterstützung der Ukraine und der Schutz Europas dürfen nicht darunter leiden, dass sich einige Politiker*innen von Putin ideologisch inspirieren lassen. Die Konsequenzen dieser Sympathien und der russischen Abhängigkeit stellen eine Gefahr fuhr die Entscheidungsfindung in Europa dar. Wieder einmal zeigt sich hier, wie schwach und anfällig das Vetorecht bei außenpolitischen Entscheidungen ist und dass ein qualifiziertes Mehrheitsvotum dringend erforderlich ist.

Implikationen des Kriegs auf die Wirtschaft und Energiepolitik in Europa

Parallel zum Angriff auf die Ukraine setzt Russland die Verknappung von Erdgas als Waffe ein, indem es die Gasversorgung aller europäischen Staaten, die an der Seite der Ukraine stehen, stark eingeschränkt hat. Hier zeigen sich die Fehler der jahrelangen Abhängigkeit von russischem Gas und daraus resultierende Erpressbarkeit, die auch die deutsche Regierung zu verantworten hat. „Wandel durch Annäherung“ und „Die Neue Ostpolitik“ waren zur Zeit des kalten Krieges der goldene Standard der Außenpolitik mit autoritären Staaten in Osteuropa. Doch seit dem Zerfall der Sowjetunion wandelte sich diese Strategie in unseren Beziehungen zu Russland in eine einfache Handelsstrategie. Spätestens etabliert durch die Regierung um Gerhard Schröder, setzte sich diese Politik unter den Regierungen von Angela Merkel fort. Obwohl östliche Partner innerhalb der EU vor Abhängigkeiten gegenüber der Politik des Kremls beständig warnten, ignorierte die deutsche Politik diese Stimmen. Dies war ein grauenhafter Fehler, da wir nun erkennen müssen, dass diese Abhängigkeiten wirklich bestanden und uns mit unseren östlichen Partnern in der EU entfremdete. Letztendlich waren die europäischen Energie- und Außenpolitiken geprägt von mangelndem Vertrauen in europäische Partner, sowie von unkoordinierten Alleingängen.

Auch deshalb sehen wir uns heute mit einer Energiekrise konfrontiert, die nicht nur die Industrie in Europa, sondern vor allem auch die Bürger*innen empfindlich trifft.

Eine europäische Antwort hierauf muss in gemeinsam koordinierten Einsparungsmaßnahmen liegen. Wir begrüßen daher die bisher dazu beschlossenen Maßnahmen und fordern ihre strikte und verlässliche Umsetzung.

Wir begrüßen ausdrücklich die deutschen und europäischen Bestrebungen, unsere Erdgasquellen zu diversifizieren. Wo immer möglich, müssen neue Energieabkommen mit demokratischen Staaten geschlossen werden, um uns aus der Abhängigkeit autoritärer Regime zu befreien.

Diese Krise verdeutlicht außerdem, dass eine effektive Energiewende dringend erforderlich ist. Nicht nur im Angesicht der Klimakrise findet sich die Zukunft in den erneuerbaren Energien. Die Gewinnung aus Wind, Sonne und Wasser muss ausgebaut werden. Dabei muss auch die Infrastruktur, insbesondere in Form der Energietrassen, in den Blick genommen werden. Diese große Zukunftsinvestition muss zu einem Gemeinschaftsprojekt der gesamten EU werden, da nur so eine sichere und unabhängige Energieversorgung gewährleistet werden kann.

Die Energiewende kann weiter nur gemeistert werden, wenn die schon bestehenden Richtlinien schneller und effizienter umgesetzt werden. Insbesondere im Strom- und Gasbereich besteht schon eine umfangreiche Regulierung, die allerdings von den Mitgliedstaaten nur schleppend realisiert wird. Verbraucher*innen wären bereits heute in Anbetracht der Krise wesentlich besser geschützt, wenn die Mitgliedstaaten ihren Pflichten zur Umsetzung der Richtlinien rechtzeitig und hinreichend nachgekommen wären. Es ist erforderlich, dass bei Verstößen die Vertragsverletzungsverfahren zügig durchgeführt werden. Außerdem muss für eine zügige und korrekte Umsetzung von Richtlinien ein stetiger Austausch zwischen der Union und den Mitgliedstaaten erfolgen, durch den Hindernisse frühzeitig erkannt werden. Über die Kommission gesteuerte best-practice-Austausche zwischen den Mitgliedstaaten sind dabei ein wertvoller Ansatz, von dem regelmäßig und bereits vor Ablauf der Umsetzungsfristen Gebrauch gemacht werden sollte.

