Dass auch 30 Jahre nach Schengen weiter Grenzkontrollen bestehen sollen, ist ein absolutes europapolitisches Armutszeugnis. Statt der Rückkehr zu Binnengrenzen braucht es eine echte gemeinsame Lösung in der Migrationspolitik – europäisch, solidarisch und menschenwürdig.
Wir begrüßen die klare Unterstützung für die Ukraine und die Forderung nach einer Europäischen Verteidigungsunion. Wer Europas Freiheit und Sicherheit sichern will, muss jetzt liefern. Der Vorteil der Zusammenarbeit und der Wille, voranzugehen, muss sich nun auch in der konkreten Politik niederschlagen.
Im Bereich Klimaschutz setzt der Vertrag einige wichtige Akzente: Klimaneutralität, Energieunion, Forschung und Investitionen in Zukunftstechnologien sind richtige und überfällige Schritte. Aber zu einer Aushöhlung des europäischen Green Deal darf es nicht kommen! Für die Zukunft unserer Generation muss klar sein, dass Europa zum Motor der globalen Transformation werden muss.
Und außerdem: Wer die EU reformieren will, darf sich nicht hinter vagen „Offenheiten“ für Vertragsänderungen verstecken. Deutschland muss als größtes Mitgliedsland aktiv vorangehen – nicht nur im Reden, sondern im Handeln. Die Zeit für institutionelle Stärkung und eine klare Reformagenda ist jetzt. Diesem Prozess muss die Vision der Europäischen Föderation zum Ziel gesetzt werden. Für ein mutiges Bekenntnis hierzu hat es bei der neuen Koalition nicht gereicht.
Die Koordinierung der deutschen Europapolitik war in der Vergangenheit oft planlos – und der Koalitionsvertrag liefert zwar einen Mechanismus zur besseren Abstimmung, doch echte Führungsbereitschaft sieht anders aus. Das „German Vote“-Phänomen – also Enthaltungen wegen interner Uneinigkeit im Rat der Europäischen Union und Europäischen Rat – darf sich nicht wiederholen. Europa braucht eine deutsche Regierung, die europäisch denkt und handelt – nicht eine, die sich in Ressortstreitigkeiten verheddert.
Wir von der JEF fordern seit über 75 Jahren eine konsequente europäische junge Perspektive – und es gibt auch Lichtblicke: Die Stärkung von Erasmus+, DiscoverEU, Jugenddialogen und zivilgesellschaftlichem Engagement ist richtig und wichtig. Junge Menschen sind nicht die Zukunft Europas – sie gestalten sie. Die Politik muss das endlich ernst nehmen.
Und klar ist auch: Die EU-Erweiterung für den Westbalkan, die Ukraine und die Republik Moldau ist keine technokratische Fußnote, sondern eine Antwort auf die geopolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Wer Stabilität, Demokratie und Frieden sichern will, muss Beitrittsperspektiven glaubwürdig und entschlossen verfolgen.
Der Koalitionsvertrag hat das europäische Vokabular gelernt – aber die Entschlossenheit fehlt. Deutschland muss europäisch führen – mutig, mit föderalem Bekenntnis und gemeinsam mit den Bürger:innen.
