“Wieviel Solidarität mit unseren östlichen Nachbarländern darf es denn sein?” So kann man die Diskussion wohl betiteln, die sich auf dem 60. Bundeskongress der Europa-Union entlang des Antrags der JEF zum Thema Verteidigungs-politik am Wochenende im bayerischen Memmingen entwickelte.
Dabei zeigte sich, dass es in einigen Landesverbänden der Europa-Union (EUD) große Vorbehalte dagegen gibt, konkrete Schritte in Richtung eines souveränen Bundesstaates zu gehen. Eine aktivere Rolle der EU in der NATO zum Schutz der eigenen Mitgliedsstaaten im Osten war vielen Delegierten merklich zu forsch gedacht und erinnerte einen Delegierten sogar an den Beginn des Ersten Weltkriegs. Die JEF sei „schlimmer als Wilhelm II.“ war aber auch der einzige Ausreißer in einer sonst zwar kontrovers, aber insgesamt doch erstaunlich konstruktiven Debatte. Das Thema war zuvor auch innerhalb der JEF sehr kontrovers diskutiert worden und auf dem letzten Bundesausschuss nur mit knapper Mehrheit beschlossen worden. Die Delegierten des Bundeskongresses der Europa-Union votierten letztlich nicht gegen den Antrag, sondern überwiesen ihn zur weiteren Beratung an den Bundesausschuss. Dort wird die JEF natürlich weiter für ihren Beschluss kämpfen und wurde zu dieser Haltung auch vom Deutschen Botschafter in Brüssel a.D. von Kyaw tatkräftig unterstützt, der der JEF außerordentliche Sachkenntnis auf einem schwierigen Feld attestierte.
Auch in der Debatte über die Leitanträge der Europa-Union und zu den Themen Entwicklungspolitik, Flüchtlingspolitik und zur Türkeifrage beteiligten sich zahlreiche JEFer aus den Delegationen der Landesverbände. Zahlreiche Landesverbände hatten auf ihren Landesversammlungen junge Delegationen gewählt und so ergab sich eine rege Debattenkultur, die maßgeblich durch die JEF geprägt wurde. Der Bundesvorsitzende der JEF, David Schrock, zog eine positive Bilanz der Zusammenarbeit zwischen Europa-Union und JEF, betonte aber auch, dass es noch immer zahlreiche Landesverbände gibt, in denen die JEF und die Europa-Union nur nebeneinander, aber nicht miteinander existieren – hier war man sich einig, dass die nächsten zwei Jahre genutzt werden sollen, um weitere Verbesserungen zu erreichen.
Die Stadt Memmingen und die Europa-Union Bayern mit ihrem Vorsitzenden Markus Ferber MdEP haben als Ausrichter des Kongresses die Latte für zukünftige Ausrichter extrem hoch gelegt. Die Stadthalle war verkehrstechnisch exzellent gelegen, die Tagung war exzellent vorbereitet und am Ende des Ersten Tages gab es einen prominent besetzten Empfang im Rathaus, bei dem junge Musiker der Stadt die National- und Europahymne intonierten und ein historischer Einmarsch durch „Wallenstein“ exerziert wurde.
Die positive Entwicklung der JEF in den letzten Jahren ließ sich deutlich an der Dynamik des Kongresses und auch in den Neuwahlen des Präsidiums ablesen. Mit der neugewählten Inga Wachsmann, den ehemaligen JEF Bundesvorsitzenden Lars Becker, Heinz-Wilhelm Schaumann, Ralf Bingel sowie den Alt-JEFern Matthias Zührl und Enrico Kreft wird die JEF ihre zunehmende Bedeutung in der Europa-Union auch im Präsidium konstruktiv einbringen, um den Verband weiter voranzubringen und die Mitgliederzahl zu erhöhen. Wir gratulieren auch Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, der mit großer Mehrheit erneut zum Präsidenten der Europa-Union Deutschland wiedergewählt wurde.
Der 60. Bundeskongress der Europa-Union Deutschland (EUD) tagte vom 25. bis 26. April 2015 in Memmingen, Bayern. Zentrale Themen des Kongresses neben den Gremienwahlen waren das Europäische Jahr für Entwicklung 2015, die Europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie Frieden und Sicherheit in Europa.
Die JEF freut sich auf den nächsten Bundeskongress und bedankt sich für ein tolles Tagungswochenende!