Wir sind bestürzt darüber, dass sich derart viele Menschen auf den waghalsigen und gefährlichen Weg über das Mittelmeer machen, da sie in ihren Heimatländern in Not und/oder unter Repression leiden. Dass die Europäische Union jedoch lieber 180 Millionen Euro für eine stärkere Befestigung der EU-Außengrenze, aber keine 9 Millionen Euro für die Seenotrettung bereitstellt, ist inakzeptabel und eine Schande. Dies widerspricht den ethischen Werten, die die EU als Friedensnobelpreisträgerin vertritt.
Heute treffen sich die EU-Außenminister*innen und werden auf Initiative der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini über die europäische Flüchtlingspolitik beraten. Wir hoffen, dass dabei die Menschenleben im Vordergrund stehen werden, und, dass sie die Nationalstaaten an ihre Pflicht erinnert, endlich nachhaltige Lösungen zu schaffen, um die Lasten innerhalb der Europäischen Union gleichmäßig zu verteilen. Eine kurzfristige Möglichkeit, den Flüchtlingen auf hoher See zu helfen, wäre eine Seenotrettungsmission vergleichbar mit »Mare Nostrum«. Dank »Mare Nostrum« konnten im vergangenen Jahr rund 100.000 Menschenleben gerettet werden. Im Herbst aber entschied die EU, sie auslaufen zu lassen. Mittelfristig hilft nur eine völlig neue Flüchtlingspolitik, die die sogenannte Dublin-III-Verordnung ersetzt.
Mehr als 1.000 Menschen sind in den vergangenen 10 Tagen im Mittelmeer ertrunken bei dem Versuch, europäisches Hoheitsgebiet zu erreichen. Wir können und dürfen nicht wegsehen! Die Flüchtlings-, Asyl- und Migrationspolitik muss auf europäischer Ebene besser koordiniert, menschlicher sowie solidarischer gestaltet werden. Einzelne Mitgliedsstaaten, insbesondere die Mittelmeeranrainerstaaten, dürfen mit den Problemen nicht allein gelassen werden. Es ist unabdingbar, dass sich diejenigen Staaten ohne EU-Außengrenze stärker engagieren. EASO, das europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office) ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, muss jedoch weiter ausgebaut werden. Gerade aus dem EU-Parlament werden nun Stimmen lauter, die fordern, die Europäische Union müsse ihre Politik viel grundsätzlicher überdenken. Dem stimmen wir zu: Es braucht legale – und damit sichere – Wege für Flüchtlinge nach Europa, z.B. durch die Möglichkeit, Anträge auf Asyl auch außerhalb der EU in Botschaften und Konsulaten der EU-Mitgliedsstaaten stellen zu können. Damit könnten Schlepperbanden bekämpft werden. Wenn die EU weiterhin lediglich auf Abschreckungsmaßnahmen setzt, muss sie sich den Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung gefallen lassen. Zudem muss die europäische Flüchtlings-, Asyl- und Migrationspolitik kohärenter mit anderen Politikbereichen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklungspolitik verknüpft werden, um neben den Symptomen auch die Ursachen der Flüchtlingsproblematik einzubeziehen.
Es ist Zeit zu handeln und etwas zu verändern!