Denn die Idee des Föderalismus als Gesellschaftsentwurf und Feminismus sind untrennbar miteinander verbunden. Der Föderalismus bietet eine Plattform, auf der wir Ungerechtigkeiten, Unterdrückung und Gewalt gegen jegliche Minderheiten wirksam abbauen können, wenn wir die richtigen Institutionen schaffen. Nationalstaaten hingegen wurden historisch auf Ausgrenzung, starren sozialen Hierarchien und patriarchalen Machtstrukturen aufgebaut. Der europäische Föderalismus stellt eine zukunftsorientierte Alternative zu diesen überholten Modellen dar. Schon die föderalistische Denkerin Ursula Hirschmann erkannte, dass in einem vereinten Europa auch die Frage nach Gleichberechtigung und Frauenrechten endlich umfassend angegangen werden kann.
Doch auch in der Geschichte der europäischen Integration sehen wir eine problematische Erzählung: Die heutige EU wurde vor allem von Männern konstruiert, während die Rolle der Frauen in diesem Prozess oftmals im Dunkeln bleibt. Deshalb nehmen wir uns als JEF auch im Jubiläumsjahr bewusst vor, das Wirken der vielen weiblichen Föderalistinnen in den Vordergrund zu stellen. Sophie Scholl, Angela Braun-Strattmann, Petra Kelly oder Hilda Monte und unzählige andere Frauen, die seit über 80 Jahren an einem geeinten Europa mitgewirkt haben, verdienen unsere Anerkennung und sind die Wegbereiterinnen unserer Iden heute. Ihre Beiträge zur europäischen Idee und zur Förderung des Friedens sind unverzichtbar.
Auch im Jahr 2025 haben wir die Gleichberechtigung noch nicht erreicht – doch wir haben die Möglichkeit, die bestehenden Ungleichheiten konsequent zu beseitigen. Antifeminismus, geschlechtsspezifische Gewalt und die unzureichende Repräsentation von Frauen in politischen Führungspositionen sind Herausforderungen, die wir nicht hinnehmen dürfen. In vielen Ländern Europas, einschließlich Deutschland, werden Frauenrechte weiterhin eingeschränkt, und der Zugang zu sicherer, legaler Abtreibung ist noch immer nicht flächendeckend gewährleistet. Der Gender Pay Gap bleibt bestehen, und die Care Economy, die vor allem von Frauen getragen wird, erfährt weiterhin zu wenig Anerkennung. Doch genau hier liegt unser Handlungsspielraum: Indem wir für eine faire Bezahlung, bessere politische Repräsentation und die Aufwertung von Care-Arbeit kämpfen, schaffen wir die Grundlage für eine gerechtere Gesellschaft. Eine feministische Europäische Föderation bedeutet, Missstände nicht nur zu benennen, sondern sie gezielt zu überwinden – für ein Europa, in dem Gleichberechtigung nicht verhandelbar ist, sondern selbstverständlich gelebt wird.
Wir als JEF sind uns der Verantwortung bewusst, diese Herausforderungen anzugehen. Und wir wissen: Unsere Arbeit muss intersektional sein. Die Gleichberechtigung der Geschlechter darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Zusammenhang mit anderen sozialen, religiösen und kulturellen Aspekten betrachtet werden. So haben wir zum Beispiel im Kosovo das Women’s Network besucht und gesehen, wie eng die Themen Erweiterung und Feminismus miteinander verknüpft sind. Die Verbindung zwischen feministischem Engagement und der Vision eines vereinten, föderalen Europas muss immer wieder aufgezeigt werden.
Es geht heute nicht nur um die Stärkung der Frauenrechte, sondern um eine viel umfassendere Vision: die Schaffung einer gleichberechtigten Gesellschaft, in der jede:r – unabhängig von Geschlecht, Religion, sexueller Orientierung oder Herkunft – in Frieden und Freiheit leben kann. Ein Europa, das den Abbau von patriarchalen Machtverhältnissen und nationalistischem, kriegerischem Denken zum Ziel hat. Ein Europa, in dem der Föderalismus als Motor für ein gerechteres und inklusives Zusammenleben dient.