Darüber hinaus offenbaren unter anderem die jüngsten Schäden an den Gas- und Ölpipelines in der Ostsee sowie die langfristige Desinformationskampagnen Russlands die Anfälligkeit der kritischen Infrastruktur Europas. Die JEF befürwortet daher die bestehenden Richtlinien der EU und NATO, die die kritische Infrastruktur in den EU- Mitgliedstaaten schützen sollen und fordert darüber hinaus eine enge Kooperation zwischen den Staaten für eine konsequente und koordinierte Umsetzung dieser Richtlinien.

Die Standhaftigkeit europäischer Werte und Ideale wird letztlich aufgrund einer von Russland ausgelösten Energiekrise auf die Probe gestellt. Deshalb ist es umso wichtiger, als Europäische Union zusammenzuhalten und uns nicht von den Aggressionen Russlands entzweien zu lassen. Die Sanktionen gegenüber Russland sind alternativlos und die Solidarität mit der Ukraine von höchster Bedeutung.

BundessekretariatKonsequenzen des russischen Angriffskriegs für Europa
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Zeitenwende europäisch denken: Verfassungskonvent statt konventioneller Politik!

Bundeskongress, 15.10.22

Zeitenwende europäisch denken: Verfassungskonvent statt konventioneller Politik!

Beschluss im Wortlaut:

Das Europäische Haus brennt.

Es herrscht wieder Krieg in Europa. In diesem Krieg verteidigt die Ukraine unsere europäischen Werte, insbesondere unsere Freiheit und Demokratie, gegen die russische Aggression. Unsere Gesellschaft hat diese demokratischen Freiheiten viel zu lange als gegeben hingenommen, aber wir müssen tagtäglich für sie eintreten und gerade dann resolut für sie kämpfen, wenn sie bedroht werden. Dabei stehen die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten an der Seite der Ukraine. Gerade weil der Krieg unendliches Leid für die Menschen in der Ukraine bedeutet und die Zukunftspläne junger Menschen in Luft aufgehen lässt, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten die militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe auf ein Maximum verstärken. Dazu gehören die Lieferung von Waffensystemen, umfassende Haushaltshilfen für die Ukraine, und Sach- und Finanzmittel zur Versorgung von ukrainischen Flüchtlingen und für den ökonomischen Wiederaufbau der Ukraine. Die Ukraine muss mit diesen Maßnahmen in die Lage versetzt werden, die russische Aggression zurückzuschlagen und den Krieg zu gewinnen, entsprechend ihrer Forderungen. Zugleich muss die Europäische Union die Schritte zur nachhaltigen und fundamentalen Integration der Ukraine in die EU mit Nachdruck fortzuführen. Wir blicken außerdem besorgt auf einige europäische Mitgliedstaaten. Die Wahlen der letzten Wochen in Schweden und Italien, bei denen rechtspopulistische, postfaschistische und antieuropäische Parteien zu den Siegern zählten, führen uns die Fragilität der EU und ihrer Werte besonders schmerzhaft vor Augen. In dieser Stunde rufen wir insbesondere demokratische Parteien verschiedener politischer Lager dazu auf, zusammenzustehen und ein Bollwerk gegen diese Entwicklung zu errichten.

Der soziale Zusammenhalt bröckelt in Europa.

