Durch den gewaltsamen Tod von George Floyd ist die Diskussion um die Situation von Menschen, die Rassismus und Diskriminierung ausgesetzt sind, wieder dort angekommen, wo sie sein sollte: in der Mitte der öffentlichen Debatte. Neben der Aufarbeitung dieses Vorfalls sind nun auch Solidarität, eine breite Debatte in Europa und die Beschäftigung mit den vielseitigen Facetten von Rassismus und Diskriminierung wichtig. Es ist natürlich unbestritten, dass Rassismus und Diskriminierung viel zu selten auf der gesellschaftlichen und politischen Agenda sind.
Als pro-europäischer, wertebasierter, demokratischer Jugendverband solidarisieren wir uns ganz klar mit der BlackLivesMatter-Bewegung. Gerade das Engagement für die Rechte marginalisierter Gruppen verdient nicht nur höchste Anerkennung sondern auch breite gesellschaftliche und überparteiliche Unterstützung, besonders in Zeiten, in denen es aufgrund von Anfeindungen durch Extremist*innen leider auch zunehmend gefährlich wird.
Rassismus hat viele unterschiedliche Facetten, die gesellschaftlich möglichst breit betrachtet, diskutiert und angepackt werden müssen. Auch wenn die jüngsten Fälle von tödlicher Polizeigewalt uns besonders vor Augen stehen, fängt das Problem des strukturellen Rassismus dort nicht an und hört dort auch nicht auf. Auch Aspekte wie mangelnde Partizipationsmöglichkeiten, schlechtere Bildungschancen, wirtschaftliche und soziale Bedingungen und eine zunehmend menschenrechts- und minderheitenfeindliche Politik in einigen europäischen Staaten thematisiert werden. Nicht weniger wichtig ist die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit vieler EU-Mitgliedstaaten und der Prägung aktueller Politik und Strukturen hierdurch.
Wir brauchen auch eine gesamtgesellschaftliche Debatte, zu der es bereits Ansätze gab, und die über Parteigrenzen hinweg geführt wird. Hieraus müssen Veränderungen und Verbesserungen erwachsen, die die Situation derjenigen, die von Rassismus betroffen sind, auf allen Ebenen, strukturell und nachhaltig verbessern. Ein Weg kann frühzeitige Bildung und Prävention sein. Auch müssen strukturell manche Konzepte oder Institutionen möglicherweise neu gedacht werden. Das Thema muss zudem gesamteuropäisch diskutiert werden, denn Rechtsstaat und Demokratie müssen grenzüberschreitend garantiert werden.
Auch wir als Jugendverband müssen kritisch überlegen, wo wir Denkmuster und Strukturen unterbewusst weitertragen oder befördern und wie wir insgesamt für alle Menschen offener und damit in unserer Mitgliedschaft diverser werden können. Denn es ist wichtig, Rassismus und Diskriminierung als etwas zu verstehen, das uns alle betrifft und das nicht nur woanders und nicht bei uns selbst passiert. Als demokratischer Verband, in dem sich junge Menschen aktiv für demokratische und pro-europäische Ideen und Werte engagieren, tragen wir eine Verantwortung dafür, nicht nur dazu beizutragen, strukturelle Diskriminierung zu verringern, sondern auch intern immer mehr und wirksame Mechanismen schaffen, um Diskriminierung zu verhindern. So wollen wir als Organisation diverser und offener werden und allen Menschen ein Zuhause für ihr demokratisches, pro-europäisches Engagement bieten. Erste Schritte dazu haben wir mit einem Bundesprojekt Empowerment & Diversity und einer Mitgliederumfrage zu den Themen gemacht. Des Weiteren wollen wir unsere inhaltlichen Grundsatzpositionen aufarbeiten und weiterentwickeln, um eine ganzheitliche, pro-europäische, föderalistische Vision für ein Europa ohne Rassismus und Diskriminierung zu entwerfen und dafür zu streiten.