60. Beschluss des Bundeskongress in Münster, 26.-27. Oktober 2013

EU-Asylpolitik

Beschluss im Wortlaut:

Die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland e.V.,

Bezug nehmend auf das beschlossene Asylpaket des Europäischen Parlaments vom 12.06.2013, welches die neuen Aufnahmerichtlinien für Asylbewerber*innen, die neue Dublin-III-Verordnung und die Neufassung der EUODAC-Verordnung enthält,

davon überzeugt, dass nur ein solidarisches und einiges Europa den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sein wird,

ferner davon überzeugt, dass der europäische Einigungsprozess in der EU nur dann von Erfolg gekrönt sein wird, wenn diese ihrem Selbstverständnis als Wertegemeinschaft gerecht wird,

im Bewusstsein, dass sich dies nicht zuletzt an der Frage, wie die EU mit Asylsuchenden umgeht, zeigt,

sich darüber bewusst, dass der außenpolitische Einfluss der EU, etwa auf die demokratische Transition seiner Nachbarstaaten und die Einhaltung von Menschenrechten, nicht unwesentlich auch davon abhängt, ob die EU als glaubwürdiger wertegeleiteter Akteur wahrgenommen wird,

vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation in der europäischen Asylpraxis, in der die Anerkennung als Flüchtling weniger davon abhängt, in welcher Lage sich die/der Asylsuchende befindet, sondern vielmehr davon, in welchem Nationalstaat der Antrag gestellt wird,

im Bewusstsein, dass das Flüchtlingsaufkommen derzeit sehr ungleich auf die Mitgliedstaaten verteilt ist und es einzelnen Mitgliedsstaaten nicht mehr gelingt, menschenwürdige Standards aufrechtzuerhalten (vgl. das Urteil des EuGH vom 21.12.2011 zum Verbot der Abschiebung von Flüchtlingen in EU-Mitgliedstaaten, die grundlegende Menschenrechte nicht gewährleisten können),

1. Fordern einen gemeinsamen Schutzraum für Flüchtlinge in Europa bei solidarischer Übernahme der Verantwortung durch alle Mitgliedstaaten statt Abschreckungspolitik, undurchschaubare Regelungen und nationaler Egoismen.

2. Begrüßen, dass mit dem neuen europäischen Asylrecht formal europaweit einheitliche Standards für die Anerkennung als Flüchtling, die Rechte als Asylsuchende, die Dauer eines Asylverfahrens sowie den Ablauf eines Abschiebeverfahrens eingeführt wurden.

3. Fordern eine schnelle Umsetzung der einheitlichen Standards in allen Mitgliedstaaten, die eine menschenwürdige Behandlung aller Asylsuchenden sicherstellt.

4. Sind jedoch empört über das Recht der Mitgliedstaaten, eigene Listen sicherer Drittstaaten außerhalb der EU zu erstellen, in die ohne weitere Prüfung abgeschoben werden kann, da hier in drastischer Weise die Zielsetzung europaweit einheitlicher Regelungen ad absurdum geführt wird.

5. Missbilligen aufs Schärfste das Verfehlen eine einheitliche Regelung zu finden, um die Abschiebung in einen Mitgliedstaat dessen Asylsystem zusammengebrochen ist oder nicht den ausreichenden Schutz bieten kann zu stoppen, sowie die weitere Aufrechterhaltung der unsolidarischen Erst-Land-Regel in der neuen Dublin IIIVerordnung.

6. Widersprechen entschieden der Erlaubnis zur Aussetzung des SchengenAbkommens im Falle erhöhten Flüchtlingsaufkommens statt eines solidarischen europäischen Ansatzes.

7. Fordern stattdessen die Aufhebung der Drittstaaten-Regelung sowie der ErstLand-Regelung gemäß der Dublin-III-Verordnung und einen solidarischen europäischen Verteilungsschlüssel nach nachvollziehbaren Faktoren, wie etwa der Einwohnerzahl, dem Bruttoinlandsprodukt und den berechtigten Wünschen des Antragstellers. Dieser würde zur Entlastung überproportional betroffener Staaten führen und zugleich mehr Planbarkeit für Aufnahmekapazitäten und Asylverfahren ermöglichen. Mithin würde sich so auch die Situation für die Asylsuchenden wesentlich verbessern.

8. Fordern eine europäische Asylbehörde zur Umsetzung dieses Verteilungsschlüssels.

9. Fordern zudem die sofortige Rücknahme der neuen EURODAC-Verordnung, die Flüchtlinge unter den Generalverdacht stellt, Kriminelle zu sein, indem sie Polizeibehörden europaweit Zugriff auf die EU-Asyldatenbank EURODAC und damit auf persönliche Daten wie etwa Fingerabdrücke gewährt.

jefwpEU-Asylpolitik