Der Krieg hat Auswirkungen in ganz Europa und der Welt. Die gestiegenen Energiepreise und Inflation zwingen viele Menschen und insbesondere junge Menschen zu wirtschaftlichen Entbehrungen. Zur Heizsaison im Winter schaffen Horrorszenarien von ausbleibender Gasversorgung die Gefahr eines Verteilungskampfs über knappe Ressourcen. Politiker*innen und Medienvertreter*innen in Deutschland führen diese Diskussion noch immer mit ausschließlich nationalen Scheuklappen. Wie zu Beginn der Corona-Pandemie scheitern die politischen Entscheidungsträger*innen mit ihren nationalen Alleingängen daran, unseren gemeinsamen Problemen europäisch zu begegnen. Die deutsche Bundesregierung sollte alle Schritte auf europäischer Ebene unterstützen, solidarisch und gemeinsam mit diesen Herausforderungen umzugehen. Dazu gehören die europäische Beschaffung von Energieträgern, die Stärkung transnationaler Energienetze und die resolute Zusage, die grenzüberschreitende Energieversorgung und -verteilung in Europa unter keinen Umständen kollabieren zu lassen. Alles andere wäre ein politisches Armutszeugnis der deutschen Politiker*innen gegen dessen nationalkonservative Prägung wir als Junge Europäische Föderalist*innen resolut einschreiten werden.

Gerade in Zeiten ohnehin hoher sozialer Spannungen ist europäische Solidarität zur Überwindung gemeinsamer wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen unersetzlich. Seit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 hat sich die wirtschaftliche und soziale Situation von jungen Menschen viel zu langsam verbessert und die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern bricht das Versprechen Europas, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu bieten. Die EU braucht endlich eine Wirtschafts- und Sozialpolitik, die das Leben junger Menschen nachhaltig verbessert. Die Debatte um europäische Fiskalregeln ist geprägt von nationalstaatlicher Engstirnigkeit. Stattdessen muss die Bundesregierung politischen Mut beweisen und die eingefahrenen Denkmuster der letzten Dekade hinter sich lassen und auf europäischer Ebene zukunftsorientierte Investitionen ermöglichen. Das bedeutet, die EU benötigt Fiskalregeln, die klimafreundliche Investitionen und Maßnahmen zur Digitalisierung von der Defizitberechnung ausnimmt und eine gemeinsame Aufnahme von europäischen Schulden aufbauend auf dem NextGenerationEU Programm. Gerade die deutsche Bundesregierung muss sich bewusst sein, wie stark erneute Forderungen nach haushälterischer Disziplin in anderen EU-Ländern das Vertrauen in Deutschland als verlässliche Partnerin in Europa zerstören. Deutschland ist heute und in Zukunft deutlich mehr auf den europäischen Zusammenhalt angewiesen. Eine kurzsichtige Politik hat in der heutigen Wirklichkeit keinen Platz. Auch in der Sozialpolitik müssen die Mitgliedstaaten darüber hinaus Maßnahmen ergreifen, durch die der soziale Zusammenhalt in Europa gestärkt wird. Die EU hat die Chance dem Versprechen der europäischen Säule sozialer Rechte durch eine Arbeitslosenrückversicherung und die wechselseitige Öffnung von Sozialsystemen für europäische Bürger*innen in ganz Europa gerecht zu werden, einhergehend mit Maßnahmen zur Förderung von Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Unfähigkeit, solche Entscheidungen als Bundesregierung voranzutreiben, wäre die enttäuschende Fortsetzung einer gescheiterten Politik der letzten Jahre, die die Augen vor den sozialen Problemen der Menschen verschließt.

Die Corona-Pandemie ist noch nicht gebannt und wird das Leben der gesamten Gesellschaft sowie junger Menschen auch weiterhin prägen. Junge Menschen mussten in der Pandemie viele Opfer bringen. Im Winter wird die Gefahr von neuen Coronavirus-Varianten uns erneut beschäftigen, möglicherweise auch mit den mittlerweile bekannten Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Dies hat nicht nur einen Einfluss auf das Sozialleben und die psychische Gesundheit junger Menschen, sondern auch die Möglichkeiten eine Ausbildung anzufangen, ein Studium zu beginnen oder in eine neue Stadt zu ziehen. Allein die Drohung, auch weiterhin das Leben im Standby-Modus zu führen, wird insbesondere die jungen Menschen treffen. Daher brauchen wir eine effektive gemeinsame Pandemiebekämpfung in Europa, die gleichzeitig die europäischen Freiheiten in Grenzregionen bewahrt.

Klimakollaps und Migrationskrise stellen die Glaubwürdigkeit der EU infrage.

