Bundesausschuss, 21.03.20
Mut zur politischen Überparteilichkeit!
Beschluss im Wortlaut:
Wir sind überzeugte europäische Demokrat*innen. Wir kämpfen seit unserer Gründung als demokratisch organisierter, überparteilicher Jugendverband für die Vereinigten Staaten von Europa. In den letzten Jahren gerieten europaweit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zunehmend unter Druck.
Deshalb betonen wir wiederholt die dringende Notwendigkeit überparteilicher Zusammenarbeit zugunsten liberaler Werte, wie Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz, die es insbesondere im Kontext zunehmender rechtsideologischer Strömungen, rechtsradikalen Terrors und rassistischer Gewalt immer entschiedener zu verteidigen gilt.
Die Bundesrepublik Deutschland gründete sich auf dem parteiübergreifenden Wunsch, die totalitäre und menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus hinter sich zu lassen. In dem Willen als “gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen”, gaben sich die Deutschen Bundesbürger*innen 1949 eine Verfassung, die den Schutz der Menschenwürde sowie unveräußerliche Freiheits- und Gleichheitsrechte in unmittelbar geltendes Recht übersetzt.
Die Demut vor diesen Grundrechten des Grundgesetzes, den darin enthaltenen Werten und damit verbunden die bedingungslose Ablehnung aller Versuche die freiheitlich-demokratische Grundordnung auszuhöhlen, eint Demokrat*innen über ihre Parteigrenzen hinweg. Sie bildet den demokratische Kompass, der allen Parteien, die sich diesem Grundgesetz verpflichtet fühlen, Orientierung verleiht.
Akteur*innen wie die sogenannte “Alternative für Deutschland” haben sehr klar gemacht, dass sie das derzeitige demokratische, politische System mit seinen fundamentalen Werten nicht achten. Ereignisse wie die in Thüringen spiegeln einen europaweiten Trend wider: systematisch versuchen nationalistische und rechtsgerichtete Kräfte, die Grundpfeiler der Demokratie auszuhöhlen. Sie schwächen den demokratischen Kompass und spalten Demokrat*innen in ihrer Einigkeit. Dadurch wirken demokratische Parteien orientierungslos und ohnmächtig angesichts rechtsradikalen Terrors und rassistischer Gewalt. Auf brutale und aufs Tiefste zu verurteilende Anschläge, wie die Ermordung von 10 Mitbürger*innen in Hanau, den Angriff auf die jüdische Gemeinschaft in Halle oder das Attentat auf Walter Lübcke, die alle aus einer Ablehnung unserer freiheitlichen, pluralistischen Demokratie heraus entspringen, vermögen sie es nicht, eine zeitnahe, entschlossene und gemeinsame Antwort zu finden.
Als Junge Europäische Föderalisten Deutschland stehen wir für ein friedliches, vielfältiges und tolerantes Europa und für eine offene Gesellschaft. Als Gestalter*innen der Europäischen Idee stellen wir uns ausnahmslos hinter die universellen Menschenrechte und fundamentale Prinzipien, wie Menschenwürde, Toleranz, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit. Dies spiegelt sich auch in unserem politischen Programm wider. Eine Zusammenarbeit mit Akteur*innen, die diese Überzeugung nicht teilen, lehnen wir daher ab. Aus diesem Grund haben wir bereits 2016 einen Beschluss verabschiedet, in dem wir uns gegen jede Form der Zusammenarbeit mit der “Alternative für Deutschland” und aller ihr nahestehenden Organisationen verwehren. Wir stehen weiterhin entschieden zu diesem Beschluss und sehen uns gerade in letzter Zeit darin bestärkt, dass wir uns klar gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus positionieren.
Gleichzeitig unterstreichen wir die Notwendigkeit überparteilicher Zusammenarbeit. In Zeiten, in denen die grundlegenden Prinzipien unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung infrage gestellt werden, ist es die Pflicht aller demokratischen Kräfte diesem Trend gemeinsam und entschlossen entgegenzuwirken. Darin sehen auch wir als überparteilicher Jugendverband unsere Aufgabe.
Überparteiliche Zusammenarbeit bedeutet für uns, dass wir uns mit allen Demokrat*innen zusammen, über Parteigrenzen hinweg, hinter die grundlegenden Werte unseres Grundgesetzes – wie Demokratie, Gleichheit, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit und die Idee eines vereinten und friedlichen Europas – stellen und gemeinsam für diese Werte eintreten. Dieses gemeinsame Bekenntnis zu eben diesen Werten leitet unsere politische Arbeit.
Überparteilichkeit darf nicht mit politischer Neutralität verwechselt werden. Vielmehr ermöglicht uns erst überparteiliche Zusammenarbeit immer wieder neu, einen demokratischen Diskurs über die Ausgestaltung von Politik auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen führen zu können.
Um der Ohnmacht demokratischer Parteien und der Orientierungslosigkeit demokratischer Akteur*innen angesichts nationalistischer und rechtsideologischer Bestrebungen politisch wie gesellschaftlich entgegenzuwirken, gilt es jetzt umso mehr, sich auf die elementaren Prinzipien unserer Demokratie zu besinnen.
Damit dies gelingt, fordern wir mehr Mut zu konsequenter und lösungsorientierter überparteilicher Zusammenarbeit. Gemeinsam können und müssen wir uns den Versuchen von rechts, Politik zu gestalten, entgegenstellen. Dabei dürfen wir liberale Werte aber nicht zu bloßen Worthülsen verkommen lassen. Vielmehr müssen wir alle uns diesen tagtäglich neu versprechen und unser Handeln kritisch nach ihnen ausrichten. Nur durch ein glaubhaftes Bekenntnis zum Schutz und der Wahrung von Menschenrechten und -würde, zu Einigkeit und Recht und Freiheit, können wir rechter Ideologie den Nährboden entziehen und den Herausforderungen unserer Zeit angemessen begegnen.