Für eine ambitionierte Neugestaltung des europäischen Einigungsprojekts nach Ende der Brexitübergangsperiode

1.652 Tage hat es seit dem Referendum über den britischen Austritt aus der Europäischen Union gedauert – doch nun ist die Übergangsperiode vorüber und ein vorläufiger Vertrag über die zukünftige Beziehung zwischen der Europäischen Union und Großbritannien wurde geschlossen. Selbstverständlich ist dieser Vertrag besser als ein ungeordnetes Ende der Übergangsperiode und wir erkennen die Anstrengungen aller Verhandlungsführer*innen ausdrücklich an, ohne deren unermüdlichen Einsatz eine Einigung nicht möglich gewesen wäre. 

Jedoch bedauern wir noch immer die Entscheidung Großbritanniens die EU zu verlassen, da uns eine Vielzahl europäischer Freund*innen innerhalb der Union verloren gegangen ist. Gleichzeitig ist die Art des Abschieds zutiefst bedauerlich. Zum einen muss in den kommenden Wochen die Beteiligung des Europäischen Parlaments an der Ausgestaltung des Abkommens zwischen der EU und Großbritannien garantiert werden. Eine derart wichtige Entscheidung darf nicht ohne die aktive Mitbestimmung von den direkt gewählten Vertreter*innen europäischer Burger*innen geschehen. Zum anderen endet mit diesem Abkommen die Teilhabe Großbritanniens am Erasmus+ Programm. Die kommende Generation junger Menschen in Großbritannien und anderen Teilen Europas wird so einer besonderen Gelegenheit beraubt, Freundschaften über nationale Grenzen hinweg zu schließen und unsere gemeinsame europäische Identität zu formen. Und diese Entscheidung betrifft nicht nur den Austausch von Studierenden innerhalb Europas sondern auch andere Formen von Jugendbegegnungen im Rahmen des Erasmus+ Programms. Auch errichtet die Notwendigkeit für Visa bei längeren Aufenthalten und das Ende der europäischen Gesundheitskarte in Großbritannien unnötige Barrieren zwischen europäischen und britischen Bürger*innen, die vor kurzem noch ohne weitere Gedanken Grenzen überschreiten konnten.

Nachdem der Brexit über mehr als vier Jahre die Aufmerksamkeit europäischer Entscheidungsträger*innen in seinem Bann gehalten hat, ist es nun Zeit, in die Zukunft zu blicken. Politische Entscheidungsträger*innen, Bürger*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen innerhalb der europäischen Union haben die Chance, ihre Energien erneut zu bündeln, um wichtige Schritte in Richtung tiefergehender politischer Integration zu gehen. Durch die verstärkte Zusammenarbeit gegen den Klimawandel und hin zu einer wahren gemeinsamen europäischen Außenpolitik kann nach Innen sowie nach Außen die Bedeutung des europäischen Integrationsprojekts demonstriert werden. Vor allem im Jahr der Bundestagswahl braucht es dafür klare Vorstellungen zur Zukunft der europäischen Einigung. Wir rufen die deutschen Parteien auf, nach jahrelanger Abwesenheit von Ambitionen in der deutschen Europapolitik Visionen zur Zukunft Europas klar zu benennen. Nur mit dem Mut die Zukunft zu gestalten, kann die Europäische Union weiterentwickelt werden, sodass unsere britischen Freund*innen in naher Zukunft Mitglied einer erneuerten Europäischen Union werden können.

Siehe auch das Statement der JEF Bayern zum Brexit und das Statement des Young European Movement UK.

julaluehringFür eine ambitionierte Neugestaltung des europäischen Einigungsprojekts nach Ende der Brexitübergangsperiode