Durch die Pandemie und die Energiekrise sind weitere europäische Herausforderungen zu stark in den Hintergrund getreten. Der vergangene Sommer war einer der wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn in Deutschland. Überschwemmungen sind an der Tagesordnung und Waldbrände in ganz Europa haben uns den zukünftigen Alltag vor Augen geführt. Aber unsere Gesellschaft steuert immer noch blindlings auf den Klimakollaps zu. Die beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, einschließlich der Umsetzung des Fit for 55 Programms, müssen kompromisslos verfolgt werden. Wenn die EU ihrem eigenen Anspruch gerecht werden möchte, eine Vorreiterin beim Klimaschutz zu sein, sind die bisherigen Bemühungen bei Weitem nicht genug.

Nicht zuletzt müssen die Herausforderungen des drohenden Klimakollaps überwunden werden, um Lebensgrundlagen in allen Teilen der Welt zu erhalten. Schon heute sehen wir Migrationsbewegungen in Reaktion auf klimatische Veränderungen. Die Politik des letzten Jahrzehnts hat hierbei, sowie der Migrationspolitik insgesamt, ein desaströses Bild gezeigt. In Auffanglagern in der Peripherie Europas wurde und wird die Menschenwürde mit Füßen getreten, denn eine inhumane Asyl- und Migrationspolitik scheint politischen Entscheidungsträger*innen offenbar opportun. Die feige Politik des Wegduckens und Verzögerns in Asyl- und Migrationsfragen führt aber zu realen Schäden für das Leben vieler und insbesondere junger Menschen. Aktuelle ad hoc Maßnahmen müssen endlich einer dauerhaften, humanen und gerechten gesamteuropäischen Lösung weichen, wie beispielsweise dem schon längst vorgeschlagenen EU-weiten Verteilungsschlüssel für Asylsuchende. Eine Blockade einzelner Mitgliedstaaten muss notfalls auch mit Sanktionen begegnet werden, denn die europäische Gemeinschaft darf nicht nur à la carte gelten, wenn sie den Menschen ein glaubhaftes Versprechen der Verteidigung europäischer Werte geben will.

Auch in anderen Politikfeldern wird der Wert der Rechtsstaatlichkeit innerhalb der EU noch immer missachtet. Auch wenn die Europäische Kommission nun regelmäßig Berichte über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten verfasst, wird die Rechtsstaatlichkeit noch immer unzureichend respektiert. Vor allem wurde das Verfahren gegen Ungarn aufgrund von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit von der Kommission viel zu spät eingeleitet. Den Maßnahmen zum Schutz durch die EU-Kommission müssen nun glaubhafte Schritte beispielsweise in der Korruptionsbekämpfung und dem Schutz individueller Rechte folgen. Auch in anderen EU-Staaten muss der Schutz der Rechtsstaatlichkeit nachhaltig geschehen, sonst läuft die EU Gefahr, ihr internationales Ansehen als Leuchtturm der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verlieren.

Europa wird in Krisen geschmiedet.

Diese Polykrisen unserer europäischen Gegenwart schüren Zukunftsängste bei jungen Menschen in ganz Europa. Psychische Krankheiten in den entsprechenden Altersgruppen sind in den letzten Jahren auf ein erschreckendes Niveau gestiegen und werden sie für den Rest ihres Lebens zeichnen. Diese Krisen stellen unsere Gesellschaft vor die größten Zerreißproben der jüngeren Vergangenheit. Allerdings kann eine stärkere europäische Zusammenarbeit diese Krisen überwinden. Jetzt gilt es deshalb gemeinsam Brücken zu bauen, um die Abhängigkeit von russischer Energie aufzulösen, um soziale und wirtschaftliche Entlastungen für bedürftige Menschen in ganz Europa sicherzustellen und um den Klimawandel und die Migrationskrise nachhaltig zu bewältigen. Wir brauchen einen Reflex zur europäischen Einheit statt zum nationalen Eigensinn, denn gemeinsam können wir Sicherheit in einer Welt der Polykrisen garantieren.

Europäisches Wahlrecht verabschieden.

