Dringlichkeitsantrag der JEF Deutschland beim Bundeskongress der Europa-Union Deutschland. Heute hat die Bundesregierung bekannt gegeben, dass gegen den TV-Moderator Jan Böhmermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts ermittelt wird. Konkret geht es um ein Gedicht Böhmermanns über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der daraufhin Strafverfolgung seitens der deutschen Behörden verlangte.
Die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland sehen diese Entwicklungen und die Einflussnahme der türkischen Regierung auf die Presse-und Meinungsfreiheit in Deutschland kritisch. Die deutsche Regierung beruft sich in ihrer Entscheidung auf §103 des Strafgesetzbuches, der die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts unter Strafe stellt, unter der Voraussetzung, dass die Bundesregierung die Justizbehörden zur Strafverfolgung ermächtigt.
Beim anstehenden Bundeskongress der Europa-Union Deutschland reicht der Bundesvorstand der JEF Deutschland deshalb einen Antrag zum Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland und der EU ein, die auch gegen die Einflussnahme ausländischer Regierungen und Politiker geschützt und verteidigt werden muss. In diesem Zusammenhang fordert die JEF ebenfalls die Abschaffung des §103 StGB.
Im Folgenden der Antrag des JEF-Bundesvorstandes beim Bundeskongress der Europa-Union Deutschland in Dresden (hier als PDF anschauen):
Zusammenhalt der EU stärken, um Presse- und Meinungsfreiheit vor türkischer Einflussnahme zu verteidigen
Mit großer Sorge nimmt die Europa Union Deutschland sowie die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland die Einflussnahme der türkischen Regierung auf die Presse-und Meinungsfreiheit in unserem Land zur Kenntnis.
Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein unveräußerliches Recht unserer deutschen Demokratie und ein integraler Bestandteil unserer europäischen Wertegemeinschaft. Die Einflussnahme der türkischen Regierung auf die Berichterstattung in deutschen Medien bewerten wir als unverhältnismäßig und inakzeptabel.
Deshalb fordern wir deutsche wie europäische Entscheidungsträger dazu auf, die Presse- und Meinungsfreiheit zu verteidigen und die Kritik der türkischen Regierung entschieden zurückzuweisen. Die vorschnelle Stellungnahme und Einmischung der deutschen Regierung durch die Entschuldigung gegenüber dem türkischen Ministerpräsidenten kritisieren wir vor diesem Hintergrund und in Zusammenhang mit der rechtsstaatlichen Gewaltenteilung als problematisch.
Gleichwohl zeigt die aktuelle Entwicklung der EU-Türkei-Beziehung, dass die fehlende Zusammenarbeit der europäischen Mitgliedstaaten Schwächung der EU geführt hat. Dadurch erhielt die türkische Regierung eine Machtposition, die sie jetzt dazu in die Lage versetzt, sowohl die EU als auch ihre Mitgliedstaaten zu erpressen.
Deshalb fordern wir die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten dazu auf, unverzüglich den europäischen Zusammenhalt durch uneingeschränkte Solidarität und Zusammenarbeit wiederherzustellen. Dies umfasst eine Türkeipolitik, die den aktuellen Entwicklungen Rechnung trägt, die Stärke der EU konsolidiert und sich von der Abhängigkeit Ankaras zu befreit.
Der vorliegende Fall hat zudem einmal mehr deutlich gemacht, dass der §103 StGB obrigkeitsstaatlichen Traditionen folgt, die den modernen Werten einer liberalen Demokratie widersprechen. Staatsoberhäupter sind nicht gleicher als Bürger und müssen nicht gesonderte vor Beleidigungen geschützt werden. Die Tatsache, dass die Bundesregierung die Entscheidungshoheit darüber hat, ob ein Strafantrag gestellt wird, macht derartige Vorfälle überdies zu einem Politikum, bei dem die Bundesregierung nur verlieren kann: entweder sie sendet auf diplomatischer Ebene ein Signal, dass sie offenbar nicht senden will, weil dadurch Verhandlungen mit der Türkei schwieriger werden könnten, oder aber sie handelt entgegen dem Willen zahlreicher Bürger, die eine Zurückweisung des Ansinnens der Türkei erwarten. Dieses Loose-Loose-Szenario wäre ohne entsprechende gesetzliche Regelungen wie en §103 StGB vermeidbar.
Die Europa-Union Deutschland fordert deshalb die ersatzlose Streichung von §103 StGB.