Als JEF setzen wir uns dafür ein, dass Europa die Vereinigung der Menschen ist, die Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit für alle garantiert. Dafür müssen wir die Kräfte der Zivilgesellschaft mobilisieren, uns mit Feminist:innen und progressiven Kräften weltweit vernetzen und die Vision eines wirklich feministisch gelebten Europas weitertragen.
Lasst uns diesen Weltfrauentag als Aufruf verstehen, für die Rechte aller zu kämpfen und für ein vereintes, gerechtes Europa einzutreten. Nur so können wir die Herausforderungen von morgen meistern und die Vision eines besseren, gleichberechtigten Europas Wirklichkeit werden lassen.
#FeministischeEuropäischeFöderation #Weltfrauentag2025 #JEF
English Version:
Statement by Melanie Thut, President of JEF Germany, on International Women’s Day
Today, on International Women’s Day, we as Young European Federalists Germany (JEF) are going public with a clear and visionary message: We demand a feminist European Federation!
In a world where more and more nationalist and patriarchal structures are gaining the upper hand through the impulsive actions of powerful men, it is immeasurable to uphold the protection of human rights in the vision of an equal society. The future of Europe must not be left to a return to old, oppressive power relations. It is federalism that can serve as the basis for creating a just and equal society. A federalism that recognises Europe’s diversity, fights injustice and puts human rights at its core.
Because the idea of federalism as a social vision and feminism are inextricably linked. Federalism provides a platform where we can effectively dismantle injustices, oppression and violence against any minority if we create the right institutions. Nation-states, on the other hand, have historically been built on exclusion, rigid social hierarchies and patriarchal power structures. European federalism represents a future-oriented alternative to these outdated models. The federalist thinker Ursula Hirschmann already recognised that in a united Europe, the question of equality and women’s rights can finally be tackled comprehensively.
However, the history of European integration also tells a problematic story: the EU as it stands today was constructed primarily by men, while the role of women in this process often remains unclear. That is why we at JEF Germany are consciously choosing to highlight the work of the many female federalists, even in this anniversary year. Sophie Scholl, Angela Braun-Strattmann, Petra Kelly or Hilda Monte and countless other women who have been working towards a united Europe for over 80 years deserve our recognition and are the pioneers of our ideas today. Their contributions to the European idea and to the promotion of peace are indispensable.
In 2025, we have still not achieved equality – but we have the opportunity to consistently eliminate existing inequalities. Antifeminism, gender-based violence and the inadequate representation of women in political leadership positions are challenges that we must not accept. In many European countries, including Germany, women’s rights continue to be restricted and access to safe, legal abortion is still not guaranteed across the board. The gender pay gap persists and the care economy, which is mainly provided by women, continues to be underrecognised. But it is precisely here that we have room for manoeuvre: by fighting for fair pay, better political representation and the revaluation of care work, we are creating the basis for a more just society. A feminist European Federation means not only identifying injustices, but also overcoming them in a targeted manner – for a Europe in which equality is not negotiable, but is taken for granted.
We at JEF Germany are aware of our responsibility to tackle these challenges. And we know that our work must be intersectional. Gender equality cannot be considered in isolation, but must be viewed in the context of other social, religious and cultural aspects. For example, we visited the Women’s Network in Kosovo and saw how closely the issues of enlargement and feminism are linked. The connection between feminist engagement and the vision of a united, federal Europe must be emphasised again and again.
Today, it is not only about strengthening women’s rights, but also about a much broader vision: the creation of an equal society in which everyone – regardless of gender, religion, sexual orientation or origin – can live in peace and freedom. A Europe that aims to dismantle patriarchal power relations and nationalist, warlike thinking. A Europe in which federalism serves as an engine for a more just and inclusive coexistence.
At JEF, we are committed to making Europe a union of people that guarantees equality and social justice for all. To achieve this, we must mobilise the forces of civil society, network with feminists and progressive forces worldwide, and carry forward the vision of a truly feminist Europe.
Let us take this International Women’s Day as a call to fight for the rights of all and to advocate for a united, just Europe. Only in this way can we meet tomorrow’s challenges and make the vision of a better, equal Europe a reality.
#FeministEuropeanFederation #InternationalWomensDay2025 #JEF