Für die Europawahl 2024 können hierfür die ersten Schritte genommen werden, die das institutionelle Fundament für diese verstärkte europäische Zusammenarbeit garantieren. Wenn die europäischen Bürger*innen über transnationale Listen Abgeordnete ins europäische Parlament wählen, wird die Europawahl zu einer echten Europawahl werden, in der gesamteuropäische Themen im Fokus der Wahlentscheidung stehen. Noch ist es nicht zu spät, ein neues europäisches Wahlrecht zu beschließen, das den transnationalen Charakter der Europawahl 2024 stärken wird. Darüber hinaus müssen die europäischen Parteienfamilien vor der Wahl erneut Spitzenkandidat*innen aufstellen und diese nach der Wahl endlich Kommissionspräsident*in werden, damit das Privileg zur Stimmabgabe bei der Europawahl echte Veränderungen herbeiführen kann, die von den Bürger*innen legitimiert sind.

Die EU erweitern.

Die vielfältigen Krisen betreffen nicht nur die Staaten innerhalb der EU. Nicht zuletzt die Ukraine, aber auch die Staaten des Westbalkans sowie Georgien und Moldawien sehen sich auch mit dem Krieg, wirtschaftlichen und sozialen Spannungen, Klimawandel und Migrationsbewegungen konfrontiert. Die EU muss die Beitrittsverhandlungen mit diesen Staaten energisch vorantreiben und leere Worthülsen ablegen. Ein Beitritt bis zur übernächsten Europawahl für diejenigen Staaten, die die Beitrittskriterien erfüllen, kann diese Blockade auflösen. Zu lange wurden einzelnen Staaten Bedingungen auferlegt, die nichts mit europäischen Werten der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu tun haben. Wir dürfen vor allem die jungen Menschen in diesen Staaten nicht enttäuschen und müssen sie als gleichwertige Teile der europäischen Familie anerkennen. Gleichzeitig darf die erneute Erweiterung der EU Bestrebungen der tiefgreifenden Integration nicht aufhalten, die wenn nötig auch nur mit einigen Mitgliedstaaten voranschreiten muss. Auch die neu geschaffene europäische politische Gemeinschaft darf Beitrittsbestrebungen von einzelnen europäischen Ländern nicht verhindern sondern muss einen zusätzlichen Mehrwert als breites europäisches Dialogforum liefern.

Jahr der Jugend nutzen.

Die Europäische Kommission hat das europäische Jahr der Jugend vor mehr als einem Jahr proklamiert – ohne einen konkreten Plan, geschweige denn eine Einbindung junger Menschen in den Entscheidungsprozess. Dieses Jahr der Jugend ist emblematisch für den Umgang von politischen Entscheidungsträger*innen mit der jungen Zivilgesellschaft: eine Beziehung auf Augenhöhe sieht anders aus. Gerade aus diesen Gründen hätte man das Jahr der Jugend für komplett gescheitert erklären können, bevor es überhaupt begonnen hatte. Aber noch können die europäischen Politiker*innen und insbesondere jene in den Mitgliedstaaten zum Ende des Jahres der Jugend die Forderungen junger Menschen ernst nehmen und einen Europäischen Verfassungskonvent einberufen. Dafür müssen sie jedoch zwingend junge Menschen und Vertreter*innen der jungen Zivilgesellschaft als gleichwertige Partner*innen in Entscheidungsprozessen beteiligen.

Europäischen Konvent erzwingen.

Die Staats- und Regierungschefs haben beim informellen Treffen des Europäischen Rats Anfang Oktober noch immer nicht auf das Bestreben des Europäischen Parlaments geantwortet, einen Konvent einzuberufen. Es gilt den Konvent nun durch noch stärkere Anstrengungen zu erzwingen, denn die Hoffnungen der Bürger*innen aus der Konferenz zur Zukunft Europas dürfen nicht unbeantwortet bleiben, wie es der Fünf-Praäsidenten Bericht 2015 und das Weißbuch über die Zukunft der EU 2017 geblieben sind. Es besteht ein Fenster der Möglichkeiten zur Einberufung eines Konvents, für den sich auch die Kommissionspräsidentin bei ihrer diesjährigen Rede zur Lage der Nation ausgesprochen hat. Der Europäische Rat steht damit zwischen den Institutionen isoliert da und wir fordern von der Bundesregierung, sich lautstark für die Einberufung eines Konvents auszusprechen. Mit skeptischen Mitgliedstaaten muss die Bundesregierung kreative Lösungen finden, wie ein Konvent einberufen werden kann. Denn insbesondere junge Menschen hatten noch nie die Möglichkeit, eine ambitionierte EU-Reform voranzutreiben, nachdem der letzte Anlauf Anfang der 2000er Jahre gescheitert war.

