Als europäische Föderalist*innen glauben wir an Europa, mussten uns in letzter Zeit aber leider zu oft Gedanken darüber machen. In Zeiten von Brexit und Populismus mögen einige befürchtet haben, dass die deutsch-französische Partnerschaft erlahmen könnte. Doch unterzeichnen Deutschland und Frankreich heute, am 22. Januar 2019, den Vertrag von Aachen, der uns diesbezüglich Hoffnung macht. Er bekräftigt nicht nur die bilaterale Freundschaft zwischen zwei ehemaligen Feinden, sondern hat auch das Potenzial, das neue Sprungbrett der Europäischen Union zu einem tiefer integrierten Europa zu sein.
Frankreich und Deutschland unterzeichnen den Vertrag zwar als Elysée 2.0, wir hätten uns aber gewünscht, dass der Rest Europas direkt in solche Entwicklungen einbezogen wird. 1963 war die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland eines der wichtigsten europäischen Themen, heute aber müssen wir eine breitere Perspektive für die gesamte Europäische Union einnehmen. Eines muss jedoch hervorgehoben werden: Dieser Vertrag ist ein positiver Schritt in die richtige Richtung!
Die europäische Integration funktioniert nur, wenn sie von den Bürger*innen für die Bürger*innen umgesetzt wird. 1963 wurde im Vertrag von Élysée festgelegt, dass der Frieden zwischen Frankreich und Deutschland nur durch das Verständnis und den Austausch der Bürger*innen erreicht werden kann. So besuchten sich im Laufe der Jahrzehnte Millionen von Deutschen und Französinnen und Franzosen und bildeten eine dauerhafte Verbindung, die der Grundstein für die europäische Integration sein sollte. Das neue Abkommen erkennt diese Notwendigkeit der Zusammenarbeit der Bürger*innen an und entwickelt sie weiter. Wir begrüßen deshalb die weitere Zusammenarbeit in Bildungsfragen sowie in den Bereichen Militär, Diplomatie und Polizei. Auch die Entwicklungen der gemeinsamen Verwaltungsstrukturen sind notwendig und begrüßenswert, ebenso wie die vielen Initiativen für eine engere Partnerschaft in den Grenzregionen. Wir begrüßen auch die stärkere Zusammenarbeit in der Außenpolitik, obwohl wir generell der Meinung sind, dass die Europäische Union für die Außenpolitik zuständig sein sollte und die gemeinsame Lobbyarbeit für einen Sitz des europäischen UN-Sicherheitsrates der bessere Fokus gewesen wäre. Insgesamt verdient die Vielzahl der Initiativen Beifall und wir freuen uns darauf, ihre praktische Umsetzung sehr bald zu erleben.
Wir erkennen und begrüßen den Perspektivenwechsel von der bilateralen Zusammenarbeit hin zu einem institutionalisierten und verstärkten gemeinsamen deutsch-französischen Ansatz in europäischen Fragen. Deshalb ist der neue Vertrag von Aachen ein echter Elysée-Vertrag 2.0. Die französische und die deutsche Regierung machen deutlich, dass sie sich ihrer Rolle in der europäischen Integration und der Notwendigkeit ihrer Weiterentwicklung bewusst sind. Der Ansatz hätte jedoch ehrgeiziger sein können, vor allem angesichts der Stärke der bilateralen Freundschaft und der europäischen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Dieses Abkommen hat das Potenzial, der nächste Schritt in Richtung eines europäischen europäischen Bundesstaats und einer immer engeren Union zu sein.
Es mögen einige Dinge fehlen, insbesondere die Einbeziehung des restlichen Europas. Damit die europäische Integration jedoch funktionieren kann, bedarf es immer einer funktionierenden deutsch-französischen Partnerschaft. Diese Beziehungen müssen nun die Bemühungen um ein stärker vereintes Europa verstärken. Frankreich und Deutschland gehen in die richtige Richtung, und der Rest Europas sollte direkt dahinter folgen.
Jeunes Européens France, Union des fédéralistes européens France, Junge Europäische Föderalisten Deutschland und Europa-Union Deutschland sind Teil des größten, überparteilichen, europaweiten Netzwerks europäischer Föderalisten – Young European Federalists und Union of European Federalists Europe. Mit rund 25.000 Mitgliedern in Frankreich und Deutschland setzen sich die Organisationen seit Jahrzehnten für ein föderales Europa ein und fördern die europäische Verständigung und europäische Demokratie. Als demokratisch organisierte Organisationen der Zivilgesellschaft fördern sie Bürger*innenbeteiligung und sind Träger zahlreicher Bildungsformate zu europäischen Themen.