Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2022, spätestens jedoch angesichts jüngster Berichte über die Gräueltaten und Kriegsverbrechen an ukrainischen Zivilist*innen unter anderem in Butscha und Mariupol, lässt Menschen in Europa vor allem eine Frage nicht mehr los: Was können wir tun? Blickt man dabei auf den eigenen Wirkungsrahmen, stellt sich bei vielen schnell ein Gefühl der Ernüchterung und der Ohnmacht ein, und es wird klar, was man eben nicht tun kann: den Forderungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyi nach verstärkten Waffenlieferungen nachkommen beispielsweise, oder den chinesischen Staatschef Xi dazu bewegen, sich klar dem Kreml entgegenzustellen. Und trotzdem: Die Geschichte hat immer wieder bewiesen, welchen unschätzbaren Wert der Einfluss einer starken und lauten Zivilgesellschaft in der Friedensstiftung und in der Friedensbildung haben kann – auch oder vielleicht auch gerade in schier aussichtslosen Situationen.
Im Wunsch, hier einen Beitrag zu leisten, zögerten JEFerinnen und JEFer dabei nicht lange: Vom Bodensee bis nach Berlin, von Brüssel bis nach Budapest organisierten sie Kundgebungen, schrieben gemeinsam mit Jugendparteien aktuelle Stellungnahmen, veröffentlichten eine Petition zur Aufnahme der Ukraine, Moldaus und Georgiens in die EU, organisierten Hilfslieferungen und wurden nicht müde, immer wieder ihre Solidarität mit der Ukraine auf unterschiedlichste Art und Weise auszudrücken.
Eine der Maßnahmen, mit denen wir als JEF Deutschland ganz konkret unterstützend aktiv geworden sind, bestand in der Organisation des “Youth Fast Response Meeting on Ukraine” vom 18. bis 20. März in Budapest. Gemeinsam mit der JEF Europe und dem Deutschen Bundesjugendring sowie unterstützt durch den Ukrainischen und den Rumänischen Jugendring haben wir in nur neun (!) Tagen ein internationales Treffen auf die Beine gestellt, welches Jugendverbänden aus ganz Europa einen gemeinsamen Austausch zur aktuellen Lage ermöglichen sollte.
Es war das erste Treffen dieser Art nach dem russischen Einmarsch, und so wurde es von vielen dankbar angenommen: Rund 15 nationale Jugendringe, unter anderem aus der Ukraine, Belarus, der Republik Moldau, Ungarn, Österreich und Schweden, sowie Vertreter*innen internationaler Jugendorganisationen wie dem World Scouts Movement, dem Erasmus Student Network und auch des Europarats sind unserem spontanen Aufruf gefolgt und fanden sich an dem Wochenende Mitte März in Budapest zusammen. Ermöglicht wurde dies vor allem auch dank der sehr kurzfristigen und flexiblen Unterstützung des Deutsch-Französischen Jugendwerks.
Im Mittelpunkt des Treffens stand der Austausch untereinander: Wie geht es den Jugendstrukturen in der Ukraine? Wie gehen junge ukrainische Aktivist*innen derzeit mit der Situation um, was konkret machen sie gerade und wo können wir sie am besten unterstützen? Wie können wir aber auch den zahlreichen Jugendorganisationen, die derzeit in den Nachbarländern wie beispielsweise in der Republik Moldau und in Polen Herausragendes leisten, stärker unter die Arme greifen? Und schließlich, was brauchen auch wir, Jugendverbände aus Deutschland, um tatsächlich wirksam Hilfe leisten zu können? Am Anfang standen daher viele Berichte von Vertreter*innen der Jugendringe: So schilderte die Vertretern des Ukrainischen Jugendrings, dass zwar junge Menschen aus dem Land geflohen seien wie auch sie selbst, es aber weiterhin auch viele gäbe, die geblieben seien und beispielsweise die Verteilung von Hilfsgütern organisierten. Die Jugendverbände aus den Nachbarländern der Ukraine wiederum berichteten, dass viele Organisationen derzeit die Aufnahme und Weiterverteilung Flüchtender koordinierten.
Auf Grundlage dieser Schilderungen wurden sodann die individuellen Bedürfnisse identifiziert und gemeinsame Lösungsansätze erarbeitet. Neben der sehr oft und sehr deutlich geäußerten Notwendigkeit einer Stärkung der Organisationen vor Ort durch finanzielle wie auch organisatorische und logistische Unterstützung wurde auch die gemeinsame Koordinierung der jeweiligen Aktionen, insbesondere im Bereich Advocacy, immer wieder als zentrales Element einer “mit einer Stimme sprechenden” Jugend hervorgehoben.
Das Treffen in Budapest war somit ein voller Erfolg und ist der vielversprechende Anfang einer zukünftig noch weiter verstärkten Zusammenarbeit unter den Jugendorganisationen und Jugendverbänden in Europa. Vor allem aber ist es ein Lichtblick in dunklen Zeiten, ein leuchtendes Feuer der Hoffnung, das uns sagen will, dass Freundschaft und der gemeinsame Glaube an ein friedliches, freies und demokratisches Europa schwerer wiegen als die Machtbestrebungen eines russischen Autokraten.
Text: Clara Föller