Die Zeit für eine EU Verfassung ist jetzt.

Wir werden uns mit nicht weniger als einer grundlegenden Neugestaltung der Europäischen Union zufriedengeben. Es gibt immer die Zögerer*innen, die aus Ideenlosigkeit, Gleichgültigkeit und Angst gegen Neuerungen stehen. Aber wenn in Zukunft gefragt wird, was wir getan haben, um unser Europa zu gestalten, werden wir sagen: Wir haben die Ideale europäischer Zusammenarbeit hochgehalten, auch wenn sie von unseren Politiker*innen zurückgelassen wurden. Das bedeutet für uns die klare Forderung: Die Zeit für eine EU-Verfassung ist jetzt!

BundessekretariatZeitenwende europäisch denken: Verfassungskonvent statt konventioneller Politik!
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Einsetzung einer Bundesarbeitsgemeinschaft „Finanzen“

Bundeskongress, 15.10.22

Einsetzung einer Bundesarbeitsgemeinschaft „Finanzen“

Beschluss im Wortlaut:

Die JEF Deutschland setzt eine “Arbeitsgemeinschaft (AG) Finanzen” ein. Sie soll sowohl eine Anlaufstelle für alle finanziellen Fragestellungen der JEF sein, als auch ein zentrales Instrument, um den Verband auf allen Ebenen finanziell nachhaltig und zukunftssicher aufzustellen.

1. Struktur der BAG

Die Regelungen zum Mandat und internen Organisation von BAGs der JEF Deutschland gelten auch für die AG Finanzen. Insofern finden auch die Regelungen des Beschlusses des Bundesausschusses vom März 2022 Anwendung. Insbesondere sitzen der AG je ein Mitglied des Bundesvorstands, sowie eine in der AG intern gewählte Person vor. Jeder Landesverband ist angehalten, mindestens eines seiner Mitglieder in diese Arbeitsgemeinschaft zu entsenden.

2. Aufgaben der BAG

Die Bundesarbeitsgemeinschaft gibt sich in den ersten Treffen ihr Arbeitsprogramm selbst. Dabei wird es folgende Kernthemen als Säulen umfassen.

Erstens ist die Bundesarbeitsgemeinschaft in erster Linie Anlaufstelle für die finanziellen Fragestellungen der einzelnen Landes- und Kreisverbände. Darüber hinaus soll die Bundesarbeitsgemeinschaft dem Bundesausschuss in Aufstellung und Optimierung des Haushalts vorarbeiten, um eine qualitativ hochwertige Diskussion und Beschlussfassung zu ermöglichen und Fehlern vorzubeugen.

Zweitens agiert die Bundesarbeitsgemeinschaft als Berater für die Landesverbände hinsichtlich finanzieller Belange und vor allem in Fragen der Fördermittelakquise und den Bundes- sowie die Landesschatzmeister:innen unterstützen. Sie soll sich aber auf der anderen Seite auch mit der finanzpolitischen Weiterentwicklung des Bundes- sowie der Landesverbände beschäftigen und trägt so dazu bei, den Verband nachhaltig auf ein solides monetäres Fundament zu stellen. Dabei stärkt und berät die BAG die JEF auf Bundes- und Landesebene darin, sich finanzielle Freiräume zu bewahren.

Drittens beschäftigt sie sich mit finanzpolitischen Instrumenten, wie beispielsweise dem Fundraising oder der Finanzierung von Großprojekten der JEF über Spenden. Insbesondere erstellt die AG einen umfassenden Kriterienkatalog unter welchen Voraussetzungen Sponsoring mit den Zielen der JEF konform ist.

