10 Jahre Berlin Prozess unter deutscher Initiative: Regionales Zusammenwachsen oder Ausharren auf der Wartebank?
Am 14. Oktober 2024 fand im Bundeskanzleramt der Westbalkangipfel im Rahmen des sogenannten „Berlin-Prozesses“statt, der vor 10 Jahren von Angela Merkel initiiert wurde. Dieser Prozess zielt darauf ab, weitere Fortschritte für die Europäische Integration und die regionale Kooperation der Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien zu erzielen. Für uns, die Jungen Europäischen Föderalist:innen (JEF) Deutschland, ist klar: Leere Versprechen nach über 20 Jahren Verhandlungen sind nicht genug. Der Westbalkan benötigt eine klare, glaubwürdige Perspektive auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU).
Die Westbalkanstaaten sind ein integraler Teil Europas und unserer gemeinsamen Geschichte, nicht unser “Vorgarten”. Nicht alleine durch das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem ehemaligen Jugoslawien in den 1960er Jahren und der Aufnahme von Schutzsuchenden während der jugoslawische Nachfolgekriege 1991-2001 bestehen bereits enge gesellschaftliche Verflechtungen. Auch ist die EU der wichtigste Handelspartner und Investor in der Region, was sich unter anderem durch den “New Growth Plan for the Western Balkans” von 2023 äußert. Dies muss auch politische Konsequenzen haben, denn externe Akteure wie Russland, China oder die Vereinigten Emirate bieten der Region alternative Möglichkeiten der Kooperation an. Alle Mitgliedsstaaten der EU müssen den Kosovo anerkennenund die Westbalkanstaaten unterstützen, die sich zu europäischen Werten bekennen. Diese Werte, wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte, bilden dabei die unverzichtbare Grundlage für eine Aufnahme in die Europäische Union.
Als europapolitische Jugendorganisation begrüßen wir die Förderung von Studierendenaustausche innerhalb der Region und mit der EU ausdrücklich. Die Stärkung der Zivilgesellschaft und der Jugendaustausch sind zentrale Bausteine für eine stabile, widerstandsfähige Demokratie in Europa und der historischen Aussöhnung innerhalb der Region. Damit dieser Austausch jedoch effektiv ist, sollte er für alle jungen Menschen im Westbalkan und in der EU zugänglich sein. Eine vollständige Einbindung in das Erasmus+-Programm wäre daher ein Zwischenschritt, um Anerkennung zu schaffen und tiefere Integration zu fördern. Außerdem muss die Stimme der Jugend stärker in den EU-Beitrittsprozess integriert werden, denn junge Menschen aus dem Westbalkan sind die EU Bürger:innen von morgen. Durch unsere seit 2022 stattfinden JEF-Bundesverbandsfahrten in Länder der Europäischen Nachbarschaft versuchen wir uns hier verstärkt einzubringen.
Der mediale Fokus auf den Westbalkan durch high-level Konferenzen darf nicht nur symbolisch bleiben. Die EU muss den Ländern der Region realistische und erreichbare Fortschritte anbieten, die sie greifbar näher an die Unionsmitgliedschaft heranführen, gerade im Kontext der weiteren Beitrittsdynamiken mit der Ukraine, der Republik Moldau sowie Georgien. Es ist höchste Zeit, dass der langjährige Erweiterungsprozess mit echten Erfolgen und Perspektiven für die Menschen in der Region voranschreitet.