62. Bundeskongress in Berlin, 04.10.15
Geheimdienste
Beschluss im Wortlaut:
Geheimdienste haben die Aufgabe, Staatsgeheimnisse zu schützen und die Geheimnisse feindlicher Staaten auszuspionieren, um den eigenen Staat vor Angriffen zu schützen. Wie sich in den letzten Jahren in diversen Geheimdienstaffären gezeigt hat, verhalten sich Geheimdienste aber nicht dementsprechend. Es zeigen sich gefährliche Trends:
1. Geheimdienste spionieren einfache Bürger*innen aus. Dabei gehen sie gegen eigene Bürger*innen vor, indem sie sich von verbündeten Geheimdiensten die Informationen beschaffen lassen, die sie selbst nicht legal erlangen können, oder spionieren ungefragt die Bürger*innen auch verbündeter Staaten aus. Bürger*innen werden in der Folge erpress- und kontrollierbar. Dies ist nicht nur ein Eingriff in die Privatsphäre, sondern auch in die pluralistische Meinungsbildung, weil sich Menschen selbst zensieren, wenn sie sich beobachtet wissen. Damit stellt die flächendeckende Überwachung eine Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat dar.
2. Geheimdienste spionieren Unternehmen aus. Dabei gehen sie teilweise sogar gegen eigene Unternehmen oder Unternehmen verbündeter Staaten vor, um die Erkenntnisse im Austausch gegen andere Informationen an verbündete Staaten weiterzugeben. Dieses Vorgehen unterminiert den wirtschaftlichen Wettbewerb. Abgesehen von seiner moralischen Fragwürdigkeit ist dieses Verhalten für Staaten selbstschädigend.
3. Geheimdienste spionieren Staatsorgane aus. Geheimdienste horchen Staatsorgane anderer Staaten aus, um so zu wissen, wie diese denken, und sie mit diesem Wissensvorsprung in Verhandlungen übervorteilen zu können. Diese unfairen Verhandlungsbedingungen sorgen nicht nur für einen unfairen Machtzuwachs der spionierenden Staaten, sondern unterminieren die internationale Kooperationsbereitschaft insgesamt.
4. Geheimdienste entziehen sich der parlamentarischen Kontrolle. Geheimdienste haben gezeigt, dass sie keine Skrupel zeigen parlamentarische Gremien zu belüge, auszuspionieren oder gar zu sabotieren. Dies ist ein Angriff auf rechtsstaatliche Prinzipien und die Gewaltenteilung.
Diese Probleme zeigen, dass das Misstrauen zwischen den EUMitgliedstaaten sowie den NATO-Partnern untereinander noch sehr groß ist. Die Auswüchse der geheimdienstlichen Tätigkeiten entziehen sich der parlamentarischen Kontrolle und es bestehen berechtigte Zweifel, ob selbst die Regierungen noch die volle Kontrolle über die Geheimdienste ausüben können. Die JEF Deutschland fordert daher:
1) Es muss sichergestellt werden, dass Geheimdienste wieder der vollen parlamentarischen Kontrolle unterliegen und dass sie sich innerhalb der verfassungsrechtlichen Rahmen bewegen.
2) Für alle EU-Mitgliedstaaten sollte ein No-Spy Abkommen geschlossen werden. Bei Verletzung des EU-rechtlich verankerten No-Spy Abkommens drohen Vertragsverletzungsverfahren. Auch sollte die EU sich bemühen, No-Spy Abkommen mit anderen NATO-Partnern abzuschließen.
3) Im Rahmen einer Verstärkung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU muss auch die Koordinierung der geheimdienstlichen Tätigkeiten der EU-Mitgliedstaaten massiv ausgebaut werden. Mittel- bis langfristig sollten EU-eigene Geheimdienste entstehen, welche die nationalen ersetzen können.