Viertens wird mit der Bundesarbeitsgemeinschaft eine Anlaufstelle der Landesverbände zum Austausch über sowohl kommunale Fördermöglichkeiten, als auch z. B. „Fördertöpfe“ auf Landesebene geschaffen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft dient dem Austausch der Landesverbände untereinander, um so Wissen über Finanzierungsmöglichkeiten zu akkumulieren und generelle finanzielle Praktiken kennenzulernen, welche in anderen Landesverbänden bereits erfolgreich angewandt werden. Der Bundesvorstand soll hier über eine:n entsprechende:n Multiplikator:in einerseits wichtigen Input zur Verfügung stellen, als auch andererseits an den Ergebnissen dieser Zusammenkünfte partizipieren.

Fünftens berät die Bundesarbeitsgemeinschaft über die finanziellen Beziehungen zur Europa-Union und reflektiert diese. Folgende Leitfragen sollen hierbei als Orientierung dienen: Wo bestehen Abhängigkeiten zur Europa-Union? Wo können Verbesserungen erzielt werden? Welche Synergien können genutzt werden? Dabei stärkt und berät die BAG die JEF auf Bundes- und Landesebene, um eine Koordinierung und Strategieabstimmung mit der EUD zu gewährleisten.

BundessekretariatEinsetzung einer Bundesarbeitsgemeinschaft „Finanzen“
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Ländlichen Raum stärken: Die JEF darf kein urbanes Projekt bleiben!

Bundeskongress, 15.10.22

Ländlichen Raum stärken: Die JEF darf kein urbanes Projekt bleiben!

Beschluss im Wortlaut:

Ein großer Teil der Einwohner:innen Deutschlands lebt in ländlich geprägten Gebieten. Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen, wie etwa die Corona-Pandemie oder steigende Lebenserhaltungskosten in urbanen Räumen, werden auch in Zukunft das Leben auf dem Land und den Alltag vieler Menschen bestimmen. Damit einher gehen auch die möglichen gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten der dort lebenden Personen. Strukturelle und ökonomische Probleme haben einen negativen Einfluss auf die Möglichkeiten von Menschen in ländlichen Regionen, sich gesellschaftlich zu engagieren. Als Jugendverband, der von ehrenamtlicher Arbeit lebt und dessen Verständnis es ist, einen breiten Konsens in der Gesellschaft für unsere Ziele aufzubauen, ist es von essenzieller Bedeutung, diesen Umstand zu verbessern. Dafür ist es notwendig, auch in ländlichen Gebieten für Europa zu werben, die Perspektiven und Lebenswirklichkeiten der dort lebenden Menschen zu kennen und ihre Belange in unsere Arbeit zu integrieren. Da es das Ziel der JEF ist, möglichst viele und besonders auch Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zu erreichen, bieten die ländlichen Regionen Deutschlands hier viel Potential. Ebenso ist es unser Anliegen, europäisches Bewusstsein in allen Bevölkerungsgruppen zu schaffen.

Daher streben wir als JEF folgende Punkte an:

  • Wir als JEF tragen mit unserem Handeln zur Verbreitung von Wissen, Ressourcen und Kompetenzen unserer europäischen Werte und Ideen in ländlichen Regionen bei.
  • Wir achten darauf, dass wir mit unseren Aktionen und Projekten den ländlichen Raum erreichen und integrieren. Dafür möchten wir auch gerne mit lokalen Akteur:innen zusammenarbeiten und passende Formate entwickeln, um ländliche Bevölkerung auch ideell, organisatorisch und inhaltlich zu erreichen.
  • Wir fordern eine Initiative der Bundes- und Landesebene zur Unterstützung der Kreisverbände, um Konzepte und strukturelle Maßnahmen zu erarbeiten und den Austausch zwischen Stadt und Land zu fördern. Dazu zählt zum Beispiel auch die finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen im ländlichen Raum.
  • Die Fortschritte der selbstgesteckten Ziele zur Aktivierung des ländlichen Raumes sollen jährlich überprüft und schriftlich innerhalb eines verstetigten Jahresberichts zur Verbandsentwicklung festgehalten werden.

Gleichzeitig soll unsere Bundes-AG Verbandsentwicklung sich dieses Themas annehmen und Konzepte sowie Leitlinien zur Umsetzung dieser Punkte erarbeiten.

BundessekretariatLändlichen Raum stärken: Die JEF darf kein urbanes Projekt bleiben!
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