Wirtschaftswachstum – Wie wird das in unseren europäischen Gesellschaften definiert und gemessen? Und gilt es zu Recht als das Wunderheilmittel des 21. Jahrhunderts? Beim europäischen Jugendseminar diskutierten junge Menschen aus Deutschland, Frankreich und Rumänien über europäische Wirtschaftspolitik und die Bedeutung von Wachstum. Auf Einladung des Europäischen Parlamentes nahm die JEF mit 40 Teilnehmer*innen aus Deutschland und 15 aus Frankreich am Jugendseminar am 20. Februar in Brüssel teil.
Die Teilnehmenden reisten für das Seminar bereits am Vortag in Brüssel an. Beim Besuch des Hauses der Europäischen Geschichte, einer 2017 eröffneten politisch-kulturellen Einrichtung, das die Geschichte und politischen Werdegang des europäischen Kontinents erzählt, begeisterten die vielen Ausstellungsstücke aus ganz Europa und vor allem die Ausstellung des Friedensnobelpreises. Diesen hatte die Europäische Union im Jahre 2012 für das umfassende Werk der Europäischen Integration als transnationales Friedensprojekt erhalten.
Im Anschluss an die Besichtigung der Ausstellung besuchten die Teilnehmer*innen die Landesvertretung des Landes Hessen bei der Europäischen Union. Wie alle Bundesländer Deutschlands unterhält auch das Land Hessen ein offizielles Vertretungsbüro in Brüssel. Der Referent und Mitglied des Präsidiums der Europa-Union Deutschland stellte die Arbeit des Büros vor und antwortete auf die interessierten Fragen der jungen Gäste. Als besonders spannend erwies sich die Rolle Frankfurts als Sitz der Europäischen Zentralbank sowie die Zugänge zum Europäischen Regional- und Strukturfonds (EFRE) und Europäischen Sozialfonds (ESF).
Am Dienstag, den 20. Februar, begann dann das Jugendseminar „Wachstum – Das Wunderheilmittel des 21. Jahrhunderts?“ im Europäischen Parlament. Drei Jugendgruppen aus Frankreich, Deutschland und Rumänien stellten die 90 Teilnehmenden dar. Während aus Deutschland und Frankreich die Teilnehmenden durch die Jungen Europäischen Föderalisten organisiert wurden, begrüßten wir auch eine Gruppe Studierender der Babeș-Bolyai-Universität Cluj-Napoca.
Nach einer kurzen Einführung durch Herrn Albrecht John vom Europäischen Besucherdienst bearbeiteten sie in sogenannten „Idea Labs“ spezifische wirtschaftspolitische Themenblöcke. Diese reichten über die „Was ist Wachstum?“, „Jugend und Wachstum“ und „Digitales Wachstum“. Während des Vormittags erarbeiteten die Gruppen in den Workshops ihre Themen und verständigten sich über ihre Ansichten, Definitionen und Erfahrungen. Nach dem Mittagessen ging es dann darum, konkrete Vorschläge zu sammeln, mit denen Wirtschaftswachstum und Wirtschaftspolitik in der EU, besonders mit der Zielsetzung junge Menschen zu fördern, angetrieben und ausgebaut werden könnte. Dabei sollten diese Ideen nicht nur innerhalb der Jugendgruppen bleiben, sondern wurden am Nachmittag auch zwei Abgeordneten des Europäischen Parlamentes vorgestellt.
Werner Langen von der Fraktion der Europäischen Volkspartei und Martina Werner von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten nahmen sich der jungen Stimmen aus den drei EU-Ländern an und teilten ihre Sicht auf europäische Wirtschaftspolitik. Beide Politiker machten deutlich, dass in der Tat wirtschaftliches Wachstum auch bei der jungen Bevölkerung für eine Steigerung der Lebensqualität ankommen müsse, z.B. angesichts der noch immer anhaltend hohen Jugendarbeitslosigkeit in südeuropäischen Staaten. Außerdem brauche es eine gezielte Förderung und die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, um den digitalen Binnenmarkt der EU zu vollenden und dessen Potenzial gewinnbringend ausschöpfen zu können.
Nach diesem spannenden und inhaltsreichen Seminartag beendeten wir den offiziellen Teil mit einem gemeinsamen Abendessen und Ausklang. Viele unserer Teilnehmer*innen waren zudem zum ersten Mal in der belgischen und europäischen Hauptstadt und nutzten den Abend für eine Erkundung der Stadt. Was wir mitgenommen haben aus dem Besuch des Europäischen Parlaments und der Teilnahm am Jugendseminar zur Wirtschaftspolitik war zum einen der Blick auf die Arbeit der Abgeordneten (dem Parlamentspräsidenten Tajani konnten wir am Morgen im Plenarsaal zuhören), zum anderen die Herausforderungen, die sich der EU angesichts der Vielfältigkeit ihrer Mitglieder und unterschiedlichen Bürger*innen stellen. Wir haben uns sehr über die Möglichkeit gefreut, uns mit jungen Menschen aus Frankreich sowie aus Rumänien – das EU-Land, das gerade auch den Ratsvorsitz innehält – auszutauschen und hoffen, auch bei weiteren Themen wieder bei einem Jugendseminar im Parlament dabei sein zu können.